Nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 UrhG gehören zur Kunst "Werke der bildenden Künste einschließlich der Werke der Baukunst und der angewandten Kunst und Entwürfe solcher Werke". Obwohl beide Werkarten dem Urherrechtsschutz unterliegen, ist doch eine differenzierte Betrachtung erforderlich. Die sogenannte Gestaltungshöhe der benannten Werke ist aber unterschiedlich, weshalb es für die Frega der Schutzfähigkeit im Einzelfall darauf ankommen kann, wozu das Werk gezählt wird. Dazu führte der BGH in seiner Entscheidung vom 22.06.1995 - I ZR 119/93 - aus:
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"So ist von der Rechtsprechung im Bereich des musikalischen und literarischen Schaffens die sogenannte kleine Münze anerkannt, die einfache, aber gerade noch schutzfähige Schöpfungen umfaßt (vgl. BGH, Urt. v. 3.11.1967 - Ib ZR 123/65, GRUR 1968, 321, 324 - Haselnuß; Urt. v. 26.9.1980 - I ZR 17/78, GRUR 1981, 267, 268 - Dirlada). Sie gilt auch bei Werken der "reinen" (zweckfreien) Kunst. Im Gegensatz dazu hat die Rechtsprechung bei Werken der angewandten Kunst, soweit sie einem Geschmacksmusterschutz zugänglich sind, seit jeher höhere Anforderungen gestellt. Zwischen Urheber- und Geschmacksmusterrecht besteht kein Wesens-, sondern nur ein gradueller Unterschied (st. Rspr., vgl. BGHZ 22, 209, 217 - Morgenpost; 50, 340, 350 - Rüschenhaube). Da sich bereits die geschmacksmusterschutzfähige Gestaltung von der nicht geschützten Durchschnittsgestaltung, dem rein Handwerksmäßigen und Alltäglichen abheben muß, ist für die Urheberrechtsschutzfähigkeit ein noch weiterer Abstand, das heißt ein deutliches Überragen der Durchschnittsgestaltung zu fordern (vgl. BGHZ 94, 276, 287 - Inkasso-Programm). Für den Urheberrechtsschutz ist danach ein höherer schöpferischer Eigentümlichkeitsgrad als bei nur geschmacksmusterfähigen Gegenständen zu verlangen, wobei die Grenze zwischen beiden nicht zu niedrig angesetzt werden darf (st. Rspr., vgl. BGH, Urt. v. 21.5.1969 - I ZR 42/67, GRUR 1972, 38, 39 - Vasenleuchter; Urt. v. 19.1.1979 - I ZR 166/76, GRUR 1979, 332, 336 - Brombeerleuchte; Urt. v. 27.1.1983 - I ZR 177/80, GRUR 1983, 377, 378 - Brombeer-Muster)."
Dient das Werk einem Gebrauchszweck so ist es der angewandten Kunst zuzuordnen. Hierzu zählen Bedarfs- und Gebrauchsgegenstände mit künstlerischer Formgebung. Dient das Werk alleine der Anschauung und ästhetischen Erbauung so erfolgt die Einordnung als bildende Kunst.
Das OLG Köln hatte sich in einem Rechtstreit zwischen einem Künstler aus dem Bereich Grafik und Fotodesign und einem Vertreiber von Geschenkartikeln zu entscheiden, ob ein "Kussmund" ein geschütztes Kunstwerk ist.
OLG Köln, Urteil vom 09.03.2012 - 6 U 62/11 -
Entscheidung im Wortlaut:
I. Auf die Berufung des Klägers wird das am 1.3.2011 verkündete Urteil der 33. Zivilkammer des Landgerichts Köln (33 O 223/10) abgeändert:
1. Die Beklagte wird unter Androhung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, die Ordnungshaft zu vollziehen an den Vorstandsmitgliedern, verurteilt, die nachfolgende Druckgraphik (siehe * (1)) zu vervielfältigen oder zu vertreiben, insbesondere wie geschehen in den nachfolgend abgebildeten Produktabbildungen (siehe * (2), * (3), * (4) und *(5))
2. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der Produkte, auf denen die vorstehende unter Ziff. 1 beschriebene Druckgraphik abgedruckt ist, zu erteilen, insbesondere unter Angabe der Namen und Anschriften der Hersteller, der Lieferanten und deren Vorbesitzer, der gewerblichen Abnehmer oder Auftraggeber sowie unter Angabe der Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Vervielfältigungsstücke.
3. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger über den Umfang der vorstehenden zu Ziff. 1 beschriebenen Handlungen Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen, und zwar unter Vorlage eines Verzeichnisses mit der Angabe der Herstellungsmengen und -zeiten der Produkte, auf denen die vorstehend unter Ziff. 1 beschriebene Druckgraphik abgedruckt war, sowie der einzelnen Lieferungen unter Nennung
a) der Liefermengen, Lieferzeiten, Lieferpreise und Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer,
b) der Gestehungskosten unter Angabe der einzelnen Kostenfaktoren
c) sowie des erzielten Gewinns
und unter Angabe der einzelnen Angebote und der Werbung unter Nennung
d) der Angebotszeiten und Angebotspreise sowie Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,
e) der einzelnen Werbeträger, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet.
4. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger allen Schaden zu erstatten, der ihm aus den vorstehend zu Ziff. 1 bezeichneten Handlungen entstanden ist und künftig entstehen wird.
5. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger 2.237,56 € zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 4.8.2010.
6. Die Widerklage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann jedoch die Vollstreckung des Unterlassungsanspruchs durch Sicherheitsleistung in Höhe von 100.000 € und die Vollstreckung des Auskunftsanspruchs durch Sicherheitsleistung in Höhe von 5.000 € abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Im Übrigen kann die Beklagte die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
V. Streitwert für das Berufungsverfahren: 121.880,20 €.
G R Ü N D E :
I.
Der Kläger, der als Künstler im Bereich von Graphik und Fotodesign tätig ist, macht Rechte an einer Druckgraphik, die einen weiblichen Kussmund zeigt, geltend. Die Beklagte, die eine Vielzahl unterschiedlicher Produkte insbesondere aus dem Bereich Geschenkartikel, herstellt und vertreibt, verwendet diese Graphik als Dekoration auf zahlreichen ihrer Produkte.
Der Kläger behauptet, die Kussmundgraphik im Jahr 2001 geschaffen zu haben, um sie als Kunstdruck über die von ihm betriebene Internetseite "b", auf der er eine Online-Galerie betreibe, zu verkaufen. Hierzu habe er ein weibliches Modell Serien solcher Kussmund-Abdrücke vornehmen lassen. Von diesen Abdrücken habe er einen ausgewählt, diesen am Computer eingescannt und anschließend die eingescannte Kussmundgraphik retuschiert und coloriert. Unstreitig verwendete der Kläger die streitgegenständliche Graphik auf der von ihm betriebenen Seite "l.org ", auf der er gewerblich anbietet, aus ihm zugesandten Kussmundabdrücken individuelle Kunstdrucke herzustellen, wobei der Zeitpunkt dieser Verwendung streitig ist.
