Mittwoch, 27. Februar 2019

Betreuung: Zur notwendigen (erneuten) Anhörung des Betroffenen


Der Betroffene soll an einer maniformen Psychose leiden, weshalb das Amtsgericht eine Betreuung für die Aufgabenkreise Aufenthaltsbestimmung, Gesundheitssorge, Regelung des Postverkehrs, Vertretung gegenüber Behörden und Sozialversicherungsträgern sowie (hier mit Einwilligungsvorbehalt) Vermögensangelegenheiten anordnete und die Beteiligte zu 1 als Berufsbetreuerin bestimmte. Die Beschwerde des Betroffenen wies das Landgericht zurück. Auf die dagegen eingelegte Rechtsbeschwerde hob der BGH den Beschluss des Amtsgerichts aufgehoben und die Sache an das Landgericht (Beschwerdegericht) zurückverwiesen.

Der BGH stützte seine Entscheidung auf § 68 Abs. 3 S. 2 FamG. Zwar könne danach das Beschwerdegericht von einer erneuten Anhörung des Betroffenen absehen, so wenn die erstinstanzliche Anhörung des Betroffenen nur kurze Zeit zurückläge, sich nach dem Akteninhalt keine neuen entscheidungserheblichen Tatsachen oder rechtliche Gesichtspunkte ergäben, das Beschwerdegericht das Ergebnis der erstinstanzlichen Anhörung nicht abweichend  werten wolle und es auf den persönlichen Eindruck des Betroffenen nicht ankäme. Zöge aber das Beschwerdegericht eine neue Tatsachengrundlage heran, die nach der erstinstanzlichen Entscheidung läge, wäre eine neue Anhörung des Betroffenen erforderlich. Auch dürfe das Beschwerdegericht nicht von einer Wiederholung solcher Verfahrenshandlungen absehen, bei denen das erstinstanzliche Gericht zwingende Verfahrensvorschriften verletzt habe. Vorbehaltlich der Möglichkeit der Zurückverweisung durch das Beschwerdegericht gem. § 69 Abs. 1 S. 2 und 3 FamFG müsse das Beschwerdegericht in diesen Fällen den betreffenden Teil des Verfahrens nachholen (BGH, Beschluss vom 15.08.2018 - XII ZB 10/18 -).

Danach habe vorliegend das Beschwerdegericht nicht von einer persönlichen Anhörung des Betroffenen nach § 68 Abs. 3 S. 2 FamFG absehen dürfen. Die Anhörung des Betroffenen durch das Amtsgericht leide an einem wesentlichen Verfahrensmangel, da ihm das vom Amtsgericht eingeholte Sachverständigengutachten nicht vor dem Anhörungstermin überlassen worden sei. Die Verwertung eines Sachverständigengutachtens als Grundlage einer Entscheidung setze nach § 37 Abs. 2 FamFG voraus, dass das Gericht den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme gibt. Das Gutachten sei mit seinem vollen Wortlaut im Hinblick auf die Verfahrensfähigkeit des Betroffenen (§ 275 FamFG) grundsätzlich auch diesem persönlich zur Verfügung zu stellen. Nur unter den Voraussetzungen des § 288 Abs. 1 FamFG könne davon abgesehen werden (BGH aaO.). Der Betroffene müsse vor seiner Anhörung nicht nur im Besitz des Gutachtens sein, sondern auch ausreichend Zeit bekommen, von dessen Inhalt Kenntnis zu nehmen und sich dazu zu äußern. Würde das Gutachten nicht rechtzeitig vor dem Termin zur Anhörung überlassen, leide das Verfahren an einem wesentlichen Verfahrensmangel.

Vorliegend sei das Gutachten im vollen Wortlaut dem Betroffenen erst nach Erlass des angefochtenen Beschlusses des Amtsgerichts überlassen worden. Dieser Mangel hätte vom Landgericht im Rahmen einer erneuten Anhörung behoben werden müssen, zumal der Betroffene im dem Beschwerdeverfahren zuzurechnenden Abhilfeverfahren schriftliche Einwendungen gegen das Gutachten erhoben habe.

BGH, Beschluss vom 06.02.2019 - XII ZB 504/18 -

Sonntag, 24. Februar 2019

Prozessrecht: Das „nicht mit Gründen versehene Urteil“ bei Fristüberschreitung


Das Landgericht hatte der Klage der Versicherungsnehmer gegen die beklagte Gebäudeversicherung überwiegend stattgegeben. Im Rahmen der Berufung der Versicherung bestimmte das OLG Termin zur Verkündung einer Entscheidung (nach vorangegangener Verlegung desselben) auf den 20.04.2017. Es verkündete an diesem Tag ein Urteil (ohne Gründe), demzufolge unter Abänderung der landgerichtlichen Entscheidung die Klage insgesamt abgewiesen wurde. Gegen dieses Urteil legten die Kläger am 13.10.2017 Nichtzulassungsbeschwerde, hilfsweise Revision zum BGH ein. Das mit Gründen versehene Urteil des OLG gelangte gemäß Vermerk erst am 07.12.2017 zur Geschäftsstelle des OLG und wurde den Parteien am 11. bzw. 12.12.2017 zugestellt.

