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Sonntag, 6. November 2022

Erstattungsanspruch von Gutachterkosten bei Verschweigen von Vorschäden ?

Der Kläger machte Schadensersatzansprüche nach einem Verkehrsunfall geltend, u.a. die ihm entstandenen Gutachterkosten. Nach dem Gutachten lag ein wirtschaftlicher Totalschaden vor. Streitig waren (hier noch) die Erstattungsfähigkeit der Gutachterkosten und der Wiederbeschaffungswert. Der Kläger hatte den von ihm beauftragten Gutachter nicht über Vorschäden informiert, die damit auch von ihm im Rahmen der Feststellung des Wiederbeschaffungswertes nicht berücksichtigt worden seien. Das Landgericht gab der Klage statt. Mit Hinweisbeschluss gem. § 522 ZPO wies das OLG die Beklagten darauf hin, dass es beabsichtige die Berufung zurückzuweisen (woraufhin die Berufung zurückgenommen wurde).

Unstreitig war, dass die Schadenshöhe unter Berücksichtigung des Wirtschaftlichkeitsgebotes gem. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB auf den Wiederbeschaffungsaufwand beschränkt war. Das Landgericht habe, so das OLG, diesen zutreffend im Rahmen des § 287 ZPO auf € 2.200,00 geschätzt und dabei auch die Vorschädigungen berücksichtigt.

Die Darlegungslast zum Wiederbeschaffungswert obliege auch im Rahmen des § 287 ZPO dem Kläger, der auch zu den Vorschäden vorzutragen habe. Der Wiederbeschaffungswert entspräche dem Wert eines vergleichbaren Fahrzeuges ohne den streitgegenständlichen Unfallschaden und könne nur ermittelt werden, wenn feststünde, in welchem konkreten Zustand sich das Fahrzeug zum Unfallzeitpunkt (also direkt vor dem Schadensereignis) befunden habe, wobei zu diesem Zeitpunkt vorhandene Alt- und Vorschäden den Wert mindern könnten.

Vorliegend habe der Kläger zu den Vorschäden (und deren Behebung) ausreichend vorgetragen. Inwieweit diese Vorschäden von den konkreten Unfallschäden abgrenzbar seien, sei für die Höhe der Reparaturkosten gem. § 240 Abs. 2 S. 1 BGB von Relevanz. Darauf sei es hier aber nicht angekommen, da auch nach Bereinigung der Reparaturkosten um diese Vorschäden immer noch ein wirtschaftlicher Totalschaden vorlag (Reparaturkosten nach vom Gericht eingeholten Sachverständigengutachten € 4.213,60).

Dem gerichtlich beauftragten Sachverständigen seien die Vorschäden (und Selbstreparatur) am klägerischen Fahrzeug bekannt gewesen. Er habe ausgeführt, dass bei einem durchschnittlichen Fahrzeug mit diesem Alter und der Laufleistung der Punkt erreicht sei, bei dem nicht mehr viel Wertverlust eintreten könne und kleinere Vorschäden keine Rolle mehr für den Wiederbeschaffungswert spielen würden.

In Bezug auf die Sachverständigenkosten für das Privatgutachten anerkannte das OLG mit dem Landgericht einen Freistellungsanspruch des Klägers. Diese seien unmittelbar mit dem Schaden verbunden und gem. § 249 BGB auszugleichender Vermögensnachteil, soweit die Begutachtung zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs erforderlich und zweckmäßig war. Die Erstattungsfähigkeit sei in diesem Fall auch gegeben, wenn das Gutachten objektiv mangelhaft oder gar unbrauchbar sei; anderes gelte nur, wenn der Geschädigte (hier Kläger) dies zu vertreten habe. Dieses Vertretenmüssen sei dann der Fall, wenn der Geschädigte einen erkennbar ungeeigneten Gutachter beauftrage oder dem von ihm beauftragten Gutachter erhebliche Vorschäden verschweige und dieser deshalb zu einem fehlerhaften Ergebnis gelange. Zwar seien vorliegend die Vorschäden vom Kläger gegenüber dem von ihm beauftragten Gutachter verschwiegen worden, doch sei dies nicht kausal geworden.

