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Dienstag, 12. Dezember 2023

Vollstreckung der Einreichung einer GmbH-Gesellschafterliste

Der Gläubiger wollte aus einer gerichtlichen Entscheidung vollstrecken, nach der der Schuldner (Geschäftsführer der GmbH) zur Einreichung einer Gesellschafterliste einer GmbH (§ 40 Abs. 1 S. 1 GmbHG) bei dem zuständigen Handelsregister verpflichtet wurde. Er beantragtem ihn gem. § 887 Abs. 1 ZPO zu ermächtigen, eine Gesellschafterliste bei dem Handelsregister einzureichen. Der Antrag wurde zurückgewiesen. Die dagegen eingelegte Beschwerde war zwar zulässig, wurde aber in der Sache zurückgewiesen (§§ 887 Abs. 1, 891 S. 1, 793 ZPO).

Die Einreichung einer Gesellschafterliste sei als nicht vertretbare Handlung nach § 888 ZPO zu vollstrecken, nicht als vertretbare Handlung gem. § 887 Abs. 1 ZPO. Es würde sich bei der Pflicht zur Einreichung der Gesellschafterliste um eine persönlich zu erfüllende Pflicht des Geschäftsführers handeln, unabhängig davon, ob er auch Gesellschafter ist.

§ 40 Abs. 1 GmbHG regelt die Pflicht zur Einreichung einer Gesellschafterliste und zugleich die Pflicht, deren Richtigkeit zu kontrollieren und ggf. zu korrigieren. Es handele sich um eine dem Geschäftsführer persönlich auferlegte Pflicht (vgl. auch § 40 Abs. 3 GmbHG; Thüringer OLG, Beschluss vom 05.07.2011 - 6 W 82/11 -). Die Einreichung der Verpflichtung sei nach § 888 ZPO (Zwangsgeld, ggf. Zwanghaft) durchzusetzen.

Aus dem vom Beschwerdeführer angeführten Urteil des BGH vom 08.11.2022 - II ZR 91/21 - ergäbe sich Anderes. Dort sei es um die Frage des Anspruchs eines Gesellschafters auf Korrektur einer unrichtigen Gesellschafterliste gegangen, und darum, ob die Klage auf Untersagung der Einreichung einer geänderten und nach Auffassung unrichtigen Gesellschafterliste gegen den Geschäftsführer unmittelbar gerichtet werden könne oder gegen die Gesellschaft gerichtet werden müsse. Der BGH bejahte in der dortigen Konstellation, dass der Geschäftsführer auch zugleich Gesellschafter sei, dass sich die Klage auch unmittelbar gegen den Gesellschaftergeschäftsführer richten könne, da diese bei Einreichung einer materiell unrichtigen Liste seine gesellschaftsrechtliche Treupflicht verletzen würde.

Dieser vom BGH entschiedene Umstand sei allerdings von der Frage zu trennen, wie ein Anspruch auf Einreichung einer Liste vollstreckt werden kann. Der BGH habe nicht die Auffassung korrigiert, dass es sich bei der aus § 40 Abs. 1 GmbHG folgenden Pflicht um eine vom Geschäftsführer persönlich zu erbringenden Pflicht handele. Dies ließ der BGH aaO. dahinstehen, da auch die Annahme der höchstpersönlichen Pflicht nichts daran ändern würde, dass es sich bei der Erfüllung um eine organschaftliche Pflicht handele und mithin bei der Erfüllung der Geschäftsführer nur als organschaftlicher Vertreter handele.

Die Rechtsbeschwerde wurde nicht zugelassen, da nicht von obergerichtlicher Rechtsprechung abgewichen worden sei.

Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 16.08.2023 - 7 W 89/23 -

Sonntag, 3. September 2023

Beschwerderecht des Gesellschafters wegen Nichtlöschung eines Geschäftsführers im Handelsregister

Das Amtsgericht (Handelsregister) trug die Beteiligte zu 2. Am 15.09.2021 als neue Geschäftsführerin ein. Der Beteiligte zu 1. beantragte mit der Begründung ihre Löschung als neue Geschäftsführerin im Handelsregister, er habe an deren Bestellung nicht mitgewirkt. Dieser Antrag wurde vom Handelsregister zurückgewiesen. Dagegen wandte sich der Beteiligte zu 1. mit seiner Beschwerde, der das Amtsgericht nicht abhalf. Das Oberlandesgericht (OLG) wies die Beschwerde als unzulässig zurück.

Gemäß § 395 Abs. 1 S. 1 FamFG erfolge die Löschung einer unzulässigen Eintragung von Amts wegen oder auf Antrag der berufsständigen Organe. Gleiches gelte für die Löschung nichtiger Gesellschafterbeschlüsse, § 398 FamFG. Allerdings habe der einzelne Gesellschafter einer GmbH (hier der Beteiligte zu 1.) in keinen der benannten Fälle ein eigens Antragsrecht, weshalb ihm auch kein Beschwerderecht nach §§ 58, 59 Abs. 2 FamFG zustünde (BGH, Beschluss vom 15.07.2014 - II ZB 18/13 -). Auch nach § 59 Abs. 1 FamFG ergäbe sich für den Beteiligten zu 1. keine Beschwerdebefugnis.

§ 59 Abs. 1 FamFG verlange eine Beeinträchtigung des Beschwerdeführers in seinen Rechten, was einen unmittelbaren nachteiligen Eingriff in ein diesem zustehendes subjektives Recht erfordere. Die angefochtene Entscheidung müsse also ein bestehendes Recht des Beschwerdeführers aufheben, beschränken, mindern, ungünstig beeinflussen oder gefährden, die Ausübung dieses Rechts stören oder dem Beschwerdeführer die mögliche Verbesserung seiner Rechtsstellung vorenthalten oder erschweren; ein bloß rechtliches oder wirtschaftliches Interesse sei nicht ausreichend (BGH aaO.).   

