Freitag, 20. September 2013

Arbeitsrecht: Unwirksamer Freiwilligkeits-Vorbehalt der Zahlung von Weihnachtsgeld in Formulararbeitsvertrag


Das BAG hat in seinem Urteil vom 20.02.2013 – 10 AZR 177/12 – einen Freiwilligkeitsvorbehalt für die Zahlung von Weihnachtsgeld in einem Formulararbeitsvertrag als Verstoß gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB und damit den Vorbehalt als unwirksam angesehen. Es könne nicht zum einen Weihnachtsgeld „gewährt“ werden, zum anderen aber ein Vorbehalt aufgenommen werden. Will der Arbeitgeber im Einzelfall entscheiden, ob er Weihnachtsgeld zahlen will, muss er dies mithin klar zum Ausdruck bringen.
BAG, Urteil vom 20.02.2014 - 10 AZR 177/12 -

Dienstag, 17. September 2013

Schadensersatz: Halter der selbstfahrenden Arbeitsmaschine haftet nicht bei Steinschlagschaden am vorbeifahrenden PKW

Plötzlich ein Schlag und auf der Windschutzscheibe bilden sich Risse: Steinschlag.

Ein fahrbahrer Rasenmäher mit einer Geschwindigkeit von über 25 km/h hatte beim Mähen an der BAB A 66 Höhe Autobahnbeginn Miquellallee einen Stein aufgeschleudert. Die Eigentümerin des Fahrzeugs begehrte vom Halter des Rasenmähers und dessen Haftpflichtversicherer Schadensersatz. Das Amtsgericht wies die Klage gegen den Haftpflichtversicherer ab, da kein Pflichtversicherungsverhältnis und damit kein Direktanspruch bestand. Der Klage gegen den Halter des Rasenmähers gab es statt mit der Erwägung, dieser habe vorab die Fläche auf mögliche Steine untersuchen können und müssen, was nicht erfolgt sei.
Die Berufung des Halters des Rasenmähers hatte erfolg. Das LG Frankfurt am Main hat mit Urteil vom 10.06.2013  - 2-11 S 63/13 -  die Klage insgesamt abgewiesen. Es verwies dabei auf die fehlende Zumutbarkeit für Schutzmaßnahmen und hat deshalb auch eine Haftung unter dem Gesichtspunkt der Gefährdungshaftung negiert.
LG Frankfurt am Main, Urteil vom 10.06.2013  - 2-11 S 63/13 - 

Schuldrecht: Drohung mit Schufa-Eintragung zulässig ?

Die Schufa hat eine starke Stellung: Ihre Bonitätsauskunft wird häufig bei Abschluss von Mietverträgen verlangt, aber insbesondere auch bei der Aufnahme von Bankkrediten erfolgt eine Nachfrage. Negative Eintragungen schaden mithin. Von daher kommt der Entscheidung des OLG Hamburg vom 30.01.2013 - 5 U 174/11 -  besondere Bedeutung zu. Hier verlangte die Schufa von einem Gewerbetreibenden die Unterlassung, in Mahnungen (hier der "letzten" Mahnung) mit die Möglichkeit einer negativen Schufa-Eintragung ansprach. Auch wenn die Schufa die Unterlassung mit der Begründung begehrte, der Gewerbetreibende sei nicht Mitglied bei ihr und hätte auch keinen von ihr autorisierten Anwalt beauftragt, könne also selbst die Eintragung nicht bewirken, hat die Entscheidung darüberhinaus Bedeutung. Denn nicht nur dieses Argument wurde vom OLG nicht beachtet (der Gewerbetreibende könne immerhin noch einen entsprechenden Anwalt mandatieren); es hat auch die grundsätzliche Zulässigkeit eines solchen Hinweises angenommen. Damit dürften wohl in der Zukunft Gläubiger versuchen, ihren (eventuell sogar einredebehafteten) Forderungen mit dem Hinweis auf die Möglichkeit negativer Schufa-Eintragungen versuchen mehr Druck zu verschaffen.
Hans. OLG Hamburg, Urteil vom 30.01.2013 - 5 U 174/11 -

Familienrecht: Bei Streit der Erziehungsberechtigften: Pro Releigionsunterricht ?

Wenn zwei sich streiten  -  entscheidet das Familiengericht pro Religionsunterricht (hier: katholisch).  Dieser würde nicht schaden, so das OLG Köln im Beschluss vom 18.04.2013 – 12 UF 106/13 -; es bestätigte damit seine bereits zuvor in einem Verfahren auf Aussetzung der Vollziehung benannte Rechtsauffassung (Beschluss vom 10.09.2012).

Kernsätze der Entscheidung sind:

„Da hier nicht zu entscheiden ist, ob die Kinder religiös zu erziehen sind, kommt es alleine darauf an, ob aus dem Vorgenannten der Schluss gezogen werden kann, die Teilnahme an den Religionsstunden und dem Schulgottesdienst diene dem
Wohl der Kinder. Diese kommen im alltäglichen Leben ständig mit christlichem Kulturgut in Berührung. Gerade die im hiesigen Kulturbereich praktizierten Festtage wie Weihnachten, Ostern und Pfingsten, die gerade für Kleinkinder interessanten Gebräuche wie Martinszug, Nikolausfeiern, Krippengestaltungen und Ostereiersuche erklären sich nur bei Kenntnis ihres Ursprungs. …"
Für die Frage, ob deshalb dem Kindesvater der Teilbereich der elterlichen Sorge übertragen werden soll, kommt es allerdings auch darauf an, wie der Unterricht sich in der Praxis gestaltet. Die von dem Senat angehörte Religionslehrerin der Kinder hat angegeben, dass nicht nur über Jesus und Gott gesprochen werde, sondern auch soziale Aspekte erörtert sowie im Laufe des Jahresrhythmus auch das Erntedankfest, St. Martin, Advents- und Weihnachtszeit und Ostern angesprochen werden. Auch die Erörterung ethischer Fragen stehe in den nächsten Grundschuljahren an. Nach ihren Bekundungen beteiligen sich die Zwillinge bei diesen Themen wie im normalen Unterricht. Sobald ein religiöser Bezug hergestellt werde, falle insbesondere Gedeon allerdings durch abfällige Bemerkungen oder Gesten auf. Diese Verhaltensweise zeigt aber gerade, dass die Kinder durchaus in der Lage sind, eine Grenze zu ziehen zwischen den religiösen Inhalten des Unterrichts und allgemeinen Themen. Dass sie dabei möglicherweise den nötigen Respekt gegenüber der Lehrerin und letztlich auch gegenüber der anderen Gesinnung der Mitschüler vermissen lassen, kann nur auf die Beeinflussung der Antragsgegnerin zurückgeführt werden und ändert nichts daran, dass die Vermittlung der Kenntnisse über die religiösen Grundlagen unseres Zusammenlebens ein wichtiger Baustein in ihrer Ausbildung darstellt, ohne dass eine Gefährdungslage für die Kinder heraufbeschworen wird.“
Das OLG hat sich bemüht, nicht den Eindruck zu erwecken, Religion und Religionsunterricht wären für die Entwicklung des Kindes wichtig und beim Willen eines Elternteils müsste dies befolgt werden. Vielmehr stellt es auf eine allgemeine Wissensvermittlung (auch kultureller Umstände) ab.
Man wird die Entscheidung nicht verallgemeinern können. Denn das OLG hat hier auf die besonderen Umstände des speziellen Religionsunterrichts an dieser Schule durch die von ihr als Zeugin befragte Religionslehrerin abgestellt. Es hat sich dabei (leider) nicht mit den Curricula für den Religionsunterricht auseinandergesetzt, weshalb bei einem Lehrerwechsel eventuell erneut entschieden werden müsste.  Gleichwohl wäre interessant zu wissen, wie der BGH  - sollte die unterlegene Mutter das zugelassene Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde einlegen -  entscheidet.
OLG Köln, Beschluss vom 18.04.2013 - 12 UD 106/13 -

