Montag, 16. Dezember 2019

Überbau durch Fassadendämmung versus Veränderungen am Nachbargebäude


Die Parteien sind Eigentümer aneinandergrenzender, in versetzter Bauweise errichteter Reihenhäuser in Hessen. Der Kläger ließ an seinem Reihenhaus eine Fassadendämmung anbringen. Ein Teil der Wand des klägerischen Reihenhauses einschließlich eines schmalen Streifens im Dachbereich blieb allerdings infolge der versetzten Bauweise ungedämmt. Die Außendämmung nebst Putz würde hier  die Grenze des Grundstücks des Beklagten um 11cm überschreiten. Zur Anbringung müssten ein Holzunterstand nebst Verkleidung, die Entlüftung des Außentanks und der Küchenabluft und ein Stromkabel verlegt und der Dachbereich des Hauses des Beklagten geöffnet werden. Der Klage auf Durchführung der erforderlichen Arbeiten durch den Kläger (auf seine Kosten) wurde vom Amtsgericht stattgegeben; die hiergegen vom Beklagten erhobene Berufung zum Landgericht (LG) war erfolgreich und führte zur Abweisung der Klage. Die vom LG zugelassene Revision wurde vom BGH zurückgewiesen.

Der Anspruch des Klägers sei, so der BGH, zutreffend auf der Grundlage des § 10a Abs. 1 NachbG HE verneint worden. Die Norm lautet:

„Der Eigentümer und die Nutzungsberechtigten eines Grundstücks haben Bauteile, die auf ihr Grundstück übergreifen, zu dulden, wenn
1. es sich bei den übergreifenden Bauteilen um eine Wärmedämmung handelt, die über die Bauteilanforderungen der Energieeinsparverordnung vom 24. Juli 2007 (BGBl. I S. 1519), geändert durch Verordnung vom 29. April 2009 (BGBl. I S. 954), in der jeweils geltenden Fassung für bestehende Gebäude nicht hinausgeht,
2. eine vergleichbare Wärmedämmung auf andere Weise mit vertretbarem Aufwand nicht vorgenommen werden kann und
3. die übergreifenden Bauteile
a) an einer vorhandenen einseitigen Grenzwand auf dem Nachbargrundstück angebracht werden,
b) die Benutzung des betroffenen Grundstücks nicht oder nur geringfügig beeinträchtigen und
c) öffentlich-rechtlichen Vorschriften nicht widersprechen.
Die Duldungspflicht nach Satz 1 erstreckt sich auch auf die mit der Wärmedämmung zusammenhängenden notwendigen Änderungen von Bauteilen.“

Danach erstreckt sich die Duldungspflicht auch auf die mit der Wärmedämmung zusammenhängenden notwendigen Änderungen von Bauteilen.

Unzutreffend sei das LG ohne Überprüfung davon ausgegangen, es habe sich hier um eine Grenzwand (vgl. § 8 Abs. 1 NachbG HE)  gehandelt. Das sei aber unschädlich. Läge nur eine Nachbarwand vor, an die die Reihenhäuser in beiden Richtungen angebaut worden seien, fehle es an dem Vorliegen einer Grenzwand, weshalb sich die Duldungspflicht nicht aus § 10 Abs. 1 S. 1 NachbG HE ergeben könne. Aber auch bei Annahme einer Grenzwand käme eine Duldungspflicht nicht in Betracht, da er durch die Norm nicht zur Hinnahme von baulichen Veränderungen an dem auf seinem Grundstück stehenden Gebäude verpflichtet sei. Dabei könne dahinstehen, ob eine „einseitige“ Grenzwand auch dann besteht, wenn wie hier die Häuser in versetzter Bauweise errichtet worden seien. Selbst wenn die versetzte Bauweise von § 10 Abs. 1 Nr. 3a NachbG HE erfasst worden sein sollte, hätte der Beklagte nur den Überbau durch Bauteile zu dulden, die durch das Anbringen der Wärmedämmung an der Grenzwand auf sein Grundstück hinüberragen; er müsse also notwendige Veränderungen an seinem Gebäude infolge der Wärmedämmung nicht dulden. Dies folge aus S. 1 der Norm. Auch S. 2 erstrecke sich nur auf die Duldungspflicht auf die mir der Wärmedämmung zusammenhängenden erforderlichen Änderung von Bauteilen der (einseitigen) Grenzwand, an der die Wärmedämmung angebracht werden soll. Darunter würden z.B. die Erweiterung des Dachs einer Giebelwand, die Verlängerung der Fensterbänke oder die Verlegung von Fallrohren um die Dämmstoffstärke zählen (Hess. Landtag, Drucks. 18/855 S. 6). S. 2 würde also nur die Duldungspflicht von S. 1 insoweit erweitern, die durch Veränderungen an Bauteilen der Grenzwand erforderlich würden.

