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Samstag, 28. Oktober 2023

Ungenehmigte Um- und Einbauten in Mietwohnung – Kündigung

Streitgegenständlich war der Einbau einer Badewanne durch den beklagten Mieter in einem ungefliesten Raum, die Anbringung eines Warmwasserboilers in der Küche und die Installation von Leitungen zum Elektrospeicher, ferner die Entfernung einer Dusche in der Küche Eine ursprünglich in der Küche befindliche Dusche wurde vom Mieter und die Verlegung von Leitungen durch die Trennwand von der Küche in das Bad zur (neuen) Badewanne, die u.a. zur fristlosen und fristgemäßen Kündigung durch den Rechtsvorgänger des Klägers als Vermieter führten.

Das Amtsgericht gab der Räumungsklage statt, wobei es jedenfalls die ordentliche Kündigung als begründet ansah. Der Einbau der Badewanne inklusive der Verlegung der Wasserleitungen und der Verfliesung sowie der Einbau eines Boilers würden eine schuldhafte nicht unerhebliche Verletzung der vertraglichen Pflichten des Mieters darstellen, § 573 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB.

Abzustellen sei auf den vertragsgemäßen Gebrauch. Der Rahmen dafür bestimme sich nach den beiderseitigen Rechten und Pflichten der Mietvertragsparteien. Veränderungen der Mietsache könnten zwar im Bereich des Möglichen und Zulässigen liegen, seien aber nur in engen Grenzen zulässig. Es stehe dem Mieter frei, eine Wohnung in einem bestimmten Zustand zu mieten oder sich für eine andere Wohnung zu entscheiden. Damit müsse der Mieter die Wohnung in dem Zustand belassen, wie er sie angemietet habe. Unter gewissen Umständen könne der Mieter zwar einen Anspruch auf Genehmigung von Veränderungen auf eigene Kosten haben, wenn diese zur Anpassung der Wohnung oder ihrer Einrichtungen z.B. an den technischen Fortschritt dienen würden. In der Regel seien aber Eingriffe in die Substanz, insbesondere bauliche Veränderungen der Mieträume, dem Mieter nicht gestattet.

Die Maßnahmen würden sich als Eingriff in die Substanz darstellen. Denn dadurch sei nach der Lebenserfahrung die Gefahr der Durchfeuchtung der Bausubstanz geschaffen worden, was selbst bei Einschaltung einer Fachfirma nicht ganz ausgeschlossen sei (LG Berlin in GE 1995, 429). Zudem sei im Mietvertrag explizit bestimmt, dass bauliche Veränderungen wie Um- und Einbauten sowie die Änderung der Installation der vorherigen Erlaubnis des Vermieters bedürfe; auch diese Regelung bestimme bei der Auslegung der Rechte und Pflichten zwischen den Vertragsparteien den Begriff des vertragsgemäßen Gebrauchs. Danach hätten der Einbau der Badewanne, die Verlegung von Wasserleitungen sowie die Installation eines Boilers der Zustimmung des Klägers (Vermieters) bedurft, die hier nicht vorlag.

Das Amtsgericht geht auch darauf ein, ob nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) der Vermieter zur Erteilung einer Erlaubnis verpflichtet sein konnte mit der Folge, dass die Geltendmachung einer Versagung im Kündigungsprozess rechtsmissbräuchlich mit der Folge der Klageabweisung sein könnte. Allerdings sei hier der Kläger nicht zur Einwilligung verpflichtet gewesen, weshalb er jetzt die Maßnahmen nicht dulden müsse. Nicht nur im Hinblick auf die möglichen Gefahren von solchen Maßnahmen (LG Berlin aaO.) sei hier ein Duldungsanspruch nicht gegeben; es könne allenfalls dann eine Verpflichtung der Erteilung einer entsprechenden Erlaubnis angenommen werden, wenn sich der Beklagte zum Einbau der Badewanne einer Fachfirma bedient hätte und entsprechende Nachweise über die ordnungsgemäße Ausführung erbringen könnte. Hier bestünden aber nach dem eingereichten Bildmaterial bereits Zweifel daran, dass eine Fachfirma beteiligt gewesen wäre.

Eine erhebliche schuldhafte Vertragsverletzung ergäbe sich auch daraus, dass sich der Beklagte durch ein vorprozessuales Aufforderungsschreiben zum Rückbau in keiner Weise verpflichtet gesehen habe, diesen Zustand zu beenden.

