Bei der Klägerin handelte es sich
um eine Leasinggesellschaft. Am 07.05.2021 ereignete sich ein Verkehrsunfall,
an dem das bei der beklagten Haftpflichtversicherung (Pflichtversicherung) und
der nach Angaben der Klägerin von ihr verleaste BMW beteiligt waren. Zunächst
wurden nach nah dem Verkehrsunfall über eine Anwaltskanzlei für eine Z. GmbH
Schadensersatzansprüche wegen Beschädigung des BMW gegenüber der Beklagten
geltend gemacht, die von der Beklagten reguliert wurden. Sodann machte die
Klägerin Schadensersatzansprüche mit der Behauptung geltend gemacht, sie sei
Eigentümerin des BMW und es habe mit der Z GmbH ein Leasingvertrag bestanden. geltend, die von der Beklagten zurückgewiesen
wurden. Das Landgericht hat einen Anspruch der Klägerin gegen die beklagte
bejahrt und der im Wesentlichen stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten
wurde das landgerichtliche Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Kernpunkt der rechtlichen Auseinandersetzung
war, ob die Beklagte mit befreiender Wirkung an die Z. GmbH zahlen konnte.
Unter Verweis auf § 851 BGB wurde dies vom Berufungsgericht bejaht. Danach
könne ein Deliktsschuldner mit befreiender Wirkung an den Besitzer einer
beweglichen Sache Ersatz leisten, wenn er ihn gutgläubig für den Eigentümer
halte. Nach § 851 BGB würde die Redlichkeit des Ersatzleistenden Schädigers
vermutet, weshalb die Beweislast für dessen Bösgläubigkeit zum Zeitpunkt der
Leistung den wahren Eigentümer bzw. Inhaber eines dinglichen Rechts treffe, der
den Schädiger seinerseits ein zweites Mail in Anspruch nehme und gegen den sich
der Schädiger nach §§ 361, 851 BGB verteidige (OLG Saarbrücken, Urteil vom
10.05.2011 - 4 U 261/10 -).
Die Z. GmbH sei als Leasingnehmer
(und damit nicht Eigentümerin) eine Nichtberechtigte. Sie habe das Fahrzeug zum
Zeitpunkt des Unfalls allerdings in ihrem Besitz gehabt. Entsprechend der
Wertung in § 1006 Abs. 3 BGB gelte § 851 BGB sowohl für den unmittelbaren wie
auch den mittelbaren Besitz (OLG Saarbrücken aaO.), weshalb es vorliegend ohne
Bedeutung sei, dass die Z. GmbH als Leasingnehmerin im Zeitpunkt des
Schadensereignisses infolge des unmittelbaren Besitzes des faktischen
Fahrzeughalters C. nur mittelbare Besitzerin gewesen sei. Auch wenn im
Leasingvertrag die „Z. GmbH i.G. stand, habe der Senat infolge der gleichen
Anschrift und Firmierung keine Zweifel, dass eine Identität vorläge. Auch auf
Haftpflichtschäden nach §§ 7, 18 StVG ei § 851 BGB anzuwenden (OLG Saarbrücken
aaO.).
Für eine Bösgläubigkeit der
Beklagten iSv. § 851 BGB sei der gleiche Maßstab wie für § 932 Abs. 2 BGB
anzulegen. Der Ausschluss der befreienden Wirkung greife also bei Kenntnis oder
grob fahrlässiger Unkenntnis. Grobe Fahrlässig in Bezug auf die Kenntnis des
Rechts des Dritten läge vor, wenn der Ersatzpflichtige die im Verkehr
erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße verletzt und dasjenige nicht
beachtet habe, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen (BGH, Urteil
vom 13.04.1994 - II ZR 196/93 -). Der gute Glaube des Ersatzpflichtigen müsse
zum Zeitpunkt der Leistung vorliegen, spätere Erkenntnisse seien
unschädlich.
Unstreitig kannte die Beklagte
zum Zeitpunkt der Leistung die Eigentümerstellung der Klägerin nicht. Die
Klägerin habe auch nicht den Nachweis geführt, dass ihr das Eigentum der
Klägerin infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben sei.
Eine grobe Fahrlässigkeit wegen
einer nicht verlangten Vorlage der Zulassungsbescheinigung Teil II und einer
unterbliebenen Einsichtnahme in die Ermittlungsakte negierte das
Berufungsgericht. Der Vorgang sei nicht vergleichbar demjenigen bei einem
gutgläubigen Erwerb eines Fahrzeugs. Bei der Regulierung von Verkehrsunfällen
würde die von § 851 BGB intendierte zügige Schadensabwicklung verzögert, würde
der Haftpflichtversicherer zunächst einen Eigentumsnachweis des Geschädigten
fordern. Auch der Umstand, dass in der heutigen Wirtschaftspraxis die
Aufspaltung von Nutzungs- und Eigentumsrecht eher der Regalfall sei, dürfe grob
fahrlässige Unkenntnis von der Nichtberechtigung des Besitzers nicht pauschal
bejaht werden, wenn ohne Vergewisserung zur Eigentumslage gezahlt würde und
keine Anhaltspunkte ersichtlich seien, dass es sich bei dem Unfallwagen um
Vorbehaltsware oder ein Leasingfahrzeug handele (OLG Saarbrücken aaO.).
