Dienstag, 17. September 2013

Nichteheliche Lebensgemeinschaft: Haftungsprivilegiert nach § 116 Abs. 6 SGB X

[Bild: Jorma Bork  / pixelio.de]
Kommt es zu einem Schadensfall ist der Sozialversicherer (z.B. die gesetzliche Krankenkasse) gehindert, bei dem Schädiger Schadensersatzansprüche geltend zu machen, wenn es sich bei dem Versicherten um einen Familienangehörigen des Schädigers handelt und der Vorfall nicht auf Vorsatz oder grob fahrlässigen Verhalten des Schädigers beruht, ferner der Familienangehörige mit dem Schädiger in häuslicher Gemeinschaft lebt, § 116 Abs. 6 SGB X. Gedacht ist hier z.B. an Eheleute, bei denen der eine Ehepartner durch Unachtsamkeit des anderen verletzt wird. In diesem Fall soll der Krankenversicherer seine Aufwendungen nicht bei dem schädigenden Ehepartner regressieren können.  Hintergrund ist der Gedanke, dass durch die häusliche Gemeinschaft und eine dadurch auch anzunehmende finanzielle Gemeinschaft der verletzte Ehepartner letztlich mit für die an sich durch seine Krankenversicherung gedeckten Kosten einzustehen hätte.


Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 22.04.2009 -IV ZR 160/07 - dieses sogenannte Familienprivileg nach § 67 Abs. 2 VVG a.F., wie es inhaltsgleich in § 116 SGB X normiert ist, auch auf die nichteheliche Lebensgemeinschaft angewandt. Damit hat der BGH die neuen gesellschaftlichen Strukturen[1] für die gesetzliche Regelung übernommen und damit eine notwendige Anpassung gesetzlicher Regelungen an den sozialen und gesellschaftlichen Wandel vollzogen.  
Das LG Coburg hatte sich in einer Entscheidung vom 11.05.2011 – 12 O 49/11 – nunmehr mit der praktischen Umsetzung auseinanderzusetzen und zu klären, wann eine nichteheliche Lebensgemeinschaft angenommen werden kann. So stellte es darauf ab, dass 
-          der Zeuge von einer gemeinschaftlichen Anschaffung bestimmten Mobiliars                 
             (also  keine Trennung des Eigentums)
-          häusliche Einkäufe abwechselnd gezahlt wurden
-          ein gemeinsames Konto und/oder eine gemeinsame Haushaltskasse nicht notwendig
            wären,  allerdings Indiz die spätere Einrichtung eines gemeinsamen Kontos im
             Zusammenhang mit dem Kauf eines Hauses sei
-          Kinder aus früheren Ehen auch von dem jeweils anderen Partner bei Anwesenheit  
             betreut  würden
-          sich der Zeuge und die Versicherte selbst als Lebensgemeinschaft bezeichnen würden.

Das Landgericht tut sich hier ersichtlich schwer. Es kann seine Rechtsfolge der Lebensgemeinschaft tatsächlich auch nur auf Indizien stützen. Bedenkt man aber z.B. die Frage der Anschaffung von Gegenständen, darf für die Ehe auf §§ 1363 Abs. 2, 1364 BGB (vom Landgericht auch erkannt) verwiesen werden, wonach auch bei der Ehe (mit Ausnahme anderweitiger Vereinbarung) jeder Ehegatte sein Eigentum hat. Über Eheverträge lässt sich darüber hinaus vieles regeln. Entscheidend kommt es doch wohl nur darauf an, dass die Partner in einem Haushalt zusammen wohnen und zusammen wirtschaften. So hatte auch schon der BGH auf die gemeinsame Mittelaufbringung und Mittelverwendung abgestellt.


[1] Vgl. auch https://www.destatis.de/DE/Publikationen/WirtschaftStatistik/Bevoelkerung/FamilieLebensformen12005.pdf?__blob=publicationFile

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Die Entscheidungen des BGH und des LG Coburg sind als Download auf der Seite Rechtsprechung unter der Überschrift Nichteheliche Lebensgemeinschaft: Haftungsprivilegiert nach § 116 Abs. 6 SGB X nachzulesen.

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