
Der Beklagte zu 1 hatte einen
notariellen Kaufvertrag über Wohnungs- und Teileigentumseinheiten
abgeschlossen. Im Grundbuch war eine nicht mehr valutierende Briefgrundschuld
eingetragen, die die Käuferin (Klägerin) nicht übernahm. Der Kaufpreis sollte fällig werden u.a. nach
Mitteilung des Notars von der „Sicherheit der Löschung nicht übernommener
Belastungen“. Die Mit der Einholung der Löschungsunterlagen und er Löschung
wurde der Notar betraut. Nunmehr stellte sich heraus, dass der Grundschuldbrief
bei der Beklagten zu 2 nicht mehr auffindbar war. Es wurde ein Aufgebotsverfahren eingeleitet. Mit
Schreiben vom 13.02.2020 setzte die Klägerin dem Beklagten zu 1 eine Frist zur
lastenfreien Auflassung bis zum 27.02.2020. Am 15.09.2020 erging der
rechtskräftige Ausschließungsbeschluss, mit dem der Grundschuldbrief für
kraftlos erklärt wurde. Der Beklagte trat seine Kaufpreisforderung an die
Beklagte zu 2 ab und teilte dies der Klägerin mit. Die Klägerin erklärte
gegenüber der Beklagten zu 2 Aufrechnung mit einer Schadensersatzforderung,
u.a. wegen entgangenen Gewinns im Hinblick darauf, dass sie wegen der
Verzögerung bei der Lastenfreistellung an einem Weiterverkauf gehindert gewesen
sei. Schließlich zahlte die Klägerin den Kaufpreis und Vorbehalt der
Rückforderung und erhob nach Auflassung u.a. Klage gegen den Beklagten zu 1 auf
Feststellung dessen Pflicht zum Ersatz weiteren Verzögerungsschadens (soweit
nicht gegenüber der Beklagten zu 2, auch erfolglos, geltend gemacht).
Die Klage wurde abgewiesen, die
Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Dagegen erhob die Klägerin die vom OLG
zugelassene Revision. Diese wurde vom BGH ebenfalls zurückgewiesen.
Ein Anspruch auf Ersatz des
Verzögerungsschadens gegen den Beklagte 1 aus § 280 Abs. 1, Abs. 2, § 286 BGB
scheide dem Grunde nach aus, weshalb der entsprechende Antrag der Klägerin
abzuweisen sei. Der beklagte zu 1 habe zwar seine Leistungspflicht aus dem
Kaufvertrag nicht rechtzeitig erfüllt. Zwar sei mangels der Mitteilung des
Notars die Pflicht zur Lastenfreistellung (noch) nicht fällig gewesen, wobei
dies unterblieben war, da der Grundschuldbrief nicht auffindbar war und daher
die Voraussetzungen für die Mitteilung nicht vorlagen.
Allerdings habe dem Beklagten zu
1 die weitere Pflicht gehabt, für die Sicherheit der Löschung nicht
übernommener Belastungen Sorge zu tragen.
Für die Löschung nicht übernommener Lasten sei die Vorlage der Löschungsunterlagen
erforderlich; bei einer Briefgrundschuld dürfe die Löschung derselben nur
erfolgen, wenn auch der Grundschuldbrief vorgelegt würde, § 41 Abs. 1, § 42
GBO. Bei Abhandenkommen trete an Stelle des Grundschuldbriefes der
Ausschließungsbeschluss (§ 41 Abs. 2 GBO, §§ 1162, 1192 BGB, § 478 FamFG).
Dieser Pflicht zur Vorlage sei der beklagte zu 1 nicht rechtzeitig
nachgekommen.
Rechtsprechung und Literatur
würden den Inhalt der Pflicht des Verkäufers zur Vorlage der für die
Lastenfreistellung erforderlichen Unterlagen unterschiedlich bewerten.
Teileisweise würde eine Bemühenspflicht, teilweise eine Erfolgspflicht
angenommen. Auch würde vertreten der Verkäufer sei verpflichtet, dem Notar die
Kontaktdaten der Gläubiger zu benennen und erst dann, wenn für ihn ersichtlich
würde, dass das Einholen durch den Notar nicht zum Erfolg führe, müsse er
selbst tätig werden und hafte im Sinne einer Erfolgspflicht.
Richtig sei die eine
Erfolgspflicht annehmende Ansicht. Bei
dem sogen. Direktzahlungsmodell hänge die Fälligkeit des Kaufpreises in einem
Grundstückskaufvertrag davon ab, dass der Verkäufer die Lastenfreistellung
sichergestellt habe, weshalb die Löschungsunterlagen dem Notar innerhalb einer
angemessenen Frist vorgelegt werden müssten. Es würde nicht genügen, dass der
Verkäufer alles tun würde, um die Vorlage herbeizuführen, die Vorlage selbst
aber unterbliebe. Der Verkäufer habe nach § 433 Abs. 1 S. 2, § 435 BGB die
Pflicht, rechtsmangelfreies und damit lastenfreies Eigentum zu verschaffen.
