Auf das Pfändungsschutzkonto
(P-Konto) des Schuldners wurde eine von ihm beantragte und bewilligte
Corona-Soforthilfe gezahlt. Das Konto war allerdings durch drei Pfändungs- und
Überweisungsbeschlüsse gepfändet, demzufolge das über den nach § 850k ZPO
bescheinigten pfandfreien Betrag hinaus die Pfändungs- und
Überweisungsbeschlüsse bedient werden müssten. Der Schuldner beantragte, über
den nach § 850k ZPO bescheinigten pfandfreien Betrag auch einmalig € 5.000,00
(aus der Corona-Soforthilfe) gem. §§ 850k Abs. 4 iVm. § 851 ZPO pfandfrei
belassen werden. Das Amtsgericht (AG) gab dem Antrag statt.
Das AG begründete seine
Entscheidung damit, dass zwar der Gesetzgeber („bisher“) keine Unpfändbarkeit
für eine Corona-Soforthilfe geschaffen habe. Allerdings sei gem. § 851 Abs. 1
ZPO eine Forderung in Ermangelung besonderer Vorschriften zur Pfändung dieser
nur insoweit unterworfen, als sie übertragbar sei. Die Zweckbindung müsse sich
nicht unmittelbar aus dem Gesetz ableiten lassen (wie es bei Vorschriften zur
Gewährung öffentlicher Beihilfen regelmäßig der Falls sei), sondern ließe sich
auch aus der Natur des Rechtsverhältnisses und bei öffentlich-rechtlichen
Leistungen und aus einschlägigen normersetzenden oder –interpretierenden
Verwaltungsvorschriften herleiten (wie das AG aus der Entscheidung des BGH vom
29.10.1969 – I ZR 72/67 – herleiten will, bei der sich der BGH mit § 549 Abs. 1
ZPO und dazu ergangenen innerdienstlichen Anweisungen auseinandersetzte).
Danach sei die Corona-Soforthilfe iSv. § 851 ZPO zweckgebunden und damit weder
abtretbar noch pfändbar.
Als problematisch sah es das AG
an, dass der Betrag bereits auf das P-Konto gezahlt worden sei. Die
Verweisungsvorschrift des § 850k Abs. 4 S. 2 ZPO verweise nicht auf § 851 ZPO.
Hier meint das Amtsgericht eine teleologische Erweiterung (Extension) vornehmen
zu können und so die Grundlagen des § 851 ZPO auch im Rahmen des § 850k Abs. 4
S. 2 ZPO anwenden zu können, weshalb dem Antrag stattgegeben wurde, da die
Voraussetzungen nach § 851 ZPO vorlägen.
Die Entscheidung ist nicht
überzeugend.
Zweifelhaft ist bereits, ob
überhaupt die Voraussetzungen für die Soforthilfe vorlagen oder der Schuldner
evtl. wegen falscher Angaben die Soforthilfe erhielt. Grundlage der Soforthilfe
ist nämlich, dass ein Liquiditätsengpass infolge der Corona-Pandemie vorliegt.
Dieser Liquiditätsengpass muss aber bereits vorher bestanden haben, wie die
Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse
aus 2015 dokumentieren und er Umstand, dass der Schuldner mittels des
P-Kontos in der Verfügung über Vermögensmasse (auf dem Konto) beschränkt war.
Die Entscheidungsgründe des AG lassen hierzu aber keine rechtliche Bewertung
zu.
Gegen die Entscheidung spricht
die teleologische Extension, bei der es sich um ein Rechtsinstitut zur
Ausfüllung von Gesetzeslücken handelt. Hier müsste zunächst festgestellt
werden, ob überhaupt eine Gesetzeslücke vorliegt. Bei § 850k handelt es sich
um eine Spezialvorschrift, die
abweichend von den sonstigen Pfändungsnormen erreichen will, dass dem Schuldner
ohne aufwendiges Verfahren ein Existenzminimum verbleibt (BT-Drs. 16/7615, S.
17f; BGH, Urteil vom 16.07.2013 - XI ZR 260/12 -). Hier hat der Gesetzgeber
klar definiert, für welche Leistungen der Pfändungsschutz auf diesem Konto gilt
und gerade § 851 ZPO nicht benannt. Da die speziellere Vorschrift der allgemeinen
Vorschrift vorgeht (lex spexialis derogat legi generali) verbietet sich hier im
Rahmen einer teleologischen Extension die Anwendung des § 851 ZPO entgegen der
gesetzgeberischen Vorgabe auf die Vorschrift des § 850k Abs. 4 S. 2 ZPO.
AG Passau, Beschluss vom 07.05.2020 - 4 M 1551/20 -