Prozess- und Vollstreckungsrecht: Titulierung 8% statt 8 Prozentpunkte

Der BGH (hier im Beschluss vom 07.02.2013 - VII ZB 2/12 -) muss sich (leider) auch mit Ungenauigkeiten der Instanzgerichte befassen.  So wurde auf den Antrag eines Gläubigers die titulierte Summe mit 8% über dem Basiszinssatz als verzinslich ausgesprochen. Der Gerichtsvollzieher verweigerte den mit 8 Prozentpunkten über den Basiszinssatz berechneten Vollstreckungsauftrag, da er mit dem Titel nicht übereinstimmen würde. Während das titulierende Gericht eine Berichtigung des Titels ablehnte und dann im Rahmen der  Erinnerung im Vollstreckungsverfahren Amtsgericht und Landgericht auch den Vollstreckungsauftrag als fehlerhaft ansahen, führte die (zugelassene) Rechtsbeschwerde beim BGH zum Erfolg: Der Titel müsse ausgelegt werden. Maßstab der Auslegung ist das Gesetz, welches in § 288 Abs. 2 BGB die Verzinsung mit 8 Prozentpunkten über den Basiszins vorsieht.
Die (häufig in anwaltlichen Schriftsätzen) zu findende Ungenauigkeit, die gar noch von den Gerichten übernommen wird, findet eine Parallele auch im Basiszinssatz selbst. Dieser ist in § 247 BGB bestimmt. Häufig wird aber formuliert, dass die Verzinsung über dem Zinssatz oder Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank liegen soll. Für den Zinssatz der Europäischen Zentralbank fehlt aber eine Rechtsgrundlage. Der Basiszins gem. § 247 BGB knüpft zwar an den von der Zentralbank  festgestellten Zinssatz an, ist aber nicht mit diesem identisch. Nicht nur wird der Basiszinssatz nur jeweils zum 1.1. und 1.7. eines jeden Jahres gem. § 247 Abs. 1 Satz 2 BGB neu festgestellt, unabhängig von zwischenzeitlichen Änderungen des Zinssatzes der Zentralbank, auch liegt er etwas niedriger (was damit zusammenhängt, dass bei Inkrafttreten der Norm der Zinssatz höher als der zur Zeit des Gesetzesbeschlusses in § 247 Abs. 1 Satz 1 BGB benannte und diesem Datum entsprechende Ausgangszinssatz von 3,62% lag).
Der Anwalt sollte schon diese Grundlagen berücksichtigen, insbesondere wenn er den Schuldner vertritt. Und vom Gericht sollte man an sich die ausreichende Rechtskenntnis auch erwarten; nur darf man sich darauf nicht verlassen, wie die Entscheidung des BGH dokumentiert.

BGH, Beschluss vom 07.02.2014 - VII B 2/12 -


Miet-/Pachtrecht: Rückgabe des Pachtgrundstücks bei Pachtende

Pachtende  - und nun ? Verständlich wird bei einem vertraglichen oder auch vereinbarten Pachtende der Verpächter den Pachtgegenstand, ist er wie eine frei liegende Landwirtschaftsfläche frei zugänglich, wieder für sich nutzen.  Er wird sich allerdings wundern, wenn der ehemalige Pächter einen Besitzanspruch geltend macht und im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens gar noch zugesprochen bekommt (so in dem vom OLG Hamm am 23.08.2012 – 10 U 68/12 – entschiedenen Fall). Zwar hatten Zeugen bekundet, dass sich die Parteien auf ein Pachtende verständigt hätten. Das Pachtende als solches rechtfertigt aber noch nicht die Inbesitznahme durch den Verpächter. Diese stellt sich  - ebenso wie bei einem Mietende bei einer Wohnung das Eindringen in diese bei Mietvertragsende – als verbotene Eigenmacht nach § 858 BGB dar. Erforderlich ist stets, dass sich Verpächter und Pächter über den Besitzübergang einig sind. Diese Einigung hat der Verpächter nachzuweisen. Kommt es nicht zur Einigung, hat der Verpächter seinen Herausgabeanspruch gerichtlich geltend zu machen.
OLG Hamm, Urteil vom 23.08.2012 - 10 U 68/12 -

Verkehrssicherungspflicht: Betreten fremder Gebäude ohne Einwilligung nur auf eigene Gefahr

Der Entscheidung des OLG Frankfurt vom 15.04.2011 - 24 U 124/10 - lag ein sicherlich nicht alltäglicher Fall zugrunde: Eine Motorradgruppe übernachtete in einem Gasthof in einem Dorf im Odenwald. Die Motorräder wurde auf der dem Gasthof gegenüberliegenden Straßenseite auf einem nicht zum Gasthof gehörenden, allerdings ständig von Gästen des Gasthofes genutzten Wiesenstreifen abgestellt. Der bei dem Vorfall tödlich verunglückte Ehemann/Vater der Kläger begab sich nach Angaben der Kläger von der Terrasse des Gasthofes - nachdem er bereits erheblich alkoholisiert war - zum Urinieren nicht auf die weiter entfernt liegende Toilette des Gasthofes, sondern ging über die Straße auf den Wiesenstreifen. Direkt hinter dem Wiesenstreifen befinden sich Stallgebäude des Beklagten. Er muss eine nicht verschlossenen Türen geöffnet haben und so in den völlig dunklen Raum gegangen sein. Ca. 40 - 50cm hinter der Tür befand sich ein Silo, dessen betonierte Oberkante ca. 25cm über dem Niveau des Erdbodens lag; auf der Oberkante lag zudem ein 15cm starkes Kantholz. Der Erblasser fiel in den Silo und zog sich tödliche Verletzungen zu. Die Erben (Ehefrau und Kind) klagten auf Schadensersatz und Schmerzensgeld, da sie der Meinung waren, durch das Nichtverschließen der Tür habe der Beklagte seine Verkehrssicherungsplicht verletzt, der wusste, dass auf seinem Wiesengrundstück geparkt würde und mit einem Betreten hätte rechnen müssen. Unter Abweisung von Schmerzensgeldansprüchen der Kläger hat das Landgericht Darmstadt der Schadensersatzklage unter Berücksichtigung eines Mitverschuldens des Erblassers zu 40% stattgegeben. Auf die von beiden Parteien eingelegte Berufung hat das OLG die Entscheidung abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen. Es negierte eine Verkehrssicherungspflichtverletzung des Beklagten.
OLG Frankfurt vom 15.04.2011 - 24 U 124/10 -


Pfändung: Anspruch auf Aushändigung von Kontoauszügen

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Wer einen Titel auf Zahlung hat will auch gerne in den Genuss des titulierten Betrages kommen. Ein probates Mittel ist hier die Pfändung des Kontos einschl. eines möglichen Kreditrahmens. Um die Möglichkeiten zu ersehen bietet es sich an, zusammen mit der Pfändung des Kontoguthabens einschl. einer möglichen Kreditlinie auch die Herausgabe von Kontoauszügen zu fordern. Dies ist grundsätzlich möglich, wie der BGH in seiner Entscheidung vom 09.02.2012 - VII ZB 49/10 -  entgegen der angefochtenen Entscheidung des LG Dresden feststellte. Der Schuldner könnte zwar eine Vollstreckungserinnerung einlegen; in dieser müsste er allerdings darlegen, dass unter Abwägung aller Umstände sein Interesse an einer informellen Selbstbestimmung über dem Interesse des Gläubigers an einer ausreichenden Information steht.  
BGH vom 09.02.2012 - VII ZB 49/10

