Freitag, 13. Dezember 2024

Unterscheidungskraft (§ 30 HGB) bei Firmierung unter Beachtung des Gesellschaftszusatzes

Im Handelsregister des Amtsgerichts war eine „xx Investment GmbH“ eingetragen. Es erfolgte eine Anmeldung einer Firma „xx Invest UG (haftungsbeschränkt)“. Das Amtsgericht wies die Eintragung wegen fehlender Unterscheidungskraft zur am Ort bestehenden „xx Investment GmbH“ zurück. Phonetisch bestehe zwar eine Unterscheidung, entscheidend seien aber Gesamteindruck und Wortbild. Der eingelegten Beschwerde half das Amtsgericht nicht ab; sie wurde vom Kammergericht Berlin (KG) zurückgewiesen.

1. Zunächst zu den Begrifflichkeiten: „Firma“ ist der Name des Kaufmanns, unter der er seinen Geschäfts betreibt, § 17 Abs. 1 HGB. Bei der GmbH handelt es sich um eine Gesellschaft ohne vom Gesetz vorgegebene persönliche Haftung der Gesellschafter, deren Stammkapital mindestens € 25.000,00 betragen muss, § 5 Abs. 1 GmbHG; für die UG (haftungsbeschränkt), auch Unternehergesellschaft (haftungsbeschränkt), gerne auch als „kleine GmbH“ bezeichnet, gilt gleiches, allerdings liegt deren Stammkapital unterhalb des Stammkaptals nach § 5 GmbHG, § 6a Abs. 1 GmbHG, wobei das Haftungskapital bei der UG (haftungsbeschränkt) die Eintragung in das Handelsregister erst nach voller Einzahlung des Stammkapitals erfolgen darf, § 6a Abs. 2, wohingegen auf jeden Gesellschaftsanteil der GmbH mindestens 25% bei Abmeldung eingezahlt sein müssen, insgesamt aber mindestens 50% des in § 5 Abs.. 1 GmbHG benannten Kapitals, § 7 Abs. 2 GmbHG.

2. Um eine Verwechslung von Gesellschaften auszuschließen ist erforderlich, dass sich die neue Firma von allen an demselben Ort oder in derselben Gemeinde bereits bestehenden und in das Handels-, Genossenschafts-, Gesellschafts-, Partnerschafts- oder Vereinsregister eingetragenen Firmen deutlich unterscheidet, § 30 Abs. 1 HGB. Dies wurde hier im Hinblick auf die „xx Invest UG (haftungsbeschränkt)“ gegenüber der „xx Investment GmbH“ verneint.

2.1. Das Amtsgericht hatte zur Begründung seiner Entscheidung auf den Beschluss des BGH vom 14.07.1966 - II ZB 4/66 – verwiesen, in dem es um die Rechtsformzusätze  GmbH und GmbH & Co. KG ging. Die Beschwerdeführerin vertrat die Ansicht, dies sei nicht einschlägig, da der Verkehr ausreichend zwischen GmbH und UG (haftungsbeschränkt) unterschieden könne.

2.2. In seiner Beschwerdeentscheidung verwies das KG darauf, dass bei beiden Firmen der jeweilige Firmenbeginn mit xx identisch sei, zwei gleichlautende Buchstaben. Zu den Zusätzen Invest und Investment verwies es darauf, dass es sich um Begriffe mit demselben Wortstamm handele, wobei Invest das Verb und Investment das dazugehörige Substantiv sei, wobei Invest auch als abgekürzte deutsche Version des Wortes Investment verstanden werden könne. Die beiden Begriffe lägen nicht nur inhaltlich und phonetisch nahe beieinander, sondern seien auch bei flüchtiger Betrachtung kaum zu unterscheiden. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass der Verkehr zu Verkürzungen tendiere. Gerade bei (wie hier) Überschneidungen im Tätigkeitsbereich und gewählten Sachfirmen seien deutlichere Abstände der Firmen erforderlich (KG, Beschluss vom 17.05.2024 - 22 W 10/14 -).