Die Begründung des Gesetzentwurfs zu § 10a Abs. 1 NachbG HE hebe hervor, dass ein Eingriff in das Eigentumsrecht des Nachbarn auf ein Mindestmaß beschränkt und die Nutzung seines Grundstücks nicht oder allenfalls geringfügig beeinträchtigt werden soll. Auch ginge der Gesetzgeber davon aus, dass keine geringfüge Beeinträchtigung bei einer grenzübergreifenden Wärmedämmung dann vorliege, wenn der Nachbar zulässig bis zur gemeinsamen Grundstücksgrenze bauen darf. Auch in diesem Fall sei ein mit der Aufbringung der Wärmedämmung verbundener Überbau nicht oder allenfalls bis zur Realisierung einer zulässigen Grenzbebauung zu dulden. Folgerichtig sei es daher, bereits vorhandene Gebäudeteile vor Eingriffen in deren Substanz zu schützen.

Selbst sollte es sich bei der streitgegenständlichen Wand um eine gemeinsame Grenzeinrichtung handeln, wäre der Anspruch des Klägers nicht begründet. Bei dieser würde sich nach § 921 BGB - mangels abweichender Regelungen in §§ 921, 922 S. 1 bis 3 BGB – die Rechtslage gem. § 924 S. 4 BGB nach den Vorschriften über die Gemeinschaft bestimmen. Nach § 745 Abs. 2 BGB würde sich mangels einer Verwaltung und Nutzung durch Vereinbarung oder Mehrheitsbeschluss nach dem Interesse aller Teilhaber an einer billigem Ermessen entsprechenden Verwaltung und Benutzung orientieren. Die Anbringung der Wärmedämmung auf einer gemeinsamen Grenzeinrichtung stelle eine Verwaltungsmaßnahme in diesem Sinne dar. Der Teilhaber einer gemeinsamen Giebelwand (Nachbarwand) könne nach § 745 Abs. 2 BGB aber nicht die Duldung des anderen Teilhabers zur Duldung  baulicher Eingriffe in nicht der gemeinsamen Verwaltung unterliegende Gebäudeteile verlangen, wie es hier z.B. in Bezug auf die Abzüge für die Öltankanlage und die Küche der Fall sei.

BGH, Urteil vom  14.06.2019 - V ZR 144/18 -

Freitag, 13. Dezember 2019

Abgrenzung allgemeiner Familiensache von sonstiger Zivilsache


Der BGH hatte eine Nichtzulassungsbeschwerde gegen ein Urteil des OLG Hamburg deshalb als unzulässig angesehen, da es sich um eine Familiensache handele. Während in Familiensachen Nichtzulassungsbeschwerden unzulässig sind, wäre sie auch bei einer Entscheidung durch das Familiengericht zulässig, wenn es sich tatsächlich um eine Familiensache handele, was vorliegend verneint wurde. Damit hatte sich der BGH mit der notwendigen Abgrenzung auseinandergesetzt.