Urheberrecht: Angewandte und freie Kunst, Abgrenzung

 Nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 UrhG gehören zur Kunst "Werke der bildenden Künste einschließlich der Werke der Baukunst und der angewandten Kunst und Entwürfe solcher Werke". Obwohl beide Werkarten dem Urherrechtsschutz unterliegen, ist doch eine differenzierte Betrachtung erforderlich. Die sogenannte Gestaltungshöhe der benannten Werke ist aber unterschiedlich, weshalb es für die Frega der Schutzfähigkeit im Einzelfall darauf ankommen kann, wozu das Werk gezählt wird. Dazu führte der BGH in seiner Entscheidung vom 22.06.1995 - I ZR 119/93 - aus:
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"So ist von der Rechtsprechung im Bereich des musikalischen und literarischen Schaffens die sogenannte kleine Münze anerkannt, die einfache, aber gerade noch schutzfähige Schöpfungen umfaßt (vgl. BGH, Urt. v. 3.11.1967 - Ib ZR 123/65, GRUR 1968, 321, 324 - Haselnuß; Urt. v. 26.9.1980 - I ZR 17/78, GRUR 1981, 267, 268 - Dirlada). Sie gilt auch bei Werken der "reinen" (zweckfreien) Kunst. Im Gegensatz dazu hat die Rechtsprechung bei Werken der angewandten Kunst, soweit sie einem Geschmacksmusterschutz zugänglich sind, seit jeher höhere Anforderungen gestellt. Zwischen Urheber- und Geschmacksmusterrecht besteht kein Wesens-, sondern nur ein gradueller Unterschied (st. Rspr., vgl. BGHZ 22, 209, 217 - Morgenpost; 50, 340, 350 - Rüschenhaube). Da sich bereits die geschmacksmusterschutzfähige Gestaltung von der nicht geschützten Durchschnittsgestaltung, dem rein Handwerksmäßigen und Alltäglichen abheben muß, ist für die Urheberrechtsschutzfähigkeit ein noch weiterer Abstand, das heißt ein deutliches Überragen der Durchschnittsgestaltung zu fordern (vgl. BGHZ 94, 276, 287 - Inkasso-Programm). Für den Urheberrechtsschutz ist danach ein höherer schöpferischer Eigentümlichkeitsgrad als bei nur geschmacksmusterfähigen Gegenständen zu verlangen, wobei die Grenze zwischen beiden nicht zu niedrig angesetzt werden darf (st. Rspr., vgl. BGH, Urt. v. 21.5.1969 - I ZR 42/67, GRUR 1972, 38, 39 - Vasenleuchter; Urt. v. 19.1.1979 - I ZR 166/76, GRUR 1979, 332, 336 - Brombeerleuchte; Urt. v. 27.1.1983 - I ZR 177/80, GRUR 1983, 377, 378 - Brombeer-Muster).
Dient das Werk einem Gebrauchszweck so ist es der angewandten Kunst zuzuordnen. Hierzu zählen Bedarfs- und Gebrauchsgegenstände mit künstlerischer Formgebung. Dient das Werk alleine der Anschauung und ästhetischen Erbauung so erfolgt die Einordnung als bildende Kunst. 
Das OLG Köln hatte sich in einem Rechtstreit zwischen einem Künstler aus dem Bereich Grafik und Fotodesign und einem Vertreiber von Geschenkartikeln zu entscheiden, ob ein "Kussmund" ein geschütztes Kunstwerk ist.
OLG Köln, Urteil vom 09.03.2012 - 6 U 62/11 -

Nichteheliche Lebensgemeinschaft: Haftungsprivilegiert nach § 116 Abs. 6 SGB X

[Bild: Jorma Bork  / pixelio.de]
Kommt es zu einem Schadensfall ist der Sozialversicherer (z.B. die gesetzliche Krankenkasse) gehindert, bei dem Schädiger Schadensersatzansprüche geltend zu machen, wenn es sich bei dem Versicherten um einen Familienangehörigen des Schädigers handelt und der Vorfall nicht auf Vorsatz oder grob fahrlässigen Verhalten des Schädigers beruht, ferner der Familienangehörige mit dem Schädiger in häuslicher Gemeinschaft lebt, § 116 Abs. 6 SGB X. Gedacht ist hier z.B. an Eheleute, bei denen der eine Ehepartner durch Unachtsamkeit des anderen verletzt wird. In diesem Fall soll der Krankenversicherer seine Aufwendungen nicht bei dem schädigenden Ehepartner regressieren können.  Hintergrund ist der Gedanke, dass durch die häusliche Gemeinschaft und eine dadurch auch anzunehmende finanzielle Gemeinschaft der verletzte Ehepartner letztlich mit für die an sich durch seine Krankenversicherung gedeckten Kosten einzustehen hätte.

Verkehrsssicherungspflicht: Eisglätte und Räumungspflicht

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Der Sommer ist vorbei, wieder wird es kälter. Und es kommt die Zeit, in der Zugänge zu Häusern, Parkplätzen, aber auch Gehwege (qua öffentlicher Satzungen) von Schnee und Eis befreit werden müssen. Und immer wieder kommt es im Zusammenhang mit der Räum- und Streupflicht zu gerichtlichen Auseinandersetzungen zwischen dem Pflichtigen und einer Person, die stürzte. In seinem Urteil vom 12.06.2012 - VI ZR 138/11 - nahm der BGH neuerlich zur Frage des Umfangs der Streupflicht Stellung. Er wies wieder darauf hin, dass der Verletzte die Streupflicht und deren schuldhafte Verletzung darzulegen und zu beweisen hat.  
                                                                                                       
Die Streupflicht tritt bei einer allgemeinen Glätte ein. Nur vereinzelte kleine Eisflächen (hier: 20 x 20cm) begründen sie nicht.   Der Fußgänger kann sich also nicht darauf verlassen, dass stets alles geräumt bzw. abgestreut ist. Vereinzelte Eisflächen, die sich für ihn auch als Gefährdung darstellen können, können immer noch vorhanden sein, worauf er sich einzustellen hat.
Der Leitsatz der Entscheidung des BGH lautet:

"Sind im Bereich eines Grundstücks nur vereinzelte Glättestellen ohne erkennbare Anhaltspunkte für eine ernsthaft drohende Gefahr vorhanden, ist nicht von einer allgemeinen Glättebildung auszugehen, die eine Streupflicht begründen könnte."

BGH, Urteil vom 12.06.2012 - VI ZR 138/11-



Kapitalanlage: Fehlberatung und Schadensersatz

Banken und Sparkasse sind häufig ihren Kunden bei der Kapitalanlage "behilflich". Und häufig erhält der Kunde dann nicht nur seine erwartete Rendite nicht, sondern verliert auch noch sein eingesetztes Kapital. Immer häufiger kommt es zu Schadensersatzprozessen. Hat der insoweit darlegungs- und beweisbelastete Kunde den Beratungsfehler nach
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gewiesen, muss er seinen daraus resultierenden Schaden beweisen. Dies ist in Bezug auf das eventuell verlorene Kapital recht einfach, bereitet aber Schwierigkeiten, wenn auch ein Zinsverlust verlangt wird. Nicht einmal der gesetzliche Zinssatz von 4% (§ 246 BGB) kann verlangt werden.  In seiner Entscheidung vom 24.04.2012 – XI ZR 360/11 -  hat der BGH dargelegt, dass es nicht dem gewöhnlichem Lauf der Dinge (§ 252 BGB) entspricht, dass eine Kapitalanlage überhaupt Gewinne abwirft. Von daher muss der Anleger darlegen und nachweisen, wie er den Kapitalbedarf bei korrekter (Risiko-) Aufklärung angelegt hätte.
BGH, Urteil vom 24.04.2012 - XI ZR 360/11 -
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Tierhalterhaftung: Nutztier und Haftungsausschluss

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Nutztiere sind nicht nur ihrem Halter nützlich. Sie genießen gegenüber sonstigen Haustieren auch eine rechtliche Sonderstellung. Während der Tierhalter ohne eigenes Verschulden stets für Schäden durch sein Tier haftet (und ihm insoweit allenfalls der Mitverschuldenseinwand nach § 254 BGB oder ein vereinbarter Haftungsausschluß zur teilwisen oder gäntlichen Entthaftung verbleibt), § 833 Satz 1 BGB, kann er sich bei einem Nutztier exkulpieren, § 833 Satz 2 BGB. Um ein Nutztier handelt es sich nach der gesetzlichen Definition dann, wenn dieses dem Beruf, der Erwerbstätigkeit oder dem Beruf zu dienen bestimmt ist; exkulpiert ist der Halter, wenn er den Nachweis erbringt, dass er bei der Beaufsichtigung des Tieres die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet hat oder trotz außerachtlassung dieser Sorgfalt der Schaden ohnehin eingetreten wäre.
Das AG Esslingen musste in seinem Urteil vom 14.08.2012 - 10 C 644/12 - darüber entscheiden, ob das Halten von Schafen in Nebenerwerbslandwirtschaft eine Nutztierhaltung iSv. § 833 Satz 2 BGB darstellt und ob der verklagte Tierhalter seiner Aufsichtspflicht genügt hatte. Beides wurde bejaht.
AG Esslingen, Urteil vom 14.08.2012 - 10 C 644/12 -
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Schadensersatz: Abzug bei Lohnkosten bei fiktiver Abrechnung

