Sonntag, 31. Mai 2015

Mietrecht: Sonderkündigungsrecht Zweifamilienhaus

§ 573a Abs. 1 BGB sieht ein Sonderkündigungsrecht für Wohnraum bei einem Haus mit zwei Wohnungen  vor, wenn die eine der zwei Wohnungen vom Vermieter selbst bewohnt wird. Der Umstand, dass in dem Haus noch gewerbliche Räume vorhanden sind, ist ohne Belang, es sei denn, dass es sich um Räume handelt, die ehedem ebenfalls der Wohnnutzung dienten. Sollte allerdings – so der BGH – die Umnutzung vor Abschluss des Mietvertrages erfolgt sein, der nunmehr gekündigt wird, so ist die Umnutzung ohne Relevanz. 

BGH, Urteil vom 18.02.2015 - VIII ZR 127/14 -

Sonntag, 24. Mai 2015

Versicherung: Kostenlast bei verspäteter Mitteilung des Risikofortfalls

Entfällt bei einer abgeschlossenen Haftpflichtversicherung das versicherte Risiko (z.B. bei Abschluss einer Tierhalterhaftpflichtversicherung durch Ableben des Tieres), endet das Versicherungsverhältnis.

Vorliegend hatte die Haftpflichtversicherung, nachdem die beklagte Versicherungsnehmerin trotz Mahnung den Versicherungsbeitrag nicht zahlte, Klage auf Zahlung erhoben. Im Rechtsstreit wandte die Beklagte dann den Wegfall des versicherten Risikos für den Zeitraum ein, für den der Versicherungsbeitrag geltend gemacht wurde. Da die Beklagte auch auf Verlangen des klagende Versicherers den Nachweis des Risikofortfalls erbrachte, erklärte der Versicherer den Rechtsstreit als in der Hauptsache erledigt und begehrte, der Beklagten die Kosten aufzuerlegen. Diese schloss sich zwar der Erledigungserklärung an, meinte allerdings, dass durch den Fortfall des Risikos von Anbeginn an kein Anspruch der Klägerin bestanden habe und von daher diese die Kosten tragen müsse.

Das Amtsgericht schloss sich der Auffassung der klagenden Versicherung an und erlegte die Kosten der Beklagten im Beschluss nach § 91a ZPO auf. Es wies darauf hin, dass zwar der Versicherungsvertrag wegen Wegfalls des versicherten Risikos rückwirkend aufgehoben werde, weshalb sich daraus ein Anspruch der Klägerin nicht mehr herleiten ließe. Allerdings ist bei der Kostenentscheidung zu berücksichtigen, dass die Beklagte aus dem laufenden Vertragsverhältnis nach §§ 311m 241 Abs. 2 BGB verpflichtet gewesen war, wichtige Informationen in Bezug auf das Versicherungsverhältnis dem Versicherer mitzuteilen um so mögliche Schäden bei dem Versicherer abzuwenden. Dazu gehörte auch die Information über den Fortfall des versicherten Risikos. Da sie auf die geltend gemachte Beitragsforderung und die Mahnungen nicht reagierte sondern erst im Prozess selbst die Unterlagen überließ, hätte sie auch die Kosten zu tragen.  

AG Lippstadt, Beschluss vom 21.05.2015 – 26 C 14/15 -

Freitag, 22. Mai 2015

Keine Halterhaftung bei Schäden im Rahmen der Feldbewirtschaftung

Ob eine Halterhaftung gegeben ist, orientiert sich an § 7 StVG. Erforderlich ist, dass der  Schaden als
vom Schutzzweck des § 7 StVG erfasst angesehen werden kann. Vorliegend hatte ein Traktor auf einem Feld bei Arbeiten  ein Maschinenteil verloren. Am folgenden Tag kam es dadurch an einem Feldhäcksler zu einem Schaden. Die Klage wurde abgewiesen. Eine Verbindung mit dem Betrieb eines Kfz als Voraussetzung des § 7 StVG könne bei einer fahrbaren Arbeitsmaschine nicht losgelöst von dem konkreten Einsatzbereich betrachtet werden, so der BGH. Maßgebliches Kriterium einer Differenzierung wäre nicht allgemein das Stehen oder fahren; erforderlich wäre stets, dass es sich bei dem Schaden um eine Auswirkung derjenigen Gefahren handelt, hinsichtlich derer der Verkehr nach dem Sinn der Haftungsnorm schadlos gehalten werden soll. Maßgeblich sei hier, dass der Schaden weder auf einer öffentlichen noch einer privaten Verkehrsfläche sondern einer zu dieser Zeit nur landwirtschaftlichen Zwecken dienenden Wiese eingetreten sei. Damit stand die Funktion des Traktors als Arbeitsmaschine im Vordergrund und war nicht vom Betrieb des Traktors geprägt.

