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Dienstag, 10. August 2021

Kapitalanlage: Substantiierung einer Anlagenberatung entgegen Prospektangaben

Der Kläger beteiligte sich im März 2005 an einen in Form einer GmbH & Co. KG geführten geschlossenen Schiffsfonds, bei dem die beklagten zu 1 und 2 die Gründungskommanditisten, die Beklagte zu 3 die Treuhänderin war. Mit seiner Klage begehrte er Zahlung von € 85.500,00 zuzüglich Nebenforderungen Zug um Zug gegen Abtretung aller Rechte aus seiner Beteiligung. U.a. machte er eine den Beklagten zurechenbare nicht anlagegerechte Beratung durch den Zeugen S. geltend. Klage und Berufung blieben erfolglos. Auf die Nichtzulassungsbeschwerde hob der BGH das Urteil des Berufungsgerichts (Hanseatisches OLG Hamburg) auf und wies den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an dieses zurück. Die Zurückweisung beruhte darauf, dass nach Ansicht des BGH das OLG das rechtliche Gehör des Klägers (Art. 103 GG) verletzt habe, indem es nicht den Berater (den zeugen S.) und die vom Kläger benannte Ehefrau des Klägers zu einer vom Kläger behaupteten und dazu benannten, vom Prospekt abweichenden Beratung als Zeugen vernahm.

Das OLG habe die Auffassung vertreten, der Kläger habe dazu widersprüchlich und damit nicht hinreichend substantiiert vorgetragen. So habe er schriftsätzlich vorgetragen, der Prospekt sei bei dem Anlagegespräch mit dem Berater durchgeblättert worden, andrerseits, der Berater habe die Anlage als sicher und für die Altersvorsorge geeignet dargestellt. Das Landgericht habe den Kläger im Termin darauf hingewiesen, dass doch zumindest die Lektüre des Prospekts erhebliche Zweifel an der Richtigkeit der Angaben des Beraters hätten wecken können, da der Prospekt auf die unternehmerische Natur der Beteiligung verwies und damit verbundene erhebliche Risiken. Der Kläger habe dazu (auch im Berufungsverfahren) keine Ausführungen gemacht.

Nach Auffassung des BGH stellte sich die Nichtberücksichtigung der Beweisangebote als entscheidungserhebliche Verletzung rechtlichen Gehörs dar, Art. 104 GG, § 544 Abs. 9 ZPO.

Würde ein Beweisangebot, welches erheblich ist, ohne Stütze im Prozessrecht abgelehnt verstoße dies gegen Art. 103 GG. Dies sei auch dann der Fall, wenn die fehlende Berücksichtigung des Beweisangebots darauf beruhe, dass das Gericht verfahrensfehlerhaft überspannte Anforderungen an den Vortrag einer Partei stelle. In diesem Fall verschließe sich das Gericht dem Umstand, dass eine Partei ihrer Darlegungslast schon dann genüge, wenn sie Tatsachen vortrage, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet seien, das geltend gemachte Recht als in ihrer Person entstanden erscheinen zu lassen (BGH, Urteil vom 22.06.2009 - II ZR 143/08 -). Garde dieser Anforderung habe aber der Vortrag des Klägers zu abweichenden Angaben des Beraters genügt. Dabei berücksichtigte der BGH den Umstand, dass das OLG offen ließ, ob die Beklagten für eine nicht anlagegerechte Beratung durch den Berater haften würden (weshalb dies für das Revisionsverfahren zu unterstellen ist).

Auch könne nicht darauf abgestellt werden, dass der Kläger nicht auf den Hinweis einer angeblichen Widersprüchlichkeit reagiert habe. Darauf hätte er nicht eingehen müssen. Genügt der Vortrag den Anforderungen an die Substantiierung könne Vortrag zu weiteren Einzeltatsache nicht verlang werden; das Gericht müsse nur in die Lage versetzt werden zu entscheiden, ob aufgrund des tatsächlichen Vorbringens die gesetzlichen Voraussetzungen für das geltend gemachte Recht vorliegen.

