Sonntag, 26. Juni 2016

Bauträger: Verantwortlichkeit qua Koordinationspflicht auch für Mängel bei Sonderaufträgen des Erwerbers an Subunternehmer

Bei Abschluss des Kauf- und Bauvertrages zwischen dem Erwerber und dem Bauträger weiß der Erwerber häufig noch nicht, ob er einzelne Details nicht anders durchgeführt wissen will, als vom Bauträger vorgesehen, resp. ob er noch zusätzlich Maßnahmen veranlassen will. Regelmäßig wird in den Verträgen zwischen Erwerber und Bauträger geregelt, dass der Erwerber Sonderwünsche direkt bei dem ausführenden Handwerker in Auftrag geben kann. Kommt es zu einem entsprechenden Sonderwunschvertrag zwischen dem Erwerber und dem Handwerker, ist der Bauträger allerdings nach Auffassung des OLG Karlsruhe rechtlich nicht außen vor. Vielmehr hat er, so das OLG, die Pflicht zu überprüfen, ob sich der Sonderwunsch in das Gesamtkonzept der übrigen Bauleistungen störungsfrei integrieren lässt und muss gegebenenfalls planerische Anweisungen erteilen. Er ist verantwortlich dafür, dass beide Bestandteile (originäre Leistung des Bauträgers und Sonderwunsch) im Rahmen des Gesamtgewerkes störungsfrei funktionieren.


Vorliegend hatte der Erwerber an den vom Bauträger beauftragten Handwerker den Sonderwunschauftrag erteilt, eine Fußbodenheizung einzubauen. Dies erfolgte auch, allerdings nach Feststellungen des vom Landgericht beauftragten Sachverständigen mangelhaft.  Nach Auffassung des OLG haftet hier der Bauträger aus den o.g. Erwägungen gleichwohl neben dem Subunternehmer dem Erwerber gegenüber.


OLG Karlsruhe, Urteil vom 15.01.2016 – 19 U 133/14 -

Samstag, 25. Juni 2016

Ordnungsgeld gegen Zeugen wegen unentschuldigten Fernbleibens auch dann, wenn es nicht (mehr) auf den Zeugen ankommt

Die Zeugenpflicht ist eine Staatsbürgerpflicht  -  und keiner möchte ihr gerne nachkommen. Zumal die Zeugenentschädigung (in Deutschland)  in der Regel nicht den tatsächlichen finanziellen Ausfall ausgleicht. Erscheint aber der Zeuge unentschuldigt nicht zum Termin, wird regelmäßig gegen ihn ein Ordnungsgeld verhangen, § 380 Abs. 1  ZPO.

Was aber, wenn der nicht erschienene Zeuge nicht mehr benötigt wird ? Der Zeuge war unentschuldigt nicht zum Termin erschienen. Es erging daher der Ordnungsgeldbeschluss. Im Termin selbst wurden vom Beweisführer Bedenken geäußert, ob sich der Zeuge tatsächlich zur Sache äußern könne (dies wurde von diesem vorher bereits schriftlich abgestritten).

Das OLG hat die Beschwerde gegen den Ordnungsgeldbeschluss zurückgewiesen. Es verwies darauf, dass es nicht darauf ankommen könne, ob der Zeuge etwas zur Sache beitragen kann und auch nicht darauf, ob sich die Parteien – eventuell auch unter dem Eindruck des Nichterscheinens des Zeugens – vergleichsweise einigen. Das OLG verweist hier auf den divergierenden Meinungsstand in der Rechtsprechung und schließt sich der Auffassung des OLG Frankfurt und des BFH an. Danach verbleibt es bei dem verschuldet den Termin nicht wahrnehmenden zeugen bei dem verhängten Ordnungsgeld, auch wenn das Verfahren später endet, ohne dass eine Vernehmung des Zeugen erforderlich wurde. § 380 Abs. 1 ZPO sähe keine Ermessensausübung vor und es könne nicht von dem Zufall abhängig, sein, ob nun der Zeuge (noch) benötigt würde oder nicht.


OLG Celle, Beschluss vom 19.02.2016 – 8 W 15/16 -

Fehler des Gerichts bei Ladungsfristen können zu Lasten des Betroffenen gehen

Man könnte geneigt sein zu sagen, das Gericht macht nie Fehler. Aber wenn es Fehler macht, muss ein Dritter der Schuldige sein und das Nachsehen haben.