Wer einen Verkehrsunfall hatte kann wählen: Er rechnet die Reparaturkosten für sein Fahrzeug aufgrund einer Reparaturkostenrechnung (also konkret) ab, oder er rechnet aufgrund eines Kostenvoranschlags oder Sachverständigengutachtens fiktiv ab. Wählt er die fiktive Abrechnung bestimmt § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB, dass die Umsatzsteuer nicht erstattungsfähig ist. Das AG Gummersbach hat in einem Urteil vom 15.05.2012 - 11 C 49/12 - auch einen Abzug von 10% der mutmaßlichen Reparaturkosten für Sozialabgaben und Lohnnebenkosten bei den Lohnkosten angenommen. Es begründet dies damit, dass es sich bei diesen ähnlich der Umsatzsteuer lediglich um Durchlaufposten handeln würde.
AG Gummersbach, Urteil vom 15.05.2012 - 11 C 49/12 -
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Werkvertragsrecht: Verjährung des Werklohnanspruchs

Werklohnansprüche verjähren in der Regelverjährung des § 195 BGB, also binnen drei Jahren. Die Verjährung beginnt mit dem Ablauf des Jahres zu laufen, in dem der Vergütungsanspruch fällig wird. Nach § 641 BGB ist die Vergütung bei Abnahme zu entrichten. Dies bedeutet aber nicht, dass die Verjährung erst mit einer Abnahme und dadurch bedingten Fälligkeit zu laufen beginnen würde. Entscheidend ist, wann eine Abnahmefähigkeit vorlag, § 640 BGB. Verweigert der Auftraggeber die Zahlung unter Hinweis auf eine mangelnde Abnahmefähigkeit die Zahlung, kann das dann die Verjährung nicht hemmen, wenn die Abnahmefähigkeit doch gegeben war.

Üblicherweise erhebt der Werkunternehmer bei verweigerter Abnahme und Zahlung eine Zahlungsklage, in deren Rahmen die Abnahmefähigkeit als Voraussetzung der Fälligkeit inzident zu prüfen ist. In einem vom BGH zu beurteilenden Fall (VII ZR 135/11, Beschluss vom 9.2.2011) hatte der Werkunternehmer allerdings nicht Zahlungsklage erhoben, sondern ein selbständiges Beweisverfahren angestrengt, um so die Mangelfreiheit und Abnahmefähigkeit feststellen zu lassen. Im Rahmen einer im Anschluss erhobenen Zahlungsklage hatte der Auftraggeber die Einrede der Verjährung erhoben. Der BGH bestätigte die Vorentscheidung, dass Verjährung nicht eingetreten sei. Das von dem Werkunternehmer eingeleitete Beweisverfahren habe nach § 204 BGB zur Hemmung der Verjährung geführt, da der Werkunternehmer mit dem Beweisverfahren die Mängelfreiheit habe prüfen lassen, um so seinen Vergütungsanspruch durchzusetzen, nicht um Mängelrechte des Auftraggebers abzuwenden. Nur wenn er das Beweisverfahren zur Abwendung von Mängelrechten durchgeführt hätte, wäre die Verjährungshemmung des Vergütungsanspruchs nicht eingetreten.
Leitsatz des BGH: Die Verjährung des Vergütungsanspruchs des Auftragnehmers wird gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 7 BGB gehemmt, wenn der Auftragnehmer zur Aufklärung von Werkmängeln ein selbständiges Beweisverfahren einleitet, um die Abnahmereife seiner Werkleistungen und die tatsächlichen Voraussetzungen für die Fälligkeit seines Vergütungsanspruchs nachweisen zu können.
BGH, Beschluss vom 9. Februar 2012 - VII ZR 135/11 -
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Anwaltsrat kann teuer werden




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Da hat man ein rechtliches Problem, z.B. mit seinem Mieter, und geht zu einem Anwalt um sich zu erkundigen, was man machen könne. Der Mieter kommt seinen Zahlungspflichten nicht nach. Der Anwalt rät zur möglichen fristlosen Kündigung und nimmt diese dann auch im Auftrag vor. Der Vermieter wundert sich später nicht schlecht, wenn er die Erstattungsfähigkeit der bei ihm angefallenen Anwaltsgebühren aberkannt bekommt. 

Es mutierte bereits zur Unsitte, stets gleich einen Anwalt einzuschalten. Schon im Vorfeld wird immer häufiger der Satz „Dann gehe ich zu meinem Anwalt“ als Drohung ausgesprochen. Ob dies das Resultat der Absicherung durch Rechtsschutzversicherungen ist, mag gesondert untersucht werden. Jedenfalls schränkt die Rechtsprechung zunehmend die Erstattungsfähigkeit vorgerichtlicher Anwaltsgebühren ein, wenn es sich um Sachverhalte handelt, bei denen erwartet werden darf, dass ein betroffener  - jedenfalls zunächst -  selbst tätig werden kann und tätig wird. So auch bei dem vorgenannten Beispielsfall. So führte der BGH in seinem Beschluss vom 31.1.2012 – VIII ZR 277/11 –  aus:

„In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist geklärt, dass ein Schädiger nicht schlechthin alle durch ein Schadensereignis adäquat verursachten Rechtsverfolgungskosten des Geschädigten zu ersetzen hat, sondern nur solche Kosten, die aus der ex ante-Sicht einer vernünftigen, wirtschaftlich denkenden Person in der Situation des Geschädigten nach den Umständen des Falles zur Wahrung und Durchsetzung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren (BGH, Urteile vom 6. April 1976 - VI ZR 246/74, BGHZ 66, 182, 192; vom 30. April 1986 - VIII ZR 112/85, WM 1986, 1056 unter IV; vom 8. November 1994 - VI ZR 3/94, BGHZ 127, 348, 350 f.; vom 6. Oktober 2010 - VIII ZR 271/09, aaO Rn. 9). Ob die Erforderlichkeit und Zweckmäßigkeit der ergriffenen Maßnahme gegeben ist, entzieht sich dabei einer generalisierenden Betrachtung; dies ist vielmehr vom Tatrichter aufgrund einer Würdigung der Umstände des Einzelfalls festzustellen (BGH, Urteile vom 6. April 1976 - VI ZR 246/74, aaO S. 193; vom 9. März 2011 - VIII ZR 132/10, WuM 2011, 214 Rn. 23). Dabei gilt - und zwar auch hinsichtlich der Anforderungen an die fristlose Kündigung eines Mietverhältnisses wegen Mietzahlungsverzugs (vgl. Senatsurteil vom 6. Oktober 2010 - VIII ZR 271/09, aaO Rn. 10) -, dass in einfach gelagerten Fällen, bei denen mit rechtlichen oder tatsächlichen Schwierigkeiten nicht zu rechnen ist, der Geschädigte eine erstmalige Geltendmachung seiner Rechte grundsätzlich selbst vornehmen kann, und dass es unter diesen Umständen zur sofortigen Einschaltung eines Rechtsanwalts zusätzlicher Voraussetzungen in der Person des Geschädigten wie etwa eines Mangels an geschäftlicher Gewandtheit oder einer Verhinderung zur Wahrnehmung seiner Rechte bedarf (BGH, Urteil vom 8. November 1994 - VI ZR 3/94, aaO S. 352 mwN).“

Ob es sich um den Fall einer fristlosen Kündigung wegen Zahlungsverzugs handelt oder um einen Verkehrsunfall, bei dem jedenfalls auf dem ersten Blick die Frage der Haftung dem Grunde und der Höhe nach unproblematisch erscheint,  ist gleich zu behandeln (BGHZ 127, 348).

Soweit der Anwalt im Zusammenhang mit einem (teils) streitigen Vorgang im Auftrag seines Mandanten die Deckungszusage des Rechtsschutzversicherers einholt, wird auch hier eine dafür vom Anwalt geltend gemachte Gebühr in der Rechtsprechung im Regelfall als nicht erstattungsfähig angesehen. Dabei wird teils auf die fehlende Erforderlichkeit abgestellt (BGH vom 9.3.2011 – VIII ZR 132/10 -), teils mit einem fehlenden adäquaten Zusammenhang (LG Ellwangen vom 27.11.2009 – 9 O 1029/09 -) begründet.

Festzuhalten bleibt, dass jedenfalls bei Nichtbestehen einer eintrittspflichtigen Rechtsschutzversicherung (wobei sich der Kunde aus finanziellen Gründen zunächst selbst um eine Deckungszusage seiner Rechtsschutzversicherung bemühen sollte, da diese Kosten grundsätzlich vom Rechtsschutzversicherer nicht zu erstatten sind) zunächst ein möglicher Anspruch, wenn er offenkundig erscheint, selbst geltend gemacht wird.