Das Landgericht und ihm folgend das OLG hätten die Substantiierungsanforderungen überspannt. Auch wenn in dem Prospekt eine Aufklärung des Beitrittsinteressenten (hier zu Risiken) erfolgte, schließe dies nicht aus, unzutreffende (davon abweichende) Angaben des Vermittlers dem Gründungsgesellschafter zuzurechnen. Die zutreffenden Angaben und Aufklärung im Prospekt stelle sich nicht als Freibrief dar, Risiken hiervon abweichend darzustellen und ein Bild zu zeichnen, welches die Hinweise im Prospekt für die Entscheidung des Anlegers entwerte oder mindere (u.a. BGH, Urteil vom 06.11.2018 – II ZR 57&16 -). Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass der Klägers, obwohl er mit dem Berater gemeinschaftlich den Prospekt durchblätterte, den davon abweichenden Angaben des Vermittlers vertraut habe. Ein Anleger, der die besonderen Erfahrungen und Kenntnisse des Beraters oder Vermittlers in Anspruch nehme, würde den Ratschlägen, Auskünften und Mitteilungen dieser Person, die diese ihm in einem persönlichen Gespräch unterbreite, ein besonderes Gewicht beimessen, gegenüber dem Prospektangaben, die in der Regel allgemein gehalten und mit Fachbegriffen versehen seien, in den Hintergrund treten würden  (BGH, Urteil vom 14.04.2011 - III ZR 27/10 -).

Damit war das Urteil aufzuheben, da nicht auszuschließen sei, dass das OLG bei Erhebung der angebotenen Beweise anders entscheiden hätte.

BGH, Beschluss vom 23.03.2021 - II ZR 5/20 -

Dienstag, 17. September 2013

Kapitalanlage: Fehlberatung und Schadensersatz

Banken und Sparkasse sind häufig ihren Kunden bei der Kapitalanlage "behilflich". Und häufig erhält der Kunde dann nicht nur seine erwartete Rendite nicht, sondern verliert auch noch sein eingesetztes Kapital. Immer häufiger kommt es zu Schadensersatzprozessen. Hat der insoweit darlegungs- und beweisbelastete Kunde den Beratungsfehler nach
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gewiesen, muss er seinen daraus resultierenden Schaden beweisen. Dies ist in Bezug auf das eventuell verlorene Kapital recht einfach, bereitet aber Schwierigkeiten, wenn auch ein Zinsverlust verlangt wird. Nicht einmal der gesetzliche Zinssatz von 4% (§ 246 BGB) kann verlangt werden.  In seiner Entscheidung vom 24.04.2012 – XI ZR 360/11 -  hat der BGH dargelegt, dass es nicht dem gewöhnlichem Lauf der Dinge (§ 252 BGB) entspricht, dass eine Kapitalanlage überhaupt Gewinne abwirft. Von daher muss der Anleger darlegen und nachweisen, wie er den Kapitalbedarf bei korrekter (Risiko-) Aufklärung angelegt hätte.
BGH, Urteil vom 24.04.2012 - XI ZR 360/11 -
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Anwaltsrat kann teuer werden




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Da hat man ein rechtliches Problem, z.B. mit seinem Mieter, und geht zu einem Anwalt um sich zu erkundigen, was man machen könne. Der Mieter kommt seinen Zahlungspflichten nicht nach. Der Anwalt rät zur möglichen fristlosen Kündigung und nimmt diese dann auch im Auftrag vor. Der Vermieter wundert sich später nicht schlecht, wenn er die Erstattungsfähigkeit der bei ihm angefallenen Anwaltsgebühren aberkannt bekommt. 

Es mutierte bereits zur Unsitte, stets gleich einen Anwalt einzuschalten. Schon im Vorfeld wird immer häufiger der Satz „Dann gehe ich zu meinem Anwalt“ als Drohung ausgesprochen. Ob dies das Resultat der Absicherung durch Rechtsschutzversicherungen ist, mag gesondert untersucht werden. Jedenfalls schränkt die Rechtsprechung zunehmend die Erstattungsfähigkeit vorgerichtlicher Anwaltsgebühren ein, wenn es sich um Sachverhalte handelt, bei denen erwartet werden darf, dass ein betroffener  - jedenfalls zunächst -  selbst tätig werden kann und tätig wird. So auch bei dem vorgenannten Beispielsfall. So führte der BGH in seinem Beschluss vom 31.1.2012 – VIII ZR 277/11 –  aus:

