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Montag, 28. Januar 2019

Sozialbindung der Wohnung als (Rechts-) Mangel


In dem notariellen Kaufvertrag der Parteien hieß es: „Ansprüche und Rechte des Käufers wegen eines Sachmangels des Wohnungseigentums sind ausgeschlossen. Dies gilt auch für alle Ansprüche auf Schadensersatz, es sei denn, der Verkäufer handelt vorsätzlich. Der Kläger (Käufer) verlangte von der Beklagten (Verkäuferin) die Rückabwicklung des Kaufvertrages und die Feststellung, dass die Beklagte ihm zum Ersatz weiterer Schäden verpflichtet sei. Die Beklagte erhob die Einrede der Verjährung.

Das Landgericht hatte die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers wurde zurückgewiesen. Auf die (zugelassene) Revision hob der  BGH das Urteil auf du verwies den Rechtsstreit zur anderweitigen Entscheidung an das OLG zurück.

Der BGH stellte fest, dass die Wohnung einen Mangel iSv. § 435 S. 1 BGB aufweise. Die Sozialbindung einer mit öffentlichen Mitteln geförderten Wohnung stelle einen Rechtsmangel dar , da der Eigentümer in seinen rechtlichen Befugnissen eingeschränkt würde (so Eigennutzung, §§ 6 WoBindG, 27 Abs. 4 WoFG, als auch Fremdnutzung, §§ 4ff WoBinfG, 25ff WoFG). Dieser Mangel ließe sich auch nicht mit der Begründung verneinen, vom Kläger sei ein kausaler Zusammenhang zwischen der unterlassenen Aufklärung über die Sozialbindung und seinem Kaufentschluss nicht dargelegt worden, und es könne offen bleiben, ob der im Vertrag benannte Haftungsausschluss auch die Haftung für Rechtsmängel umfasse.

Würde man die Haftung für Rechtsmängel mit der vertraglichen Formulierung nicht als ausgeschlossen ansehen wollen, käme es, so der BGH, von vornherein nicht auf die Frage der Kausalität für den Kaufentschluss an, da die Beklagte nach §§ 433 Abs. 1 S. 2, 435 S. 1 und 437 BGB ohne weiteres für Rechtsmängel einzustehen habe.

Aber auch dann, wenn der vertragliche Haftungsausschluss Rechtsmängel umfassen würde, käme es auf die Kausalität nicht an. Denn die Beklagte könne sich nach § 444 BGB auf den Haftungsausschluss nicht berufen, wenn sie den in der Sozialbindung liegenden Rechtsmangel arglistig verschwiegen habe. Dies habe das OLG offen gelassen, weshalb das Urteil aufzuheben und der Rechtsstreit zurückzuverweisen sei.  
Zunächst würde das Berufungsgericht den Umfang der Freizeichnungsklausel zu prüfen haben, wobei es zu berücksichtigen habe, dass eine Freizeichnungsklausel als Abweichung vom dispositiven Recht stets eng auszulegen sei. Negiere das OLG die Anwendbarkeit auf Rechtsmängel, wäre der Klage stattzugeben. Sollte der Schadensersatzanspruch nach den zu treffenden Feststellungen des OLG ausgeschlossen sein, käme es darauf an, ob die Beklagte Kenntnis hatte, da sie dann den Kläger hätte aufklären müssen. Dabei käme es nicht darauf an, ob der Kläger die Wohnung besichtigt habe. Zwar würde für bei Besichtigung frei zugänglichen und damit ohne weiteres erkennbaren Mängeln keine Offenbarungspflicht bestehen (BGH, Urteil vom 09.02.2018 - V ZR 274/16 -). Dies gelte aber nicht für die Sozialbindung, da der Rechtsmangel nicht einer Besichtigung zugänglich sei.

Sollte danach die Beklagte den Mangel arglistig verschwiegen haben, müsse das OLG die Verjährungsproblematik klären. Die Verjährung beginne nach 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Kläger als Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners erstmals Kenntnis erlangt habe oder (ohne grobe Fahrlässigkeit) hätte erlangen müssen.