Allerdings birgt die vorgenannte Rechtsprechung auch ein Haftungsrisiko für den Anwalt. Er muss nämlich bereits im Rahmen der sogenannten Erstberatung den Mandanten über das Kostenrisiko selbst für den Fall eines Obsiegens hinweisen; unterlässt er dies, könnte das u.U. einen Schadensersatzanspruch des Mandanten gegen ihn begründen.

BGH, Beschluss vom 31.01.2012 - VIII ZR 277/11 -

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Private Universität: Rückzahlung von Kosten bei Immatrikulation ohne Vorliegen der Voraussetzungen

Der Kläger, der nicht über die Voraussetzungen für eine nach dem Hochschulgesetz notwendige Voraussetzung für den Studiengang verfügte, wurde gleichwohl von der privaten Hochschule immatrikuliert. Nach Ablauf der vertraglichen vereinbarten Wochenfrist für einen Widerruf der Immatrikulation widerrief die private Hochschule die Immatrikulation mit der Begründung, eine Gleichwertigkeitsanerkennung des vom Kläger vorgelegten Abschlusses sei nicht möglich. Der Aufforderung des Klägers, ihm die entstandenen Aufwendungen zu erstatten, kam die private Hochschule mit der Begründung nicht nach, der Kläger sei informiert gewesen, welche Voraussetzungen vorliegen müssten und sie habe nicht zu vertreten, dass die Gleichwertigkeitserklärung nicht erfolgte.
Das Landgericht Wiesbaden hat der auf Zahlung gerichteten Klage  mit Urteil vom 08.05.2013  - 8 O 21/13 -  den Grunde nach vollumfänglich, der Höhe nach teilweise stattgegeben. Das Überschreiten der Wochenfrist durch die Hochschule sei irrelevant, da sich ansonsten die Hochschule durch eigene Pflichtwidrigkeit von ihrer Rückzahlungsverpflichtung befreien könne.
Das Urteil ist rechtskräftig.
Der Kläger wurde von Niehus Rechtsanwälte, Frankfurt am Main, vertreten.
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Tierhalterhaftung: Hundebiss auf fremden Grundstück - Pech gehabt

Der Besuch eines Pferdehofes kann schmerzhaft und teuer werden. Dies musste die Klägerin erkennen, die mit ihrem angeleinten Hund und u.a. ihrer Tochter, die bei dem Vorbesitzer auf dem Hof Reitunterricht genommen hatte,  auf den Hof über einen nicht verschlossenen und nicht verschließbaren Zufahrtweg (beschildert mit dem Hinweisen „Warnung vor dem Hunde !“ und „Privatgrundstück – Unbefugten ist der Zutritt verboten !“)  ging. Sie wollten sich dort eigenen Bekundungen zufolge Pferde ansehen. In Höhe der Stallungen wurde der Hund der Klägerin von einem der zwei freilaufenden Hofhunde angegriffen und erheblich verletzt. Mit ihrer Klage verlangte die Klägerin als Schadensersatz u.a. die Kosten der tierärztlichen Behandlung.
Die klagende "Besucherin" hatte letztlich Pech gehabt. Es gab keinen Schadensersatzanspruch.

Das AG Speyer hatte der Klage stattgegeben. Es ging von der Tierhalterhaftung des Hofbesitzers aus, der seine Hunde nicht angeleint gehalten hätte. Der Klägerin sei nur wegen des verbotswidrigen Betretens eine Mithaftung von 1/3 anzulasten. Die dagegen von dem Hofbesitzer eingelegte Berufung war erfolgreich. Mit dem Urteil vom 14.08.2013 änderte das LG Frankenthal (2 S 433/12) die amtsgerichtliche Entscheidung ab und wies die Klage vollumfänglich ab. Zwar, so die mündlichen Ausführungen der Kammer in der Verhandlung vom 14.08.2013, treffe den Hofbesitzer die Tierhalterhaftung. Zu berücksichtigen wäre aber auch die Mithaftung der Klägerin selbst aus dem Rechtsgrund der Tiergefahr nach § 833 BGB, da offensichtlich der Hund des Hofbesitzers in diesem eine Gefahr sah und ihn deswegen angriff. Die Tiergefahr wäre hier für die Klägerin nicht deswegen ausgeschlossen, da der Hund angeleint gewesen wäre; sie wäre sogar schwerwiegend, da er der Eindringling in dem fremden, offenkundig ein Privatgrundstück darstellendes Revier sei.  Hinzu käme das Verschulden der Klägerin selbst, die nicht nur wissentlich und willentlich ohne Erlaubnis auf ein fremdes Grundstück ging, sondern auch aufgrund der Beschilderung wusste, dass sich dort Hunde aufhalten. Wären die Hunde weggesperrt, hätten die Schilder für sich keinen Sinn gegeben, weshalb sie auch von freilaufenden Hunden ausgehen musste. Während dem Beklagten kein Verschulden zur Last falle, da er nicht mit Publikumsverkehr zu dieser Zeit rechnen musste, läge ein derart hohes Verschulden im Zusammenhang mit erhöhter Tiergefahr bei der Klägerin vor, dass demgegenüber die vom Hofbesitzer für seinen Hund zu tragende Tiergefahr völlig zurücktreten würde.

LG Frankenthal, Urteil vom 14.08.2013 - 2 S 433/12

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Sonntag, 15. September 2013

Steuern: Fehlerhafter Steuerbescheid darf vom Steuerpflichtigen genutzt werden

Ausgangspunkt der Entscheidung des BFH, Urteil vom 04.12.2012  - VIII R 50/10 waren Steuererklärungen des freiberuflich als Arzt tätigen Steuerpflichtigen, bei denen das Finanzamt (FA) die für das Kalenderjahr 1999 positiv erklärten Einkünfte von rund DM 200.000,00 irrtümlich als negative Einkünfte in Höhe von rund DM 1 Mio. erfasste.  Es kam daraufhin zu einer gesonderten Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags.  In der Folge nutzte der Steuerpflichtige diesen Verlustvortrag. In 2004 ordnete das FA eine Außenprüfung für die Jahre 1999 bis 2001 an. Vor Beginn der Prüfung gab der Steuerpflichtige eine „strafbefreiende Erklärung“ für die Jahre 2000 und 2001 ab, wobei er auch auf den „zu Unrecht in Anspruch genommenen“ Verlustvortrag verwies. In der Folge nahm er dann aber die Erklärung für das Jahr 2000 zurück.  Die Erklärung für 2001 wurde mit der Begründung zurückgewiesen, mangels Straftat könne er eine solche Erklärung nicht abgeben. Seine Klage blieb vor dem Bundesfinanzhof  erfolglos.
 
Hartmut910_pixelio.de
Die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 StraBEG wurden negiert. Falsche Angaben wären nicht vorhanden gewesen, da der bestandkräftige Bescheid über den verbleibenden Verlustvortrag verbindlich gewesen sei. Der BFH sprach sich hier zu Recht gegen die Annahme eines Steuerdelikts aus, da der Steuerpflichtige nur die sachliche unrichtige >Angabe im Feststellungsbescheid wiedergab und eine materiell-rechtliche Prüfung wegen des Bindungskraft im Rahmen der Einkommensveranlagung nicht vorgesehen ist. Da das Finanzamt den fehlerhaften Feststellungsbescheid nicht in Unkenntnis der tatsächlichen Umstände erließ, hat der Steuerpflichtige dieses auch nicht über erhebliche Tatsachen in Unkenntnis gelassen, § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO (vgl. auch BGH vom 20.05.1981 – 2 StR 666/80 -).  Der Steuerpflichtige sei auch nicht gezwungen, das FA auf den Fehler hinzuweisen. Eine Garantenstellung, die eine Mitwirkung zur Korrektur begründen könnt, würde ein pflichtwidriges gefährdendes Vorverhalten voraussetzen, dass in Ansehung der korrekten Steuererklärung nicht gegeben war. Der BFH verweist insoweit auf § 153 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO, der eine Erklärungspflicht im Anschluss an abgegebene Steuererklärungen nur vorsieht, wenn diese unrichtig oder unvollständig waren.
 
