Ein fahrbahrer Rasenmäher mit einer Geschwindigkeit von über 25 km/h hatte beim Mähen an der BAB A 66 Höhe Autobahnbeginn Miquellallee einen Stein aufgeschleudert. Die Eigentümerin des Fahrzeugs begehrte vom Halter des Rasenmähers und dessen Haftpflichtversicherer Schadensersatz. Das Amtsgericht wies die Klage gegen den Haftpflichtversicherer ab, da kein Pflichtversicherungsverhältnis und damit kein Direktanspruch bestand. Der Klage gegen den Halter des Rasenmähers gab es statt mit der Erwägung, dieser habe vorab die Fläche auf mögliche Steine untersuchen können und müssen, was nicht erfolgt sei.
Die Berufung des Halters des Rasenmähers hatte erfolg. Das LG Frankfurt am Main hat mit Urteil vom 10.06.2013 - 2-11 S 63/13 - die Klage insgesamt abgewiesen. Es verwies dabei auf die fehlende Zumutbarkeit für Schutzmaßnahmen und hat deshalb auch eine Haftung unter dem Gesichtspunkt der Gefährdungshaftung negiert.
LG Frankfurt am Main, Urteil vom 10.06.2013 - 2-11 S 63/13 -
Aus den Entscheidungsgründen:
für Recht erkannt:
Auf die Berufung der Beklagten zu 2) wird das Urteil des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 07.02.2013 (Az.: 32 C 2574/11 (90)) abgeändert und die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird bis zum 05.05.2013 auf 679,05 € festgesetzt. Ab dem 06.05.2013 wird der Streitwert auf 827,86 €festgesetzt.
Gründe
I.
Von der Darstellung des Tatbestands wird gemäß §§ 540 Absatz 2, 313 a ZPO abgesehen .
II.
Die zulässige Berufung der Beklagten zu 2) gegen das Urteil des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 07.02 .201 (Az.: 32 C 2574/11 (90)) ist begründet.
Nicht zu beanstanden ist die Ansicht des Amtsgerichts, dass die Beklagte grundsätzlich nach § 7 Abs. 1 StVG für den Schaden der Klägerin haftet, da dieser beim Betrieb des Kraftfahrzeuges der Beklagten entstanden ist. Nach den zutreffenden Ausführungen des Amtsgerichts ist diese Norm auch nicht aufgrund der Ausnahmeregelung in § 8 Abs . 1 StVG unanwendbar, da nach den Ausführungen des Sachverständigen der streitgegenständliche Rasenmäher auf ebener Bahn eine bauartbedingte Höchstgeschwindigkeit von deutlich mehr als 20 km/h erreicht.
Mit der Berufung wurde allein die Beurteilung des Amtsgerichts angegriffen, wonach für die Beklagte zu 2) kein unabwendbares Ereignis i.S.d . § 17 Abs . 3 StVG vorlag . Der Begriff des unabwendbaren Ereignisses meint nicht die absolute Unvermeidbar keit des Unfalls, sondern ein schadensstiftendes Ereignis, welches auch bei der äußerst möglichen Sorgfalt nicht abgewendet werden kann. Nach der Rechtsprechung ist der Schädiger somit von Schäden freizustellen, die sich auch bei vorsichtigem Vorgehen nicht vermeiden lassen (vgl. BGH NZV 2005 , 305 , 306 m.w.N.). Dies verlangt jeweils eine Beurteilung des Einzelfalls mit den insoweit vorliegenden Umständen , wobei es darauf ankommt, ob eine höhere Sicherheit mit vertretbarem Aufwand zu erreichen gewesen wäre (BGH NZV 2005, 305 , 306 m.w.N.). Zwar ist die Gefahr , dass durch Mäharbeiten an dem zum Straßenkörper gehörenden Grünstreifen durch das Wegschleudern von Steinen eine Beschädigung des Eigentums von Straßennutzern hervorgerufen wird , nicht ganz fernliegend und daher möglichst weitgehend zu vermeiden , doch können nur solche Sicherungsmaßnahmen verlangt werden, die mit vertretbarem technischen und wirtschaftlichen Aufwand erreichbar sind und nachweislich zu einem besseren Schutz führen (LG Bielefeld, Urteil vom 16.12.2009 , BekcRS 2010 , 28775 ; OLG Rostock, NJOZ 2010 , 790, 791) .
