Posts mit dem Label pferd werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label pferd werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

Dienstag, 1. März 2022

Schadensersatz: Verkehrs-/Wiederbeschaffungswert eines Pferdes (bei bisher unbekannter Erkrankung)

Der Beklagte war Tierarzt und wurde von der Klägerin nach einer Behandlung ihre Wettkampfpferdes auf Schadensersatz in Anspruch genommen, da dieses nach einer vom Beklagten durchgeführten Eigenblutbehandlung starb. Das Landgericht (LG) erkannte einen Schadensersatzanspruch von € 250.000,00 zu; die Berufung des Beklagten wurde vom Oberlandesgericht (OLG) zurückgewiesen und nach Zulassung der auf die Höhe des Anspruchs beschränkten Revision beantragte er die Klageforderung abzuweisen, soweit sie einen Betrag von € 50.000,00 übersteige. Die Revision führte zur Aufhebung des Urteils, soweit nicht mit der Revision angefochten, und zur  Zurückverweisung an das OLG.

Die Klägerin hatte behauptet, das Pferd habe einen Wiederbeschaffungswert von mindestens € 250.000,00. Die Erwägungen, mit denen das OLG dem folgte, hielten aber der revisionsrechtlichen Prüfung des BGH nicht stand.

Die Bemessung der Höhe des Schadens sei vom nach § 287 ZPO besonders freigestellten Tatrichter vorzunehmen. Dabei müsse er erhebliches Vorbringen der Parteien berücksichtigen, Rechtsgrundsätze der Schadensbemessung beachten, wesentliche Bemessungsfaktoren in Betracht ziehen bzw.  richtige Maßstäbe der Schätzung zugrunde legen (BGH, Urteil vom 25.05.2020 - VI ZR 252/19 -).  Dies sei vom OLG nicht berücksichtigt worden.

Nicht berücksichtigt habe das OLG die Behauptung des Beklagten, das Pferd sei für eine anaphylaktische Reaktion anfällig gewesen und deshalb im Wert gemindert gewesen. Der Umstand, dass dies bis zum Auftreten einer der derartigen Reaktion nicht bekannt gewesen sei und von daher bis dahin nicht von den Marktteilnehmern hätte berücksichtigt werden können, sei entgegen der Ansicht des OLG erheblich, unabhängig davon, ob der Schadensersatz für den Verlust des Pferdes nach § 249 BGB oder § 251 Abs. 1 BGB bemessen würde.  

§ 249 Abs. 2 S. 1 BGB erlaube es dem Gläubiger statt die Widerherstellung des früheren Zustands den dazu erforderlichen Geldbetrag zu verlangen. Bei Verlust oder Zerstörung (auch bei Tötung eines Tieres, § 90a BGB) könne er im Rahmen der Naturalrestitution den Geldbetrag verlangen, der für die Beschaffung einer gleichartigen und -wertigen Sache erforderlich sei. Zur Feststellung der Gleichartigkeit und -wertigkeit seinen die objektiv vorliegenden Eigenschaften der Sache zugrunde zu legen (so BGH, Beschluss vom 15.10.2019 - VI ZR 377/18 – zu § 7 Abs. 1 StVG und Vorschäden an einem Pkw).  

Sollte eine Anschaffung eines gleichartigen und -wertigen Pferdes nicht möglich sei, sei nach § 251 Abs. 1 BGB Ersatz für die Vermögenseinbuße zu leisten (Kompensation). Es sei der Verkehrswert zu ermitteln. Bei Bestehen eines Marktes für die Sache würde sich dieser durch Angebot und Nachfrage ergeben, der im Allgemeinen der Wiederbeschaffungswert sei. Auch hier seien die objektiven Eigenschaften der Sache zugrunde zu legen.

Es käme nicht darauf an, wem wann welche Eigenschaften bekannt waren. Die Auffassung des OLG, wonach es darauf ankäme, würde dazu führen, dass die Wertbemessung von einem höherwertigen und wertvolleren Pferd ausgehen würde und damit die Klägerin objektiv besser gestellt würde als sie ohne das schädigende Ereignis stände.

Da nicht ausgeschlossen werden könne, dass das Pferd für anaphylaktische Reaktionen anfällig war und sich dies wertmindernd auswirken würde, sei die Grundlage der Wertermittlung durch das OLG entfallen und der Rechtsstreit an das OLG zurückzuverweisen.

BGH, Urteil vom 09.11.2021 - VI ZR 87/20 -

Sonntag, 19. April 2020

Züchtereigenschaft aufgrund eines Nutzungs- und Ausbildungsvertrages


Die Klägerin war Eigentümerin einer Stute, bei der es sich weltweit um eines der erfolgsreichsten Dressurpferde handelte. Sie verbrachte die Stute im April 2011 auf den Hof des Beklagten zu 3., mit dem sie vereinbarte, dass diese auf unbestimmte Zeit dort verbleibt. Der Beklagte verpflichtete sich, die Stute zur Grand-Prix-Reife auszubilden. Er übernahm die Kosten für Pflege, Unterstellung und Beritt und die Klägerin gewährte ihm im Gegenzug das Recht, alle ein bis zwei Jahre ein Embryo aus der Stute zu spülen, um hierdurch ein Fohlen zu gewinnen. Im Juli 2012 ließ der Beklagte zu 3. Die Stute von einem Hengst decken. Einige Tage später ließ er die befruchtete Eizelle aus der Stute ausspülen und in eine in seinem Eigentum stehende Stute einsetzen. Im Juni 2013 gebar die Austragungsstute ein weibliches Fohlen. Im September 2013 wurde vom Beklagten zu 3. der Beklagten zu 2., einem Zuchtverband, der Standort des Fohlens und als „Zuchtbesitzerin“ die Tochter des Beklagten zu 3. mitgeteilt, woraufhin der Beklagte zu 1. für die Beklagte zu 2. für das Fohlen eine Equidenpass sowie eine Eigentumsurkunde ausstellte und dem Beklagten zu 3. überließ. In diesen Papieren wurde der Beklagte zu 3. als Züchter benannt. Die Klägerin, die der Ansicht war, Züchterin zu sein, begehrte mit ihrer Klage die Einziehung und Unbrauchbarmachung von Equidenpass und Eigentumsurkunde begehrt. Die Klage blieb in allen Instanzen erfolglos.