Damit könne sich der geringe Unterschied allenfalls dann auswirken (also letztlich auf sich beruhen), wenn der Rechtsformzusatz beachtet würde. Auch ausgehend von der Annahme, Rechtsformzusätze würden nie eine Rolle spielen, wäre hier aber die sich aus der Gesetzeslage ergebende Verwechslungsgefahr zu beachten, da eine UG keine GmbH sei, weshalb angenommen werden könnte, die (bestehende) GmbH sei aus der UG erwachsen (§ 5a Abs. 5 GmbHG;  wonach, wie der Verfasser anmerkt,  bei einer Erhöhung des Stammkapitals bei der UG auf oder über den Betrag von § 5 Abs. 1 GmbHG die Sondervorschriften der Abs. 1 bis 5 des § 5a für die UG keine Anwendung mehr finden würden, ohne dass die Firma geändert werden müsse). In diesem Fall, so das KG, käme es auch nicht darauf an, dass perspektivisch aufgrund der Thesaurierungspflicht nach § 5a Abs. 3 GmbHG  bei einem erfolgreichen Geschäftsverlauf davon ausgegangen werden müsse, dass die Beschwerdeführerin später ohnehin den Rechtsformzusatz GmbH tragen würde; in diesem Fall wäre keine Möglichkeit mehr gegeben, die Firma der Gesellschaft zu beanstanden.  Von daher käme es nicht auf eine von der Beschwerdeführerin für notwendig erachtete Beweisaufnahme an, wie deutlich der Verkehr Rechtsformzusätze unterscheide.

3. Das KG hat bei seiner Entscheidung im Wesentlichen auf die fehlende Unterscheidungskraft der Firma ohne Berücksichtigung des Rechtsformzusatzes abgestellt und die Frage, ob dem Zusatz UG (haftungsbeschränkt) eine Unterscheidungskraft zukommt, zunächst ausgeblendet. Die Unterscheidungskraft zwischen „xx Invest“ und „xx Investment“ hat es – zutreffend – verneint. Damit wäre die erforderliche Unterscheidungskraft der Firma nach § 30 Abs. 1 HGB nicht gegeben.

Ob im Verkehr die Unterscheidung anhand von Rechtsformzusätzen vornehmen würde, ließ das KG offen. Denn darauf käme es nicht an, da die UG zur Thesaurierung verpflichtet sei (§ 5a Abs. 3) und so gegebenenfalls in eine GmbH umwandeln könne, ohne dass dann noch die Formierung „xx Invest“ beanstandet werden könnte (§ 57c GmbHG: entstandene Rücklagen werden in Stammkapital umgewandelt) und mithin zu diesem Zeitpunkt das mögliche Unterscheidungsmerkmal UG (haftungsbeschränkt) entfallen würde (was zudem auch durch Erhöhung des Stammkapitals erfolgen kann). Vor diesem Hintergrund ist der Entscheidung des KG zuzustimmen.  

Kammergericht Berlin, Beschluss vom 24.05.2024 - 22 W 14/24 -


Aus den Gründen:

Tenor

Die Beschwerde der Beteiligten gegen den Beschluss des Amtsgerichts Charlottenburg vom 15. Februar 2024 wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Im Rahmen einer notariellen Beurkundung beschloss eine bevollmächtigte Notarmitarbeiterin am 29. Januar 2024 die in der Gründungsverhandlung gewählte und vom Amtsgericht wegen eines Verstoßes gegen § 30 HGB beanstandete Firma xx Invest UG (haftungsbeschränkt) in die Firma xx Invest X UG (haftungsbeschränkt) zu ändern. Zugleich wurde beschlossen, die Firma wieder in die ursprüngliche Fassung zu ändern, wobei die Anmeldung dieses Beschlusses erst nach Eintragung der Beteiligten erfolgen sollte. Die Eintragung der Beteiligten erfolgte am 31. Januar 2024

Mit einer elektronischen Erklärung vom 29. Januar 2024 meldete der die Gründungsverhandlung beurkundende Notar unter Vorlage dieser notariellen Urkunde die Änderung der Firma der Beteiligten zur Eintragung an. Die Firma sollte danach wieder xx Invest UG (haftungsbeschränkt) lauten.