Zugrunde lag dem folgender Sachverhalt: Die Parteien des Verfahrens waren seit 2002 getrennt und das Scheidungsverfahren war seit 2008 rechtshängig. Der Antragsgegner (AG) war bis 2011 alleiniger Gesellschafter der T GmbH, Geschäftsführer von 2003 bis 2008 die Antragstellerin (AS) sowie über 2008 hinaus die neue Lebensgefährtin  des AG, der der AG in 2011 seine Gesellschaftsanteile übertrug.   Die Parteien hatten der Gesellschaft in 2002 Kredite gewährt, deren Rückzahlung „auf erstes Anfordern“ erfolgen sollte. Im März 2014 forderte die AS den AG auf, gemeinsam mit ihr die Kündigung der Kredite gegenüber der Gesellschaft zu erklären, worauf der AG nicht reagierte. Mit ihrer 2014 erhobenen Klage forderte die AS die Abgabe der erforderlichen Willenserklärung vom AG. Der AG verteidigte sich damit, dass er in 2003 der AS die Hälfte des Kredites in bar ausgezahlt habe. Das Landgericht hatte nach Hinweis auf Antrag beider Parteien den Rechtsstreit an das Amtsgericht – Familiengericht – verwiesen, welches den Antrag der AS zurückwies. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens vor dem OLG (während dem die Scheidung der Ehe ausgesprochen wurde und der AG seine Lebensgefährtin heiratete) stellte die AS als Hilfsantrag einen Zahlungsantrag, dem das OLG stattgab. Dagegen richtete sich die Nichtzulassungsbeschwerde des AG.

Da die Nichtzulassungseschwerde in Familiensachen nicht gegeben sei und eine Rechtsbeschwerde nur bei hier nicht vorliegender Zulassung nach § 70 Abs. 1 FamG statthaft sei, käme es darauf an, ob es sich tatsächlich um eine sonstige Familiensache nach § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG handele.

Sonstige Familiensachen seien Verfahren, die Ansprüche zwischen miteinander verheirateter oder ehedem verheirateter Personen oder zwischen einer solchen und einem Elternteil im Zusammenhang mit Trennung, Scheidung oder Aufhebung der Ehe beträfen, sowie nicht die Zuständigkeit des Arbeitsgerichts oder das Verfahren eines der in § 348 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) bis k) ZPO genannten Sachgebiete, Wohnungseigentumsrecht oder Erbrecht betroffen sei und sofern es sich nicht nach anderen Vorschriften um eine Familiensache handele. Ordnungskriterium sei die Sachnähe des Familiengerichts zum Verfahrensgegenstand, welches im Interesse der Beteiligten alle durch den sozialen Verband der Ehe und Familie sachlich verbundenen Rechtsstreitigkeiten entscheiden soll. In den Fällen des § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG müsse ein Zusammenhang mit Trennung, Scheidung oder Aufhebung der Ehe bestehen, was dann der Fall sei, wenn das Verfahren vor allem der wirtschaftlichen Entflechtung der (vormaligen) Ehegatten diene. Für die Prüfung käme es nicht lediglich auf den klägerischen Vortrag, sondern auch auf jenen des Beklagten an.   

Die AS habe hier das Ziel der Auflösung einer Mitgläubigerschaft mit dem AG (§ 432 BGB) verfolgt. Streitig sei hier lediglich gewesen, ob durch eine Barzahlung des AG die Entflechtung bereits erfolgt sei. Dass der Anspruch seinen Rechtsgrund nicht unmittelbar in der Ehe habe oder aus dieser herrühre, sei unschädlich. Der Begriff des Zusammenhangs mir der Beendigung der ehelichen Gemeinschaft sei großzügig zu beurteilen. Dies sei nur dann nicht der Fall, wenn ein familienrechtlicher Bezug völlig untergeordnet sei, was nicht der Fall sei, wenn Trennung, Scheidung oder Aufhebung der Ehe hinsichtlich der geltend gemachten Rechtsfolge (wie hier) ursächlich sei.

Die Nichtzulassungsbeschwerde wurde in der Folge zurückgenommen.