Eine rechtliche Betroffenheit des Beteiligten zu 1. Im vorgenannten Sinne bestünde nicht. Die Eintragung des Geschäftsführers erfolge gem. § 39 Abs. 1 GmbHG und stelle sich als bloße deklaratorische Eintragung dar; sie diene der Bekanntgabe von Tatsachen oder Rechtsverhältnissen, die unabhängig von der Eintragung bestünden und habe keine konstitutive Wirkung. Schon von daher könnten subjektive Rechte des Beteiligten zu 1. nicht beeinträchtigt sein. Ob die Bestellung des Geschäftsführers (oder seien Abberufung) beinhaltender Gesellschafterbeschluss ordnungsgemäß zustande gekommen sei, sei vom Registergericht anhand der eingereichten Urkunde zu prüfen; ob eine darüberhinausgehende Prüfung der Wirksamkeit des Organbeschlusses geprüft werden dürfe, sei umstritten. Trotz der Prüfungskompetenz käme der Handelsregistereintragung keine rechtsschaffende Wirkung zu, weshalb sie im Umkehrschluss auch nicht geeignet sein könne, bestehende Gesellschafterrechte zu beeinträchtigen (OLG Hamburg, Beschluss vom 12.04.2011 - 11 W 25/11 -).

Zudem erhalte der Geschäftsführer eine GmbH seine gesellschaftsrechtliche Vertretungsbefugnis dicht durch die Eintragung im Handelsregister, sondern durch den dieser zugrunde liegenden Gesellschafterbeschluss. Beseitigt würde diese Bindung durch einen nach $$ 47 ff GmbHG gefassten Aufhebungsbeschluss; die Löschung vollziehe sich dann durch die dadurch geschaffene materiell-rechtliche Lage nur deklaratorisch. Prozessual sei die Nichtigkeit eines Gesellschafterbeschlusses durch Feststellungsklage (§ 256 ZPO) gegenüber der Gesellschaft geltend zu machen und könnten rechtswidrige Gesellschafterbeschlüsse im Wege der Anfechtungsklage zur gerichtlichen Überprüfung gestellt werden. Die Eintragung im Handelsregister beschränke diese Rechte nicht.

Zwar könnte infolge einer fehlerhaft eingetragenen Geschäftsführerposition die Gesellschaft im Außenverhältnis wirksam verpflichtet werden. Alleine deshalb greife aber § 59 Abs. 1 FamFG nicht, da dies nur den Rechtskreis der Gesellschaft betreffe und der Beteiligte zu 1. als Gesellschafter nur mittelbar in seinen Rechten betroffen sein könnte, was nicht ausreichend sei. Es würde sich nur um ein wirtschaftliches Interesse handeln.  

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16.03.2023 - 3 Wx 55/22 -

Mittwoch, 21. Juni 2023

Offenlegung des Gründungsaufwandes als Inhalt des GmbH-Gesellschaftsvertrages

§ 18 des zur Anmeldung einer GmbH beim Handelsregister eingereichten Gesellschaftsvertrages sah vor, dass die Gesellschaft die Kosten und Steuern des Vertrages und einer Durchführung trage, allerdings begrenzt auf einen Höchstbetrag von € 2.500,00. Mit Zwischenverfügung verlangte das Handelsregister des Amtsgerichts die Änderung dahingehend, dass die von der Gesellschaft zu übernehmenden Gründungskosten näher aufzuschlüsseln seien. Die dagegen von der Antragstellerin eingelegte Beschwerde wurde vom Oberlandesgericht (OLG) zurückgewiesen.

Das OLG sah einen durch die Antragstellerin behebbares Eintragungshindernis, § 382 Abs. 4 S. 1 FamFG, welches mit der Zwischenverfügung zu Recht beanstandet worden sei. Die Prüfung des Registergerichts erstrecke sich auf die Rechtmäßigkeit und inhaltliche Richtigkeit des Eintragungsgegenstandes. Von besonderer Bedeutung sei dabei nach § 9c Abs. 2 Nr. 2 GmbHG, ob eine Verletzung von Vorschriften vorliege, die überwiegend dem Gläubigerschutz dienen würden (OLG Zweibrücken, Beschluss vom 25.06.2013 - 3 W 28/13 -). Die Regelungen des § 26 Abs. 2 AktG würden nach gefestigter Rechtsprechung (u.a. BGH, Beschlüsse vom 20.02.1989 - II ZV 19/99 - und vom 29.09.1997 - II ZR 245&96 -) auf die Gründung der GmbH analog angewandt. Dort sei vorgesehen, dass der Gesamtaufwand, der zu Lasten der Gesellschaft an Gesellschafter oder Dritte gewährt würde, in der Satzung gesondert festzusetzen sei.

Diesem Erfordernis trage die Angabe eines Gesamthöchstbetrages, wie hier angegeben, nicht Rechnung.

Erforderlich sei, dass die Gesamtkosten in einer Summe (Gesamtbetrag) als Endsumme erfasst werden müssten, wobei die Beträge, die noch nicht genau beziffert werden könnten, geschätzt werden müssten (BGH, Beschluss vom 20.02.1989 aaO.). Dass in dem Musterprotokoll in Ziffer 5 der Anlage 2 zu § 2 Abs. 1a GmbHG ohne nähere Ausführungen enthalten sei, dass die Gründungskosten bis zu einem Gesamtbetrag von € 300,00 die Gesellschaft trage, stehe dem nicht entgegen:  Eine vereinfachte Gründung nach diesem Muster erfordere, dass über das Musterprotokoll hinaus keine vom Gesetz abweichende Bestimmungen getroffen würden. Entsprechende Abweichungen lägen aber vor, was schon deutlich würde angesichts der vorgesehenen maximalen Kosten von € 2.500,00 statt nur € 300,00).

Weiter sei erforderlich, dass die von der Gesellschaft zu tragenden Gründungskosten im Einzelnen aufgelistet werden müssten (OLG Hamburg, Beschluss 18.03.2011 - 11 W 19/11 -; OLG Celle, Beschluss 11.02.2016 - 9 W 10/16 -; BGH, Urteil vom 29.09.1997 - II ZR 245/96 -). Der Gläubigerschutz des § 28 Abs. 2 AktG soll maßgeblich durch Offenlegung erreicht werden. Ohne diese Darlegung der einzelnen Kotenpositionen bestünde nicht die erforderliche Transparenz und bestünde auch die Gefahr einer Schmälerung des Haftungskapitals durch zweifelhafte Gründungskosten. An dieser Aufschlüsselung fehle es hier auch.