Das Amtsgericht wies diese Anmeldung mit einem Beschluss vom 15. Februar 2024 mit dem Hinweis zurück, dass die Firma wegen der unter HRB xxxxxxB eingetragenen Gesellschaft „xx Investment GmbH“ keine hinreichende Unterscheidungskraft nach § 30 HGB habe. Dies entspreche auch der Stellungnahme der IHK Berlin. Phonetisch bestehe zwar eine Unterscheidung, entscheidend seien aber Gesamteindruck und Wortbild. Diese seien nicht ausreichend verschieden, weil eine Verwechslung von Invest und Investment nicht ausgeschlossen werden könne. Der Gesellschaftszusatz begründe keine ausreichende Unterscheidbarkeit.

Gegen diese Entscheidung hat der Notar mit Schreiben vom 12. März 2024 Beschwerde eingelegt. Tatsächlich sei auf den Gesamteindruck abzustellen, der hier nicht nur in dem Unterschied der Bestandteile Invest und Investment, sondern auch in den

Rechtsformzusätzen bestünde. Die vom Amtsgericht in Bezug genommen Entscheidung des BGH, Beschluss vom 14. Juli 1966 – II ZB 4/66 –, BGHZ 46, 7-13, rechtfertige keine andere Beurteilung, weil sie davon ausgegangen sei, dass der Verkehr nicht ausreichend zwischen GmbH und GmbH & Co. KG unterscheide. Dies gelte für die Rechtsformzusätze GmbH und UG (haftungsbeschränkt) nicht, wie die Erwägungen des Gesetzgebers zur Wahl der Bezeichnung der Unternehmergesellschaft zeigten.

Das Amtsgericht hat dem Rechtsmittel nicht abgeholfen und die Sache dem Senat mit einem Beschluss vom 14. März 2024 zur Entscheidung vorgelegt.

II.

1. Die Beschwerde ist nach § 58 Abs. 1 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingereicht worden. Die Beteiligte ist auch nach § 59 Abs. 1 und 2

FamFG beschwerdebefugt, weil es um eine sie betreffende Eintragung geht. Der Beschwerwert von mindestens 600 EUR nach § 61 Abs. 1 FamFG ist erreicht. Die Firma besitzt regelmäßig eine besondere wirtschaftliche Bedeutung.

2. Die Beschwerde ist aber nicht begründet. Das Amtsgericht hat die Eintragung der angemeldeten Satzungsänderung zu Recht abgelehnt.

Insoweit bestehen allerdings keine Bedenken dagegen, dass der Notar die Firmenänderung angemeldet hat. Denn hierzu war er nach § 378 Abs. 2 FamFG ermächtigt, weil die der Anmeldung zugrundeliegende Beurkundung der Satzungsänderung durch ihn erfolgt ist. Der Beschluss über die Firmenänderung konnte auch bedingt gefasst werden. Zwar sind auch Gesellschafterbeschlüsse, die unter einer Bedingung stehen, grundsätzlich wegen der damit verbundenen Rechtsunsicherheit unwirksam (vgl. Scholz/Priester/Tebben, GmbHG, 12. Aufl., § 53 Rn. 185; Münchener Kommentar GmbH/Harbarth, 6. Aufl., § 53 Rn. 171). Etwas Anderes gilt aber dann, wenn der Bedingungseintritt bei der Anmeldung nachgewiesen werden kann und die Eintragung selbst unbedingt erfolgen soll. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Die Beschlussfassung ist für den Fall erfolgt, dass zunächst die Gesellschaft und die vom Amtsgericht unbeanstandete Firma eingetragen worden sind. Dies ist ausweislich des Registerausdrucks der Fall. Auch die weiteren formalen Anforderungen an die Anmeldung sind gegeben, § 54 GmbHG.