Die Revision führte zur Aufhebung des Urteils des OLG und Zurückverweisung des Rechtstreits an das OLG. Das Urteil sei mit einem wesentlichen Verfahrensmangel behaftet, da es iSv. § 547 Nr. 6 ZPO entgegen § 540 Abs. 1 S. 1 ZPO nicht mit Gründen versehen worden sei.

Der BGH verwies darauf, dass der absolute Revisionsgrund des § 547 Nr. 6 ZPO („wenn die Entscheidung entgegen den Bestimmungen dieses Gesetzes nicht mit Gründen versehen ist“) vorläge, wenn ein bei Verkündung noch nicht vollständig abgefasstes Urteil nicht binnen 5 Monaten nach seiner Verkündung schriftlich niedergelegt, von den Richtern besonders unterschrieben und der Geschäftsstelle übergeben worden sei (grundlegend BGH, Beschluss vom 27.04.2993 - GmS-OGB 1/92 -). Entscheidend hierfür sei die Erkenntnis, dass das richterliche Erinnerungsvermögen abnimmt und nach Ablauf von mehr als 5 Monaten nicht mehr gewährleistet sei, dass der Eindruck von der mündlichen Verhandlung und das Beratene noch zuverlässigen Niederschlag in den wesentlich später abgefassten Gründen finde. Zudem sei es auch der unterlegenen Partei nicht zumutbar, nach einer Verkündung länger als 5 Monate zu warten, um über eine etwaige mündliche Urteilsbegründung hinaus die detaillierten Gründe ihres Unterliegens zu erfahren.

Anmerkung: Das Rechtsmittel der Revision (und damit auch einer Nichtzulassungsbeschwerde) ist binnen einer Frist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils einzulegen. Fehlt es an der Zustellung, läuft die absolute Revisionsfrist 5 Monate nach Verkündung des Urteils, § 548 ZPO. Es ist in der Regel angezeigt, rechtzeitig vor Ablauf der Frist der 5 Monate durch Erhebung einer Richterdienstaufsichtsbeschwerde den oder die erkennenden Richter deutlich auf das (drohende) Versäumnis hinzuweisen, um bei einem möglicherweise fristwahrenden Rechtsmittel im Falle dessen Unzulässigkeit (ggf. auch Unbegründetheit) Schadensersatzansprüche nach § 839 BGB geltend machen zu können.

BGH, Urteil vom 23.01.2019 - IV ZR 311/17 -

Freitag, 22. Februar 2019

Prozessrecht: Überspannte Anforderungen zum Bestreiten mit Nichtwissen


Das Bestreiten gehört zum Prozessrecht: Wird der von der Gegenseite geschildert Lebenssachverhalt nicht eingeräumt, muss er bestritten werden. Handelt es sich um Umstände, die sich der eigenen Wahrnehmung entziehen, genügt grundsätzlich ein Bestreiten mit Nichtwissen; ansonsten ist ein anderweitiger Lebenssachverhalt zu schildern. Häufig wird von Gerichten geltend gemacht, es ermangele an einem (ausreichenden) substantiierten Bestreiten mit der Folge, dass das Bestreiten als unzulässig angesehen wird und der gegnerische Vortrag als zugestanden gilt. Und häufig hat der BGH Veranlassung, die instanzgerichtliche Entscheidungen aufzuheben, wie auch im vorliegenden Fall, in dem das OLG München die Auffassung vertrat, die Beklagte sei einem klägerischen Vortrag (durch viele Reisen und Gespräche mit Verantwortlichen der E.B.V. und deren Muttergesellschaft zwischen Februar und August 2015 die Bereitschaft zur Investition geschaffen zu haben, auf Grund der die Klägerin von der Beklagten Marklercourtage begehrt) nicht mit substantiierten Vortrag entgegengetreten, weshalb es der Klage statt gab.

Der BGH hielt die Anforderung des OLG München für ein zulässiges Bestreiten mit Nichtwissen gemäß § 138 Abs. 4 ZPO für überzogen mit der Folge der Verletzung rechtlichen Gehörs gem. Art. 103 GG.  Die von der Klägerin behaupteten Tätigkeiten seien nicht Gegenstand eigener Wahrnehmungen der Beklagten gewesen. In diesem Fall würde die Erklärung mit Nichtwissen in ihrer Wirkung dem schlichten Bestreiten gleichstehen und würde die Zulässigkeit einer solchen Erklärung die Verpflichtung zum substantiierten Bestreiten ausschließen. Der eventuelle Versuch des Bestreitenden (wie hier der Beklagten, von einer aktiven Mitwirkung der Klägerin sei nichts zu spüren gewesen) führt selbst dann nicht zu einer Unbeachtlichkeit des zulässigen Bestreitens mit Nichtwissen, wenn die Behauptung ins Blaue hinein aufgestellt worden sei (bereits BGH, Urteil vom 07.07.1988 - III ZR 111/87 -). Das Verkennen dieser Grundlagen und die daraus sich ergebende Folge des Überspannens an eine Substantiierungsanforderung des Bestreitenden führt zur Verletzung Anspruchs auf rechtliches Gehör, da ein wirksames Bestreiten unberücksichtigt bleibe. Da hier nicht auszuschließen sei, dass bei Beachtung des Bestreitens die Entscheidung des OLG anders ausgefallen wäre, sei das Urteil aufzuheben und die Sache an das OLG zurückzuverweisen.