„In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist geklärt, dass ein Schädiger nicht schlechthin alle durch ein Schadensereignis adäquat verursachten Rechtsverfolgungskosten des Geschädigten zu ersetzen hat, sondern nur solche Kosten, die aus der ex ante-Sicht einer vernünftigen, wirtschaftlich denkenden Person in der Situation des Geschädigten nach den Umständen des Falles zur Wahrung und Durchsetzung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren (BGH, Urteile vom 6. April 1976 - VI ZR 246/74, BGHZ 66, 182, 192; vom 30. April 1986 - VIII ZR 112/85, WM 1986, 1056 unter IV; vom 8. November 1994 - VI ZR 3/94, BGHZ 127, 348, 350 f.; vom 6. Oktober 2010 - VIII ZR 271/09, aaO Rn. 9). Ob die Erforderlichkeit und Zweckmäßigkeit der ergriffenen Maßnahme gegeben ist, entzieht sich dabei einer generalisierenden Betrachtung; dies ist vielmehr vom Tatrichter aufgrund einer Würdigung der Umstände des Einzelfalls festzustellen (BGH, Urteile vom 6. April 1976 - VI ZR 246/74, aaO S. 193; vom 9. März 2011 - VIII ZR 132/10, WuM 2011, 214 Rn. 23). Dabei gilt - und zwar auch hinsichtlich der Anforderungen an die fristlose Kündigung eines Mietverhältnisses wegen Mietzahlungsverzugs (vgl. Senatsurteil vom 6. Oktober 2010 - VIII ZR 271/09, aaO Rn. 10) -, dass in einfach gelagerten Fällen, bei denen mit rechtlichen oder tatsächlichen Schwierigkeiten nicht zu rechnen ist, der Geschädigte eine erstmalige Geltendmachung seiner Rechte grundsätzlich selbst vornehmen kann, und dass es unter diesen Umständen zur sofortigen Einschaltung eines Rechtsanwalts zusätzlicher Voraussetzungen in der Person des Geschädigten wie etwa eines Mangels an geschäftlicher Gewandtheit oder einer Verhinderung zur Wahrnehmung seiner Rechte bedarf (BGH, Urteil vom 8. November 1994 - VI ZR 3/94, aaO S. 352 mwN).“

Ob es sich um den Fall einer fristlosen Kündigung wegen Zahlungsverzugs handelt oder um einen Verkehrsunfall, bei dem jedenfalls auf dem ersten Blick die Frage der Haftung dem Grunde und der Höhe nach unproblematisch erscheint,  ist gleich zu behandeln (BGHZ 127, 348).

Soweit der Anwalt im Zusammenhang mit einem (teils) streitigen Vorgang im Auftrag seines Mandanten die Deckungszusage des Rechtsschutzversicherers einholt, wird auch hier eine dafür vom Anwalt geltend gemachte Gebühr in der Rechtsprechung im Regelfall als nicht erstattungsfähig angesehen. Dabei wird teils auf die fehlende Erforderlichkeit abgestellt (BGH vom 9.3.2011 – VIII ZR 132/10 -), teils mit einem fehlenden adäquaten Zusammenhang (LG Ellwangen vom 27.11.2009 – 9 O 1029/09 -) begründet.

Festzuhalten bleibt, dass jedenfalls bei Nichtbestehen einer eintrittspflichtigen Rechtsschutzversicherung (wobei sich der Kunde aus finanziellen Gründen zunächst selbst um eine Deckungszusage seiner Rechtsschutzversicherung bemühen sollte, da diese Kosten grundsätzlich vom Rechtsschutzversicherer nicht zu erstatten sind) zunächst ein möglicher Anspruch, wenn er offenkundig erscheint, selbst geltend gemacht wird.

Allerdings birgt die vorgenannte Rechtsprechung auch ein Haftungsrisiko für den Anwalt. Er muss nämlich bereits im Rahmen der sogenannten Erstberatung den Mandanten über das Kostenrisiko selbst für den Fall eines Obsiegens hinweisen; unterlässt er dies, könnte das u.U. einen Schadensersatzanspruch des Mandanten gegen ihn begründen.

BGH, Beschluss vom 31.01.2012 - VIII ZR 277/11 -

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