Unterbleibe dies, läge eine Nichterfüllung einer vertraglichen Primärpflicht
vor (BGH, Urteil vom 14.01.2022 - V ZR 245/20 - zur Rechtslage vor der
Schuldrechtsreform). Damit handele es sich bei den
Lastenfreistellungsunterlagen nicht lediglich um eine bloße
Vorbereitungshandlung. Die geschuldete rechtsmangelfreie Übereignung des
Grundstücks sei erst mit den Löschungsunterlagen möglich. Würde man eine
Bemühenspflicht als ausreichend ansehen, sei der mit dem Direktzahlungsmodell
bezweckte Ausgleich des Interesse des Käufers, keine ungesicherte Vorleistung
zu erbringen, mit dem Interesse des Verkäufers, den Kaufpreis für die Ablösung
zu verwenden, verfehlt.
Wie häufig bei
Grundstückskaufverträgen sei eine ausdrückliche Leistungsbestimmungszeit für
die Pflichten des Verkäufers nicht bestimmt worden. Damit sei gem. § 271 Abs. 1
BGB die Fälligkeit aus den Umständen zu entnehmen und richte sich nach dem
typischerweise für die Beschaffung der Unterlagen zu erwartenden Zeitraum.
Dieser würde überwiegend mit vier Wochen bis zwei Monaten angenommen. Sollte
bei Vertragsschluss bekannt sein, dass der Grundschuldbrief abhanden gekommen
ist, erst noch in Aufgebotsverfahren durchgeführt werden müsse, käme eine
deutlich längere Frist in Betracht.
Der Beklagte zu 1 habe die
Sicherstellung der Lastenfreiheit hier bis Fälligkeit nicht herbeigeführt. Den
Parteien war nicht bekannt gewesen, dass der Grundschuldbrief abhanden gekommen
ist, weshalb die Fälligkeit zur Vorlage zwei Monate nach Vertragsschluss
eintrat. Tatsächlich habe der Ausschließungsbeschluss erst über ein Jahr nach
Vertragsabschluss vorgelegen.
Das Schreiben der Klägerin mit
Fristsetzung hätte der Beklagte zu 1 dahingehend verstehen müssen, dass er bis
zu dem genannten Zeitpunkt die erforderlichen Lastenfreistellungsunterlagen
vorlegt.
Gleichwohl scheide ein Schadensersatzanspruch gegen ihn aus. Nach § 286 Abs. 4
BGB käme ein Schuldner nicht in Verzug, wenn die Leistung infolge eines nicht
von ihm zu vertretenen Umstandes unterbleibe. Was vom Schuldner zu vertreten
sei würden die §§ 276 bis 278 BGB regeln. Danach habe er Vorsatz und
Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung nicht
bestimmt sei noch sich aus dem Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere der
Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos, anderes ergebe.
Allerdings hafte der Schuldner nach § 278 S. 1 BGB auch für ein Verschulden
seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung
seiner Verbindlichkeit bediene. Diese Voraussetzungen lägen nicht vor. Er habe
keine Garantie erklärt und auch nicht das Beschaffungsrisiko übernommen. Ein
eigens Verschulden läge nicht vor. Da die Grundschuld nicht mehr valutierte,
habe der Beklagte zu 1 die Löschung von der Beklagten zu 2 verlangen können.
Der Notar sei mit der Einholung beauftragt gewesen und dem Beklagten zu1 sei
das Abhandenkommen des Grundschuldbriefes nicht bekannt gewesen und von ihm
auch nicht zu vertreten, weshalb ein eigens Tätigwerden des Beklagten zu 1
nicht veranlasst gewesen sei. Das
Abhandenkommen sei zeitnah nach der Protokollierung festgestellt worden und das
Aufgebotsverfahren eingeleitet worden.
Ein Verschulden der Beklagten 2
müsse sich der Beklagte 1 nicht zurechnen lassen. § 278 BGB greife nicht ein.
Bei dem Grundpfandgläubiger handele es sich nicht um einen Erfüllungsgehilfen
des Verkäufers. Die Zurechnung nach § 278 BGB beruhe darauf, dass der Schuldner
gegenüber dem Gläubiger für die Erweiterung seines Geschäfts- und
Gefahrenbereichs verantwortlich sei; im Verhältnis zu Gläubiger übernehme die
eingesetzte Hilfsperson die die Stelle des Schuldners, weshalb der Schuldner
das Risiko tragen, dass die Hilfsperson schuldhaft handele. Diese Grundsätze
würden auch greifen bei der Frage, welche Personen zu den Erfüllungsgehilfen
zählen. So sei der Hersteller bzw. Lieferant nicht Erfüllungsgehilfe des
Verkäufers, der nicht für deren Mängel hafte, da dies auf einem Verschulden des
Herstellers oder Lieferanten beruhe (BGH, Urteil vom 02.04.2024 - VIII ZR 46/13
-). Die Pflicht des Verkäufers bestünde in der mangelfreien Verschaffung, aber
nicht in der mangelfreien Herstellung. Der Grundschuldgläubiger sei danach
nicht Erfüllungsgehilfe des Verkäufers eines Grundstücks, da der Verkäufer nach
§ 433 Abs. 1 S. 2 BGB die erfolgreiche Lastenfreistellung schulde und er auf
die Mitwirkung des Grundpfandgläubigers benötige. Die Mitwirkungshandlung des
Grundschuldgläubigers falle nicht in das vertraglich geschuldete
Gesamtverhalten des Verkäufers. Von vornherein könne die Löschungsbewilligung
nebst Grundschuldbrief bzw.
Ausschließungsbeschluss nur der Grundschuldgläubiger zur Verfügung
stellen.
BGH, Urteil vom 06.12.2024
- V ZR 229/23 -