Da hatte das VG Augsburg zu einem Verhandlungstermin geladen. Die Ladungsverfügung ging dem Antragssteller nicht innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Frist vor dem Termin zu, weshalb er nicht am Verhandlungstermin teilnahm. Das VG verhandelte gleichwohl (im Verwaltungsgerichtsverfahren müssen die Beteiligten nicht notwendig anwesend sein) und entschied daraufhin in der Sache zu Lasten des Antragstellers. Gegen die Entscheidung wandte sich der Antragsteller mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung, den er mit der fehlenden Wahrung der Ladungsfrist und der dadurch nach seiner Auffassung bedingten Verletzung rechtlichen Gehörs begründete. Der Antrag wurde vom VGH zurückgewiesen.

Wird ein beteiligter ohne ausreichende Ladungsfrist geladen dürfe er der Verhandlung nicht ohne weiteres fern bleiben. Er dürfe sich nicht darauf verlassen, dass das Gericht seinen Fehler schon bemerken würde und von daher nicht ohne ihn verhandeln würde. Bleibt dem Beteiligten genügend Zeit, das Gericht auf den Fehler bei der Ladung hinzuweisen, hat dies zwingend zu erfolgen und ist bei Verhinderung der Antrag einer Terminsänderung zu stellen. Da der Antragsteller dies vorliegend versäumt habe, könne er die Verletzung rechtlichen Gehörs nicht geltend machen.


Bayerischer VGH, Beschluss vom 31.03.2016 – 9 ZB 16.30049 -

Dienstag, 21. Juni 2016

Fitnessstudio: Berufsbedingter Umzug rechtfertigt keine außerordentliche Kündigung – Grundsatzentscheidung des BGH

Lange Zeit wurde in Rechtsprechung und Literatur darum gestritten, ob der Umzug eines Nutzers in Ansehung der Entfernung des neuen Wohnortes zum Fitnessstudio eine fristlose Kündigung des Nutzungsvertrages rechtfertigt. Immer mehr Gerichte haben sich der von uns vertretenen Auffassung angeschlossen, ein Umzug, egal ob privat oder berufliche veranlasst, rechtfertige nicht die fristlose Kündigung. Dies hat nun der BGH bestätigt.

Maßgebliches Kriterium der Betrachtung eines möglichen Kündigungsrechts des Nutzers ist, in wessen Sphäre der Kündigungsgrund liegt. Grundsätzlich ist eine fristlose Kündigung nach §§ 314, 626 BGB nur möglich, wenn der Kündigungsgrund in der Sphäre des Kündigungsgegners liegt. Dies sei bei einem Wohnortwechsel nicht der Fall.

Der BGH verweist auf seine DSL-Entscheidung vom 11.11.2010 - III ZR 57/10 -, die auch bisher schon häufig in den untergerichtlichen Entscheidungen zur Negation des Kündigungsrechts benannt wurde. Dort hatte der DSL-Anschlussteilnehmer sein Kündigungsbegehren mit der Begründung verfolgt, an seinem neuen Wohnort keinen DSL-Anschluss zu haben. In der Kritik dieser Entscheidungen wurde darauf verwiesen, der BGH habe einen Sonderfall aus dem Telekommunikationsbereich geregelt. Vorliegend stellt der BGH klar, dass er dort allgemein auf die zu beachtenden Sphären verwiesen habe. Soweit der Gesetzgeber in Ansehung seiner damaligen Entscheidung eines Änderung des Telekommunikationsrechts (Sonderkündigungsrecht nach § 46 Abs. 8 S. 3 TKG) vorgenommen habe, sei diese Norm nicht analog heranzuziehen. Für eine Analogie bedürfte es einer planwidrigen Regelungslücke. Diese sei nicht ersichtlich. Der Gesetzgeber habe durch § 46 Abs. 8 S. 3 TKG lediglich den Verbraucherbeschwerden und den damit einhergehenden wettbewerbsmindernden Effekten im Bereich der Telekommunikation Rechnung tragen wollen (so BT-Drucks. 17/5707, S. 70).