Die Formulierung in dem
anwaltlichen Anspruchsschreiben zu dem „Pkw des Mandanten“ deute nach dem
üblichen Sprachgebrauch auf eine Eigentümerstellung hin, weshalb auch aus
dieser Formulierung nicht grob fahrlässig ein fehlendes Eigentum nicht erkannt
worden sei. Zu der Formulierung und das Verständnis im allgemeinen
Sprachgebrauch verweist das Berufungsgericht auf eine Entscheidung des KG
Berlin vom 04.03.1976 - 22 U 1946/ 75 – (wonach dort zusätzlich vom Halter
gesprochen wurde) und eine Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 09.03.1992 - 1 U
70/91 – hin (nach der allerdings der Anspruchsteller auch als Eigentümer
bezeichnet worden sei). Anmerkung: Das Berufungsgericht weist
zutreffend an anderer Stelle auf die heutige Wirtschaftspraxis hin, nach der
zunehmend Nutzungsrecht und Eigentum an einem Kfz auseinanderfallen, was zum
Zeitpunkt der von ihm benannten Entscheidungen in diesem Umfang noch nicht der
Fall war. Da der „allgemeine Sprachgebrauch“ einer tatsächlichen Rechtslage
häufig nicht gerecht wird, man zudem von einem Anwalt verlangen sollte, sich
rechtlich klar auszudrücken, erscheint es bedenklich, jedenfalls und konkrete
Nachfrage zum Eigentum und einer Bejahung durch die anwaltlich vertretene
Anspruchstellerseite eine grobe Fahrlässigkeit zu negieren, da an sich
einsichtig ist, dass eine Termins wie „Pkw meines Mandanten“ auch bewusst
verwandt worden sein könnte, um gerade die fehlerhafte Behauptung von Eigentum
zu vermeiden.
Neben der benannten Formulierung
verwies aber das Berufungsgericht ergänzend darauf, dass verbliebene Zweifel
des Sachbearbeiters der Haftpflichtversicherung dadurch zerstreut werden
könnten, dass ein Gutachten vorgelegt würde, in dem der Anspruchsteller als
Auftraggeber und Halter oder als Eigentümer benannt würde. Anmerkung:
Gefolgt werden kann dem Berufungsgericht aus dem Blickwinkel der zu prüfenden
groben Fahrlässigkeit m.E. lediglich in dem Fall, dass der Anspruchsteller in
einem von diesem über seinem Anwalt vorgelegten Gutachten als Eigentümer
benannt wird (da damit die anwaltliche Angabe „Pkw meines Mandanten“ rechtlich
konkretisiert wird). In Bezug auf die Zulassungsbescheinigung /
Haltereigenschaft kann ihm nicht gefolgt werden, da weder der Inhaber der Zulassungsbescheinigung
als Eigentümer ausgewiesen wird (so explizit auch der Hinweis auf der
Zulassungsbescheinigung Teil II), noch notwendig der Halter Eigentümer sein
muss (so z.B. bei Leasing, Sicherungseigentum).
Lägen im Einzelfall keine
konkreten Anhaltspunkte vor, dass es sich bei dem Unfallwagen um ein
Leasingfahrzeug, sicherungsübereignetes Fahrzeug oder um Vorbehaltsware
handele, so das Berufungsgericht, und bestünden auch aus anderen Gründen keine
validen Zweifel, dass der Anspruchsteller Eigentümer des Unfallsfahrzeugs sei,
müsse mithin von dessen Berechtigung ausgegangen werden dürfen.
Das LG Nürnberg-Fürth habe in
seinem hier mit der Berufung angegriffenen Urteil zwar als Erfahrungssatz
ausgeführt, dass nahezu in jedem zweiten Fall in finanziertes oder geleastes
Fahrzeug betroffen sei. Unabhängig davon, ob dies zugrunde gelegt werden könne,
und selbst unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Unfall geleaster
Fahrzeuge im gewerblichen Bereich (wie hier) noch höher ausfallen möge, verbliebe
ein bestimmter Anteil an Fahrzeugen die im Eigentum des gewerblichen Nutzers
stünden, weshalb sich alleine aufgrund dieser Tatsachen für die Beklagte keine
konkreten Anhaltspunkte für das Vorliegen eines geleasten Fahrzeugs ergeben
müsse. (Auf meine vorherigen Anmerkungen darf ich verweisen).
Die vom Erstgericht gestellten
Anforderungen an den Sorgfaltsmaßstab seien zu weit gefasst und ließen eine
klare Abgrenzung zur gewöhnlichen (einfache) Fahrlässigkeit nicht mehr zu,
fordere man vom Haftpflichtversicherer nicht nur bei konkreten Anhaltspunkten
zur Vermeidung des Vorwurfs einer groben Fahrlässigkeit, den Anspruchsteller zu
einer eindeutigen Erklärung zum Eigentum aufzufordern. Anmerkung:
Auch hier ist dem Berufungsgericht nicht zu folgen., Es ist ein Unterschied, ob
verlangt wird, der Versicherer müsse sich den Beweis für das Eigentum erbringen
lassen oder ob er nur die deutliche Erklärung des Anspruchsstellers zum
Eigentum verlangt. Das Unterlassen der Nachweiserbringung kann tatsächlich
(liegen nicht konkrete Anhaltspunkte vor, die gegen ein Eigentum sprechen)
nicht als grob fahrlässig angesehen werden, anders aber das Unterlassen nach
einer einfachen Erklärung zum Eigentum (in Ansehung geleaster und
sicherheitsübereigneter Fahrzeuge).
Richtig verweist das
Berufungsgericht abschließend darauf hin, dass zwar § 119 Abs. 3 VVG dem
Haftpflichtversicherer einen Auskunftsanspruch gegen den Dritten einräumt, aber
keine Obliegenheit normiert, dass eine bestimmte Auskunft eingeholt werden
müsse. Das aber ändert nichts an der Betrachtung zu § 851 BGB.
OLG Nürnberg, Urteil vom
11.06.2024 - 14 U 203/23 -