BGH, Urteil vom 24.03.2015 - VI ZR 265/14 -

Tierhalterhaftung bei mittelbarer Verursachung des Schadens

Der Anspruchsteller muss den Nachweis erbringen, dass sich die Tiergefahr verwirklichte, auf Grund derer er einen Anspruch gegen den Tierhalternach der Gefährdungshaftungsnorm des § 833 S. 1 BGB durchsetzen will. Im vorliegenden Fall sind Ponys durchgegangen, unter denen auch Tiere des Beklagten waren. Sie galoppierten in einen Feldweg, in dem ihnen der Geschädigte mit seinem Mountainbike entgegenkam. Er verklagte die Versicherungsnehmerin der jetzigen Klägerin, die ihrerseits dem jetzigen Beklagten den Streit verkündete. Dem Geschädigten, der seitdem querschnittgelähmt ist,  wurde ein Schmerzensgeld von € 350.000,00 zugesprochen. Nunmehr macht die Haftpflichtversicherung der ursprünglich verklagten Versicherungsnehmerin Regressansprüche gegen den Beklagten geltend, und zwar prozentual in dem Verhältnis der beteiligten Ponys.



Der BGH negierte eine Interventionswirkung der Streitverkündung mit dem Hinweis darauf, diese wirke nur zwischen den Parteien und damit nicht zugunsten der jetzigen Klägerin (Versicherung). Allerdings bejahte es im Ergebnis den Anspruch. Für die Tierhalterhaftung käme es nicht darauf an, dass hier die Tiere des Beklagten selbst dem Mountainbikefahrer zu nahe kamen, da das tierische Verhalten nicht die einzige Ursache für den Schadenseintritt sein müsse. Es reiche eine Mitverursachung oder mittelbare Verursachung aus. Vorliegend sind alle Ponys gemeinschaftlich durchgegangen, was ausreichend sei, ohne dass es nun darauf ankäme, welches Pony eventuell dem Geschädigten zu nahe gekommen sei und den Fall letztlich verursacht habe. 

BGH, Urteil vom 27.01.2015 - VI ZR 467/13 -

Sonntag, 17. Mai 2015

WEG: Schadensersatzanspruch des Mieters bei Verletzung seines Vorkaufsrechts nach § 577 BGB

Häufig wird § 577 BGB bei der Veräußerung von Wohnungseigentum übersehen, falsch verstanden oder angewandt. Dies kann für den Verkäufer der Wohnung erhebliche finanzielle Folgen haben, da dem Mieter in einem solchen Fall ein Schadensersatzanspruch zusteht.

$ 577 BGB regelt den Fall, dass nach Begründung des Mietverhältnsses Wohnungseigentum gebildet wird und betrifft den ersten Verkaufsfall des Wohnungseigentums nach dessen Begründung. Diese Pflicht besteht dann nicht, wenn der Verkauf an einen Angehörigen oder an einen Angehörigen des Haushalts des Verkäufers erfolgt, § 577 Abs. 1 S. 2 BGB. Verkaufen heißt, worauf der BGH in seiner Entscheidung vom 21.01.2015 zutreffend hinweist, nicht verschenken. Das Vorkaufsrecht entsteht erst mit einem dem Kaufrecht unterliegenden Kaufvertrag, weshalb eine zwischenzeitliche Schenkung an einen Dritten diesen zwar zum neuen Eigentümer und Vermieter macht, nicht aber dem nachfolgenden Verkauf den Charakter des Erstverkaufs nach § 577 BGB.  Damit war der (neue) Eigentümer verpflichtet, dem Mieter den Inhalt des abgeschlossenen Kaufvertrages unverzüglich mitzuteilen  und ihn auf das Vorkaufsrecht hinzuweisen, § 577 Abs. 2 BGB.