BGH, Urteil vom 04.05.2016 – XII ZR 62/15 -

Freitag, 17. Juni 2016

Fehlende Grundbuchfähigkeit lediglich unter dem Vereinsnamen eines nicht im Vereinsregister eingetragenen Vereins

Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR, §§ 705ff BGB) ist nach der gesetzlichen Regelung rechtsfähig, also Träger von Rechten  und Pflichten, und auch grundbuchfähig. Sie kann also Grundstücke im eigenen Namen erwerben und veräußern oder auch aus Titeln zu ihren Gunsten eine Zwangssicherungshypothek in Grundbüchern wahren lassen. Aber wie steht es mit dem nicht rechtsfähigen Verein (§§ 21f BGB) ? Der BGH verneint für den nicht rechtsfähigen (d.h. nicht im Vereinsregister eingetragenen) Verein entsprechende Rechte wie bei der GbR.

In dem der Entscheidung des BGH zugrunde liegenden Verfahren war der Beteiligte zu 1. Im Grundbuch als Eigentümer eingetragen. Er hielt das Eigentum treuhänderisch für die Beteiligte zu 2., einem Zusammenschluss von Gemeinden und Gemeindeverbänden in Form des nicht im Vereinsregister eingetragenen Vereins. Der Beteiligte zu 1. hatte die Auflassung des Grundstücks an die Beteiligte zu 2. Erklärt und beide beantragten die Wahrung im Grundbuch. Der Rechtspfleger wies den Antrag zurück; die dagegen gerichtete Beschwerde wurde vom Kammergericht zurückgewiesen. Die zugelassene Rechtsbeschwerde war ebenfalls nicht erfolgreich.

§ 54 BGB verweist für den nichtrechtsfähigen Verein auf die Vorschriften über die Gesellschaft (also $$ 705ff BGB).  Der BGH führt aus, der nichtrechtsfähige Verein könne nicht alleine unter seinem Vereinsnamen im Grundbuch eingetragen werden. Er verweist auf die in der älteren Literatur und Rechtsprechung vertretene Auffassung, dass nach §§ 21, 22 BGB der nicht eingetragene Verein keine Rechtsfähigkeit besitze und damit das Recht am Grundstück den Mitgliedern in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit zustünde. Gerade im Grundbuchrecht müsse vermieden werden, dass auf einem Umweg doch dem Verein ein Vorteil der eigenen Rechtspersönlichkeit (wie bei dem eingetragenen Verein) zu Lasten der grundbuchlichen Klarheit zukomme. Aber auch nach der neueren Ansicht, so der BGH, käme man zum gleichen Ergebnis. Nach dieser Ansicht, die an die (Teil) Rechtsfähigkeit der GbR anknüpft würde auch die Rechtsfähigkeit des nicht eingetragenen Vereins und damit dessen Grundbuchfähigkeit bejaht. Der Verweis in § 54 S. 1 BGB auf die Normen über die GbR beinhalte aber auch einen Verweis auf § 47 Abs. 2 GBO, der neben der Eintragung der GbR auch die Eintragung sämtlicher Gesellschafter zum Zwecke der Identifizierung verlange.

Unabhängig davon, ob man den nicht im Vereinsregister eingetragenen Verein als rechtfähig oder nicht rechtsfähig qualifiziere, könne er nicht alleine durch Wahrung seines Vereinsnamens im Grundbuch eingetragen werden.  Dies begründet der BGH damit, dass  - negiert man die Rechtsfähigkeit -  die gesamthänderische Verbundenheit nicht deutlich würde und dies dem Grundsatz der Bestimmtheit und Klarheit im Grundbuchrecht widerspräche. Es würde der Ein- und Austritt von Mitgliedern nicht korrekt dokumentiert (RGZ 127, 309, 311f).  Aber auch bei Annahme der Rechtsfähigkeit nicht im Vereinsregister eingetragenen Vereins scheide eine Wahrung alleine unter dem Vereinsnamen aus. Die Befürworter der Rechtsfähigkeit verweisen auf § 54 S. 1 BGB, womit dann konsequent auch § 47 Abs. 2 GBO gilt, wonach bei der GbR die Gesellschafter namentlich zu benennen sind.