Der Gutachter habe in seinem Gutachten nicht dargelegt, wie er zu einem Wiederbeschaffungswert von von ihm angegeben € 7.000,00 gelangte und damit bei von ihm angegebenen Reparaturkosten von € 5.731,50 zu einen Reparaturschaden, der den Wiederbeschaffungswert nicht überschritt, obwohl der Wiederbeschaffungswert, wie das gerichtlich eingeholte Sachverständigengutachten ergab, weit unter den Reparaturkosten lag. Diese Fehlerhaftigkeit könne dem Kläger aber nicht angelastet werden, da weder der ausgeworfene Wiederbeschaffungswert von € 7.000,00 begründet wurde, noch die Nichtberücksichtigung der Vorschäden nach den Angaben des gerichtlich beauftragten Sachverständigen Einfluss auf den Wiederbeschaffungswert hatten.

OLG Hamm, Hinweisbeschluss vom 11.04.2022 - 7 U 33/21 -

Sonntag, 25. September 2022

Rechte des unmittelbaren Fahrzeugbesitzers nach Verkehrsunfall

Der Kläger war zum Unfallzeitpunkt Besitzer und Halter des bei einem Verkehrsunfall beschädigten Fahrzeugs, nicht aber dessen Eigentümer und machte gegen die Beklagten Schadensersatzansprüche (fiktive Reparaturkosten, Wertminderung, Sachverständigenkosten und Schadenspauschale) geltend. Während das Landgericht der Klage stattgab, wies sie das OLG ab. Die (teilweise) zugelassene Revision wurde vom BGH zurückgewiesen.

Der Kläger hatte (in seinem der Revision zugrundeliegendem Hauptantrag) den Anspruch auf eigenes Recht gestützt. Unklar sei, auf welcher Grundlage der Kläger den Besitz des sicherungshalber an eine Bank (Darlehensnehmerin die Schwester des Klägers) innehalte und es könne zudem nicht beurteilt werden, welche Rechte und Pflichten er in diesem Zusammenhang habe.

Der berechtigte unmittelbare Besitz an einer Sache sei nach § 823 Abs. 1 BGB geschützt. Das entsprechende Recht könne auch vom Besitzer der Sache geltend gemacht werden. Auch könne sich ein Anspruch des Besitzers aus § 7 StVG ergeben BGH, Urteil vom 29.01.2019 - VI ZR 481/17 -). Jedenfalls könne der in seinem unmittelbaren Besitz Verletzte Ersatz des Haftungs- und Nutzungsschadens verlangen; ob er auch den Substanzschaden begehren könne, könne auch im vorliegenden Fall auf sich beruhen.

Das OLG habe den begehrten Schadenersatz zutreffend mit der Begründung abgewiesen, es läge ein Haftungsschaden des Klägers mangels einer Instandsetzungsverpflichtung des Klägers nicht vor. Insoweit besteht die Möglichkeit, dass der Schaden des Besitzers in seiner Verpflichtung zu einer Reparatur gegenüber der Person besteht, von der er sein Recht zum Besitz ableite (BGH aaO.). Hier ergäbe sich nach den Feststellungen des OLG nicht, ob, wie und wem gegenüber er zur Instandsetzung verpflichtet gewesen wäre. Der Verweis auf die Finanzierungsbedingungen und den Sicherungsübereignungsvertrag , demgemäß das Fahrzeug instand zu setzen sei, trage nicht, da Kreditnehmerin die Schwester des Klägers sei. Die träfe die Pflicht zur Reparatur. Eine an die Haltereigenschaft anknüpfende Wertung, der Kreditvertrag sei zugunsten des Klägers geschlossen worden, finde im Vortrag des Klägers keine Grundlage.