Der BGH weist darauf hin, dass nach §§ 296a Satz 2, 156 Abs. 2 Nr. 1 ZPO die Wiedereröffnung einer geschlossenen mündlichen Verhandlung vom erkennenden Gericht anzuordnen sei, wen es einen entscheidungserheblichen und rügbaren Verfahrensfehler, so insbesondere die Verletzung einer Hinweis- und Aufklärungspflicht nach § 139 ZPO oder eine Verletzung rechtlichen Gehörs feststelle.

BGH, Beschluss vom 29.11.2018 - I ZR 5/18 -

Mittwoch, 20. Februar 2019

Verkehrsunfall: Missachtung des Linksabbiegegebots und Kollision mit Spurwechsler


Der streitbefangene Verkehrsunfall ereignete sich hinter einer ampelgesteuerten Kreuzung. Die Klägerin befuhr die rechte Fahrspur, von der aus nach den Richtpfeilen ein Weiterfahren geradeaus und nach rechts erlaubt war, der  Beklagte die linke Fahrspur, von der aus nach dem Richtungspfeil ein Weiterfahren nach Links erlaubt war. Hinter der Kreuzung (bei Geradeausfahrt) verliefen zwei Fahrspuren, wobei die rechte der beiden Fahrspuren nach kurzer Strecke in die linke Fahrspur übergeleitet wurde.

Nachdem die Ampel auf Grün umgeschaltet hatte, fuhr die Klägerin geradeaus weiter um dann hinter der Kreuzung nach setzen des linken Fahrtrichtungsanzeigers auf die linke der dortigen zwei Fahrspuren zu wechseln. Der Beklagte fuhr allerdings ebenfalls (entgegen der Richtungsmarkierung) auch geradeaus weiter und hinter der Kreuzung direkt auf die linke der zwei Fahrspuren. Bei dem Spurwechsel der Klägerin kam es im hinteren linken Bereich des klägerischen PKW zu einer Kollision der Fahrzeuge.

Das Amtsgericht hatte die Klage abgewiesen. Das Landgericht nahm eine eigene Haftung der Klägerin mit 2/3, des Beklagten mit 1/3 an.

Es sei eine Haftungsabwägung vorzunehmen. Dabei müsse Berücksichtigung finden, dass sich die Klägerin bei dem Fahrspurwechsel hinter der Kreuzung nicht nach hinten vergewissert habe, dort keinen Verkehrsteilnehmer zu gefährden. Allerdings sei auch zu berücksichtigen, dass dem Beklagten ein Verstoß gegen § 41 StVO iVm. Zeichen 209, 297 (Pfeilmarkierungen) zur Last zu legen sei. Für ihn sei danach lediglich von der linken Fahrspur aus ein Linksabbiegen erlaubt gewesen, keine Geradeausfahrt. Die Klägerin habe grundsätzlich auch davon ausgehen dürfen, dass der Beklagte nach links abbiegen würde und nicht geradeaus auf die linke Fahrspur weiterfahren würde (LG Gießen, Beschluss vom 09.10.2013 - 1 S 198/13 -). Entgegen der Annahme des Amtsgerichts käme es auch nicht darauf an, dass wegen des zweispurigen Ausbaus im Bereich der Unfallstelle stets mit Verkehr auch auf der linken Fahrspur zu rechnen sei, da die Kreuzung mittels Ampelschaltung gesichert gewesen sei und bei der Grünschaltung lediglich von der rechten Fahrspur aus Fahrzeuge in Geradeausfahrt auf die Fahrspuren hinter der Kreuzung zulässig gelangen konnten, weshalb hier die Klägerin nicht habe damit rechnen müssen, dass sich im Bereich des Unfallstelle bereits ein Fahrzeug auf der linken Fahrspur befände. Damit habe die verbotswidrige Geradeausfahrt des Beklagten zu zeitlich und örtlich zu dem Verkehrsunfall beigetragen.

Bei der Abwägung sei zu berücksichtigen, dass der Verstoß der Klägerin gegen die Rückschaupflicht vor dem Fahrspurwechsel schwer wiege. Zu Lasten des Beklagten sei aber zu berücksichtigen, dass dieser die deutlich erkennbare Fahrbahnmarkierung missachtet habe. Das führe zu der Haftungsverteilung von 1/3 zu 2/3 zu Lasten der Klägerin.