Der BGH weist darauf hin, dass nicht nur die Mitteilung des Kaufvertrages erforderlich ist, um den Interessen des Mieters Rechnung zu tragen. Auch die Belehrung über das Bestehen des Vorkaufsrechts sei daher erforderlich. Ein adäquat auf der unterlassenen ordnungsgemäßen Mitteilung beruhender Schaden sei daher dem Mieter zu ersetzen.

Der Mieter hat nach ordnungsgemäßer Mitteilung zwei Monate Zeit, von seinem Vorkaufsrecht Gebrauch zu machen, §§ 577 Abs. 1 S. 3, 577 Abs. 3, 469 Abs. 1 BGB. Vorliegend kam es bereits vorher zur Eigentumsübertragung. Zwar hätte der Mieter weiterhin gegen den Verkäufer auf Erfüllung nach § 577 BGB drängen können, da die Eigentumsübertragung also solche nicht zwingend bedeutet, daß der Verkäufer die Wohnung zurückerhält um sie dem Mieter zu gleichen Bedingungen zu überlassen. Allerdings ist der Mieter nicht verpflichtet, derart vorzugehen mit der Möglichkeit, dass tatsächlich Unmöglichkeit besteht. Die Rechtsprechung nimmt daher zugunsten des Geschädigten an, dass die Weiterveräußerung die Unmöglichkeit indiziert.  Von daher kann der Mieter in einem solchen Fall wegen Verletzung mietvertraglicher Nebenpflichten Schadensersatz gem. § 280 BGB verlangen.

Der BGH erkennt, dass hier der Schadensersatz nicht stets auf das Erfüllungsinteresse gerichtet sein kann. So in dem Fall, dass der Mieter noch rechtzeitig vor der Übereignung der Kaufsache von seinem Recht erfährt und durch Ausübung des Vorkaufsrecht  einen noch erfüllbaren Kaufvertrag zustande bringen kann.  In einem solchen Fall hätte der Verkäufer die Wahl, welchen Kaufvertrag er erfüllen will; entscheidet er sich gegen den Mieter, liegt ein Fall nachträglicher Unmöglichkeit vor, weshalb dann Schadensersatz statt der Leistung begehrt werden kann.


Im vorliegenden Fall führte allerdings die Verletzung der Mitteilungspflicht unmittelbar zur Vereitelung des Vorkaufsrechts. Der Mieter musste nicht erst auf Erfüllung klagen, da es sich, so der BGH, als sinnloser Zwischenschritt dargestellt hätte. Vor diesem Hintergrund ist der Schadensersatz unmittelbar auf das Erfüllungsinteresse gerichtet.  Da nach Vorgabe des Klägers der Kaufpreis € 186,571,00 betragen hätte, der Verkehrswert der Wohnung aber € 266.520,00 betragen haben soll, läge der Schaden in der Differenz. 

BGH, Urteil vom 21.01.2015 - VIII ZR 51/14 -

Samstag, 16. Mai 2015

WEG: Schallschutzanforderungen bei Maßnahmen in der Eigentumswohnung

Der BGH hat mit seinem Urteil vom 27.02.2015 nunmehr seine bisherige sogen. Geprägerechtsprechung aufgegeben. Mit dieser Rechtsprechung hatte der BGH Schallschutzanforderungen bei Veränderungen in der Eigentumswohnung an dem Gepräge der Eigentumswohnanlage ausrichten wollen. Nunmehr gilt (wieder), dass bei Änderungen (hier: Entfernung von Teppichboden und Verlegung von Parkett) der Schallschutz einzuhalten ist, der einer zum Zeitpunkt der ursprünglichen Errichtung des Gebäudes Norm entspricht. Auch wenn in einer Bau- und Ausstattungsbeschreibung eines Bauträgers ein höherer Schallschutz deklariert wurde, wäre dies nicht bindend, wenn nicht die relevante Baubeschreibung zum Gegenstand der Teilungserklärung gemacht wurde oder das höhere Schallschutzniveau in der Gemeinschaftsordnung festgeschrieben wurde. Übliche Wohngeräusche, so der BGH, unterliegen regelmäßig keinem Abwehranspruch (wegen besonderer Lästigkeit“, solange diese nicht selbst das im Einzelfall relevante Schallschutzniveau überschreiten.