Einen Anspruch auf den Substanzschaden habe der Kläger auch nicht, unabhängig davon, welche Voraussetzungen für die Geltendmachung durch den unmittelbaren Besitzer dafür ggf. vorliegen müssten und auf welche Weise eine etwaige Anspruchskonkurrenz aufzulösen wäre (zum Schaden des Leasingnehmers BGH aaO.). Es sei kein Vortrag dazu erfolgt, welche Rechte dem Kläger zum Unfallzeitpunkt durch den Besitz verschafft werden sollten, so zu der Rechtsbeziehung bezüglich des Fahrzeugs zwischen ihm und seiner Schwester bestanden hätten. Ein Recht zum Besitz könne aber der Kläger allenfalls von bzw. über seine Schwester, die das Darlehen aufgenommen und die Sicherungsübereignung vorgenommen habe, erworben haben.

BGH, Urteil vom 24.05.2022 - VI ZR 1215/20 -

Donnerstag, 7. April 2022

Kaskoversicherung: Klausel Neuwertversicherung bei Totalschaden

Der Kläger unterhielt bei der Beklagten eine Vollkaskoversicherung, die er anlässlich eines Totalschadens des versicherten Pkw in Anspruch nahm. Dabei begehrte er eine Neupreisentschädigung. Diese besagte nach den Versicherungsbedingungen, dass der Versicherer anstelle des Widerbeschaffungswertes den Neupreis zahlt, wenn der Versicherungsfall (Totalschaden oder Verlust) innerhalb von 36 Monaten nach Erstzulassung eintritt. Allerdings wurde in der Klausel nicht ausgeführt, wann ein Totalschaden vorliegt. Der Vertrag verwies auf die Allgemeinen Bedingungen für die Kfz-Versicherung (AKB), nach deren Ziffer 1.5.1 (2) ein Totalschaden vorliegt, wenn die erforderlichen Reparaturkosten den Wiederbeschaffungswert übersteigen.

Das Landgericht wies die Klage ab und das OLG wies in seinem Hinweisbeschluss darauf hin, dass es beabsichtigte, die zulässige Berufung als unbegründet zurückzuweisen. Ein bedingungsgemäßer Totalschaden läge nicht vor, der den Ersatz des Neupreises begründe.

Nach einem Schadensgutachten würden sich die Reparaturkosten auf € 17.142,55 belaufen. Der Wiederbeschaffungswert sei aber mit € 22.500,00 ausgewiesen, läge mithin über den Reparaturkosten. Damit bestand auch nach Haftpflichtgrundsätzen kein wirtschaftlicher Totalschaden. Nicht entscheidend sei, ob ein sogen. Unechter Totalschaden vorliegt, bei dem die Schadensbehebung im Wege der Reparatur zwar geringere Kosten als eine Ersatzbeschaffung verursache, dem Geschädigten aber die Reparatur nicht zuzumuten sei. Allerdings folge das Schadensersatzrecht anderen rechtlichen Prämissen als das hier anwendbare Versicherungsvertragsrecht, welches hier anwendbar ist. Während im Schadensersatzrecht der Geschädigte nach § 249 Abs. 2 BGB die Möglichkeit habe die Schadensbehebung in die eigenen Hände zu nehmen, ließe sich dies auf den Kaskoversicherungsvertrag nicht unmittelbar übertragen.

Entscheidend sei daher für die Bewertung als bedingungsgemäßer Totalschaden die Auslegung der Versicherungsbedingungen. Diese seien so auszulegen, wie ein durchschnittlicher, um Verständnis bemühter Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstünde. Abzustellen sei dabei auf einen Versicherungsnehmer ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse. Entscheidend sei zunächst der Wortlaut, der mit dem Bedingungswerk verbundene Zweck und der Sinnzusammenhang der Klauseln (soweit für den Versicherungsnehmer erkennbar) seien zusätzlich zu berücksichtigen.