BGH, Urteil vom 14.09.2018 - V ZR 165/17 -

Samstag, 14. September 2013

WARNUNG: Nepper, Schlepper, Baunernfänger - Gewerbeauskunftszentrale versucht immer noch Gelder einzutreiben


Von uns wird ein Mandant vertreten, der in 2011 eine Rechnung erhielt, da er auf das Spielchen der GWE-Wirtschaftsinformations-GmbH (so heißt die hinter "Gewerbeauskunfts-Zentrale stehende Gesellschaft) hereingefallen war. Wir haben die Erklärung unseres Mandanten wegen Irrtums angefochten: 

Hier der wesentliche Inhalt des entsprechenden Schreibens:

"Ihre (vermeintliche) Forderung beruht offensichtlich auf dem von Ihnen verwendeten Formschreiben, welches Sie unserem Mandanten unter dem 15.08.2011 unaufgefordert haben zukommen lassen und von unserem Mandaten am 20.08.2011 ausgefüllt an Sie zurückgefaxt wurde. Namens und in Vollmacht unseres Mandanten erklären wir hiermit die   Anfechtung des Vertrages wegen Irrtums und wegen arglistiger Täuschung. Hilfsweise wird die außerordentliche Kündigung, vorsorglich die ordentliche Kündigung des Vertrages erklärt.
Unser Mandant wurde durch Sie in mehrfacher Hinsicht in die Irre geführt. Das von Ihnen verwendete Schreiben ist bewusst so aufgebaut, dass es bei einem flüchtigen Leser den Eindruck hervorruft, das Formular diene nur der kostenlosen Korrektur/Ergänzung eines kostenlosen Grundeintrages. Die gesamte "Aufmachung" Ihres Schreibens täuscht darüber hinweg, dass mit der Unterschrift unter dem ausgefüllten Formular und der Zurücksendung ein kostenpflichtiger Auftrag erteilt wird. Sie erwecken mit der großen fettgedruckten Überschrift "Gewerbeauskunft-Zentrale.de" den Eindruck, es handele sich bei dem Schreiben um die Einholung einer öffentlichen/behördlichen Auskunft über Firmendaten, welche selbstverständlich kostenlos wäre. Ausschließlich im kleingedruckten Fließtext auf der rechten Seite findet sich der leicht überlesbare Hinweis, dass der "Basiseintrag" einen "Marketingbeitrag" von mtl. EUR 39,85 zzgl. USt. auslöst. Dieser Hinweis ist grafisch nicht besonders hervorgehoben, sondern vielmehr so angeordnet, dass er übersehen werden kann. Durch die Angabe eines Monatspreises wird der Eindruck erweckt, die angebotene Leistung sei durch eine Zahlung in dieser Höhe zu erhalten. Die Zahlungsklausel ist überraschend und daher unwirksam. Auch die von Ihnen behauptete Laufzeit des Vertrages ergibt sich aus dem Formular nicht. Nach alledem haben Sie sich Ihre (vermeintlichen) Ansprüche gegen unseren Mandanten durch einen Betrug verschafft, mit der Folge, dass der Vertrag durch die erklärte Anfechtung (rückwirkend) nichtig ist.
Unser Mandant kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass von Ihnen in strafrechtlich relevanter Art und Weise in zahlreichen Fällen der Versuch unternommen wird, Gelder zu vereinnahmen. Die Prüfung weiterer rechtlicher Schritte behält sich unser Mandant ausdrücklich vor."

Daraufhin verwies die GWE auf ein ihr günstiges Urteil des AG Köln und bot einen Vergleich an: 40% Rabatt. Dieser wurde von abgelehnt. Dabei haben wir auf die Entscheidung des LG Düsseldorf vom 15.04.2011 - 38 O 148/10 - verwiesen, in der festgestellt wurde, dass das von der GWE verwandte Formular in seinem Gesamtaufbau einen irreführenden Charakter hat.

Nunmehr wandte sich die GWE erneut an unseren Mandanten und verwies auf ein ihr günstiges Urteil des AG Düsseldorf. Darauf reagierten wir nicht mehr. Die GWE schaltete die DDI Deutsche Direkt Inkasso GmbH ein, die auf den bisherigen Schriftverkehr verwiesen wurde. Diese versuchte nun unter Verweis auf die Urteile des AG Düsseldorf und des AG Köln darzulegen, dass eine Irreführung nicht vorläge. Die DDI wurde daraufhin auf die Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 14.2.2012 - 20 U 100/11 - verwiesen (welches die Entscheidung des LG Düsseldorf bestätigte), derzufolge die GWE gegen das Verschleierungsverbot des $ 4 Nr. 3 UWG sowie gegen das Irreführungsverbot des § 5 Abs. 1 UWG verstößt. Sie wurde auch auf § 263 StGB (Betrug) hingewiesen. Gleichwohl erfolgte nochmals kurz eine Zahlungsaufforderung durch die DDI, auf die nicht mehr reagiert wurde.