Der BGH nahm in diesem Zusammenhang auch zu § 50 Abs. 2 ZPO Stellung, wonach der nicht rechtfähige Verein prozessfähig ist und unter seinem Namen einen Zahlungstitel erwirken kann und damit auch in ein Grundbuch vollstrecken kann. Dies würde keine isolierte Grundbuchfähigkeit begründen. Der Gesetzgeber habe die Nachteile, dass die Eintragung einer Zwangssicherungshypothek nicht ohne weiteres möglich sei, wenn der Rechtsträger sich im Zivilprozess nicht in einer dem § 15 GBV genügenden Form bezeichne, hingenommen.

Zuletzt verweist der BGH in Bezug auf Parteien darauf, dass diesen nach Art. 21 GG eine Sonderstellung zukäme und damit eine Vergleichbarkeit insoweit zur GbR oder dem nicht rechtsfähigen Verein nicht bestünde.

Anmerkung: Die Entscheidung des BGH ist in der Sache richtig, wenn auch bedauerlich ist, dass es der BGH hier unterlassen hat, klar Position zur Frage der (Teil-) Rechtsfähigkeit des „nichtrechtsfähigen“, d.h. nicht im Vereinsregister eingetragenen Vereins zu beziehen. Aber auch wenn man mit der wohl heute überwiegenden Annahme der Teilrechtsfähigkeit des nicht im Vereinsregister eingetragenen Vereins im Hinblick auf die Verweisregelung in § 54 BGB bejaht, bleibt es  - unabhängig von der Mitgliederzahl des Vereins, nach § 47 GBO notwendig, die Mitglieder zu benennen. Dies mit dem notwendigen Nachweis bei einem Verkauf durch den Verein, über die Rechtsnachfolge, was gegebenenfalls mit Schwierigkeiten verbunden sein kann.


BGH, Beschluss vom 21.01.2016 – V ZB 19/15 -

Verletzung der Prüfungs- und Hinweispflicht durch Werkunternehmer begründet selbst keinen Mangel

Streitig war u.a., ob sich die Verletzung der Prüf- und Hinweispflicht des Werkunternehmers salbst als Mangel darstelle. Dies verneint der BGH ausdrücklich und verweist darauf, dass im Gegenteil die Erfüllung dieser Pflicht den Unternehmer von einer Mängelhaftung befreien könne.

Das Berufungsgericht hatte demgegenüber angenommen, der beklagte Werkunternehmer habe die Pflicht gehabt einen Hinweis zu geben, welches Reinigungsmittel bei den von ihm verlegten Fliesen zu verwenden sei. Vor diesem Hintergrund hat es offen gelassen, ob die Fugen ordnungsgemäß hergestellt wurden. Dies war verfehlt. Die (zudem verschuldensunabhängige) Mängelhaftung wird durch einen Sach- oder Rechtsmangel des vom Unternehmer hergestellten Werkes begründet. Die Verletzung einer Prüf- oder Hinweispflicht gehörte nicht zum Tatbestand, der eine Mängelhaftung begründen könne. Es ginge nur darum festzustellen, ob der Unternehmer so wie beabsichtigt oder mit der vorgefundenen Situation kein mängelfreies Werk herstellen kann; nur in und für diesen Fall kommt der Hinweispflicht eine eigenständige Bedeutung zu, ohne dass allerdings das Unterlassen selbst ein Mangel ist.

BGH, Urteil vom 25.02.2016 – VII ZR 210/13 -

Samstag, 4. Juni 2016

Mietrecht: Zur Annahme einer konkludent vereinbarten Wohnfläche

In der Regel enthält der Mietvertrag keine Angaben zur Wohnungsgröße. Enthält er Angaben, könnten dem Mieter Ansprüche auf Herabsetzung des Mietzinses zustehen und er könnte ihn auch wegen Täuschung anfechten. Vorliegend hatte die Mieterin geltend gemacht, die Maklerin habe ihm, auf telefonische Anfrage, eine Wohnfläche von mehr als 150m² mitgeteilt und diese gelte dann als konkludent vereinbart. Diese Angabe sei nach Berechnung eines Sachverständigen falsch. Während die Kläger Mietzins klageweise geltend macht, focht die Beklagte den Mietvertrag an. Das Amtsgericht hatte der Klage; die Berufung der Beklagten wurde zurückgewiesen.