Der Kläger verlangt von der Beklagten aus Urheberrecht und ergänzendem wettbewerblichem Leistungsschutz, die Verwendung dieser Graphik zu unterlassen, und nimmt sie außerdem auf Auskunft, Rechnungslegung, Feststellung von Schadensersatz und Ersatz vorgerichtlicher Abmahnkosten in Anspruch. Die Beklagte macht widerklagend den Ersatz der Anwaltskosten geltend, die sie für die Verteidigung gegen die Abmahnung des Klägers aufgewendet hat.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und den Kläger auf die Widerklage der Beklagten verurteilt, diese gegenüber ihren Prozessbevollmächtigten von der Honorarverbindlichkeit für die mit anwaltlichem Schreiben vom 23. Juni 2009 erfolgte Stellungnahme auf das klägerische Abmahnschreiben i.H.v. € 1.880,20 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinsatz seit Rechtshängigkeit freizustellen. Mit der Berufung verfolgt der Kläger seinen erstinstanzlichen Antrag, wie aus dem Tenor ersichtlich, in vollem Umfang weiter und begehrt die Abweisung der Widerklage. Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil. Sie meint insbesondere, die Graphik sei kein schöpferisches Leistungsergebnis; zudem handele es sich allenfalls um ein Werk der angewandten Kunst, da derartige Graphiken – was unstreitig ist – häufig in der Werbung verwendet würden. Hierauf, nicht auf die individuelle Zweckbestimmung der Graphik, sei, so die Ansicht der Beklagten, zur Abgrenzung von reiner Kunst abzustellen. Nach der letzten Berufungsverhandlung hat die Beklagte in einem nicht nachgelassenen Schriftsatz außerdem behauptet, wenn der Kläger den Kussmundabdruck geschaffen habe, dann habe er diese von Anfang an zweckdienlich, nämlich als Werbegraphik für sein Angebot auf der Seite "l.org ", angefertigt.
Der Senat hat zur Herstellung der Graphik Beweis erhoben durch Vernehmung von Zeugen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die schriftliche Aussage der Zeugin T (Bl. 499 ff.) und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 15.2.2012 (Bl. 529 ff.) Bezug genommen.
Im Übrigen wird wegen des Sachverhalts gem. § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Die Berufung hat Erfolg und führt zur Verurteilung der Beklagten nach den Berufungsanträgen und zur Abweisung der Widerklage.
1. Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Unterlassung der Verwendung der verfahrensgegenständlichen Kussgraphik gemäß § 97 UrhG zu.
a) Der Kläger ist der Schöpfer der streitgegenständlichen Kussmundgraphik. Dies steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zur Überzeugung des Senats fest. Der Kläger hat den Schaffensprozess detailliert vorgetragen und belegt. Insbesondere hat er das von den Originallippen geschaffene Ausgangsmuster im Original vorgelegt. Die Zeugin T hat bestätigt, dass sie nach Weisung des Klägers ihre Lippen eingefärbt, auf einem Blatt Papier abgedrückt und dabei das vom Kläger vorgelegte Muster geschaffen hat. Anhaltspunkte, dass ihre detaillierte und in sich überzeugende Aussage unzutreffend wäre, sind nicht ersichtlich. Es ist daher auszuschließen, dass der Kläger die Graphik sich aus dem Internet beschafft hat. Die nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme festzustellenden Indizien genügen auch, um dem Senat die Überzeugung zu vermitteln, dass der Kläger den fraglichen Abdruck ausgewählt und daraus die streitgegenständliche Graphik geschaffen hat. Die Zeugin T hat ausgesagt, dass sie auf Bitte des Klägers gerade zu diesem Zweck den Abdruck erstellt hat. Das fügt sich mit der Bekundung der Zeugin H, der Kläger habe ihr zunächst von der Idee erzählt, eine Kussmundgraphik unter Anwendung eben dieser Technik zu schaffen. Er habe später von der Umsetzung dieser Idee berichtet. Auch die Aussage der Zeugin H war detailliert, lebhaft und von dem Bemühen geprägt, der Erinnerung gewissenhaft zu folgen. Danach liegt es außerhalb jeder Wahrscheinlichkeit, dass ein Dritter aus dem von der Zeugin T angefertigten Abdruck die streitgegenständliche Graphik geschaffen hat.
aa) Die Kussgraphik ist kein Werk der angewandten, sondern der sog. freien Kunst.
