Der Kläger hatte seine an das
Versorgungswerk geleisteten Beiträge fehlerhaft nicht als Versicherungsbeiträge
an eine berufsständische Versorgungseinrichtung gem. § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst.
a EStG an der dafür vorgesehenen Stelle des Formulars für die Einkommensteuer
eingetragen, sondern als Beiträge zur „Rentenversicherung mit kapitalwahlrecht
und Kapitallebensversicherung mit mindestens 12 Jahren Laufzeit und
Laufzeitbeginn sowie erste Beitragszahlung vor dem 01.01.2005“. Von daher
wurden die Beitragszahlungen vom beklagten Finanzamt (FA) als nur beschränkt
abziehbare Vorsorgeaufwendungen behandelt, weshalb sich die Beitragszahlungen
steuerlich nicht auswirkten. Die aufgrund der so ausgefüllten und
verbeschiedenen Steuererklärungen ergangenen Steuerbescheide wurden bestandskräftig.
Im Juni 2016 beantragte der Kläger eine
Änderung der Steuerfestsetzung gem. § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO wegen unzutreffender
Erfassung der Beiträge. Dies lehnte das FA ab. Nach dem erfolglosen
Einspruchsverfahren erhob der Kläger Klage und vertrat die Auffassung, dass
eine die Berichtigung nach § 128 AO ermöglichende offenbare Unrichtigkeit
vorliegen würde..
§ 129 AO lautet:
Die Finanzbehörde kann Schreibfehler,
Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die beim Erlass eines
Verwaltungsakts unterlaufen sind, jederzeit berichtigen. Bei berechtigtem
Interesse des Beteiligten ist zu berichtigen. Wird zu einem schriftlich ergangenen
Verwaltungsakt die Berichtigung begehrt, ist die Finanzbehörde berechtigt, die
Vorlage des Schriftstücks zu verlangen, das berichtigt werden soll.
Die Klage wurde vom Finanzgericht
(FG) abgewiesen. Die daraufhin vom Kläger erhobene Revision wurde vom BFH
zurückgewiesen.
Nach dem Wortlaut der Norm, auf
den der BFH verwies, kann das FA Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche
offensichtliche Unrichtigkeiten berichtigen.
Vorliegend müsste es sich um eine
„offenbare Unrichtigkeit“ handeln. Dies, so der BFH, seien mechanische Versehen
wie Eingabe- oder Übertragungsfehler. Fehler bei der Auslegung oder Anwendung
einer Rechtsnorm, eine unrichtige Tatsachenwürdigung oder die unzutreffende
Annahme eines in Wirklichkeit nicht vorliegenden Sachverhalts würde sich nicht
als offenbare Unrichtigkeit iSv. § 129 AO darstellen. Auch sei § 129 AO dann
nicht anwendbar, wenn die ernsthafte Möglichkeit bestünde, dass die
Nichtbeachtung einer feststehenden Tatsache in einer fehlerhaften
Tatsachenwürdigung oder einem sonstigen sachverhaltsbezogenen Denk- oder Überlegungsfehler
begründet sei oder auf mangelnder Sachverhaltsaufklärung beruhe. Der offenbare
Fehler, der die Berichtigungsmöglichkeit nach § 128 AO ermögliche, müsse in der
Sphäre des den Verwaltungsakt (Steuerbescheid) erlassenden FA entstanden sein.
Da sich die Unrichtigkeit nicht aus dem Bescheid selbst ergeben müsse, sei §
129 AO auch anwendbar, wenn das FA offenbar fehlerhafte Angaben des
Steuerpflichtigen als eigene übernehme.
Die Beurteilung richte sich nach
den Verhältnissen des Einzelfalls und dabei insbesondere nach der Aktenlage. Es
handele sich um eine Tatfrage.
Danach sei die Auffassung des FG
nicht zu beanstanden, dass die fehlerhafte Eintragung durch den Kläger nicht
aufgrund eines mechanischen Versehens, sondern bewusst aufgrund eines
Tatsachen- und Rechtsirrtums vorgenommen worden sei. Ohne dass hier dem Sachbearbeiter
des FA kein mechanischer Fehler unterlaufen sei, der lediglich die Angabe des
Klägers übernahm, käme eine Berichtigung nach § 129 AO nicht in Betracht.
Der Umstand, dass die fehlerhafte
Angabe auch in den Folgejahren erfolgte, ändere für diese weiteren bescheide
nicht die Grundlage des § 129 AO. Ursächlich bliebe stets die ohne erneute
Prüfung der rechtlichen und tatsächlichen Voraussetzungen Überbahne des irrigen
Prüfergebnisses des Erstjahres mit den jeweils aktuellen Beiträgen zum
Versorgungswerk.
BFH, Urteil vom 12.02.2020 - X R 27/18 -