LG Saarbrücken, Urteil vom 02.11.2018 - 13 S 122/18 -

Sonntag, 17. Februar 2019

Kfz-Haftpflichtversicherung: Leistungsfreiheit bei verschütten von Kraftstoff nach Tankausbau


Der Versicherungsnehmer (Beklagte zu 1.) betankte am 20.08.2017 versehentlich sein bei der Beklagten zu 2. Haftpflichtversichertes Motorrad mit Dieselkraftstoff. Der Beklagte zu 1. verließ zunächst das Tankstellengelände, kehrte dann aber zurück, um den Dieselkraftstoff aus dem Tank zu entfernen und diesen mit Benzin zu füllen, wozu er nach den Feststellungen des Landgeichts den Tank ausbaute. Danach befanden sich dort zwei größere Lachen Benzin bzw. Diesel, die von Mitarbeitern der Klägerin abgebunden wurden und eine weitere Reinigung erforderlich machten. Das Landgericht verurteilte die Beklagten als Gesamtschuldner auf Zahlung von Schadensersatz und stellte fest, dass diese verpflichtet seien, für sämtliche weiteren Folgen aus dem Schadensereignis einzustehen hätten.

Gegen das Urteil wandte sich alleine die Beklagte Haftpflichtversicherung, die rügte, dass das Landgericht die mangelnde Passivlegitimation nicht berücksichtigt habe. Eine Haftung der Beklagten zu 2. könne nicht bestehen.

Das OLG wies darauf hin, dass eine Haftung der Beklagten zu 2. Nur in Betracht käme, wenn es sich bei dem Anspruch der Klägerin um einen solchen aus einer nach dem Pflichtversicherungsgesetz bestehenden Versicherungspflicht handele, § 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG. Eine solche sei nach § 1 PflVG zur Deckung der durch den Gebrauch des Fahrzeugs verursachten Personen-, Sach- und sonstigen Vermögensschäden anzuschließen. Vorliegend sei aber der Schaden (für den der Beklagte zu 1. Privatrechtlich hafte) nicht durch den Gebrauch des versicherten Fahrzeuges entstanden.

„Gebrauch“ schließe hier den Betrieb iSv. § 7 StVG ein und gehe noch darüber hinaus (BGH, Urteil vom 10.07.1980 - IVa ZR 17/80 -). Ein Schaden sei durch den Gebrauch des Fahrzeuges nur eingetreten, wenn dieses mit dem versicherten Wagnis in adäquaten Ursachenzusammenhang stünde. Die Gefahr müsse vom versicherten Fahrzeug selbst ausgehen. Dies habe der BGH auch für das Ein- und Aussteigen von Personen aus dem Fahrzeug angewandt, allerdings darauf verwiesen, dass auch Handlungen vor dem Ein- oder Aussteigen noch zum Gebrauch des Fahrzeuges zählen könnten, so z.B. Reparaturarbeiten (Auswechseln eines defekten Rades) oder eine Wagenwäsche (BGH aaO.). Für die Auslegung käme es entscheidend darauf an, dass die typische, vom Fahrzeug selbst und unmittelbar ausgehende Gefahr noch vom Haftpflichtversicherungsschutz gedeckt sein solle. Eine enge Auslegung sei dann geboten, wenn die Gefahr nicht unmittelbar vom Fahrzeug ausginge, sondern von einer Person, die im Zusammenhang mit dem Fahrzeug stünde, da andernfalls das Haftungsrisiko des Versicherers schwer zu kalkulieren wäre. Stünde nur ein Gebrauch des Fahrzeuges durch den Fahrer infrage, sei auf die typische Tätigkeit und die vom Gesetz vorgeschriebenen Pflichten desselben abzustellen. Nur der Fahrer käme nämlich aus Verursacher hinsichtlich der hier infrage stehenden Unfallrisiken in Betracht; wenn seine Handlungen der vom Gebrauch des Fahrzeuges ausgehenden Gefahr hinzugerechnet werden solle,  müssten dies zypische Fahrerhandlungen sein. Dies bestimme sich nach dem gesetzlichen oder durch die Verkehrsauffassung bestimmten Aufgabenbereich eines Kraftfahrers im Zusammenhang mit einer bestimmten Fahrt.

Vorliegend sei der Tank ausgebaut worden und hinter das Tankstellengebäude getragen worden, wo es dann zum Schaden gekommen sei. Dies sei nicht mehr dem Gebrauch des Fahrzeuges zuzurechnen. Auch wenn Reparaturen noch dem Gebrauch zugerechnet würden, müsse die Gefahr unmittelbar vom Fahrzeug ausgehen; nicht ausreichend sei, dass die unmittelbare Gefahr nicht vom Fahrzeug, sondern von einer Person ausgehen würde, die mit dem Fahrzeug im Zusammenhang stünde (BGH, Urteil vom 26.10.1988 - Iva ZR 73/87 -). Entscheidend sei, dass der Schaden sich durch das Gebrauchsrisiko des Fahrzeugs verwirkliche.