Ob ein Werk der angewandten Kunst zuzurechnen ist, bestimmt sich danach, ob es einem Gebrauchszweck dient (BGH NJW-RR 1995, 1253 – Silberdistel; ebenso Axel Nordemann in: Fromm/Nordemann, UrhG, 10. Aufl., § 2 Rdn. 139; Ahlberg in: Möhring/Nicolini, UrhG, 2. Aufl., § 2 Rdn. 26; Bullinger in: Wandtke/Bullinger, UrhG, 3. Aufl., § 2 Rdn. 96 und § 26, 11). Daher fallen unter Werke der angewandten Kunst Bedarfs- und Gebrauchsgegenstände mit künstlerischer Formgebung (Nordemann, aaO.). Entscheidend ist die Zweckbestimmung des konkreten Gegenstandes. Soweit auf die Eignung des Werks, als Geschmacksmuster geschützt zu werden, abgestellt wird, kann dies nicht dahin verstanden werden, dass jedes Motiv, das als Dekor eines Gebrauchsgegenstandes zum Gegenstand eines Geschmacksmusters werden kann, der angewandten Kunst zuzurechnen wäre. Denn dies trifft auf nahezu jedes Werk der freien bildenden Kunst zu (und tatsächlich werden zahlreiche große Kunstwerke auf verschiedenen Gebrauchsgegenständen abgebildet; vgl. auch Schricker, GRUR 1996, 815, 818). Vielmehr ist maßgeblich, ob der konkret in Rede stehende Gegenstand ein gewerbliches Muster ist (vgl. Bullinger, aaO., § 2 Rdn. 96).
bb) Danach ist die streitgegenständliche Graphik der freien Kunst zuzuordnen. Sie dient nicht einem Gebrauchszweck, sondern allein der Anschauung und ästhetischen Erbauung. Dass der Kläger beabsichtigte, die Graphik zu verkaufen, ist für einen Künstler, der mit seiner Kunst seinen Lebensunterhalt bestreitet, selbstverständlich und steht daher der Annahme freier Kunst nicht entgegen.
Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger die Graphik als Werbegraphik für seine Internetseite "l.org " geschaffen hat. Denn diese Behauptung war nicht Gegenstand der mündlichen Verhandlung, weil die Beklagte sie erst im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 29.2.2012 erstmals aufgestellt hat, nachdem sie sich zuvor neben dem Bestreiten der Aktivlegitimation ausschließlich damit verteidigt hat, auf die Zweckbestimmung des Werks komme es nicht an; maßgeblich seien allein objektive Kriterien. Es besteht daher kein Anlass, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen, denn es ist nicht ersichtlich, warum die Beklagte hierzu nicht früher vorgetragen hat. Soweit sie sich für ihren neuen Vortrag auf die schriftliche Aussage der Zeugin T stützt, lag diese der Beklagten bereits seit dem 15.12.2011 vor (vgl. EB, Bl. 512); zudem ergibt sich aus dieser Aussage nicht, dass die Graphik der Bewerbung des Angebots auf der Internetseite "l.org " dienen sollte. Soweit sich die Beklagte auf die Aussage der Zeugin H stützt, hat diese zur ursprünglichen Absicht des Klägers, die Graphik zu Werbezwecken zu verwenden, nichts ergeben. Zudem hat die Beklagte einen Schriftsatznachlass für die Stellungnahme zu dem (sehr übersichtlichen und im Termin eingehend erörterten) Beweisergebnis nicht beantragt.
Schließlich würde aber auch die Absicht des Klägers, die Graphik als Werbung für das Angebot auf der Internetseite "l.org " zu verwenden, nicht dazu führen, dass die Graphik als Werk der angewandten Kunst einzuordnen zu wäre. Denn auch in diesem Fall hätte der Verwendungszweck der Graphik allein darin bestanden, dem Betrachter die ästhetische Wirkung eines entsprechend gestalteten Kussmundes vor Augen zu führen. Damit hätte die Graphik aber ebenfalls einem ästhetischen und nicht einem Gebrauchszweck gedient. Es bleibt einem Künstler überlassen, für seine Arbeiten mit einem seiner (besonders gelungenen) Werke zu werben, ohne dass deshalb dieses Werk als Werk der angewandten Kunst angesehen werden müsste. Dies gilt auch dann, wenn die auf diese Weise beworbenen Leistungen nicht sämtlich Werkqualität aufweisen.