Der fortgesetzte vertragswidrige Gebrauch habe die Rechte des Klägers in erheblichem Maße verletzt. Die Gefährdung, die von Einbauten, insbesondere von unfachmännischen Einbauten von Badewannen und den dazu notwendigen Wasserleitungen ausgehen würde, müsse der Kläger nicht hinnehmen. Es sei nicht ersichtlich, weshalb es dem Kläger nicht vorab möglich gewesen sein sollte, den Vermieter um Zustimmung zu ersuchen, weshalb er nicht darauf habe vertrauen dürfen, dass eine Zustimmung erteilt würde. Er habe damit rechnen müssen, vom Kläger auf Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes in Anspruch genommen zu werden; das Unterlassen des geforderten Rückbaus verletzte die Rechte des Klägers an seinem Eigentum erheblich. Es handele sich um die Verletzung einer Hauptpflicht aus dem Mietverhältnis, wobei schützenswerte Interessen des Beklagten nicht ersichtlich seien.

Auch die nach erklärter Kündigung erfolgte Mitteilung des Klägers, den Rückbau vornehmen zu wollen, sei nicht ausreichend, um die Vertragsverstöße abzumildern. Ihm sei offensichtlich nicht klar, dass er lediglich eine Wohnung engmietet habe, in der er nicht eigenmächtig erhebliche Umbauten vornehmen dürfe.

AG Kreuzberg, Urteil vom 15.03.2022  - 13 C 285/18 -

Montag, 3. Januar 2022

Rechtliches Gehör und Kündigung wegen geringer Mietdifferenz über längere Zeit

Die Parteien (Brüder) hatten einen schriftlichen Mietvertrag mit einer Bruttomiete von € 562,42 vereinbart. Nach Darstellung des Beklagten soll die Miethöhe mündlich reduziert worden sein. Der Kläger kündigte fristlos wegen einer Mietdifferenz von € 162,42/Monat für den Zeitraum Januar 2015 bis Januar 2018 und machte die offene Mietdifferenz von € 9.709,54 geltend. Die Klage wurde - auch im Berufungsverfahren vor dem Landgericht - diesbezüglich abgewiesen, da die Beweisaufnahme ergeben habe, dass eine Mietreduzierung vereinbart worden sei. . Auf die Nichtzulassungsbeschwerde hin hob der BGH das Urteil auf und verwies den Rechtsstreit an eine andere Kammer des Landgerichts zurück, § 544 Abs. 9 ZPO.

Der BGH sah eine verfahrenserhebliche Verletzung rechtlichen Gehörs (Art. 103 GG) darin, dass das Landgericht das Vorbringen des Klägers nicht berücksichtigt habe, dass auch bei Zugrundelegung der Zeugenaussagen eine monatliche Mietdifferenz von € 12,42 vorliege. Es läge daher eine nach seiner Ansicht ein nach § 573 Abs. 1 Nr. 2 BGB relevanter Mietrückstand von (mehr als) einer Monatsmiete seit März 2017 vor, der auch bei Ausspruch der Kündigung bestanden habe und bis zu diesem Zeitpunkt noch angestiegen sei. 

Das Gebot des rechtlichen Gehörs erfordere vom erkennenden Gericht, die Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen, ohne dass es allerdings gehalten sei, sich ausdrücklich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen zu befassen. Wenn allerdings im Einzelfall besondere Umstände vorlägen, aus denen sich ergebe, dass tatsächliches Vorbringen nicht zur Kenntnis genommen oder bei der Entscheidung nicht erwogen worden seien, sei ein Verstoß gegen die Pflicht aus Art. 103 Abs. 1 GG gegeben. Hier habe das Landgericht nicht den vom Kläger geltend gemachten Umstand berücksichtigt, dass sich bei der Berechnung der Mietreduzierung von € 562,42 um € 300,00 noch ein Betrag von € 312,42 ergäbe, nicht lediglich von € 300,00, wie vom Beklagten gezahlt. Zudem wurde vom Kläger auf ein Schreiben des Beklagtenvertreters verwiesen, demzufolge der Beklagtenvertreter in einem Schreiben vom 17.09.2009 (unstreitig) eine geschuldete Miete von € 312,00 benannt habe und weder dort noch im Rahmen der Verhandlung vor dem Amtsgericht erklärt hätte, warum er, wenn sich die Miete um € 250,00/Monat reduziert habe, nicht den Differenzbetrag von € 312,42 sondern nur € 300,00 zahle. Zudem habe er geltend gemacht, dass ausgehend von einer Miete in Höhe von € 312,00 im Zeitraum von Januar 2015 bis Januar 2018 ein Mietrückstand von € 444,00 bestünde und damit die fristlose, hilfsweise die ordentliche Kündigung gerechtfertigt sei. Damit und mithin mit der Kernfrage des Rechtsstreits für die (noch) rechtshängigen Ansprüche auf Räumung und Herausgabe und Zahlung von rückständiger Miete) habe sich das Landgericht nicht auseinandergesetzt, also mit der Frage, welche konkrete Miete letztlich geschuldet würde. Es habe das Vorbringen des Klägers ausgeblendet.  Es habe damit einen wesentlichen Punkt des Berufungsvorbringens des Klägers nicht nur im Kern, sondern vollständig übergangen. 