Die Beschwerde kann gleichwohl keinen Erfolg haben, weil die gewählte Firma gegen § 30 Abs. 1 HGB verstößt. Sie unterscheidet sich nicht ausreichend von der unter HRB xxxxxxxx B eingetragenen Gesellschaft „xx Investment GmbH“, wie das Amtsgericht zu Recht geltend gemacht hat.

Der jeweilige Firmenbeginn ist mit xx identisch. Bei den folgenden auf eine Sachfirma hinweisenden Zusätzen Invest und Investment handelt es sich um Begriffe mit demselben Wortstamm, wobei Invest das Verb und Investment das dazugehörige Substantiv ist. Der Begriff Invest kann dabei zusätzlich auch als abgekürzte deutsche Version des Wortes Investment verstanden werden. Die Begriffe liegen nicht nur inhaltlich und phonetisch nah beieinander. Sie sind bei flüchtiger Betrachtung kaum zu unterscheiden, wobei zu berücksichtigen ist, dass der Verkehr zu Verkürzungen tendiert. Gerade bei Überschneidungen im Tätigkeitsbereich und gewählten Sachfirmen sind aber deutlichere Abstände der Firmen erforderlich (vgl. dazu Senat, Beschluss vom 17. Mai 2024, 22 W 10/24, S. 3 der BA, zur Veröffentlichung vorgesehen).

Der geringe Unterschied könnte sich daher allenfalls dann auswirken, wenn der Rechtsformzusatz beachtet würde. Unabhängig von der Annahme, Rechtsformzusätze spielten nie eine Rolle, wäre hier aber die sich aus der Gesetzeslage ergebende Verwechslungsgefahr zu beachten. Denn auch eine UG ist eine GmbH (vgl. BeckOGGmbHG/Becker/Lieder, Stand: 01.04.2024, § 5a Rn. 9; Scholz/Westermann, GmbHG, 12. Aufl., § 5a Rn. 7; Lutter/Hommelhoff/Kleindiek, GmbHG, 21. Aufl., § 5a Rn. 7; Münchener Kommentar GmbHG/Rieder, 4. Aufl., § 5a Rn. 2), so dass angenommen werden könnte, die GmbH sei aus der UG erwachsen (vgl. § 5a Abs. 5 GmbHG). Dann aber kommt es auch nicht darauf an, dass perspektivisch aufgrund der Thesaurierungspflicht nach § 5a Abs. 3 GmbHG bei einem erfolgreichen Geschäftsverlauf davon ausgegangen werden muss, dass die Beteiligte später ohnehin den Rechtsformzusatz GmbH tragen würde. Dann wäre im Übrigen keine Möglichkeit mehr gegeben, die Firma zu beanstanden. Auf die vom Verfahrensbevollmächtigten für notwendig erachtete Beweisaufnahme über die Frage, wie deutlich der Verkehr Rechtsformzusätze unterscheidet, kommt es nach alldem nicht mehr an.

2. Eine Kostenentscheidung ist nicht zu treffen. Die Verpflichtung zur Tragung der Gerichtskosten, ergibt sich aus dem Gesetz, §§ 22 Abs. 1 Satz 1, 25 GNotKG. Die Anordnung einer Kostenerstattung kommt mangels weiterem Beteiligten nicht in Betracht.

Die Zulassung der Rechtsbeschwerde scheidet aus, weil es an den Voraussetzungen des § 70 Abs. 2 FamFG fehlt. Hier war eine auf Tatsachenebene liegende Einzelfallentscheidung zu treffen.

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