Vorliegend habe zwar der Ausbau des Tanks dazu gedient, das Motorrad schließlich wieder in Gebrauch zu nehmen. Das aber reiche nicht aus. Das Fahrzeug wäre nicht mit seinem typischen Gefahren gebraucht worden, vielmehr habe der Beklagte zu 1. zurechenbar beim Umfüllen des Tanks in einen Kanister mitgewirkt, wodurch sich das mit dem Umschütten allgemein und ohne Bezug zu einem Kraftfahrzeug liegende Risiko verwirklicht.

OLG Karlsruhe, Urteil vom 12.12.2018 - 7 U 67/18 -

Mittwoch, 13. Februar 2019

Keine Veränderung auf Vermieterseite bei Übertragung von Bruchteilseigentum an Mitvermieter


Der Kläger und seine Ehefrau vermieteten an den Beklagten als Grundstückeigentümer Stellplätze. In 2014 übertrag die Ehefrau des Klägers diesen ihren Miteigentumsanteil an dem Grundstück. In 2017 kündigte die Verwaltung für den Kläger das Mietverhältnis wegen Zahlungsverzugs fristlos. Das Landgericht verurteilte den Beklagten antragsgemäß zur Räumung und Herausgabe an den Kläger. Auf die Berufung des Beklagten wurde das Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die für den Kläger ausgesprochene Kündigung habe nach Ansicht des KG das Mietverhältnis nicht beenden können. Vielmehr hätte die Kündigung durch bzw. für den Kläger und seine Ehefrau erfolgen müssen. Denn der Kläger sei nicht alleiniger Vermieter gewesen. Die Übertragung der Miteigentumsanteile seiner Ehefrau auf ihn stelle sich nicht als eine Veräußerung „an einen Dritten“ iSv. § 566 BGB dar, da der Kläger schon vorher (Mit-) Vermieter gewesen sei. Dies ergäbe sich auch nicht aus der Entscheidung des BGH vom 23.11.2011 - VIII ZR 74/11 -, nach der es eine Veräußerung iSv. § 566 BGB darstelle, wenn die vermietete Wohnung im Rahmen einer Auseinandersetzung deiner Vermieter-GbR (§ 705 BGB) einem Gesellschafter übertragen würde, da die GbR gegenüber deren Gesellschaftern ein selbständiger Rechtsträger sei. Daran ermangele es bei einer Bruchteilsgemeinschaft, wie sie zwischen dem Kläger und seiner Ehefrau bestanden habe.

Eine analoge Anwendung von § 566 BGB käme vorliegend auch nicht in Betracht. § 566 BGB soll dem Mieter sein vertragliches Recht zum Besitz gegenüber dem Erwerber sichern. Dies bedürfe es aber in einem Fall wie dem Vorliegenden nicht, in dem der Erwerber des Mieteigentumsanteils bereits zuvor aus dem Mietvertrag verpflichtet war. Auch würde die analoge Anwendung hier für den Mieter rechtsnachteile bedeuten, da er in der Person des bisherigen Miteigentümers mit dem Auslaufen von Ansprüchen gem. § 566 Abs. 2 BGB einen Schuldner verlieren würde.

Auch der Umstand, dass es künftighin geboten sein könne, § 566 BGB analog anzuwenden, würde es nicht gebieten, dies bereits in der hier gegebenen Konstellation zu bejahen: Wenn der vebliebene Eigentümer an einen Dritten verkaufen und das Eigentum am Grundstück übertragen würde, würde es mangels Identität zwischen Veräußerer (Kläger) und verbliebener Vermietergemeinschaft (Kläger und seine Ehefrau) einer analogen Anwendung des § 566 BGB bedürfen, um den Mieter vor einem Herausgabeanspruch des Dritterwerbers gem. § 985 BGB zu schützen (vgl. auch BGH, Urteil vom 12.07.2017 - XII ZR 26/16  -).  

KG, Urteil vom 08.10.2018 - 8 U 111/18 -

Sonntag, 10. Februar 2019

Prozesszinsen auf Kaution - zum Anspruch und zur Abrechnung nach § 551 Abs. 3 BGB


Selten findet man eine Entscheidung, die, wie hier das Urteil des AG Dortmund, so kurz gefasst ist und doch in seiner Brisanz sehr weit reicht. Hintergrund war die Klage des Vermieters auf Zahlung restlicher Kaution, nachdem der Mieter nicht innerhalb der gesetzlichen Frist die Kaution umfassend gezahlt hatte, mithin eine Fälligkeit jedenfalls bestand. Der Kläger machte keine Verzugszinsen geltend, sondern gem. § 291 BGB Prozesszinsen. Während Verzugszinsen bereits ab Eintritt eines Verzugs (durch Mahnung, Fristablauf u.ä., vgl. § 286 BGB) geltend gemacht werden können, sind Prozesszinsen erst ab Rechtshängigkeit (allerdings dann der Höhe nach entsprechend den Verzugszinsen) zu zahlen.