c) Die Kussmundgraphik weist die im Rahmen der freien Kunst erforderliche Gestaltungshöhe auf. Der Kläger hat nicht lediglich einen – wie die Beklagte formuliert – "Stempeldruck " eines Kussmundes ausgewählt, sondern er hat bereits die Herstellung der Muster initiiert und angeleitet und sich dabei der Zeugin T als menschliches Werkzeug bedient. Aus den nach seinen Vorgaben angefertigten Abdrücken hat er nicht nur ein Muster ausgesucht, sondern den Abdruck weiter bearbeitet. Dass diese Bearbeitung mittels eines Computers geschehen ist, ist unerheblich. Entscheidend ist, dass dem Kläger bei allen diesen Arbeitsschritten ein Gestaltungsspielraum zustand und er diesen ausgenutzt hat. Dies betrifft bei der weiteren Bearbeitung sowohl die Farb- als auch die Formgebung. So hat der Kläger die äußeren Konturen des Mundes, insbesondere im mittleren Bereich der Oberlippe, frei geschaffen, wie sich aus der Gegenüberstellung des Abdrucks mit dem Kunstdruck (vgl. etwa Bl. 365) ergibt. Dabei ist es ihm gelungen, einerseits durch Aussparungen an den Rändern den Eindruck eines natürlichen Abdrucks zu erhalten und andererseits den Kuss plastisch und vollständig erscheinen zu lassen. Dadurch hebt sich seine Graphik von den meisten anderen der von der Beklagten vorgelegten Kussmunddarstellungen ab. Dass sich sämtliche Graphiken ähneln, ist, da es sich um eine Naturnachbildung handelt, nicht verwunderlich, steht der Annahme einer schöpferischen Gestaltung jedoch nicht entgegen (vgl. BGH NJW-RR 1995, 1253 – Silberdistel).
d) Die Beklagte hat das danach dem Kläger zustehende Urheberrecht verletzt, indem sie seine Graphik in identischer Ausführung ohne Erlaubnis des Klägers zur Dekoration ihrer Produkte verwendet hat, und ist daher zur Unterlassung verpflichtet, § 97 Abs. 1 UrhG.
2. Dem Kläger steht wegen der rechtswidrigen Verwendung der Graphik auch ein Anspruch auf Schadensersatz zu, § 97 Abs. 2 UrhG. Soweit die Beklagte vorträgt, sie könne nicht ermitteln, wie sie an die Graphik gelangt sei, diese sei auf mehreren Internetseiten zu finden gewesen, entschuldigt dies die Benutzung der Graphik, ohne sich über die Rechte an dieser zu vergewissern, nicht. Daher ist die Beklagte dem Kläger zum Schadensersatz und zur Erteilung der zu dessen Bezifferung erforderlichen Auskünfte verpflichtet.
3. Da die Abmahnung nach alledem berechtigt war, ist die Widerklage bereits deshalb unbegründet und daher abzuweisen.
1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
2. Dem Vollstreckungsschutzantrag der Beklagten war nicht zu entsprechen. Es sind keine besonderen Umstände vorgetragen, die die Befolgung des Verbots für die Beklagte als besondere Härte erscheinen ließen. Dass die Beklagte einen besonders guten Ruf zu verlieren habe, genügt hierfür nicht, denn Beeinträchtigungen dieses Rufs wären allein darauf zurückzuführen, dass die Beklagte eine Graphik in erheblichem Umfang verwendet hat, ohne sich über deren Herkunft und die daran bestehenden Rechte zu erkundigen. Zudem benutzt die Beklagte die Graphik derzeit nicht mehr, so dass gravierende wirtschaftliche Beeinträchtigungen der Beklagten nicht zu erwarten sind.
3. Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor. Die Entscheidung beruht auf der Anwendung der hinreichend geklärten Grundsätze zur Werkqualität auf einen Einzelfall.
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