Schleswig-Holsteinisches OLG, Beschluss vom 21.02.2023 - 2 Wx 50/22 -

Freitag, 2. September 2022

Nachtragsliquidation nach Löschung der GmbH: Eintragung des Liquidators im Handelsregister

Die GmbH wurde 2006 gem. § 141a FGG wegen Vermögenslosigkeit im Handelsregister gelöscht. In 2019 bestellte das Amtsgericht K. gem. § 66 Abs. 5 S. 2 GmbHG zum Liquidator mit dem Wirkungskreis des Nachtragsliquidators zur Vertretung der Gesellschaft hinsichtlich deren Eigentum an im Grundbuch verzeichneten Teileigentum. Im Hai 2021 beantragte K. seine Eintragung als Nachtragsliquidator im Handelsregister mit Hinweis darauf, dass das Grundbuch für Eintragungen ein Hindernis daran sähe, dass seine Vertretungsberechtigung nicht nach § 32 GBO nachgewiesen sei. Der Antrags wurde zurückgewiesen, ebenso die dagegen erhobene Beschwerde. Die zugelassene Rechtsbeschwerde führte aber zum Erfolg in der Sache.

In Literatur und Schrifttum sei umstritten, ob bei einer wegen Vermögenslosigkeit gelöschten Gesellschaft Liquidatoren ins Handelsregister eingetragen werden müssten. Hierzu vertrat der BGH die Ansicht, dass auch bei einer gelöschten GmbH nach § 67 Abs. 4 GmbHG die Liquidatoren von Amts wegen einzutragen seien, wenn sie vom Gericht ernannt worden seien und sich nach der Löschung herausstelle, dass Vermögen vorhanden sei, welches der Verteilung unterliege (§ 66 Abs. 5 GmbHG). § 67 Abs. 4 GmbHG erfasse auch die nach § 66 Abs. 5 GmbHG ernannten Liquidatoren und das Gesetz biete auch keine Anhaltspunkte für eine einschränkende Auslegung. Der BGH wies aber auch darauf hin, dass es auch um die Publizierung des Liquidators gehen würde; schweige das Handelsregister, würde sich vielfach ein Gläubiger nicht veranlasst sehen ihre Forderungen geltend zu machen, die im Rahmen der Nachtragsliquidation befriedigt werden könnten.

Gegen die Eintragung könnten nur verfahrensökonomische Gründe sprechen. Vorliegend handele es sich um fünf Teileigentumsrechten mit einem Wert von 700.000,00 bis 750.000.000 Euro.  Es könne bei diesem Vermögen nicht die Rede davon sein, dass nur noch einzelne, schnell zu erledigende Abwicklungsmaßnahmen notwendig seien, die verfahrensökonomisch der Eintragung entgegenstehen könnten. Es würden gem. § 66 Abs. 5 GmbHG die §§ 68ff GmbHG grundsätzlich Anwendung finden, wonach der Liquidator zur Rechnungslegung (§ 71 Abs. 1, § 74 Abs. 1 S. 1 GmbHG) und zur Umsetzung der Teileigentumsrechte in Geld (§ 70 Abs. 1 GmbHG) verpflichtet sei. Er dürfe dazu auch neue Geschäfte eingehen (z.B. Beauftragung von Renovierungsarbeiten, Bestellung von Grundpfandrechten zur Kaufpreisfinanzierung). Die erforderliche Vertretungsmacht könne der Liquidator gegenüber dem Grundbuchamt nach § 32 GBO durch den Handelsregistereintrag nachweisem. Da ihm § 32 GBO die Möglichkeit zu dem entsprechenden Nachweis eröffne, käme es nicht darauf an, ob er (wie das Beschwerdegericht meinte) seine Vertretungsberechtigung auch durch eine Ausfertigung des Bestellungsbeschlusses nachweisen könne.

Auch käme es nicht darauf an, dass die Eintragung eine überschießende Vertretungsmacht gegenüber dem Bestellungsbeschluss darstellen könne. Denn die Eintragung nach § 67 Abs. 4 GmbHG habe nur deklaratorische Wirkung und seine Befugnis ergäbe sich aus dem Gesetz, wonach seine Vertretungsbefugnis nach § 71 Abs. 4, § 37 Abs. 2 GmbHG grundsätzlich unbeschränkt und unbeschränkbar sei.  

BGH, Beschluss vom 26.07.2022 - II ZB 20/21 -

Sonntag, 24. Juli 2022

Mangels Masse aufgelöste GmbH (§ 60 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG) kann nicht fortgesetzt werden

Nachdem in einem Insolvenzverfahren über das Vermögen einer GmbH die Eröffnung desselben mangels eines die Kosten des Verfahrens deckenden Masse rechtskräftig zurückgewiesen wurde, wurde deren Auflösung im Handelsregister eingetragen. Danach beschlossen die Gesellschafter die Fortsetzung der Gesellschaft und der zeitgleich von ihnen bestellte Liquidator und Geschäftsführer (und auch Alleingesellschafter) meldete die Fortsetzung der Gesellschaft zum Handelsregister an. Dabei versicherte er, dass mit der Verteilung des Vermögens der Gesellschaft noch nicht begonnen worden sei, die Verbindlichkeiten der Gesellschaft deren Vermögen nicht übersteigen würden und keine wirtschaftliche Neugründung vorläge. Später erklärte er zudem den Rangrücktritt eines von ihm der Gesellschaft gewährten Darlehens und über wies € 25.000,00 mit dem Verwendungszweck „Einzahlung Stammkapital“.  Der Eintragungsantrag und die gegen dessen Ablehnung eingelegte Beschwerde blieben erfolglos. Die zugelassene Rechtsbeschwerde wurde vom BGH zurückgewiesen.

Der BGH stellte fest, dass eine GmbH, bei der die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt würde, gem. § 60 Abs. 1 Nr. 5 GmbH aufgelöst sei und nicht fortgesetzt werden könne. Dabei sei es gleichgültig, ob die Gesellschaft über ein das statuarische Stammkapital übersteigendes Vermögen verfüge und die Insolvenzgründe nunmehr beseitigt wurden.

§ 60 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG regele nicht eine mögliche Fortsetzung der aufgelösten Gesellschaft. Nach dem gesetzgeberischen Willen sollen Gesellschaften, deren Mittel nicht einmal zur Durchführung des Insolvenzverfahrens reichen, rasch beendet werden. Anders als im Fall des § 60 Abs. 1 Nr. 4 GmbH, nach dessen Regelung bei Eröffnung des Insolvenzverfahrensverfahrens die Gesellschaft zwar auch aufgelöst würde,  dieses allerdings auf Antrag des Schuldners eingestellt würde oder nach Bestätigung eines Insolvenzplans, der den Fortbestand der Gesellschaft vorsähe, aufgehoben würde, weshalb dann die Fortsetzung der Gesellschaft nach dem Gesetzeswortlaut beschlossen werden könne, sei diese Möglichkeit bei der Auflösung nach § 60 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG nicht vorgesehen. Bei der Reform des Insolvenzrechts sei im Hinblick auf die Fortsetzungsmöglichkeit lediglich § 60 Abs. 1 Nr. 4 vom Gesetzgeber geändert worden, nicht aber § 60 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG.

