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Dienstag, 15. Januar 2019

Erledigung des selbständigen Beweisverfahrens durch Klageerhebung


Der Antragsteller (AS) beantragte im Oktober 2011 bei dem LG Tübingen die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens gem. § 485 Abs. 2 ZPO. Mit Beweisbeschluss vom Februar 2012 bestellte das Landgericht einen Sachverständigen, der im Oktober 2012 sein Gutachten vorlegte. Im August 1993 erhob der AS Klage vor dem Landgericht Tübingen und bezog sich zum Bewies seiner Mängelbehauptungen auf das im Beweisverfahren eingeholte Gutachten. Im Februar 2014 setzte das Landgericht als Prozessgericht den Rechtsstreit bis zum Abschluss des Beweisverfahrens aus. Im Beweisverfahren selbst erstatte der Sachverständige nach weiteren Mängelbehauptungen des AS weitere Gutachten im Juni 2015 und März 2017. Mit Schriftsatz vom April 2017 legte der AS einen umfangreichen Schriftsatz im Beweisverfahren mit Fragen an den Sachverständigen vor und stellte einen weiteren Ergänzungsantrag im September 2017. Im Dezember 2017 nahm das Prozessgericht den Rechtsstreit wieder auf, erteilte den Parteien Auflagen und Hinweise, zog die Akte des selbständigen Beweisverfahrens bei, forderte einen Auslagenvorschuss zur Ladung des Sachverständigen und bestimmte einen Verhandlungstermin. Mit Beschluss vom gleichen Tag erklärte das Landgericht im Rahmen des selbständigen Beweisverfahrens dieses für beendet und setzte den Verfahrenswert fest.

Der AS erhob gegen die jeweiligen Beschlüsse Beschwerde. Das Prozessgericht half nicht ab und legte den Vorgang dem OLG vor, welches die Beschwerde mit Beschluss vom 17.01.2018 - 10 W 4/18 - zurückwies. Im selbständigen Beweisverfahren half das Landgericht der Beschwerde ebenfalls nicht ab und legte sie dem OLG vor.

Die zulässige Beschwerde des AS gegen den Beschluss des Landgerichts, das selbständige Beweisverfahren für beendet zu erklären, sah der Senat als zulässig, in der Sache aber nicht begründet an.

Als Prozessgericht wies das Landgericht die gegen seinen Beschluss zur Wiederaufnahme des Verfahrens gerichtete Beschwerde zurück. Die Zulässigkeit ergäbe sich daraus, dass gegen die Ablehnung des Antrages auf Durchführung des Beweisverfahrens die sofortige Beschwerde statthaft sei, ebenso gegen die Ablehnung der Änderung oder Ergänzung des Beweisbeschlusses oder des Antrages auf Erläuterung des Gutachtens. Eine förmliche Beendigung des selbständigen Beweisverfahrens sei im Gesetz nicht vorgesehen; erfolge sie, würde sich dies inzident als Ablehnung der Durchführung des Beweisverfahrens darstellen und mithin notwendig das Beschwerderecht (als fristgebundene sofortige Beschwerde) eröffnen.

Allerdings sei die Beschwerde hier in der Sache nicht begründet. Das selbständige Beweisverfahren sei beendet, wenn die Beweissicherung sachlich erledigt sei (BGH, Urteil vom 28.10.2010 - VI ZR 172/09 -). Es sei es aber auch dann erledigt, wenn die Zuständigkeit für die Beweiserhebung auf das Prozessgericht übergehen würde, was dann der Fall sei, wenn in der Hauptsache Klage vor dem Prozessgericht erhoben würde (BGH, Beschluss vom 22.07.2004 - VII ZB 3/03 -) und das Prozessgericht die Akten des Beweisverfahrens beiziehen würde.

Diesem Übergang stünde nicht entgegen, dass das Gericht im selbständigen Beweisverfahren noch nicht sämtliche Beweisfragen erledigt oder Anträge/Fragen abgearbeitet habe. Das Prozessgericht sei verpflichtet, wenn es die Akten des noch nicht beendeten Beweisverfahrens beiziehe, die Beweisaufnahme im vorgefundenen Stand selbst fortzusetzen (BGH, Beschluss vom 14.11.2017 - VIII ZR 101/17 -), weshalb eine Zuständigkeit des Gerichts des selbständigen Beweisverfahrens daneben nicht bestehen könne (arg. § 485 Abs. 1 1. Halbs. ZPO). Nicht Voraussetzung sei ein eigener Beweisbeschluss im streitigen Verfahren (Prozessverfahren). Die (vorgezogene) Beweisaufnahme im selbständigen Beweisverfahren stehe einer Beweisaufnahme im streitigen verfahren gleich, § 493 Abs. 1 ZPO, und wirke daher wie eine vor dem Prozessgericht durchgeführte Beweisaufnahme. Allerdings sei das Prozessgericht nicht verpflichtet, im Umfang sämtlicher im selbständigen Beweisverfahren gestellter Anträge weiter Beweis zu erheben, da es hier (anders als im selbständigen Beweisverfahren) auf die Erheblichkeit für den Prozessstoff ankäme, weshalb die Fortsetzung der Beweisaufnahme über unerhebliche Tatsachen unzulässig wäre. Da vorliegend der AS nicht dargelegt habe, dass er im selbständigen Beweisverfahren die Feststellung von Mängeln angestrebt habe, die nicht gleichzeitig zum Gegenstand des streitigen Verfahrens gemacht wurden, war auch insoweit nicht das selbständige Beweisverfahren fortzuführen gewesen.