Der BGH negierte einen Anspruch aus § 280 Abs. 1 BGB iVm. dem Nutzungs- und Ausbildungsvertrag sowie aus § 823 Abs. 2 BGB iVm. § 263 StGB sowie aus § 826 BGB. Eine Voraussetzung wäre jeweils, dass der Beklagte zu Unrecht in den Urkunden als Züchter benannt worden wäre.

Die Auslegung des Vertrages der Klägerin mit dem Beklagten zu 3. Verstoße nicht gegen gesetzliche Auslegungsregeln, anerkannte Auslegungsgrundsätze sonstige Erfahrungssätze oder Denkgesetze.  Danach sei nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht festgestellt habe, dass dem Beklagten zu 3. die Steuerung des gesamten Zuchtvorgangs übertragen worden sei. Auch aus der Angabe zur „Zuchtbesitzerin“ gegenüber der Beklagten zu 2. ließe sich nichts anderweitiges herleiten, da auch dort der Beklagte zu 3. von einer Zucht durch ihn und einer Übertragbarkeit der ihm zukommenden Züchtereigenschaft auf seine Tochter ausgegangen sei.

Ein Verstoß gegen verbands- und vereinsrechtliche Regelungen läge auch nicht vor. Sowohl aus der Zucht-Verbands- und der Leistungs-Prüfungs-Ordnung der FN als auch der Zuchtordnungen der Beklagten zu 2. Läge nicht vor, da dort ausdrückliche abweichende Vereinbarungen zur Züchtereigenschaft zugelassen seien. Dies folge für die Zucht-Verbands-Ordnung bereits aus § 4 Nr. 10, wonach Züchter der Eigentümer der Zuchtstute ist, wenn nicht die Parteien anderweitiges vereinbart hätten, was hier vorliege und jedenfalls in der benannten Vereinbarung konkludent als getroffen anzusehen sei. Nach § 11 S. 1 LPO sei Züchter der Besitzer der Mutterstute zum Zeitpunkt der Bedeckung. Dies war der Beklagte zu 3. Der Besitz würde in § 12 LPO geregelt. Diese Regelung greife nur, wenn Zweifel bestünden. Diese lägen hier aber nicht vor, da der Beklagte zu 3. die Stute zur Zeit der Bedeckung im unmittelbaren Besitz gehabt habe und den Zuchtvorgang gesteuert habe. Dafür, dass mit § 11 LOP auch der mittelbare Besitz gemeint sein könnte (der bei der Klägerin lag) sei nichts ersichtlich und würde auch dem Sinne, Rechtsklarheit zu schaffen, widersprechen. Ob sich aus § 28 Nr. 1 ZBO (der Beklagten zu 2.) etwas anderes ergebe, könne auf sich beruhen, da die Klägerin diesem Verband nicht angehört habe. Unabhängig davon würde sich daraus auch nichts zugunsten der Klägerin ergeben, da auch hier zwischen Eigentum und Besitz unterschieden würde.

Da damit der Beklagte zu 3. zutreffend in der Eigentumsurkunde und im Equidenpass als Züchter eingetragen worden sei, sei die Klage abzuweisen.

BGH, Urteil vom 20.02.2020 - III ZR 55/19 -

Samstag, 14. September 2013

Tierhalterhaftung: Zum Mitverschulden beim Reiten ohne Einwilligung des Halters

Entscheidung vom 30.04.2013 – VI ZR 13/12 – über die Haftung des Tierhalters eines Pferdes zu urteilen, welches sich der Reiter ohne seine Einwilligung zum Ausritt nahm und dabei verletzte. Entgegen der Vorinstanz hat der BGH konsequent auf der Grundlage des § 833 BGB festgehalten, dass der Tierhalter für die vom Pferd ausgehende Gefahr haftet und damit vom Grundsatz dem Reiter schadensersatzpflichtig ist. Denn der Umstand, ob sich jemand berechtigt oder unberechtigt dem Tier nähert oder dieses (wie hier) zum Reiten nutzt ist nicht weiteres Tatbestandsmerkmal des § 833 BGB. Der Halter haftet generell für Schäden, die durch die Unberechenbarkeit tierischen Verhaltens eintreten. Das Ergebnis wird über § 254 BGB abgemildert. Inwieweit dann die Mithaftung des Reiters aus dem Gesichtspunkt des Mitverschuldens geht, ob diese schließlich die Haftung des Tierhalters gänzlich ausschließt, ist eine Frage des Einzelfalls.
BGH, Urteil vom 30.04.2013 - VI ZR 13/12 -
Weiter zum > Volltext des Urteils