Es sei auch keine Erweiterung der Fortsetzungsmöglichkeit über den Fall des § 60 Abs. 1 Nr. 4 GmbHG auf den vorliegenden Fall des § 60 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG erforderlich. Gegen die Fortsetzung spräche, dass dann keine gesetzliche Prüfung stattfinde, ob die Insolvenzreife tatsächlich überwunden sei (BGH, Beschluss vom 28.04.2015 - II ZB 13/14 -). § 60 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG diene dem Gläubigerschutz.

Deshalb käme es auch nicht darauf an, ob die Auflösungsgründe beseitigt worden seien und eine Insolvenz durch Zuführung neuer Mittel nachhaltig überwunden sei (hier durch den Rangrücktritt des Gesellschafters und die Zahlung auf die Einlage in Höhe von € 25.000,00). Auch stünden der fehlenden Fortsetzungsmöglichkeit nicht Belange der Gesellschafter entgegen, die die Möglichkeit hatte, durch Zuführung von Mitteln zur Deckung der Kostend es Insolvenzverfahrens den Anwendungsbereich des § 60 Abs. 1 Nr. 4 GmbHG zu eröffnen. Es gäbe keinen Grund, weshalb hier die Fortsetzung durch einen schlichten Beschluss eröffnet werden sollte, wenn die Möglichkeit nicht wahrgenommen würde, den Weg des §0 Abs. 1 Nr. 4 GmbHG zu beschreiten.

Zudem würde vorliegend auch gegen eine Fortsetzungsmöglichkeit sprechen, selbst wenn die Voraussetzungen einer wirtschaftlichen Neugründung vorlägen, dass nach den Angaben in der Anmeldung eine wirtschaftliche Neugründung nicht vorläge.

BGH, Beschluss vom 25.01.2022 - II ZB 8/21 -

Freitag, 29. Oktober 2021

WEG-Verwalter: Umwandlung in GmbH und Frage nach Alternativangeboten bei Wiederwahl

Die Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) hatte S.P. für die Zeit von November 2014 bis zum 30.06.2018 zur Verwalterin bestellt, Am 31.08.2017 gliederte S.P. ihr als Einzelkaufmann im Handelsregister eingetragene Unternehmen zur Neugründung der K. GmbH aus, deren Geschäftsführerin S.P. neben einem weiteren Geschäftsführer wurde. Ein Beschluss der Eigentümerversammlung vom 18.05.2018, wonach der „bestehende Verwaltervertrag und die Verwalterbestellung der K. GmbH bis zum 30.06.2021 verlängert“ würde, wurde angefochten. Das Amtsgericht gab der Klage statt. Die Berufung der Beklagten (K. GmbH) blieb erfolglos. Auf die zugelassene Revision wurde das Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Soweit das Berufungsgericht darauf verwiesen habe, dass bei der Neubestellung eines Verwalters jeweils Alternativangebote einzuholen seien, sei dies bei der Wiederbestellung eines Verwalters nur geboten, wenn sich seit seiner Erstbestellung der Sachverhalt geändert habe (BGH, Urteil vom 01.04.2011 - V ZR 96/10 -). Es sei davon auszugehen, dass im Rahmen der Ausgliederung das gesamte Hausverwaltungsunternehmen von S.P. erfasst worden sei: Ob das Verwalteramt und der Verwaltervertrag bei Umwandlungsvorgängen auf die übernehmende Gesellschaft übergehe sei nicht nach den Regelungen des BGB oder des Wohnungseigentumsgesetzes, sondern auf der Grundlage des Umwandlungsgesetzes zu beantworten. Hier würde die Ausgliederung des Einzelunternehmens auf die Kapitalgesellschaft in § 152 S. 1 UmwG geregelt, mit der Folge, dass mit der Eintragung im Handelsregister das gesamte Vermögen (Aktiva und Passiva) des Einzelunternehmens erfasst würden, zu dem auch die Veraltung des hier streitbefangenen Wohnungseigentums gehöre.

Damit käme es entscheidend darauf an, ob das Verwalteramt und der Verwaltervertrag höchstpersönliche Rechtsverhältnisse seien. Dies sei auch dann zu verneinen, wenn der Verwalter eine natürliche Person sei. Ebenso wenig würde die Rechtsstellung des Verwalters einer WEG die generelle Annahme eines höchstpersönlichen Rechtsverhältnisses rechtfertigen. Das Vertrauen in den Verwalter sei nicht darauf ausgerichtet, dass dieser alle Leistungen höchstpersönlich erbringe, weshalb es auch nicht enttäuscht würde, wenn er aus einer Kapitalgesellschaft heraus tätig würde. Zwar sei bei der Kapitalgesellschaft nun ein Organwechsel (Geschäftsführerwechsel) möglich, wie auch im Gesellschafterbestand und beides könne von einer WEG nicht verhindert werden. Allerdings würde dem in diesem Fall der Umwandlung des Einzelkaufmanns in eine Kapitalgesellschaft und nachfolgendem Auswechseln der Personen dadurch Rechnung getragen, dass das Recht der Abberufung und außerordentlichen Kündigung bestünde. Mithin könnten die Wohnungseigentümer (zumal nach § 26 Abs. 3 S.  1 WEG n.F.) ohnehin jederzeit den Verwalter abberufen können und der Verwaltervertrag dann nach 6 Monaten endet (§ 26 Abs. 3 S. 2 WEG n.F.).  

Zudem sei nicht davon auszugehen, dass, wie das Berufungsgericht meine, stets eine Höchstpersönlichkeit des Rechtsverhältnisses bei der Bestellung einer natürlichen Person vorliege. Allerdings könnte dies auch nicht den Übergang auf die Gesellschaft hindern, da ein Ausschluss nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 UmwG nicht möglich sei (§ 399 Alt. 2 BGB sei durch den Zwang zur Gesamtrechtsnachfolge in § 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG ausgeschlossen). Auch käme keine ergänzende Vertragsauslegung wegen einer Regelungslücke im Verwaltervertrag nicht in Betracht, da es schon in Ansehung der Regelungen in § 158 iVm. §§ 153ff UmwG sowie §§ 123ff UmwG an einer Regelungslücke ermangele, da dort die Rechtsnachfolge geregelt sei.