OLG Stuttgart, Beschluss vom 04.05.2018 - 10 W 6/18 -

Dienstag, 25. April 2017

Pflichten des Sachverständigen bei Bauteilöffnungen

Immer wieder ist es erforderlich, dass für sachverständige Feststellungen Bauteilöffnungen vorzunehmen sind. Wer aber hat sie vorzunehmen und wer hat sie wieder zu verschließen ? Mit dieser Problematik setzte sich das OLG Celle auseinander.

Der Antragsteller wollte die Mangelhaftigkeit im Bereich des Fußbodens seines Hauses festgestellt wissen, die er auf mangelhafte Fußbodenheizungsverlegungsarbeiten bzw. Fliesenarbeiten zurückführte. Der vom Gericht berufene Sachverständige hielt eine Bauwerksöffnung für erforderlich, weigerte sich aber, diese selbst vorzunehmen bzw. vornehmen zu lassen, da nicht erkennbar sei, welche Schwierigkeiten sich dabei ergeben könnten. Die Parteien sollten die Organisation vornehmen. Das Landgericht wies den darauf vom Antragsteller gestellten Antrag, den Sachverständigen zur Vornahme der Öffnung und Verschließung in Eigenregie vorzunehmen, zurück. Die dagegen erhobene Beschwerde war teilweise erfolgreich.

Nach Auffassung des OLG Celle ist der Sachverständige verpflichtet, die Bauteilöffnung vorzunehmen oder vornehmen zu lassen. Dies begründete es mit einem Verweis auf § 404a Abs. 1 ZPO, demzufolge der Sachverständige verpflichtet sei, Art und Umfang der Maßnahmen zu bestimmen, die zur Beantwortung der Beweisfrage erforderlich sind. Diese Maßnahmen habe er dann selbst oder durch geeignete Hilfspersonen vorzunehmen. Es sei seine ureigenste Aufgabe, die Grundlagen für die Erstattung des Gutachtens zu schaffen.

Allerdings sei der Sachverständige entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht verpflichtet, den Zustand wiederherzustellen, der vor der Bauteilöffnung bestand. Dies sei für die Begutachtung nicht erforderlich. Im übrigen könne ihm auch nicht zugemutet werden, evtl. einen mangelhaften Zustand wiederherzustellen. Die Wiederherstellung sei hier Sache des Antragstellers, der dann seinen Aufwand geltend machen könne.


OLG Celle, Beschluss vom 01.12.2016 – 5 W 49/16 -

Dienstag, 17. September 2013

Werkvertragsrecht: Verjährung des Werklohnanspruchs

Werklohnansprüche verjähren in der Regelverjährung des § 195 BGB, also binnen drei Jahren. Die Verjährung beginnt mit dem Ablauf des Jahres zu laufen, in dem der Vergütungsanspruch fällig wird. Nach § 641 BGB ist die Vergütung bei Abnahme zu entrichten. Dies bedeutet aber nicht, dass die Verjährung erst mit einer Abnahme und dadurch bedingten Fälligkeit zu laufen beginnen würde. Entscheidend ist, wann eine Abnahmefähigkeit vorlag, § 640 BGB. Verweigert der Auftraggeber die Zahlung unter Hinweis auf eine mangelnde Abnahmefähigkeit die Zahlung, kann das dann die Verjährung nicht hemmen, wenn die Abnahmefähigkeit doch gegeben war.

Üblicherweise erhebt der Werkunternehmer bei verweigerter Abnahme und Zahlung eine Zahlungsklage, in deren Rahmen die Abnahmefähigkeit als Voraussetzung der Fälligkeit inzident zu prüfen ist. In einem vom BGH zu beurteilenden Fall (VII ZR 135/11, Beschluss vom 9.2.2011) hatte der Werkunternehmer allerdings nicht Zahlungsklage erhoben, sondern ein selbständiges Beweisverfahren angestrengt, um so die Mangelfreiheit und Abnahmefähigkeit feststellen zu lassen. Im Rahmen einer im Anschluss erhobenen Zahlungsklage hatte der Auftraggeber die Einrede der Verjährung erhoben. Der BGH bestätigte die Vorentscheidung, dass Verjährung nicht eingetreten sei. Das von dem Werkunternehmer eingeleitete Beweisverfahren habe nach § 204 BGB zur Hemmung der Verjährung geführt, da der Werkunternehmer mit dem Beweisverfahren die Mängelfreiheit habe prüfen lassen, um so seinen Vergütungsanspruch durchzusetzen, nicht um Mängelrechte des Auftraggebers abzuwenden. Nur wenn er das Beweisverfahren zur Abwendung von Mängelrechten durchgeführt hätte, wäre die Verjährungshemmung des Vergütungsanspruchs nicht eingetreten.
Leitsatz des BGH: Die Verjährung des Vergütungsanspruchs des Auftragnehmers wird gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 7 BGB gehemmt, wenn der Auftragnehmer zur Aufklärung von Werkmängeln ein selbständiges Beweisverfahren einleitet, um die Abnahmereife seiner Werkleistungen und die tatsächlichen Voraussetzungen für die Fälligkeit seines Vergütungsanspruchs nachweisen zu können.
BGH, Beschluss vom 9. Februar 2012 - VII ZR 135/11 -
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