Danach würde sich hier für diesen durchschnittlichen Versicherungsnehmer, der die maßgeblichen Versicherungsbedingungen (hier in den AKB) mit dem Begriff des Totalschadens verbindet, ohne weiteres ergeben, dass dieser Begriff losgelöst von den Grundsätzen des Haftpflichtrechts geregelt sei.

OLG Hamm, Hinweisbeschluss vom 24.06.2021 - 20 U 96/21 -

Donnerstag, 26. November 2020

Wann besteht Anspruch auf Schadensersatz in Höhe des Kfz-Neupreises nach Verkehrsunfall ?

 

Am Unfalltag betrug der Kilometerstand des PKW des Klägers 571 Kilometer. Die Reparaturkosten beliefen sich nach Gutachten auf brutto € 5.287,43 bei einer Wertminderung von € 1.000,00. Der Kläger verlangte die Kosten für einen Neuwagen mit € 37.181,00 zuzüglich der Sachverständigenkosten für das Gutachten und eine Kostenpauschale mit € 30,00. Das Landgericht gab der Klage im Wesentlichen statt. Auf die Berufung der Beklagten änderte das OLG das Urteil ab und verurteilte die Beklagten zur Zahlung von € 6.180,54 (nämlich Reparaturkosten auf Basis des Gutachtens mit netto € 4.443,22, Sachverständigenkosten, Minderwert und Kostenpauschale, diese mit € 25,00). Die zugelassene Revision wurde vom BGH zurückgewiesen.

Der BGH bekräftigte, dass bei einem fabrikneuen Fahrzeug mit eine Laufleistung von nicht mehr als 1.000km bei einer erheblichen Beschädigung des Fahrzeugs (und ausdrücklich auch nur dann) der Eigentümer berechtigt sei, Ersatz für die Beschaffung eines Neufahrzeugs zu verlangen, wenn er ein gleichwertiges Fahrzeug erworben habe. Die Erwägung, ein repariertes Unfallfahrzeug bleibe wertmäßig hinter einem Neuwagen zurück, lasse den Anspruch auf den Ersatz des Minderwertes unberücksichtigt. Es gelte das Wirtschaftlichkeitspostulat und das Bereicherungsverbot und es sei nicht ersichtlich, welche Gründe bei einer Beschädigung eines Neuwagens für deren Aufgabe sprechen könnten.

Vorliegend habe der Kläger keinen Neuwagen erworben. Die durch Erstattung der Kosten eines angeschafften gleichwertigen Neuwagens erfolgte Anhebung der „Opfergrenze“ des Schädigers erfolge allein zum Schutz des besonderen Interesses des Geschädigten am Eigentum und der Nutzung eines Neufahrzeuges. Dies setze aber ein solches Interesse des Geschädigten voraus, welches durch den Kauf eines Neufahrzeugs nachzuweisen sei. Nur dann sei es gerechtfertigt, mehr als die Reparaturkosten und den merkantilen Minderwert zuzuerkennen.

BGH, Urteil vom 29.09.2020 - VI ZR 271/19 -

Dienstag, 17. September 2013

Schadensersatz: Abzug bei Lohnkosten bei fiktiver Abrechnung

Wer einen Verkehrsunfall hatte kann wählen: Er rechnet die Reparaturkosten für sein Fahrzeug aufgrund einer Reparaturkostenrechnung (also konkret) ab, oder er rechnet aufgrund eines Kostenvoranschlags oder Sachverständigengutachtens fiktiv ab. Wählt er die fiktive Abrechnung bestimmt § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB, dass die Umsatzsteuer nicht erstattungsfähig ist. Das AG Gummersbach hat in einem Urteil vom 15.05.2012 - 11 C 49/12 - auch einen Abzug von 10% der mutmaßlichen Reparaturkosten für Sozialabgaben und Lohnnebenkosten bei den Lohnkosten angenommen. Es begründet dies damit, dass es sich bei diesen ähnlich der Umsatzsteuer lediglich um Durchlaufposten handeln würde.
AG Gummersbach, Urteil vom 15.05.2012 - 11 C 49/12 -
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