Der Verzugszinsanspruch stellt sich als ein gesetzlich normierter Schadensersatzanspruch dar. Wo aber sollte der klagende Vermieter bei Nichtzahlung der Kaution in Form von Zinsen einen Schaden haben, sind doch die Zinsen der Kaution zuzurechnen. Es handelt sich also nicht um eigene Ansprüche des Klägers.

Hier nun weist das Amtsgericht kurz, aber völlig zutreffend darauf hin, dass § 291 BGB dem Gläubiger unabhängig vom Vorliegen des Verzugs „quasi als Strafe“ die Prozesszinsen zuspräche. Das wiederum habe nichts mit der Frage zu tun, ob diese Zinsen auch die Kaution erhöhen würden.

Ohne dass es in dem einschlägigen Fall darauf angekommen wäre, führt das Amtsgericht allerdings aus, dass nach seiner Ansicht auch diese Prozesszinsen der Kaution zuzuschlagen sind, unabhängig davon, dass sie im Zweifel höher lägen als die üblichen Zinsen bei Anlage einer Kaution, da Zinsen nach § 551 Abs. 3 S. 3 BGB Zinsen immer dem Mieter zustehen würden.

Die Entscheidung wird von Helge Schulz (NZM 2019, 92) positiv besprochen. Zwar wird erkannt, dass es hier um den Sanktionscharakter des § 291 BGB gehen würde; allerdings soll diese Sanktion schon wegen des Anfalls der Zinsen greifen, unbeschadet des Umstandes, dass letztlich diese Zinsen dem Mieter wieder gutgebracht werden. Damit entfällt aber der Sinn einer Sanktion, zumal diese Fremdverwahrung der Zinsen für den Mieter schlussendlich sogar positiv sein könnte. Davon unabhängig deckt sich diese Ansicht auch nicht mit dem Gesetzeswortlaut: Nach § 551 Abs. 3 S. 1 BGB hat der Vermieter „eine ihm als Sicherheit überlassene Geldsumme anzulegen“. Nach Satz 3 hat dies getrennt vom Vermietervermögen zu erfolgen und stehen die Erträge dem Mieter zu. In Satz 3 können also nur die Erträge gemeint sein, die der Vermieter durch die Anlage der Sicherheit nach S. 1 erwirtschaftet. Dazu gehören aber nicht Sanktionszinsen in Form der Prozesszinsen nach § 291 BGB, da diese nicht mit der und/oder aus der Sicherheit erwirtschaftet werden, sondern Folge des Verhaltens des Mieters sind. Damit müssten die Zinsen an sich dem Vermieter zustehen.

AG Dortmund, Urteil vom 11.09.2018 - 425 C 5989/18 -

Dienstag, 5. Februar 2019

Haftung des gerichtlich bestellten Sachverständigen für ein fehlerhaftes Gutachten, § 839a BGB


Der Kläger machte Schadensersatzansprüche und Schmerzensgeld auf Grund eines seiner Meinung nach falschen aussagepsychologischen Gutachtens, eingeholt in einem Strafverfahren wegen sexuellen Missbrauchs seiner damaligen Pflegetochter, gegen den Beklagten geltend, der im Auftrag des Strafgerichts das Gutachten erstellt hatte. Das Landgericht sprach dem Kläger ein Schmerzensgeld von € 50.000,00 zu und gab den Feststellungsanträgen zu künftigen und weiteren Schäden statt. Auf die Berufung beider Parteien erhöhte das OLG das Schmerzensgeld auf € 60.000,00 und wies im Übrigen beide Berufungen zurück. Die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten zum BGH wurde von diesem zurückgewiesen.

Der BGH sah keine Rechtsfehler in der Feststellung der Vorgerichte darin, dass das Gutachten des Beklagten unrichtig gewesen sei. Die dagegen erhobenen Rügen würden nicht durchgreifen. Zum Schadensersatzanspruch setzte sich der BGH damit auseinander, dass zur Begründung eines solchen (bei unrichtigem Gutachten) das Gutachten ursächlich oder mitursächlich für die Entscheidung geworden sein müsse (Gesetzeswortlaut: „beruhen auf), also eine haftungsbegründende Kausalität gegeben sein müsse, und ferner der Schaden durch die von dem unrichtigen Gutachten beeinflusste Gerichtsentscheidung herbeigeführt worden sein müsse, also  eine haftungsausfüllende Kausalität feststeht. Beides sei hier der Fall.

Für die haftungsbegründende Kausalität verwies der BGH darauf, dass sich die Jugendkammer bei der Verurteilung des Klägers ausdrücklich auf das Gutachten gestützt habe.