Damit hat der BGH die (zugelassene) Revision abgewiesen, mit der der klagende Eigentümer vergeblich einen Abwehranspruch wegen Erhöhung des Trittschals nach Entfernung von Teppichboden und Ersetzung durch Parkett geltend gemacht hatte.

BGH, Urteil vom 27.02.2015 - V ZR 73/14 - 

Sonntag, 10. Mai 2015

WEG: Verwalterbestellung und Beschluss zu Regularien des Verwaltervertrages

Häufig kommt es zum Streit über die Frage, wer den Verwaltervertrag abschließt, d.h. insbesondere wer den Inhalt mit dem Verwalter aushandeln darf. Teilweise wird die Auffassung vertreten, qua Beschluss könne dies auf Miteigentümer, z.b. auch den Verwaltungsbeirat übertragen werden, teilweise wird die Ansicht vertreten, der Vertrag müsse der Eigentümergemeinschaft zur Zustimmung vorgelegt werden. In dem vom BGH mit Urteil vom 27.02.2015 entschiedenen Fall wurde der Verwaltungsbeirat bevollmächtigt, den Verwaltervertrag mit dem in der Versammlung neu berufenen Verwalter auszuhandeln und dann der Eigentümerversammlung zur Beschlussfassung vorzulegen; sollte sich keine Mehrheit finden, sollte die Amtszeit des neu bestellten Verwalters zu einem bestimmten Zeitpunkt (hier exakt zwei Monate nach der Bestellung) enden . Die gegen diesen Beschluss erhobene Anfechtungsklage hatte in allen Instanzen Erfolg.

Der BGH hält es für grundsätzlich erforderlich, dass in derselben Eigentümerversammlung, in der die Bestellung des Verwalters erfolgt, auch die Eckpunkte des abzuschließenden Verwaltervertrages (Laufzeit und Vergütung) in wesentlichen Umrissen geregelt werden. Dies gilt sowohl für die Neubestellung als auch bei einer Wiederbestellung, wobei im Falle der Wiederbestellung ausreichend wäre, wenn sich ergibt, dass sich die bisherigen Konditionen nicht ändern.

Zwar könnte der Verwalter auch ohne entsprechende Bestimmung der Details bis zu einem zustimmenden Beschluss der Eigentümergemeinschaft über einen Verwaltervertrag bestellt werden. Eine solche Regelung könne aber in der angefochtenen Regelung nicht gesehen werden, da diese isoliert vom Bestellbeschluss zu sehen sei und nicht mit diesem zusammen erfolgte. 

BGH, Urteil vom 27.02.2015 - V ZR 114/14 -

Donnerstag, 7. Mai 2015

Räumungsdurchsetzung des Erstehers bei Suizidgefahr des bisherigen Eigentümers

Bild: Cornelia Menichelli  / pixelio.de
Der Erwerb einer Immobilie im Verfahren der Zwangsversteigerung führt zwar zu einem Räumungstitel gegen den bisherigen Eigentümer, kann aber in der Durchsetzung bei Suizidgefahr desselben in der Durchsetzung erschwert werden. Mit dieser Problematik haben sich das LG Kleve (Urteil vom 24.11.2014) und das LG Frankfurt a.M.  (Urteil vom 03.11.2014) auseinandergesetzt. Das LG Kleve sieht das Gericht vor einer Entscheidung über einen Vollstreckungsschutzantrag nach § 765a ZPO als verpflichtet an, die zuständige Behörde zu informieren, damit diese geeignete Maßnahmen zum Schutz trifft; wird der Vollstreckungsschuldner dann geschlossen untergebracht, entfalle regelmäßig ein Grund zur Versagung des Zuschlages bzw. für eine Vollstreckungseinstellung. Das LG Frankfurt .M.  will dem Gläubiger eine Ankündigungsfrist auferlegen, um so dem Schuldner die Möglichkeit zu geben, sich in einem psychiatrischen Krankenhaus vorzustellen; kommt er dem nicht nach, wären die öffentlichen Stellen zu benachrichtigen um erforderliche Maßnahmen zu ergreifen.

Beide Entscheidungen wollen mithin im Ergebnis die Durchsetzung des Räumungsanspruchs erzwingen, wobei zuvor die Sicherung des Schuldners hergestellt werden soll.

LG Frankfurt a.M., Beschluss vom 03.11.2014 – 2-09 T 528/14 -
LG Kleve, Beschluss vom 24.11.2014 – 4 T 500/14 -