Das Landgericht führt aus, dass grundsätzlich eine konkludente Vereinbarung zur Wohnfläche möglich sei. Unter diesen Umständen müssten die Vertragsparteien den Mietvertrag in der für beide Vertragsparteien erkennbaren Vorstellung geschlossen haben, dass die Wohnung eine bestimmte Wohnfläche aufweise. Insoweit verweist das Landgericht auf das Urteil des BGH vom 23.06.2010 – VIII ZR 256/09 -, in dem der BGH einen Fall zu beurteilen hatte, bei dem in dem Mietvertragsvordruck keine Stelle zum Eintrag der Wohnungsgröße vorgesehen war.

Alleine die Angabe einer bestimmten Wohnfläche in einem Inserat oder Exposé könne allerdings die Annahme einer konkludenten Vereinbarung dazu bei Mietvertragsabschluss nicht begründen. Diese Angaben würden sich als bloße Beschreibungen der Mietsache darstellen.

Aber auch die vom Beklagten behauptete telefonische Auskunft der Maklerin sei nicht ausreichen.

Der Makler wäre nicht als Erfüllungsgehilfe des Vermieters anzusehen, weshalb eine Zurechnung nach § 278 BGB ausscheide. Beschränkt sich die Maklertätigkeit auf die Erbringung reiner Maklerdienste ohne Einbindung in die Haupt- und Nebenpflichten des Vermieters, scheide die Zurechnung aus (BGH, Urteil vom 24.11.1995 – V ZR 40/94 -). Der Makler müsste, um die Wirkung des § 278 BGB zu entfalten, nach den tatsächlichen Umständen mit dem Willen hier des Vermieters bei der Erfüllung einer diesem obliegenden Verbindlichkeit als seine Hilfsperson tätig werden. Bei der Vermittlungstätigkeit erbringt er aber nur eine eigene Leistung gegenüber dem Auftraggeber. Dazu gehört auch die Auskunft über die Beschaffenheit der Wohnung.

Aber auch im übrigen sieht es das Landgericht die telefonische Auskunft nicht als ausreichend an, eine konkludente Vertragsvereinbarung der Parteien daraus herzuleiten. So verweist es auf die Entscheidung des BGH vom 23.06.2010 – VIII ZR 256/09 -: Dort hatte der Vermieter dem potentiellen Mieter Grundrisse und detaillierte (allerdings fehlerhafte)  Flächenberechnungen zur Verfügung gestellt; bei dieser Sachlage spräche nach Auffassung des BGH nichts für die Annahme, die fehlende Aufnahme der Fläche indiziere, dass der Vermieter sich wegen dieser nicht hätte binden wollen. Vorliegend aber sei der Fall anders gelagert. Die reine telefonische Angabe einer Fläche durch den Makler würde für den Mieter keine einer überlassenen Dokumentation /Grundrisse und Flächenberechnungen) gleichkommen. Wenn es dem Mieter auf die tatsächliche Fläche ankäme, wäre es naheliegend, dass er dies im Mietvertrag aufnehmen lässt oder im Vorfeld entsprechende Dokumentationen anfordert.


LG München I, Urteil vom 14.01.2016 – 31 S 20691/14 -

Mittwoch, 1. Juni 2016

Nachbarrecht: Beschädigung einer Grenzwand durch Abriss des angebauten Gebäudes

Derjenige, der eine Grenzwand hat, darf diese auch dann mangels anderweitiger Abreden abreißen, wenn sein Nachbar an diese Grenzwand angebaut hat, wobei für den Eigentümer der Grenzwand eine nach dem Abriss erforderliche Außenisolierung des Nachbargebäudes nicht erfolgen muss. Da die Grenzwand nicht die Grenze überschreitet (also keine Grenzanlage iSv. § § 921f BGB ist, ist der Eigentümer seinem Nachbarn gegenüber nicht verpflichtet, die Funktionsfähigkeit der Grenzwand zu erhalten. Insoweit wird auf die Entscheidungen des BGH z.B. vom 18.05.2001  - V ZR 119/00 -  und 18.02.2011  - V ZR 137/10 – verwiesen. Was aber ist, wenn durch den Abriss des Anbaus Schäden an der Grenzwand entstehen ?