BGH, Hinweisbeschluss vom 22.08.2018 - XII ZB 312/18 -

Montag, 9. Dezember 2019

Arbeitsrecht: Zeitpunkt des Zugangs einer Kündigung bei Einwurf in Hausbriefkasten


Ein Mitarbeiter der Beklagten warf das Kündigungsschreiben am 27.01.2017 (Freitag)  gegen 13.25 Uhr in den Hausbriefkasten des Klägers ein. Gewöhnliche Postzustellungen erfolgen hier in der Regel gegen 11.00 Uhr. Der Kläger, der eingehend beim Arbeitsgericht am 20.02.2017 Klage erhob, machte geltend, das Kündigungsschreiben sei ihm erst am 30.01.2017 zugegangen. Streitig war, aber der Kläger die 3-Wochen-Frist des § 4 S. 1 KSchG eingehalten hatte. Die Vorinstanzen hatten dies negiert und die Klage deshalb abgewiesen. Auf die Revision das die klägerische Berufung gegen das arbeitsgerichtliche Urteil zurückweisenden Urteil aufgehoben und der Rechtsstreit an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. 

Ausgangspunkt der Entscheidung des BAG ist der Umstand, dass eine Willenserklärung (hier Kündigung) unter Abwesenden gem. § 130 Abs. 1 S. 1 BGB zu dem Zeitpunkt zugeht, sobald sie in verkehrsüblicher Weise in die tatsächliche Verfügungsgewalt des Empfängers gelangt und dieser unter gewöhnlichen Verhältnissen von ihr Kenntnis nehmen kann. Das aber würde besagen, dass bei einem Einwurf in den Hausbriefkasten bedeuten, dass der Zugang erst bewirkt ist zu dem Zeitpunkt, zu dem nach der Verkehrsanschauung generalisierend (und im Interesse der Rechtssicherheit nicht individualisierend auf die Person des Empfängers abstellend) mit einer Entnahme nach dem Einwurf zu rechnen sei. Das bedeute auch, dass z.B. bei einer Verhinderung infolge Erkrankung oder zeitweiliger Abwesenheit der Empfänger für eine Leerung Sorge tragen müsse.

Bei der Feststellung der Verkehrsanschauung handele es sich um eine Tatfrage. So sei die Annahme einer Verkehrsanschauung, wonach der Hausbriefkasten im Allgemeinen nach einer üblichen Postzustellungszeit im Zustellungsbezirk geleert würde, nicht zu beanstanden (BAG, Urteil vom 22.03.2012 - 2 AZR 224/11 -; BGH, Urteil vom 21.01.2004 -  XII ZR 214/00 -).  Allerdings könnte auch eine (gewandelte) Verkehrsanschauung festgestellt werden, die eine spätere Leerung (etwa mehrere Stunden nach dem üblichen Einwurf – festgestellt werden, wobei die Frage der Verkehrsanschauung regional unterschiedlich beurteilt werden könnte und sich diese auch im Laufe der Jahre ändern könne (das Bestehen der Fortdauer der Verkehrsanschauung könne nicht vermutet werden, BGH, Urteil vom 01.10.1992 - V ZR 36/96 -).

Diese Verkehrsanschauung könne der Richter durch Einholung eines Sachverständigengutachtens ermitteln oder bei eigener Sachkunde feststellen. Diese eigene Sachkunde des Richters müsse im Urteil nicht dargelegt werden, wenn der Richter den angesprochenen Verkehrskreisen selbst angehört.

Nicht richtig sei aber, wenn das Landesarbeitsgericht auf „Normalarbeitszeiten während der Tagesstunden eines erheblichen Teils der Bevölkerung abstelle, da sich daraus für die Gepflogenheiten zur Leerung des Hausbriefkastens am Wohnort des Klägers nichts ergäbe. Nicht einmal die Hälfte der Bevölkerung sei kernerwerbstätig, darunter 6,8 Mio. geringfügig oder in Teilzeit Beschäftigte mit weniger als 20 Stunden/Woche. Ferner wären die 5% Nachtarbeitnehmer nicht berücksichtigt. Hinzu kämen flexible Arbeitszeitmodelle und die Homeoffice-Tätigkeit.