Zudem würde es weder dem Interesse des Verwalters noch der WEG entsprechen, wenn mit der Ausgliederung des Einzelunternehmens auf die GmbH das Einzelunternehmen untergehen würde. Der Verwalter habe natürlich ein Interesse am Übergang auf die neue Gesellschaft. Die WEG habe aber ein Interesse an der weiteren Verwaltung, die – würde es nicht zum Übergang kommen – entfallen würde. Mit der Ausgliederung würde die WEG verwalterlos oder das Verwalteramt und der -vertrag verblieben bei dem bisherigen Verwalter (es würde nur die im Handelsregister eingetragene Firma erlöschen), doch deren bisheriger Rechtsträger (die natürliche Person) könnte nicht mehr tätig werden, da sein Geschäftsbetrieb auf die GmbH übergegangen wäre. In beiden Fällen würde die WEG schlechter dastehen, als wenn die Verwaltung nebst Vertrag übergehen würden.

Ebenso wenig könnten Haftungsgesichtspunkte gegen den Übergang sprechen, auch wenn die GmbH, anders als die natürliche Person / der eingetragene Kaufmann unbeschränkt persönlich haften: Der die Ausgliederung betreibende Kaufmann unterläge gemäß §§ 156f UmwG für fünf Jahre einer Nachhaftung für Verbindlichkeiten, die auf die juristische Person übergehen; während dieser Zeit könnten die Wohnungseigentümer einen anderen Verwalter bestellen.

Vorliegend hätte auch für die Wiederbestellung keine Alternativangebote eingeholt werden müssen, da sich der Sachverhalt geändert habe. Für die Notwendigkeit der Einholung von Alternativangeboten wäre bei einer Wiederwahl erforderlich, dass sich bei der Verwaltung relevante Veränderungen (wie Qualitätsdefizite oder eine Verschlechterung des Verhältnisses zwischen Verwaltung und Wohnungseigentümern) ergeben hätten (BGH, Urteil vom 01.04.2011 - V ZR 96/10 -). Der Wechsel des Rechtsträgers durch die Umwandlung vom Einzelkaufmann auf die GmbH bei weiterer Tätigkeit der bisher handelnden Personen würde Alternativangebote nicht bedingen (entgegen LG Frankfurt am Main, Hinweisbeschluss vom 26.03.2018 - 2-13 S 27/18 -).

Hinweis: Der Verwalter als natürliche Person kann in der Konsequenz im Wege der Umwandlung sein Unternehmen nur in die GmbH ausgliedern, wenn er eingetragener Kaufmann ist. Jeder Kaufmann kann sein Unternehmen als eingetragener Kaufmann weiterführen, wenn er eine Handelsregisteranmeldung vornimmt. Dies würde (ebenfalls) nicht den Bestand des Verwaltervertrages tangieren können, auch wenn dies in Vorbereitung der Ausgliederung durch Umwandlung in eine GmbH nach den Grundsätzen des Umwandlungsgesetzes (UmwG) erfolgt.

BGH, Urteil vom 02.07.2021 - V ZR 201/20 -

Mittwoch, 25. März 2020

Löschung des Geschäftsführers im Handelsregister von Amts wegen bei Ungeeignetheit (§ 6 Abs. 2 GmbHG)


Der BGH bestätigte auf eine Rechtsbeschwerde hin die Löschung des Beschwerdeführers (BF) als Geschäftsführers der GmbH, deren Mitgesellschafter und -geschäftsführer er seit Januar 2017 war. Die Löschung erfolgte von Amts wegen mit der Begründung einer Ungeeignetheit des BF. Vorangegangen war dem ein Strafverfahren gegen den BF, in dessen Rahmen der (rechtskräftige) Strafbefehl gegen den BF  u.a. wegen Insolvenzstraftat (Beihilfe zum Bankrott, §§ 283 Abs. 1 S. 1, 27 StGB)  in 2015/16 (benannt im Strafbefehl als Einzelstrafe mit 60 Tagessätzen) im April 2019 erging.

Ausschlaggebend sei, dass der BF rechtskräftig wegen Beihilfe zum Bankrott verurteilt worden sei, da er damit nicht mehr Geschäftsführer der G. GmbH sein könne. Ein Geschäftsführer verliere seine Organstellung, wenn eine Voraussetzung in seiner Person nach § 6 Abs. 2 GmbHG entfalle (BGH, Urteil vom 01.07.1991 - II ZR 202/90 -). In einem solchen Fall sei die Eintragung vom Registergericht von Amts wegen vorzunehmen (§ 395 Abs. 1 S. 1 FamFG).

Allerdings sei streitig, ob der Geschäftsführer selbst Täter sein müsse (§ 25 StGB) oder nur eine Teilnahme (§§ 26, 27 StGB) ausreiche. Dies war vom BGH zu entscheiden, da der BF nur Teilnehmer (§ 26 StGB) des Bankrotts war. Hier vertritt der BGH die Auffassung, dass bei vorsätzlich begangenen Straftaten nach § 6 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 Nr. 3 GmbHG nicht zwischen Täterschaft und Teilnahme zu unterscheiden sei und mithin die Begehungsformen gleich behandelt werden müssten.

So spreche dafür bereits der Wortlaut („wegen … Straftaten … verurteilt worden ist“) dafür, der sich an die strafgerichtliche Verurteilung in § 3 Nr. 1m § 4 Nr. 1 BZRG anlehne und beide Begehungsformen erfasse. Die Bezugnahme auf das BZRG würde auch im Anmeldeverfahren deutlich, da der Geschäftsführer nach § 8 Abs. 2 GmbHG iVm- § 53 Abs. 2 BZRG bei der Anmeldung unumschränkt auskunftspflichtig sei. Soweit in § 6 Abs. 2 S. 2 Hs. 2 GmbHG von „Täter“ die Rede sei,  läge darin keine Einschränkung, da „Täter“ auch als Oberbegriff für Täterschaft und Teilnahme verwandt würde, wobei die Bestimmung auch nur einen Sonderfall der Berechnung der fünfjährigen Ausschlussfrist enthalte.  