Der BGH verweist hier zunächst auf seine Rechtsprechung zu dem umgekehrten Fall (s.o.). Er führt aus, entscheidend sei, dass jeder Grundstückeigentümer für seine Wand verantwortlich ist, wenn zwei parallel verlaufende Grenzwände existieren. Der Vorteil, der sich daraus ergäbe, dass eine Außenwand so lange keines oder keines vollständigen Witterungsschutzes bedarf, wie der Schutz von der Grenzwand des Nachbargrundstückes geboten wird, würde durch das BGB nicht geschützt (so bereits BGH vom 16.04.2010 – V ZR 171/09 -).  Im vorliegenden Rechtsstreit allerdings kam es durch den Abriss des Anbaus des Beklagten an die Grenzwand des Klägers zu einem Schaden der Grenzwand in Form von Putz- und Mauerschäden sowie Feuchtigkeitsschäden im Keller.

Die Putz- und Mauerschäden wurden durch den Abriss verursacht. Auch wenn der Beklagte dafür ein Abrissunternehmen beauftragte, ist er verantwortlich; dies zwar nicht wegen eines Fehlverhaltens des beauftragten Unternehmers, sondern da diese Schäden eine unvermeidliche Folge des Abrisses waren. Zwar durfte der Beklagte den Abriss des Anbaus vornehmen, dabei aber nicht das Eigentum des Klägers beschädigen. Der Kläger könne somit verlangen, dass die Wand als funktionsfähige Außenwand wiederhergestellt wird.

Im Hinblick auf den Feuchtigkeitsschaden leitet der BGH einen Anspruch aus der analogen Anwendung des § 906 Abs. 2 S. 2 BGB her. Der Beklagte hatte nach dem Abriss eine dicke Betonbodenplatte belassen, auf der sich Wasser ansammelte welches in die Grenzwand einsickerte. Zwar würde der Anspruch des Klägers entfallen, wenn er dies nach § 1004 BGB hätte abwehren können (vorbeugender Unterlassungsanspruch); doch habe der Kläger die Wasserzufuhr weder vorhersehen noch rechtzeitig abwehren können. 

BGH, Urteil vom 18.12.2015 – V ZR 55/15 -

Fitnessstudio: Zur Rechtzeitig einer Kündigung bei Vorliegen eines wichtigen Grundes

Die Beklagte schloss mit der Klägerin einen Vertrag über die Nutzung eines von der Klägerin betriebenen Fitness-Studios. Der Vertrag vom 03.03.2014 sollte auf 24 Monate laufen. Mit Schreiben vom 13.08.2014 kündigte die Beklagte den Vertrag fristlos. Sie behauptete eine (dauerhafte) Sportunfähigkeit und legte ein Attest vor, demzufolge die Sportunfähigkeit seit dem 11.06.2016 bestehen soll. Die Klägerin widersprach der Kündigung und klagte das vertraglich vereinbarte Nutzungsentgelt bis zum Zeitpunkt des möglichen Vertragsendes ein. Die Klage war erfolgreich.

Das Amtsgericht hat auf sich beruhen lassen, ob die behauptete Erkrankung als solche eine fristlose Kündigung des Vertrages mit dem Fitnessstudio rechtfertigen könne. Denn auch wenn dies unterstellt würde, wäre die darauf gestützte Kündigung nicht beachtlich. Entscheidend sei, dass nach § 314 Abs. 3 BGB der Berechtigte eine fristlose Kündigung nur in angemessener Frist erklären kann, die hier nach § 626 Abs. 2 BGB zwei Wochen betrage und mit Kenntniserlangung der für die Kündigung maßgeblichen Umstände beginne. Da in dem Attest vom 31.07.2014 die angebliche Sportunfähigkeit der Beklagten ab dem 11.06.2014 bescheinigt wurde, ist auch davon auszugehen, dass dies der Beklagten bekannt gewesen wäre. Damit wäre die Kündigung erst zwei Monate nach Kenntniserlangung erfolgt und mithin wegen Versäumung der Frist unwirksam. Die Beklagte wäre auch beweisfällig für ihre Behauptung geblieben, erst seit dem 31.07.2014 die ausreichende Kenntnis gehabt zu haben.


AG Langen, Urteil vom 30.05.2016 – 55 C 172/15 (11) -