Unabhängig davon sei auch nicht ersichtlich, weshalb es für die Verkehrsanschauung überhaupt auf die erwerbstätige Bevölkerung ankäme. Es handele sich bei der um eine (wenn auch große) Minderheit und würde auch nicht berücksichtigen, dass nicht alle Erwerbstätigen in Single-Haushalten leben würden, also die Leerung des Hausbriefkastens auch durch Mitbewohner erfolgen könne, die nicht oder zu anderen Zeiten arbeiten und eine zweite Leerung nicht stattfinde.

Zudem würde hier das Abstellen auf die Erwerbstätigen nicht berücksichtigen, dass der Kläger bereits seit dem 01.01.2017 nicht mehr von der Beklagten zur Arbeit herangezogen worden sei.

Das Landesarbeitsgericht hatte die Leerung von Hausbriefkästen nach der Verkehrsanschauung als „angemessen“ mit 17.00 Uhr angenommen. Dies sei willkürlich; Verhältnismäßigkeitsgrundsätze seien ungeeignet eine Verkehrsanschauung zu begründen.

BAG, Urteil vom 22.08.2019 - 2 AZR 111/19 -

Dienstag, 3. Dezember 2019

Wann ergreift die Beschlagnahme nach § 20 Abs. 2 ZVG die Forderung gegen den Gebäudeversicherer nicht ?


Die Beklagte zu 1. (eine Wohnungseigentümergemeinschaft, nachfolgend WEG) hatte eine Gebäudeversicherung gegen die Risiken Feuer, Sturm und Leitungswasser abgeschlossen.  Der Kläger wurde im Rahmen einer Zwangsversteigerung durch Zuschlagsbeschluss am 17.06.2013 Mitglied derselben. Voreigentümer des durch Zuschlagsbeschluss auf den Kläger übergegangenen Sondereigentums war zunächst die A & F KG, die nach einem Brand in ihrem Teileigentum (26.0ß6.2002) dieses an die W KG (Eigentumsübergang im Grundbuch am 05.08.2002) ohne Abtretung der Ansprüche gegen den Gebäudeversicherer veräußerte. In der Folge erfolgte die Zwangsversteigerung des im Eigentum der W KG befindlichen Sondereigentums. Zum Zeitpunkt des Zuschlags hatte der Gebäudeversicherer noch nicht den Brandschaden reguliert. Dies erfolgte erst am 16.08.2013 durch Zahlung der Schäden an die Beklagte zu 1. Von dieser und der mitverklagten Verwalterin verlangte der Kläger die Auszahlung des vom Versicherer gezahlten Betrages an sich. Die Klage war in allen Instanzen erfolglos.

Es handele es sich bei der von der WEG für das ganze Gebäude abgeschlossenen Gebäudeversicherung um eine Versicherung um eine Versicherung auf fremde Rechnung, weshalb, so der BGH,  die WEG verpflichtet sei eine hieraus erhaltene Versicherungsleistung an denjenigen auszuzahlen sei, dessen Sonder- oder Teileigentum betroffen sei und dem danach die Leistung zustehe. Nach § 95 Abs. 1 VVG würde der Leistungsanspruch, der vor dem Eigentumsübergang entstanden sei, nicht auf den Erwerber übergehen (BGH, Urteil vom 16.09.2016 - V ZR 29/16 -). Auf den Zeitpunkt der Auszahlung der Versicherungsleistung käme es nicht an.