Auch der Schutzweck, der durch die Einbeziehung bestimmter Delikte wegen Teilnahmehandlungen in § 6 Abs. 2 S. 2 2. HS Nr. 3 GmbHG bestimmt werde und die  dem Schutz fremder Vermögen dienen, lasse erkennen, dass sich die Norm auf das Erfolgs- und nicht das Handlungsunrecht beziehe und damit eine Beschränkung auf eine Verurteilung als Täter nicht zuließe.  

BGH, Beschluss vom 03.12.2019 - II ZB 18/19 -

Sonntag, 21. Oktober 2018

GmbH: Sitzverlegung nach Auflösung


Für die in 2006 gegründete GmbH, die seit dem 05.10.2016 im Handelsregister des AG Frankfurt am Main eingetragen war, wurde eine am 17.02.2017 beschlossene Auflösung am 13.03.2017 im Handelsregister eingetragen. Mit einer notariell beglaubigten Anmeldung vom 10.04.2017 hat der Liquidator die Änderung des Gesellschaftsvertrages in § 1 Ziffer 2 des Gesellschaftsvertrages (Sitz) mit Hinweis drauf angemeldet, der Sitz sei von Frankfurt am Main nach Berlin verlegt worden. Das zuständige AG Charlottenburg wir sie Anmeldung zurück. Der eingelegten Beschwerde half es nicht ab. 

Das Kammergericht (KG) wies die zulässige Beschwerde zurück.

Zwar würde die für werbende Gesellschaften gedachte Vorschrift des § 69 Abs. 1 GmbHG nach der Auflösung der Gesellschaft entsprechende Anwendung finden. Dies dürfe aber dem Wesen der Liquidation nicht zuwiderlaufen. Zu den insoweit überhaupt anwendbaren Vorschriften würden die Vorschriften über die Änderung des Gesellschaftsvertrages gerade nicht gehören. Soweit sie gleichwohl angewandt würden (RGZ 107, 31, 33; BayObLG, Beschluss vom 12.01.1995 - 3Z BR 314/14 -; OLG Frankfurt, Beschluss vom 14.09.1973 - 20 W 639/73 -), dürfe dies aber nicht dem Wesen der Liquidation zuwiderlaufen.

Zweck der Liquidation sei, das Gesellschaftsvermögen in Geldumzusetzen, um eine Schlussverteilung vornehmen zu können, nach der weitere Maßnahmen nicht mehr erforderlich seien. Nach § 70 GmbHG sollen die laufenden Geschäfte beendet, Forderungen eingetrieben und Verbindlichkeiten ausgeglichen werden. Zum Zwecke der Begleichung von Verbindlichkeiten seien die Gläubiger durch Bekanntmachungen gem. § 65 Abs. 1 GmbH auf die Auflösung aufmerksam zu machen, damit sie ihre Forderungen anmelden könnten.

Daraus ließe sich allerdings nicht ableiten, dass eine Änderung des Gesellschaftsvertrages grundsätzlich dem Wesen der Liquidation widerspräche. Möglich wäre z.B. auch eine Kapitalerhöhung, um alle Gläubiger befriedigen zu können, die Veräußerung der Firma (des namens der Gesellschaft) zur Erlangung weiterer verteilbarer Vermögenswerte mit der Folge einer Firmenänderung oder eine Änderung der Vertretungsbefugnis der Geschäftsführer zur Beschleunigung der Abwicklung.

Da aber eine Schlussverteilung angestrebt würde und dies das Auffinden aller Schuldner und Gläubiger voraussetze, seien Maßnahmen, die zu einer (wenn auch nur zeitweisen) Erschwerung der Erreichbarkeit im Hinblick auf die mit ihr verbundenen Vorteile zu prüfen, was insbesondere für die Sitzverlegung gelte. Dies würde mit einem Wechsel des Regiistergerichts und der Registernummer einhergehen. Auch der Hinweis der Beschwerdeführerin darauf, dass der statuarische Sitz mit dem tatsächlichen Sitz nicht identisch sein müssten, ändere daran nichts. Denn es bedürfe keines weiteren Grundes, der gegen die Sitzverlegung spräche, sondern eines Grundes, der diese in Ansehung der Liquidation rechtfertige.

Nicht zu klären sei hier, ob für die Verlegung des tatsächlichen Sitzes, die durch (im Handelsregister einzutragende) Änderung der Gesellschaftsanschrift in gleicher Weise der Vorbehalt der Zweckmäßigkeit gelte (was der Senat allerdings bezweifle).

KG, Beschluss vom 24.04.2018 - 22 W 63/17 -

Freitag, 21. September 2018

Zur Kündigung des Dienstvertrages des abberufenen Geschäftsführers einer GmbH durch deren neuen Geschäftsführer


Die Rechtsanwälte Dr. N., Dr. K und der Kläger gründeten mit einem Anteil von je 1/3 eine Rechtsanwalts-GbR (Gesellschaft bürgerlichen Rechts), die ihrerseits Alleingesellschafterin der beklagten GmbH wurde.  Der Kläger war bis zu seiner Abberufung am 31.10.2014 Geschäftsführer derselben gewesen.  Die Beklagte schloss mit den Gesellschaftern der GbR Anstellungsverträge ab. In dem Anstellungsvertrag des Klägers hieß es: „Die Zuständigkeit des Dienstnehmers umfasst den anwaltlichen und kaufmännischen Bereich der Geschäftsführung.“ An Mai 2015 zahlte die Beklagte dem Kläger keine Vergütung mehr. Im Juni mahnte der Kläger seine Vergütung für Mai und Juni 2015 an, woraufhin die Beklagte die Beklagte den Dienstvertrag des Klägers zum 31.07.2015 kündigte, verbunden mit einer sofortigen Freistellung. Nach erneuter Anmahnung seiner ausstehenden Vergütung kündigte der Kläger seinen Dienstvertrag mit Schreiben vom 10.07.2015 fristlos. Mit seiner Klage forderte er die Vergütung für den Zeitraum vom 01.05. bis 09.07.2015 sowie für die Zeit vom 10.07. bis 31.08.2015 Schadensersatz und die Feststellung, dass sein Arbeitsverhältnis durch seine fristlose Kündigung vom 10.07.2015 beendet worden sei.

Das Landgericht gab der Klage bezüglich des Vergütungsanspruchs bis 09.07.2015 sowie dem Feststellungsantrag statt. Das OLG hatte auf die Berufung beider Parteien die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und dem Kläger, der seinen Feststellungsantrag nicht aufrechterhalten hatte, den begehrten Schadensersatzanspruch zugesprochen.