Die Entscheidung des BFH ist zu begrüßen. Der Steuerpflichtige ist zur Prüfung von Steuerbescheiden nicht verpflichtet und auch nicht verpflichtet, bei Prüfung zu seinem Vorteil getroffene Feststellungen des FA (die von ihm nicht zu vertreten sind) zu korrigieren.
BFH, Urteil vom 04.12.2012  - VIII R 50/10
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Steuern: Pflicht des Steuerpflichtigen zur Auskunft contra Steuerfahnfung

Immer häufiger kommt es zu steuerstrafrechtlichen Ermittlungen auch anlässlich von Außenprüfungen (im Regelfall sogen. Betriebsprüfungen).  Im Rahmen der zeitgleichen Betriebsprüfungen verlangt das Finanzamt dann dezidierte Auskünfte von den Steuerpflichtigen. Verweigert er diese, könnte das Finanzamt  - wäre nicht bereits ein steuerstrafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet -  die Mitwirkung erzwingen und Zwangsgeld bei fehlender Mitwirkung verhängen. Da dem § 393 Abs. 3 AO nach Einleitung des Ermittlungsverfahrens entgegenstand versuchte das hier gerichtlich in auf Unterlassung in Anspruch genommene Finanzamt hatte den Steuerpflichtigen unter Androhung eines Verzögerungsgeldes gem.  § 146 Abs. 2b AO zur Überlassung von Unterlagen (Datenträgern) zu bewegen. Der Steuerpflichtige wehrte sich dagegen und vertrat die Auffassung, auch dies wäre ein illegales Druckmittel. Ob der Gesetzgeber bewusst oder unbewusst das Verzögerungsgeld nicht als Zwangsmittel in § 393 AO aufnahm, sei bei der Entscheidung bedeutungslos, da nach Art. 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention jede Art der Ausübung mittelbaren oder unmittelbaren Zwangs auf einen Beschuldigten zu unterlassen ist; die Androhung eines Zwangsgeldes stelle sich aber als entsprechender Verstoß gegen die strafprozessualen Grundsätze dar.
Mit seinem Beschluss vom 10.06.2011 gab das Hessische Finanzgericht - 9 V 2523/09 - dem Steuerpflichtigen Recht und untersagte eine Verwertung einer Daten-CD, die unter Androhung eines Verzögerungsgeldes herausverlangt wurde.

Hessisches Finanzgericht, Beschluss vom 10.06.2011 -9 V 2523/09 -

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Arbeitsrecht: Betriebsübergang und Weiterbeschäftigungsanspruch

Im Rahmen eines Betriebsübergangs kann der Arbeitnehmer entscheiden, ob er weiter bei dem bisherigen Betriebsinhaber verbleiben will oder wechseln will, § 613a BGB. War einem Arbeitnehmer vor dem Betriebsübergang betriebsbedingt gekündigt gewesen, läuft aber zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs die Kündigungsfrist noch, so kann er trotz der ausgesprochenen Kündigung nunmehr Weiterbeschäftigung durch den neuen Betriebsinhaber begehren und von diesem eine Wiedereinstellung verlangen (BAG 25. September 2008 - 8 AZR 607/07). 
Doch was ist ein Betriebsübergang ? In seiner Entscheidung vom 15.12.2011 – 8 AZR 197/11 – stellt das Bundesarbeitsgericht (BAG) klar, dass eine reine Funktionsnachfolge keinen Betriebsübergang darstellt. Nur bei betriebsmittelarmer Tätigkeit kann die Übernahme des Hauptgeschäfts einen Betriebsübergang darstellen.   
Konkret zu entscheiden hatte das BAG den Fall eines Bewachungsunternehmens, bei dem Wachlokal und Büroausstattung (PC, Drucker, Telefax) und zehn der Angestellten übergingen. Das BAG negierte einen Wiedereinstellungsantrag mangels Betriebsübergangs. Die bloße Fortführung der bisherigen Tätigkeit stelle ebenso wenig wie eine Funktionsnachfolge einen Betriebsübergang dar. Bei den Betriebsmitteln handele es sich nicht um wesentliche, die Identität prägende Betriebsmittel. Soweit Personal mit überging, handele  es sich (mit einer Ausnahme) nur um nach Art und Sachkunde leicht erlernbare Tätigkeiten, weshalb hier auch keine prägende Identität angenommen werden könne.
BAG, Urteil vom 15.12.2011 - 8 AZR 197/11 -
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Anwaltshaftung: Belehrungspflicht des Anwalts zum Rechtsmittel


OLG Düsseldorf
Ergeht ein für den Mandanten negatives Urteil und ist gegen dieses ein Rechtsmittel möglich, gehört es zu dem Aufgabenbereich des Anwalts, den Mandanten über das mögliche Rechtsmittel zu informieren und die Frist mitzuteilen. Ohne besonderen Auftrag muss er allerdings nicht prüfen, ob und gegebenenfalls inwieweit ein Rechtsmittel erfolgreich sein könnte. Lediglich insoweit ohne weiteres eine Divergenz zur höchstrichterlichen Rechtsprechung zu erkennen ist als auch in den Fällen, in denen der Anwalt selbst nicht sachgerecht gearbeitet hat (sogen. Anwaltsfehler) besteht nach der Entscheidung des OLG Düsseldorf – 24 U 55/11 – vom 08.11.2011 ein Belehrungspflicht durch den Anwalt.  
OLG Düsseldorf, Urteil vom 08.11.2011 - 24 U 55/11 -

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Samstag, 14. September 2013

WARNUNG: Nepper, Schlepper, Baunernfänger - Gewerbeauskunftszentrale versucht immer noch Gelder einzutreiben


Von uns wird ein Mandant vertreten, der in 2011 eine Rechnung erhielt, da er auf das Spielchen der GWE-Wirtschaftsinformations-GmbH (so heißt die hinter "Gewerbeauskunfts-Zentrale stehende Gesellschaft) hereingefallen war. Wir haben die Erklärung unseres Mandanten wegen Irrtums angefochten: 

Hier der wesentliche Inhalt des entsprechenden Schreibens:

"Ihre (vermeintliche) Forderung beruht offensichtlich auf dem von Ihnen verwendeten Formschreiben, welches Sie unserem Mandanten unter dem 15.08.2011 unaufgefordert haben zukommen lassen und von unserem Mandaten am 20.08.2011 ausgefüllt an Sie zurückgefaxt wurde. Namens und in Vollmacht unseres Mandanten erklären wir hiermit die   Anfechtung des Vertrages wegen Irrtums und wegen arglistiger Täuschung. Hilfsweise wird die außerordentliche Kündigung, vorsorglich die ordentliche Kündigung des Vertrages erklärt.
Unser Mandant wurde durch Sie in mehrfacher Hinsicht in die Irre geführt. Das von Ihnen verwendete Schreiben ist bewusst so aufgebaut, dass es bei einem flüchtigen Leser den Eindruck hervorruft, das Formular diene nur der kostenlosen Korrektur/Ergänzung eines kostenlosen Grundeintrages. Die gesamte "Aufmachung" Ihres Schreibens täuscht darüber hinweg, dass mit der Unterschrift unter dem ausgefüllten Formular und der Zurücksendung ein kostenpflichtiger Auftrag erteilt wird. Sie erwecken mit der großen fettgedruckten Überschrift "Gewerbeauskunft-Zentrale.de" den Eindruck, es handele sich bei dem Schreiben um die Einholung einer öffentlichen/behördlichen Auskunft über Firmendaten, welche selbstverständlich kostenlos wäre. Ausschließlich im kleingedruckten Fließtext auf der rechten Seite findet sich der leicht überlesbare Hinweis, dass der "Basiseintrag" einen "Marketingbeitrag" von mtl. EUR 39,85 zzgl. USt. auslöst. Dieser Hinweis ist grafisch nicht besonders hervorgehoben, sondern vielmehr so angeordnet, dass er übersehen werden kann. Durch die Angabe eines Monatspreises wird der Eindruck erweckt, die angebotene Leistung sei durch eine Zahlung in dieser Höhe zu erhalten. Die Zahlungsklausel ist überraschend und daher unwirksam. Auch die von Ihnen behauptete Laufzeit des Vertrages ergibt sich aus dem Formular nicht. Nach alledem haben Sie sich Ihre (vermeintlichen) Ansprüche gegen unseren Mandanten durch einen Betrug verschafft, mit der Folge, dass der Vertrag durch die erklärte Anfechtung (rückwirkend) nichtig ist.
Unser Mandant kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass von Ihnen in strafrechtlich relevanter Art und Weise in zahlreichen Fällen der Versuch unternommen wird, Gelder zu vereinnahmen. Die Prüfung weiterer rechtlicher Schritte behält sich unser Mandant ausdrücklich vor."