Die haftungsausfüllende Kausalität sah der BGH ebenfalls nach den Ausführungen des OLG als gegeben an. Ausschlaggebend sei nach Ansicht des OLG, wie im Ausgangsprozess bei Vorlage eines richtigen Gutachtens entschieden worden wäre. Dieser vom OLG gewählte Ansatz sei zutreffend. So habe der Senat bereits in seinem Urteil vom 11.03.2010 - III ZR 1254/09 - zugrunde gelegt, dass, wenn es auf die Frage der Ursächlichkeit einer Amtspflichtverletzung (§ 839 BGB) für den eingetretenen Schaden darauf ankäme, wie die Entscheidung ausgefallen wäre, darauf abzustellen sei, wie mach Ansicht des über den Schadensersatz erkennenden Gerichts richtigerweise hätte entschieden werden müssen. § 839a BGB, der die Haftung des gerichtlich bestellten Sachverständigen betrifft, sei an § 839 BGB angelehnt, weshalb hier nichts anderes gelten könne.

BGH, Beschluss vom 30.08.2018 - III ZR 363/17 -

Montag, 4. Februar 2019

Rechtsfolgen aus einem unauffindbaren Testament ?


Der verwitwete Erblasser war kinderlos. Rechte an dem Erbe wurden von der Tochter seiner verstorbenen Ehefrau (Beteiligte zu 4) und seinen Halbgeschwistern (Beteiligte zu 1 bis 3) geltend gemacht; die Eltern des Erblassers waren vorverstorben. Die Beteiligten zu 1 – 3 hatten unter Berufung auf die gesetzliche Erbfolge einen Erbschein beantragt, dem die Beteiligte zu 4 zunächst nicht entgegen getreten war. Am 15.06.2016 erließ das Nachlassgericht den Erbschein. Am 08.08 und am 16.08.2016 beantragte die Beteiligte zu 4 die Erteilung eines Erbscheins als Alleinerbin und die Einziehung des Erbscheins vom 15.06.2016. Dabei berief sie sich darauf, dass der Erblasser am 13.02.2016 ein privatschriftliches Testament errichtet habe, mit welchem sie als Alleinerbin eingesetzt worden sei. Dieses habe er in einer Küchenschublade abgelegt. Dort habe sie, die Beteiligte zu 4, zwar im Mai 2016, nach dem Ableben des Erblassers, den entsprechenden, allerdings leeren Umschlag gefunden. Zum Beweis der Umstände der Testamentserrichtung berief sie sich auf das Zeugnis von zwei Freundinnen sowie ihres Lebensgefährten, die bei der Errichtung des Testaments anwesend gewesen sein sollen. Von den Beteiligten zu 1 bis 3 wurde Verwunderung geäußert, dass die Beteiligte zu 4 zunächst nichts gegen ihren Erbscheinantrag eingewandt hätten und im Übrigen Beweis dafür angeboten, dass der Erblasser ein distanziertes Verhältnis zur Beteiligten zu 4 gehabt habe.


Das Amtsgericht hörte die von den Beteiligten benannten Zeugen an und zog mit Beschluss vom 14.02.2018 den Erbschein vom 15.06.2016 ein; ferner stellte es mit Beschluss vom gleichen Tag fest, dass die Voraussetzungen zur Erteilung eines Erbscheins für die Beteiligte zu 4 vorlägen. Gegen diese Beschlüsse richtete sich die Beschwerde der Beteiligten zu 1 bis 3. Das Nachlassgericht half der Beschwerde nicht ab und legte die Sache dem OLG Köln zur Entscheidung vor. Die Beschwerden wurden vom OLG zurückgewiesen.

Zutreffend sei das Amtsgericht davon ausgegangen, dass der Erblasser wirksam ein privatschriftliches Testament aufgesetzt habe und darin die Beteiligte zu 4 als Alleinerbin eingesetzt habe. Ein solches Testament sei nicht alleine wegen seiner Unauffindbarkeit ungültig. Vielmehr könnten Form du Inhalt mit allen zulässigen Beweismitteln festgestellt werden (Palandt, 77. Aufl. 2018, § 2255 Rn. 9). Die Unauffindbarkeit des Testaments begründe auch keine Vermutung dafür, dass es vom Erblasser vernichtet worden sei und deshalb gem. § 2255 BGB als widerrufen anzusehen sei (OLG Köln, Beschluss vom 26.02.2018 – 2 Wx 115/18 -; OLG Schleswig, Beschluss vom 12.08.2013 – 3 Wx 27/13). Soweit sich die Beteiligten zu 1 – 3 darauf beriefen, dass die Beteiligte zu 4 nichts bereits in deren Erbscheinantragsverfahren Einwendungen erhoben habe, sei das Amtsgericht zutreffend den Ausführungen der Beteiligten zu 4 gefolgt, sie habe als juristischer Laie nicht davon ausgegangen, dass auch ein nicht auffindbares Testament rechtlich von Bedeutung sein könne; ihr sei dies erst anlässlich einer juristischen Beratung bekannt geworden.