Zuletzt schrieb die RAin Mölleken aus Köln (10.12.2012). Sie bot nunmehr an, dass statt Hauptforderung € 1.138,12 aus einem 2-Jahresvertrag € 450,00 gezahlt werden und verwies darauf, dass aus den Wettbewerbsverstößen nicht unbedingt die Nichtigkeit zu schließen sei. Hierauf reagierten wir nicht mehr.

Das war es bisher.

Bei RAin Mölleken, die sich "Kanzlei für Wirtschaftsrecht" nennt, handelt es sich um eine 1-Frau-Kanzlei. Sie behauptet eine eindeutige Rechtslage und meint damit eine zugunsten der GWE. Eindeutig erscheint mir auch die Rechtslage  gegen die GWE. Insoweit ist auch auf eine Entscheidung des BGH vom 26.7.2011 - VII ZR 262/11 - zu verweisen. Deren Leitsatz lautet:

"Wird eine Leistung (hier: Grundeintrag in ein Branchenverzeichnis im Internet) in einer Vielzahl von Fällen unentgeltlich angeboten, so wird eine Entgeltklausel, die nach der drucktechnischen Gestaltung des Antragsformulars so unauffällig in das Gesamtbild eingefügt ist, dass sie von dem Vertragspartner des Klauselverwenders dort nicht vermutet wird, gemäß § 305c Abs. 1 BGB nicht Vertragsbestandteil."

Dazu heißt es in den Gründen:

"Das Berufungsgericht geht von der Revision unbeanstandet davon aus, dass Eintragungen in Branchenverzeichnisse im Internet zwar nicht generell, aber in einer Vielzahl von Fällen unentgeltlich angeboten werden. Die berechtigte Kundenerwartung wird in der vorliegenden Fallgestaltung nicht hinreichend deutlich korrigiert. Die Bezeichnung des Formulars als "Eintragungsantrag Gewerbedatenbank" macht nicht hinreichend deutlich, dass es sich um ein Angebot zum Abschluss eines entgeltlichen Vertrages handelt. Der Hinweis auf die Vergütungspflicht in der Längsspalte geht im ihn umgebenden Fließtext unter. Das gilt bereits für den Begriff "Vergütungshinweis" in der Überschrift und erst recht für die Höhe der Vergütung und die Laufzeit des Vertrags. Die Aufmerksamkeit auch des gewerblichen Adressaten wird durch Hervorhebung im Fettdruck und Gestaltung auf die linke Spalte gelenkt. Die in der Längsspalte mitgeteilte Entgeltpflicht ist demgegenüber drucktechnisch so angeordnet, dass eine Kenntnisnahme durch den durchschnittlich aufmerksamen gewerblichen Adressaten nicht zu erwarten ist.
Dementsprechend haben die Berufungsgerichte in vergleichbaren Fallgestaltungen entschieden, dass Entgeltklauseln, die nach der drucktechnischen Gestaltung eines Formulars so unauffällig in das Gesamtbild eingefügt sind, dass sie von dem Vertragspartner des Verwenders nicht vermutet werden, nach § 305c Abs. 1 BGB nicht Vertragsbestandteil werden (LG Rostock, NJW-RR 2008, 1450; LG Flensburg, NJOZ 2011, 1173 mit Anmerkung Schöttler, jurisPR-ITR 14/2011 Anm. 4; zu "versteckten" Entgeltklauseln siehe auch LG Saarbrücken, NJW-RR 2002, 915; LG Düsseldorf, NJOZ 2009, 391; LG Berlin, NJW-RR 2012, 424)."

Mithin: Es handelt sich hier um eine überraschende Entgeltklausel. Ein Zahlungsanspruch kann nicht begründet werden.

Ich hoffe, allen Betroffenen dieser dubiosen (da mit entsprechenden Methoden arbeitenden)  Gesellschaft GWE hilft Vorstehendes weiter.