Daraufhin verwies die GWE auf ein ihr günstiges Urteil des AG Köln und bot einen Vergleich an: 40% Rabatt. Dieser wurde von abgelehnt. Dabei haben wir auf die Entscheidung des LG Düsseldorf vom 15.04.2011 - 38 O 148/10 - verwiesen, in der festgestellt wurde, dass das von der GWE verwandte Formular in seinem Gesamtaufbau einen irreführenden Charakter hat.

Nunmehr wandte sich die GWE erneut an unseren Mandanten und verwies auf ein ihr günstiges Urteil des AG Düsseldorf. Darauf reagierten wir nicht mehr. Die GWE schaltete die DDI Deutsche Direkt Inkasso GmbH ein, die auf den bisherigen Schriftverkehr verwiesen wurde. Diese versuchte nun unter Verweis auf die Urteile des AG Düsseldorf und des AG Köln darzulegen, dass eine Irreführung nicht vorläge. Die DDI wurde daraufhin auf die Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 14.2.2012 - 20 U 100/11 - verwiesen (welches die Entscheidung des LG Düsseldorf bestätigte), derzufolge die GWE gegen das Verschleierungsverbot des $ 4 Nr. 3 UWG sowie gegen das Irreführungsverbot des § 5 Abs. 1 UWG verstößt. Sie wurde auch auf § 263 StGB (Betrug) hingewiesen. Gleichwohl erfolgte nochmals kurz eine Zahlungsaufforderung durch die DDI, auf die nicht mehr reagiert wurde.

Zuletzt schrieb die RAin Mölleken aus Köln (10.12.2012). Sie bot nunmehr an, dass statt Hauptforderung € 1.138,12 aus einem 2-Jahresvertrag € 450,00 gezahlt werden und verwies darauf, dass aus den Wettbewerbsverstößen nicht unbedingt die Nichtigkeit zu schließen sei. Hierauf reagierten wir nicht mehr.

Das war es bisher.

Bei RAin Mölleken, die sich "Kanzlei für Wirtschaftsrecht" nennt, handelt es sich um eine 1-Frau-Kanzlei. Sie behauptet eine eindeutige Rechtslage und meint damit eine zugunsten der GWE. Eindeutig erscheint mir auch die Rechtslage  gegen die GWE. Insoweit ist auch auf eine Entscheidung des BGH vom 26.7.2011 - VII ZR 262/11 - zu verweisen. Deren Leitsatz lautet:

"Wird eine Leistung (hier: Grundeintrag in ein Branchenverzeichnis im Internet) in einer Vielzahl von Fällen unentgeltlich angeboten, so wird eine Entgeltklausel, die nach der drucktechnischen Gestaltung des Antragsformulars so unauffällig in das Gesamtbild eingefügt ist, dass sie von dem Vertragspartner des Klauselverwenders dort nicht vermutet wird, gemäß § 305c Abs. 1 BGB nicht Vertragsbestandteil."

Dazu heißt es in den Gründen:

"Das Berufungsgericht geht von der Revision unbeanstandet davon aus, dass Eintragungen in Branchenverzeichnisse im Internet zwar nicht generell, aber in einer Vielzahl von Fällen unentgeltlich angeboten werden. Die berechtigte Kundenerwartung wird in der vorliegenden Fallgestaltung nicht hinreichend deutlich korrigiert. Die Bezeichnung des Formulars als "Eintragungsantrag Gewerbedatenbank" macht nicht hinreichend deutlich, dass es sich um ein Angebot zum Abschluss eines entgeltlichen Vertrages handelt. Der Hinweis auf die Vergütungspflicht in der Längsspalte geht im ihn umgebenden Fließtext unter. Das gilt bereits für den Begriff "Vergütungshinweis" in der Überschrift und erst recht für die Höhe der Vergütung und die Laufzeit des Vertrags. Die Aufmerksamkeit auch des gewerblichen Adressaten wird durch Hervorhebung im Fettdruck und Gestaltung auf die linke Spalte gelenkt. Die in der Längsspalte mitgeteilte Entgeltpflicht ist demgegenüber drucktechnisch so angeordnet, dass eine Kenntnisnahme durch den durchschnittlich aufmerksamen gewerblichen Adressaten nicht zu erwarten ist.
Dementsprechend haben die Berufungsgerichte in vergleichbaren Fallgestaltungen entschieden, dass Entgeltklauseln, die nach der drucktechnischen Gestaltung eines Formulars so unauffällig in das Gesamtbild eingefügt sind, dass sie von dem Vertragspartner des Verwenders nicht vermutet werden, nach § 305c Abs. 1 BGB nicht Vertragsbestandteil werden (LG Rostock, NJW-RR 2008, 1450; LG Flensburg, NJOZ 2011, 1173 mit Anmerkung Schöttler, jurisPR-ITR 14/2011 Anm. 4; zu "versteckten" Entgeltklauseln siehe auch LG Saarbrücken, NJW-RR 2002, 915; LG Düsseldorf, NJOZ 2009, 391; LG Berlin, NJW-RR 2012, 424)."

Mithin: Es handelt sich hier um eine überraschende Entgeltklausel. Ein Zahlungsanspruch kann nicht begründet werden.

Ich hoffe, allen Betroffenen dieser dubiosen (da mit entsprechenden Methoden arbeitenden)  Gesellschaft GWE hilft Vorstehendes weiter.

Werkvertrag: Mangel auch bei nachtraeglichen Veraenderungen der Bedingungen




lichtkunst.73  / pixelio.de

Mit seiner Entscheidung vom 27.09.2012 - 17 U 170/11 - hat das OLG Hamm bestätigt, dass der Handwerker selbst dann haftet, wenn zwar das Werk regelkonform hergestellt wurde, aber nicht funktionstauglich ist. Dies gilt sogar für den Fall, dass nachträglich Änderungen eintreten (hier: Wasserqualität), mit denen er nicht gerechnet hat.
Der Unternehmer ist zwar verpflichtet, nach den Regeln der Technik zu arbeiten, doch schließt deren Beachtung nicht die Mangelhaftigkeit des Werkes aus (BGH cim 10.11.2005 - VII ZR 147/04 -). Dies gilt nicht nur bei einer nicht eingehaltenen Beschaffenheitsvereinbarung (BGH vom 14.05.1998 - VII ZR 184/97 -), sondern auch bei Einschränkung der Gebrauchstauglichkeit (BGH vom 12.10.1967 - V ZR 40/66 -).
Aus dem Wesen der Erfolgshaftung des Werkunternehmers, so das OLG Hamm, folgt auch, dass es nicht auf ein Verschulden und die Vorhersehbarkeit für den Unternehmer ankommt; die Risikoverteilung hinsichtlich unvorhersehbarer Umstände (hier: höhere Chlorid-Werte) liegt, da der Werkvertrag erfolgsbezogen ist, bei dem Unternehmer.
OLG Hamm, Urteil vom 27.09.2012 - 17 U 170/11 -


Tierhalterhaftung: Zum Mitverschulden beim Reiten ohne Einwilligung des Halters

Entscheidung vom 30.04.2013 – VI ZR 13/12 – über die Haftung des Tierhalters eines Pferdes zu urteilen, welches sich der Reiter ohne seine Einwilligung zum Ausritt nahm und dabei verletzte. Entgegen der Vorinstanz hat der BGH konsequent auf der Grundlage des § 833 BGB festgehalten, dass der Tierhalter für die vom Pferd ausgehende Gefahr haftet und damit vom Grundsatz dem Reiter schadensersatzpflichtig ist. Denn der Umstand, ob sich jemand berechtigt oder unberechtigt dem Tier nähert oder dieses (wie hier) zum Reiten nutzt ist nicht weiteres Tatbestandsmerkmal des § 833 BGB. Der Halter haftet generell für Schäden, die durch die Unberechenbarkeit tierischen Verhaltens eintreten. Das Ergebnis wird über § 254 BGB abgemildert. Inwieweit dann die Mithaftung des Reiters aus dem Gesichtspunkt des Mitverschuldens geht, ob diese schließlich die Haftung des Tierhalters gänzlich ausschließt, ist eine Frage des Einzelfalls.
BGH, Urteil vom 30.04.2013 - VI ZR 13/12 -
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Tierhalterhaftung: Bewusste Risikoerhöhung der Pferdetrainerin führt zum Haftungsausschluss

Das OLG Koblenz wies die Beschwerde gegen
einen die Prozesskostenhilfe versagenden Beschluss des Landgerichts zurück, mit dem die Antragstellerin (Pferdetrainerin) Prozesskostenhilfe für die Klage gegen einen Tierhalter auf Schadensersatz und Schmerzensgeld begehrte.
Die Antragstellerin wurde bei dem Versuch, ein  Pferd zu verladen (bzw. von einem Hänger zu holen), von diesem verletzt. Zwar haftet grundsätzlich der Tierhalter, § 833 Satz 1 BGB.  Die Haftung ist aber dann ausgeschlossen, wenn sich der Geschädigte in eine Position drohender Eigengefährdung begibt, eine über das normale Risiko hinausgehende Gefährdung billigend in Kauf nimmt. Davon ging das OLG in seinem Beschluss vom 23.11.2012  - 2 W 600/12 -, dem Landgericht folgend, aus. Diese erhöhte Risikogefährdung nahm es an, da die Antragstellerin das Pferd zu sich (zur Ausbildung holte, die alleinige Sachherrschaft über das Tier zum Zeitpunkt des Vorfalls hatte und keinen Dritten zur Mithilfe beim Entladen hinzuzog.