Etwas anderes würde sich hier auch nicht aus dem Umstand ergeben, dass der Kläger das Eigentum durch Zuschlag in der Zwangsversteigerung erwarb. Zwar könne ein solcher Anspruch im Rahmen der Zwangsversteigerung auf den Ersteher übergehen (§§ 90 Abs. 2, 55 Abs. 1 20 Abs. 2 ZVG). Durch den Zuschlag erwerbe der Ersteher mit dem Grundstück zugleich die Gegenstände, auf welche sich die Zwangsversteigerung erstreckt habe (§ 90 Abs. 2 ZVG). Dies seien alle Gegenstände, deren Beschlagnahme noch wirksam seien (§ 55 Abs. 1 ZVG).  Abgesehen von den hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen des § 21 ZVG erstrecke sich die Beschlagnahme nach § 20 Abs. 2 ZVG auf die Gegenstände, auf die sich bei einem Grundstück eine Hypothek erstrecke. Dies sei nach § 1127 Abs. 1 BGB bei einer Forderung gegen einen Versicherer dann der Fall, wenn die der Hypothek unterliegenden Gegenstände für den Eigentümer oder Eigenbesitzer des Grundstücks versichert worden wären, weshalb grundsätzlich (mit Ausnahme eines Vorgehens nach § 65 ZVG) auch der Anspruch gegen den Gebäudeversicherer der Beschlagnahme unterläge. Deshalb würde in Ermangelung anderweitiger Regelungen in den Versicherungsbedingungen auch die Forderung gegen den Versicherer auf den Ersteher übergehen. Der Ersteher erhalte das Geld für die Beseitigung der Schäden, die Mitversteigerung der Versicherungsleistung erhöhe den Erlös für den Grundpfandgläubiger.

Allerdings sei Voraussetzung, dass sich das Grundpfandrecht noch zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Beschlagnahme auf die  Versicherungsforderung erstreckt (§§ 20 Abs. 2, 22 Abs. 1 ZVG). Das setze voraus, dass die Versicherungsforderung in den Haftungsverband der Hypothek fällt, was bedeutet, dass der versicherte Gegenstand bei Eintritt des Schadens zum Haftungsverband gehört habe und Begünstigter der Eigentümer oder Eigenbesitzer des Grundstücks gewesen wäre. Das wäre nicht der der Fall, wenn das Grundstück ohne die Forderung veräußert würde. Während bei einer anderen als Gebäudeversicherung der Eigentümer bis zur Beschlagnahme verfügungsbefugt bleibe, sei er bei einer Gebäudeversicherung auch vor einer Beschlagnahme gehindert, zum Nachteil des Hypothekengläubigers darüber zu verfügen (§ 1128 Abs. 3 BGB). Allerdings sei der Eigentümer nicht gehindert, das Grundstück bei bestehenbleibender Hypothek an einen Dritten ohne Übertragung der Forderung gegen den Versicherer zu veräußern. Das führe dazu, dass die Forderung entsprechend § 1124 Abs. 3 BGB aus dem Haftungsverbund des Grundpfandgläubigers fällt, unter Fortbestand der durch § 1128 BGB begründeten Stellung des Grundpfandgläubigers. Ohne die Auflösung des Haftungsverbundes  würde der Eigentümer, der sein Grundstück unter Fortbestand der eingetragenen Grundpfandrechte veräußern will,  bei verbliebener Inhaberschaft  die Gefahr eingehen, diese Forderung im Rahmen einer Zwangsvollstreckung in das nunmehr fremde Grundstück zu verlieren.

Es gäbe keinen sachlichen Grund, dass die Forderung aus einer Gebäudeversicherung dauerhaft mit dem Grundpfandrecht verbunden bliebe. Die Trennung des Haftungsverbundes schmälere nicht des Schutz des Hypothekengläubigers gem. § 1128 BGB, der auch auf eine Beschlagnahmewirkung des § 20 Abs. 2 ZVG nicht angewiesen sei, da die Forderung aus der Versicherung ohnehin als an ihn verpfändet gilt.  §§ 1127 und 1128 BGB würden nicht die Interessen des Erstehers schützen.

Daraus folge, dass im Rahmen der Zwangsversteigerung eine Forderung gegen den Gebäudeversicherer nicht von der Beschlagnahmewirkung des § 20 Abs. 2 ZVG erfasst wurde. Die A & F KG habe ihre Versicherungsforderung bei Übertragung des Eigentums an die W KG nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht an diese abgetreten.

BGH, Urteil vom 12.04.2019 - V ZR 132/18 -