Die Revision der Beklagten führte zur Aufhebung des Urteils des OLG und zur Zurückverweisung.

Der BGH stellte darauf ab, dass zum Abschluss, zur Änderung und Beendigung des Dienstvertrages eines Geschäftsführers bei Fehlen abweichender Regelungen in der Satzung der Gesellschaft nur die Gesellschafterversammlung befugt sei. Diese Annexkompetenz begründe sich daraus, dass derartige Änderungen geeignet seien, die Entscheidungen der Gesellschafter über seine Organstellung in erheblicher Weise zu beeinflussen und eine kollegiale Rücksichtnahme durch den aktuellen Geschäftsführer begegnet werden solle (BGH vom 08.12.1997 - II ZR 236/96 -). Keinen Einfluss habe es allerdings, dass der Kläger bereits am 31.10.2014 abberufen worden sei, da der Dienstvertrag des abberufenen Geschäftsführers erst dann unter die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis des (neuen) Geschäftsführers falle, wenn sich das Geschäftsführerverhältnis nach der Abberufung in ein gewöhnliches Anstellungsverhältnis umgewandelt hätte (BGH vom 23.02.1984 - II ZR 2/83 -). Der Zeitablauf führe nicht zu einer Umwandlung. Es würde vorliegend an einem Vortrag ermangeln, weshalb sich der Dienstvertrag in ein normales Anstellungsverhältnis umgewandelt haben sollte. Der ursprüngliche Dienstvertrag sei auch nicht als gewöhnlicher Anstellungsvertrag abgeschlossen worden, sondern umfasse ausdrücklich die Geschäftsführung.

Die Beklage habe aber vorgetragen, es habe eine Vereinbarungen der drei Gesellschafter am 23.03. und/oder 04.05.2015 gegeben. Dazu müsste das Berufungsgericht Feststellungen treffen. Es käme in Betracht, dass diese Vereinbarung der drei Gesellschafter der GbR  einen Beschluss der Alleingesellschafterin der GmbH darstellen könnten und damit des für eine Abänderung des Dienstvertrages zuständigen Organs derselben, welches für die Abänderung zuständig sei. Aber auch wenn es sich nicht um einen Beschluss der Alleingesellschafterin handele, käme in Betracht, dass sich die Beklagte nach § 328 Abs. 1 BGB auf die Vereinbarung berufen könne, da die Gesellschaft als Dritte aus einer Vereinbarung ihrer Gesellschafter selbst Rechte herleiten könne und damit Ansprüche eines an der Vereinbarung beteiligten Gesellschafters abwehren könne ( BGH vom 15.03.2010 - II ZR 4/09 -), was auch dann gelte, wenn die Vereinbarung nicht die Gesellschafter der Gesellschaft getroffen hätten, sondern die Gesellschafter ihrer Alleingesellschafterin.

BGH, Urteil vom 03.07.2018 - II ZR 452/17 -

Freitag, 26. Mai 2017

Zur Frage eines Stimmrechtsverbots des geschäftsführenden Gesellschafters bei Abstimmung über Abberufung aus wichtigem Grund

Der Kläger ist Minderheitsgesellschafter und hatte zur Tagesordnung der beklagten GmbH u.a. die Abberufung des Mehrheitsgesellschafters als Geschäftsführer aus wichtigem Grund beantragt. Der Antrag wurde durch den Mehrheitsgesellschafter mit seiner Stimmenmehrheit abgelehnt. Der Kläger erhob Anfechtungsklage und hat im Rahmen derselben die positive Feststellung seiner Anträge begehrt. Die Klage war in allen Instanzen erfolglos.

Zunächst wird vom BGH darauf hingewiesen, dass alleine die Abberufung als Geschäftsführer oder die Kündigung seines Anstellungsvertrages noch nicht zum Stimmrechtsausschluss für den betroffenen Gesellschafter führt. Erst dann, wenn mit der Stimmrechtsausübung der Gesellschafter quasi zum Richter in eigener Sache würde (wie es bei einer Abberufung oder Kündigung aus wichtigem Grund wäre, wie hier), läge ein Stimmrechtsausschluss vor. Für den Rechtsstreit käme es vorliegend nicht darauf an, ob das Stimmrechtsverbort nur beachtlich sei, wenn der behauptete wichtige Grund auch wirklich bestünde, oder unabhängig davon alleine schon in Ansehung des Antrages. Denn selbst wenn man von einem Stimmrechtsausschluss ausgehen wollte, wäre es vorliegend nicht beachtlich, dass der betroffene Geschäftsführer doch mit abgestimmt habe. Der BGH verweist darauf, dass im Rahmen der gerichtlichen Prüfung zu überprüfen ist, ob tatsächlich ein wichtiger Grund vorliegt. Mithin könne der Anfechtungsklage (verbunden mit einer positiven Feststellungsklage) nicht bereits deshalb stattgegeben werden , da eventuell der Geschäftsführer trotz Stimmverbots mit abgestimmt hat. In dem Zusammenhang verweist der BGH darauf, dass bei einer Beachtung eines möglichen Stimmrechtsausschlusses durch den Geschäftsführer dieser dann Anfechtungsklage gegen einen seine Abberufung aus wichtigem Grund bestätigenden Beschluss  erheben könnte, im Rahmen dessen auch die Frage des Vorliegens eines wichtigen Grundes zu prüfen sei.

Das Vorliegen eines wichtigen Grundes wurde von den Instanzgerichten negiert. Der BGH weist auf die Darlegungs- und Beweislast desjenigen hin, der sich auf den wichtigen Grund beruft. Dies sei hier der Kläger. Es sei nicht zu beanstanden, dass der wichtige Grund nicht als ausreichend dargelegt angesehen wurde (dies wird näher begründet).

Anmerkung; Der BGH setzt sich aus letztlich pragmatischen Gründen nicht mit der Frage auseinander, ob ein Stimmrechtsausschluss vorliegt oder nicht. Dies hat allerdings erhebliche praktische Konsequenzen: Der Mehrheitsgesellschafter wird im Zweifel nie von einem Stimmrechtsausschluss ausgehen und so seine Abberufung bzw. Kündigung aus wichtigen Grund mit den eigenen Stimmen verhindern. Es müssen die Minderheitsgesellschafter klagen. Er bleibt (jedenfalls vorerst) Geschäftsführer. Auch wird man damit nicht einen eigenständigen wichtigen Grund in der Stimmabgabe und –berücksichtigung finden können, da der BGH es gerade offen lässt, welcher rechtstheoretischen Betrachtung er folgen würde. Indem der BGH ergebnisbezogen auf die Prüfungspflicht abstellt führt dies letztlich dazu, dass das Abstimmverhalten des Mehrheitsgesellschafters als solches folgenlos ist.