Nach dem Ergebnis des hier vom Amtsgericht eingeholten Sachverständigengut achtens steht fest, dass es sich vorliegend um ein Modell mit einem geschlossenen Heckauswurfmäher handelt, wobei das Mähwerk nach rechts und links mit Blechblenden abgedeckt ist, die bis 16 mm unter das Niveau der Messer reichen. Lediglich hinten links verbleibt ein Spalt zwischen Abdeckung und Vorderrad der Maschine , der einen kleinen Winkel offen hält, auf dem das linke Messer nicht vollständig nach außen abgedeckt ist. Wenn auf unebenem Untergrund gearbeitet wird , ist es nach den Feststellungen des Sachverständigen nicht auszuschließen , dass infolge der Vertikalbewegung der Maschine die Messer mit dem Erdboden zusammenstoßen und so auch Steine vom rotierenden Messer erfasst werden , die dann seitlich tangential abgeschleudert werden können. Für den Fall, dass ein Stein zufällig in dem schmalen Winkel abgeschleudert wird , der zwischen dem linken Messer , dem linken Vorderrad und der seitlichen Abdeckung offen bleibt, kann der Stein zur Seite von der Maschine weggeschleudert werden. Das Mähfahrzeug entspricht somit den technischen Vorschriften und enthält auch die notwendigen Sicherheitsvorkehrungen , die sich unstreitig in einem ordnungsgemäßen Zustand befanden.
Im vorliegenden Fall handelte es sich um Mäharbeiten entlang der Autobahn A 66, die nach den unstreitig gebliebenen Ausführungen in der Berufungsbegründung eine Grünfläche von etwa 3.000 m2 umfassten. Es handelte sich somit um umfangreiche Mäharbeiten im Außenbereich , der erheblich schwerer auf kleinere Steine zu kontrollieren ist, als beispielsweise einzelne zwischen Parkbuchten befindliche Rasenflächen im Innenstadtbereich. Es wurden keine Warnschilder aufgestellt und es gibt keinen Vortrag dahingehend , dass der Fahrer die Bedienvorschriften des Gerätes nicht beachtete oder zu schnell fuhr.
Weiterhin ist unstreitig , dass der Führer des Rasenmähers zuvor keine Sichtkontrolle des Grünstreifens auf Steine vornahm und auch keine zusätzlichen Sicherungsmaßnahmen wie etwas das Aufspannen von Planen getroffen wurden . Allerdings ist die Zumutbarkeit technischer Maßnahmen im vorliegenden Fall deshalb eingeschränkt , weil die Arbeiten am Rande einer Autobahn durchgeführt wurden und Sicherungsmaßnahmen ihrerseits nicht zu einer Gefährdung des fließenden Verkehrs führen dürfen, der sich auf Autobahnen mit hoher Geschwindigkeit bewegt und somit solche Sicherungsmaßnahmen mit einem ganz erheblichen Aufwand verbunden sind (OLG Saarbrücken NJW-RR 2006 , 748, 749). Nach Ansicht des Gerichts war der Beklagten somit weder das Aufspannen von Planen noch das vom Amtsgericht für erforderlich gehaltene Absuchen des Grünstreifens nach Steinen zu Fuß vor Beginn der Mäharbeiten zumutbar . Bei der Prüfung des vertretbaren und zumutbaren Aufwandes muss nämlich auch berücksichtigt werden , dass die Straßenverkehrs sicherungspflichtigen keine Arbeiten durchführen , die in ihrem eigenen Interesse liegen, sondern es sich um kostenträchtige gemeinnützige Arbeiten handelt, die im Interesse aller Verkehrsteilnehmer liegen, um Gefahren für den Straßenbereich durch Bewuchs und Sichtbehinderung zu vermeiden (so auch OLG Celle, VersR 2007 , 1006; OLG Stuttgart , NVwZ-RR 2004 , 10; OLG Rostock , NJOZ 2010 , 790, 791) . Angesichts der umfangreichen zu mähenden Fläche und dem bei einem vorherigen Absuchen erforderlichen zusätzlichen Zeit- und Personalaufwand kann ein solches Begehen für die Suche nach Steinen im vorliegenden Fall nicht verlangt werden. Im Übrigen ist auch weder dargelegt noch ersichtlich , dass bei einem Absuchen der Fläche der herausgeschleuderte Stein entfernt worden wäre , da ein Gegenstand der Natur im hohen Gras schwieriger ersichtlich ist als ein anderer Fremdkörper oder Unrat und auch über die Größe des Stein keine Erkenntnisse vorliegen. Zudem ist hier zu berücksichtigen , dass der streitgegenständliche Rasenmäher über weitgehende Sicherheitsvorkehrungen verfügt, da es nach den Feststellungen des Sachver ständigen lediglich über einen kleinen Spalt zwischen Abdeckung und Vorderrad überhaupt zum Herausschleudern kommen kann, nämlich nur dann wenn ein Stein zufällig in diesem schmalen Winkel abgeschleudert wird . Auch vor diesem Hintergrund , der ein Herausschleudern von Steinen eher unwahrscheinlich macht, können weitergehende Sicherungsmaßnahmen von der Beklagten zu 2) nicht verlangt werden , da diese wirtschaftlich nicht zumutbar wären.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen .
Die Streitwertfestsetzung für das Berufungsverfahren folgt aus§ 47 Abs . 1, 2 GKG.
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