OLG Koblenz, Beschluss vom 23.11.2012 - 2 W 600/12 -


Schadensersatz: Kreuzhacke beschädigt Mähdrescher - keine Haftung des Landwirts von Unkenntnis über Vorhandensein

Bild: Uschie Dreiucker / pixelio.de
Ein Lohnunternehmer war mir dem Ernten eines 6,44 ha großen Rapsfeldes des ihn beauftragenden Landwirts beauftragt. Dabei verfing sich eine im Raps liegende Kreuzhacke, von deren Existenz der Landwirt nach eigenen Angaben nichts wusste, im Mähwerk und führte zu einem größeren Schaden. Von uns wurde im Verfahren vor dem LG Bonn (und weiter auch vor dem OLG Köln im anschließenden Berufungsverfahren) die Auffassung vertreten, eine Haftung des Landwirts scheide wegen seiner Unkenntnis aus. Das Landgericht hat die Kenntnis ebenso wie das OLG auf sich beruhen lassen, da nach deren Auffassung der Landwirt die Pflicht habe, vor dem Dreschvorgang das Feld zu auf mögliche Gegenstände, die zu einem Schaden an einer vom beauftragten Lohnunternehmer eingesetzten Maschine führen könnten, zu prüfen. Dieser seiner Verpflichtung wäre er nicht nachgekommen.

Der BGH hat sich mit seinem Urteil vom 24.01.2013 - VII ZR 98/12 - der von uns vertretenen Rechtsansicht angeschlossen. Eine gesonderte Prüfpflicht des Landwirts besteht nicht.  Eine entsprechende Fürsorge des Landwirts für den Auftragnehmer bestehe nicht und sei auch in Ansehung der Größe des Feldes nicht zumutbar. Der Landwirt habe auch keine Möglichkeiten gehabt, Einwirkungen Dritter auf das (freie) Feld zu verhindern. Nach Rückverweisung an das OLG Köln hat dieses die Klage gegen den von NIEHUS Rechtsanwälte vertretenen Landwirt abgewiesen. 


BGH, Urteil vom 24.01.2013 - VII ZR 98/12 -


Betriebskosten: Umlegung der Wartungskosten für Gastherme (Änderung der Rechtsprechung)

Ist in einem Mietvertrag vereinbart, dass die Wartung einer in der Wohnung für die Etagenheizung angebrachten Therme der Mieter zuständig ist, gilt diese Klausel als unwirksam. Dies mit der Begründung, es wäre keine Kostenobergrenze aufgenommen. Folgerichtig wurden auch die Kosten der Wartung der Therme, wenn sie vom Vermieter vorgenommen wurden, als nicht umlagefähig angesehen, wenn die Obergrenze nicht benannt wurde.
Diese Rechtsprechung hat nun der BGH mit seinem Urteil vom 07.11.2012 – VIII ZR 119/12 – aufgegeben. Er trägt damit dem Umstand Rechnung, dass nach der BetrKV Wartungskosten umlegungsfähig sind. Sind sie aber umlegungsfähig, kann hier dies nicht von der Benennung eines in der Verordnung nicht vorgesehenen, vom Vermieter grundsätzlich nicht zu beeinflussenden Höchstbetrag abhängig gemacht werden, unbeschadet dessen, dass der Vermieter wirtschaftlich handeln muss und damit grundsätzlich das günstigste Angebot für Wartungsarbeiten annehmen muss.


BGH, Urteil vom 07.11.2012 - VIII ZR 119/12 -

Nebenkosten: Abrechnung vom Vermieter selbst vorgenommene Leistungen

Bundesgerichtshof (Foto: rn)
Kann der Vermieter im Rahmen der Abrechnung der Neben-/Betriebskosten auch seine eigene Arbeitskraft oder die Tätigkeit von Arbeitnehmern seines Betriebs abrechnen ? In § 1 Abs. 1 Satz 2 BetrKV heißt es:
Sach- und Arbeitsleistungen des Eigentümers oder Erbbauberechtigten dürfen mit dem Betrag angesetzt werden, der für eine gleichwertige Leistung eines Dritten, insbesondere eines Unternehmers, angesetzt werden könnte; die Umsatzsteuer des Dritten darf nicht angesetzt werden.“
Dies bedeutet, dass sowohl der private als auch, worauf der BGH in seiner Entscheidung vom 14.11.2012 – VIII ZR 41/12 – hingewiesen hat, der institutionelle Vermieter die entsprechenden Kosten fiktiv abrechnen darf. Er muss aber darlegen und nachweisen, dass die gelten gemachten Beträge üblich sind. Im konkreten Fall hatte der (institutionelle) Vermieter ein Leistungsverzeichnis für Gartenpflege- und Hausmeisterarbeiten vorgelegt, in dem u.a. die Größe der Rasenfläche, die Häufigkeit der Mäharbeiten pp. benannt waren und ein Angebot einer Firma vorgelegt und behauptet, es habe sich um das günstigste Angebot gehandelt. Damit konnte er diese fiktiv berechneten Kosten auch auf die Mieter umlegen. Allerdings ist der Vermieter hier  für die üblichen Kosten darlegungs- und beweisbelastet.

BGH, Urteil vom 14.11.2012 - VIII ZR 41/12 -

 

Fristgemäße Kündigung wegen Zahlungsverzug - keine Schonung für Mieter

(Foto: rn)
Gerät der Mieter in Zahlungsverzug kann der Vermieter das Mietverhältnis ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist (d.h. fristlos) künden, wenn sich der Mieter mit der Miete (einschl. Nebenkostenvorauszahlungen) für zwei oder mehr Mieten in Rückstand befindet, § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB.  Zahlt der Mieter von Wohnraum den Rückstand vollständig binnen zwei Monaten nach Rechtshängigkeit der darauf basierenden Räumungsklage, wird die Kündigung (wenn nicht eine solche bereits in den letzten zwei Jahren schon einmal ausgesprochen wurde) unwirksam, §  569 Abs. 3 Nr. 2 BGB.

Der Vermieter kann aber bei Zahlungsverzug auch eine ordentliche Kündigung aussprechen.  Dies führt zur Unanwendbarkeit der als Schonfrist benannten Norm des § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB, wie der Bundesgerichtshof (BGH) in seiner Entscheidung vom 10.10.2012 – VIII ZR 107/12 – feststellte. Voraussetzung ist lediglich für die (ordentliche, mit gesetzlicher Kündigungsfrist) ausgesprochenen Kündigung, dass sich der Zahlungsverzug auf mehr als eine Miete beläuft und die Verzugsdauer mindestens einen Monat beträgt.  Der BGH sieht in einem derartigen Verzug eine nicht unerhebliche Vertragsverletzung, die den Vermieter die Kündigung unter Beachtung gesetzlicher bzw. vereinbarter Kündigungsfristen erlaubt.
Die Folge dieser Entscheidung wird sein, dass wohl häufiger bei Zahlungsverzug statt der fristlosen Kündigung der Weg der fristgemäßen Kündigung gewählt wird, wobei der Vermieter wohl auch eine fristlose Kündigung (bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB) verbunden mit einer für den Fall der Unwirksamkeit erklärten fristgemäßen Kündigung aussprechen kann; dies hätte zur Folge, dass letztlich das Mietverhältnis jedenfalls unabhängig von einer Zahlung des Mieters innerhalb der Schonfrist enden würde.

BGH, Urteil vom 10.12.2012 - VIII ZR 107/12 -