BGH, Urteil vom  04.04.2017 – II ZR 77/16 -

Montag, 27. Februar 2017

Bestand des Vorkaufsrechts einer GmbH im Grundbuch auch bei Löschung der GmbH im Handelsregister

Im Grundbuch war für eine GmbH ein dingliches Vorkaufsrecht gemäß §§ 1094ff BGB in der Form des subjektiv-persönlichen Vorkaufsrechts für alle Verkaufsfälle eingetragen, welches nicht vererblich und nicht rechtsgeschäftlich übertragbar sein sollte. Die GmbH wurde 1996 aufgelöst und die Löschung derselben in 1997 im Handelsregister gewahrt. Die Eigentümerin hat die Löschung des Vorkaufsrechts im Grundbuch bewilligt und beantragt. Das Grundbuchamt hat mit Zwischenverfügung vom 07.10.2015 in der Fassung des Beschlusses vom 06.11.2015 beanstandet, dass zur Löschung die Zustimmung eines Nachtragsliquidators der GmbH erforderlich; das Grundbuch sei nicht offensichtlich unrichtig. Hiergegen wandte sich die Eigentümerin mit ihrer Beschwerde. 

Die Beschwerde hatte einstweilen Erfolg, da nach Auffassung des OLG München eine Zwischenverfügung nicht hätte ergehen dürfen. In der Sache hat es aber bereits darauf hingewiesen, dass es der Auffassung des Grundbuchamtes folgt.

Zwar würde das Vorkaufsrecht mit Erlöschen des berechtigten nach §§ 1089 Abs. 1, 473 BGB auch erlöschen. Es sei aber lediglich belegt, dass die noch im Grundbuch eingetragene GmbH im Handelsregister gelöscht wurde. Die Löschung im Handelsregister wirke im Falle noch vorhandenen Gesellschaftsvermögens aber nur deklaratorisch. Trotz Liquidation und Löschung bestehe daher die Gesellschaft als Liquidationsgesellschaft so lange fort, solange Aktivvermögen vorhanden sei. Damit könne ein für die Gesellschaft eingetragenes dingliches Recht nicht mit der Löschung der Firma im Handelsregister untergehen. Ein Vermögenswert könne insoweit auch einem subjektiv-persönlichen Vorkaufsrecht nach § 1094 Abs. 1 BGB  innewohnen, da dieses zusammen mit dem von der Gesellschaft betriebenen Unternehmen oder Unternehmensteil ohne Zustimmung des Eigentümers rechtsgeschäftlich übertragen werden könne, §§ 1098 Abs. 3, 1059a Abs. 2 BGB. Die Art und Weise der Liquidation sei beim Grundbuchamt nicht offensichtlich und wäre auch nicht von der Eigentümerin durch Urkunden belegt. Damit käme der Fortbestand des Rechts als noch nicht verwerteter Vermögenswert in Betracht.

Auch die Löschungsvoraussetzungen nach § 23 GBO lägen nicht vor. Zwar sei hier die Vorschrift anwendbar, wenn das Recht auf die Dauer des Bestehens einer juristischen Person beschränkt ist. Die Vorschrift entbinde aber nicht von der Verpflichtung nachzuweisen, dass das Stammrecht durch Fortfall des berechtigten erloschen ist. Denn regelmäßig wäre die Beendigung einer juristischen Person ausgeschlossen, wenn sie noch als Rechtsträger eingetragen ist.


OLG München, Beschluss vom 12.05.2016 -  34 Wx 424/15 -

Montag, 23. Mai 2016

GmbH: Angabe der effektiven Gründungskosten im Gesellschaftsvertrag

In dem Gesellschaftsvertrag wurde zu den Gründungskosten einer 25.000-Euro GmbH aufgenommen: „Die Kosten der Gründung der Gesellschaft bis zu einem Betrag von 3000 Euro trägt die Gesellschaft“.  Das Registergericht hat dies beanstandet. Zu Recht, wie das OLG Celle in seinem Beschluss ausführt.


Das OLG Celle verkennt nicht, dass häufig entsprechende Formulierungen verwandt werden, wobei sich in der Regel ein Betrag von bis zu 10% des einzutragenden Kapitals ergibt (der hier auch überschritten wurde). Es verweist darauf, dass die Anforderungen bei einer GmbH strenger sein sollten als bei einer Unternehmensgesellschaft, bei der der Rechtsverkehr und damit insbesondere ein Gläubiger in Ansehung eines ohnehin nicht nennenswerten Stammkapitals ohnehin kein Vertrauen setzen könne. Die Benennung eines Betrages wie hier, der zu einer grundsätzlich zulässigen Vorbelastung der Gesellschaft führe, müsse so erfolgen, dass nicht Missbräuche möglich sind. Das erfordere die konkrete Benennung der Kosten.

Anmerkung: Zu berücksichtigen ist, dass grundsätzlich bei der Gründung einer GmbH die Kosten der notariellen Beurkundung nebst Unterschriftbeglaubigungen und der Eintragung im Handelsregister bekannt sind, da sie sich aus den Gebühren- bzw. Kostenordnungen ergeben. Was ist allerdings wenn, wenn es  - wie hier -  zu Zwischenverfügungen kommt und dagegen Rechtsmittel eingelegt werden ? Wenn diese Rechtsmittel erfolgreich sind, fallen zwar keine Gerichtskosten an; der Rechtsmittelführer hat allerdings die eigenen Kosten zu tragen. Diese sind im Voraus nicht absehbar. Sie verbleiben nach dieser Entscheidung bei den Gesellschaftern. Diese werden sich also überlegen müssen, ob sie Beanstandungen ohne weiteres beheben, um eventuell nach Eintragung auf Kosten der Gesellschaft anderes durchzusetzen. Damit wäre das Vorbelastungsverbot, welches hier als tragendes Argument vom OLG Celle benannt wird, letztlich umgangen. 


OLG Celle, Beschluss vom 11.02.2016 – 9 W 10/16 -