Dies sei aber sowohl für die Berechnung des Zahlungsanspruchs für die Miete als auch für die am 23.01.2018 erklärte (ordentliche) Kündigung von Relevanz gewesen. Bei Beachtung dieses Vorbringens hätte das Berufungsgericht nicht zur vollständigen Abweisung der Berufung gelangen können. Ausgehend von einer Miete in Höhe von € 312,42 hätte sich ein Mietrückstand für die Zeit Januar 2015 bis Januar 2018 von € 459,54 ergeben, was zwar für eine fristlose Kündigung nach § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 Buchst. a und b BGB nicht ausreichend gewesen wäre, allerdings die Voraussetzungen für eine ordentliche Kündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB erfüllt hätte, die hilfsweise ausgesprochen worden war, da bis zum Zugang der Kündigungserklärung vom 23.01.2018 ab März 2017 ununterbrochen mehr als € 312,42 an Miete offen gestanden habe (BGH, Urteil vom 10.10.2012 - VIII ZR 107/12 -). Damit hätte das Mietverhältnis mit Ablauf des 31.10.2019 geendet. 

Der BGH ging auch auf die Subsidiarität der Rüge der Gehörsverletzung ein. Danach hätten die Prozessbeteiligten alle nach Lage der Sache zur Verfügung stehenden prozessualen Möglichkeiten zu ergreifen, um eine Korrektur der geltend gemachten Gehörsverletzung zu erwirken oder eine solche zu verhindern (z.B. BGH, Urteil vom 09.02.2011 - VIII ZR 285/09 -). Dies entspräche dem sich aus § 295 ZPO ersichtlichen Rechtsgedanken, wonach eine Gehörsverletzung nicht mehr gerügt werden könne, wenn nach Erkennen derselben die verbliebene Möglichkeit einer Äußerung nicht genutzt würde. Hier sei sie vom Kläger im Rahmen zulässig im Rahmen der Berufung genutzt worden. 

Es sei auch vorliegend nicht auszuschließen, dass das Berufungsgericht bei Berücksichtigung des Vortrages des Klägers, anders entschieden hätte, wenn es den Vortrag des Klägers zum amtsgerichtlichen Urteil in Bezug auf die  Diskrepanz im Beklagtenvortrag berücksichtigt hätte, nach dem das Landgericht der Darstellung des Beklagten nach Beweisaufnahme folgte, und nicht aufgeklärt und damit offen gelassen habe, ob nur € 281,21 (die Hälfte von € 562,42), € 300,00 (so die letzte Überweisung) oder € 312,42 (€ 564,42 abzüglich € 250,00) als Miete geschuldet würden. 

Das Berufungsgericht sei schon deswegen nicht nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO an die Beweiswürdigung des Amtsgerichts gebunden gewesen, da dieses nur unvollständig und zur Höhe der geschuldeten Miete widersprüchlich (€ 562,42 abzüglich € 250,00 ergeben nicht die Hälfte von € 562,42) sei. Selbst bei Zugrundelegung des vom Berufungsgericht angenommenen, auf das Vorliegen von Rechtsfehlern iSv. § 286 Abs. 1 ZPO beschränkten Prüfungsmaßstabs gehalten gewesen sei, eigene Feststellungen zu treffen. Zudem handele es sich bei dem Berufungsverfahren um eine zweite Tatsacheninstanz, die das erstinstanzliche Urteil nicht nur auf Rechtsfehler zu überprüfen habe. Auch als „eingeschränkte Tatsacheninstanz“ bestünde seine Aufgabe in der Gewinnung von „fehlerfreien und überzeugenden“ und damit „richtigen“ Entscheidungen (BGH, Urteil vom 26.05.2020 - VIII ZR 64/19 -). 

BGH, Beschluss vom 10.11.2020 - VIII ZR 18/20 -