Ein Widerruf des Testaments sei vom Amtsgericht zutreffend negiert worden. Die fehlende Auffindbarkeit lasse dazu (und zu einer möglichen Vernichtung) keinen Rückschluss zu. Indizien, die für eine Willensänderung des Erblassers sprechen könnten, seien von den Beteiligten zu 1 bis 3 nicht vorgetragen worden. Insbesondere würde auch die Aussage der Eheleute H., denen gegenüber der Erblasser noch eine Woche vor seinem Tod von dem Testament berichtet habe, dagegen sprechen. Auch wäre nicht nachvollziehbar, dass der Erblasser das Testament zwar vernichte, den Umschlag aber in der Schublade belasse.

Anmerkung: Wenn Dritte ein privatschriftliches Testament kennen, ist die Gefahr, dass es bei willentlicher Vernichtung durch den Erblasser weiterhin gilt, groß. In diesem Fall wäre es notwendig, einen schriftlichen Widerruf zu fertigen, der auch jedenfalls gefunden  wird / werden kann und nicht „verlustig“ geht. 



OLG Köln, Beschluss vom 19.07.2018 - 2 Wx 261/18 -

Freitag, 1. Februar 2019

Architektenhaftung: Berechnung des Schadensersatzanspruchs


Aus mangelhafter Bauüberwachung machte der Kläger gegen den Architekten (Beklagten) Schadensersatzansprüche mit € 123.800,92 geltend und begehrte darüber hinaus die Feststellung, dass der Beklagte ihm einen weitergehenden Schaden bei Durchführung der notwendigen Arbeiten zu ersetzen. Das Landgericht hatte der Klage stattgegeben; die Berufung wurde vom OLG zurückgewiesen. Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten ließ der BGH die Revision in Bezug auf die Verurteilung zur Zahlung von € 123.800,92 sowie im Kostenausspruch zu. Es hate sodann das Urteil des OLG insoweit aufgehoben und zur anderweitigen Entscheidung an das OLG zurückverwiesen.

Das OLG hatte angenommen, der Kläger habe gegen den Architekten einen Schadensersatzanspruch gem. §§ 280 Abs. 1, 633, 634 Nr. 4 BGB . Dem läge eine Bauüberwachungsfehler des Beklagten zugrunde, der sich nicht in Bezug auf den erforderlichen Klebeflächenanteil für die Dämmplatten von mindestens 40%  auf Stichproben hätte verlassen dürfen, sondern konkret die Anwendung die Anwendung der zu den Herstellervorgaben gehörenden Klebemethode hätte überprüfen müssen.  Der Schaden würde in Höhe der erforderlichen Mängelbeseitigungskosten (des bisher nicht beseitigten Mangels) bestehen.

 Vom Ausgangspunkt folgte der BGH der Rechtsauffassung des OLG, wonach dem Kläger wegen mangelhafter Bauüberwachung ein Schadensersatzanspruch zustünde. Der Anspruch bestünde auch in voller Höhe und wäre nicht wegen eines Mitverschuldens des Klägers zu kürzen. Allerdings könnte die Entscheidung zur Feststellung der Höhe keinen Bestand haben.

Entgegen der Annahme des OLG lasse sich der Schaden nicht nach der voraussichtlichen Höhe der (Netto-) Mängelbeseitigungskosten bemessen. Insoweit beruhe die Entscheidung auf einer älteren Rechtsauffassung des BGH, die dieser nach Erlass des Beschlusses zur Zurückweisung der Berufung geändert habe. Unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung habe er entschieden, dass im Verhältnis zum Architekten hinsichtlich von ihm zu vertretender Planungs- und Überwachungsfehler, die sich im Bauwerk bereits verwirklicht hätten, ein Zahlungsanspruch in Höhe fiktiver Mängelbeseitigungskosten ausscheide (BGH, Urteil vom 22.02.2018 - VII ZR 46/17 -). Die Zurückverweisung müsse erfolgen, um dem Kläger die Möglichkeit zu geben, seinen Schaden anderweitig darzulegen und zu beziffern.

Anmerkung: Der Kläger kann hier wegen Planungs- und Überwachungsfehler, die sich im Bauwerk bereits verwirklicht haben, einen Schadensersatzanspruch gem. §§ 634 Nr. 4, 280 BGB  auf Vorfinanzierung in Form der vorherigen Zahlung eines zweckgebundenen und abzurechnenden Betrages gegen den Architekten geltend machen, wenn er beabsichtigt, den Mangel beseitigen zu lassen. Will er ihn nicht beseitigen lassen, kann er auch den Minderwert des Bauwerks im Vergleich zu dem hypothetischen Wert desselben bei mangelfreier Erstellung geltend machen. Hat der durch die mangelhafte Architektenleistung verursachte Schaden am Bauwerk zur Folge, dass eine Störung des Äquivalenzverhältnisses der Bauvertrages vorliegt, kann er seinen Schaden auch dergestalt geltend machen, dass er ausgehend von der mit dem Werkunternehmer vereinbarten Vergütung den mangelbedingten Minderwert des Werks des Werkunternehmers berechnet.

BGH, Urteil vom 08.11.2018 - VII ZR 100/16 -