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Sonntag, 24. November 2024

(Kunst-) Urheberschutz, Panoramafreiheit und Drohnen

Die Klägerin klagte gegen die Beklagte wegen eines von ihr veröffentlichten Buches, welches mittels einer Drohne gefertigte Luftbildaufnahmen von Installationen von Künstlern enthielt mit dem Antrag, der Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln, ohne ihre Einwilligung die Veröffentlichung von Abbildungen, Vervielfältigungen  und Verbreitung (selbst oder durch Dritte) von Werken bestimmter Künstler zu unterlassen und begehrte darüber hinaus Schadensersatz. Das Landgericht gab der Klage statt. Im Rahmen der Berufung wurde vom OLG lediglich der Schadenersatzanspruch heruntergesetzt. Die vom OLG zugelassene Revision des Beklagten wurde zurückgewiesen.

Die Aktivlegitimation der Klägerin (ein rechtsfähiger Verein kraft staatlicher Verleihung, dessen satzungsgemäßer Zweck die treuhänderische Wahrnehmung der Nutzungs- und Einwilligungsrechte sowie der Vergütungsansprüche von Urhebern und Leistungsberechtigten im visuellen Bereich war, stand fest (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 und 2 iVm. §§ 16, 17 UrhG). Die Beklagte, so der BGH, habe in die den Urhebern nach §§ 15 Abs. 1 Nr. 1 und 2 iVm. §§ 16, 17 UrhG zustehenden Rechte zur Vervielfältigung und Verbreitung der Werke eingegriffen.

Es handele sich um bildliche Widergaben von Installationen der Künstler gehandelt, die iSv. § 16 Abs. 1 UrhG vervielfältigt worden seien. Dazu würde jede körperliche Festlegung eines Werks zählen, die geeignet sei, das Werk den menschlichen Sinnen auf irgendeine Art mittelbar oder unmittelbar wahrnehmbar zu machen, einschließlich der bildlichen Wiedergabe von körperlicher Kunst (BGH, Urteil vom 23.02.2017 – I ZR 92/16 -). Die Beklagte habe durch den Vertrieb der Bücher mit Lichtbildern der Installationen, auch in das Verbreitungsrecht der Urheber eingegriffen (BGH aaO.).

Es habe sich nicht um erlaubte Nutzungen der dargestellten Werke nach § 59 Abs. 1 UrhG gehandelt. Danach sei es nur erlaubt, Werke, die sich bleibend an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen befänden, mit Mitteln der Malereien oder Grafik, Lichtbild oder Film zu vervielfältigen, zu verbreiten und öffentlich wiederzugeben. De Aufstellung eines Kunstwerks an einem öffentlichen Ort bringe zum Ausdruck, dass das Werk der Allgemeinheit gewidmet sei und damit jedermann es abbilden und diese Abbildung verwerten dürfe.

Bei der Auslegung von § 59 Abs. 1 S. 1UrhG (Panoramafreiheit) sei zu berücksichtigen, dass diese Reglung der Umsetzung der Richtlinie 2001/29/EG diene. Danach könnten die Mitgliedstaaten für bleibend an öffentlichen Orten befindlichen Werken der Baukunst oder von Plastiken Ausnahmen von Beschränkungen des Vervielfältigungsrechts vorsehen. Wenn sie eine Ausnahme von der Beschränkung des Vervielfältigungsrechts vornehmen könnten, könnten sie auch eine Ausnahme von Beschränkungen vom Verbreitungsrecht vornehmen, soweit dies durch den Zweck der erlaubten Vervielfältigung gerechtfertigt sei.

Vorliegend handele es sich bei den Fotografien um Lichtbilder iSv. § 59 Abs. 1 S. 1 UrhG. Die Installationen hätten sich „an“ öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen befunden, wenn sie von dort aus wahrnehmbar gewesen wären, unabhängig davon, ob das Werk selbst öffentlich zugänglich wäre. Wege, Straßen und Plätze seien „öffentlich“, wenn sie für jedermann frei zugänglich seien.

Hier seien die Installationen von öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen aus wahrgenommen werden.

Die Lichtbilder seien aber mittels Drohnen aus dem Luftraum gefertigt worden. Solche Lichtbilder seien von der durch § 59 Abs. 1 S. 1 UrhG gewährleisteten Panoramafreiheit nicht erfasst. § 59 Abs. 1 S. 1 UrhG stelle eine Schrankenbestimmung dar, die es dem Publikum ermöglichen soll, das, was es mit eigenen Augen von der öffentlich zugänglichen Straße, Weg oder Platz sehen kann, als Gemälde, Zeichnung, Fotografie oder Film zu betrachten. Diese Freiheit gelte aber nicht, wenn der Blick z.B. durch Fotografie von einem für das allgemeine Publikum unzugänglichen Ort aus fixiert werden soll (BGH, Urteil vom 05.06.2003 - I ZR 192/00 -, Hundertwasserhaus). Auch seien keine Aufnahmen des Werks erfasst, die unter Verwendung von Hilfsmitteln (wie Leitern) oder nach Beseitigung von bildschützenden Vorrichtungen (wie Hecken) angefertigt würden. Dies gelte auch für die Zuhilfenahme von Fluggeräten wie hier der Drohne.

BGH, Urteil vom 23.10.2024 - I ZR 67/23 -

Montag, 13. März 2023

Obligatorisches Schlichtungsverfahren vor Klage und Verletzung der persönlichen Ehre

Der Beklagte verschaffte sich zu einem WhatsApp-Chatverkauf seiner jetzt von ihm getrennt lebenden Ehefrau mit deren Freundin (der Klägerin) Zugriff, den er mindestens zwei Personen zum Lesen überließ. Die Klägerin verlangte wegen Eingriffs in ihrer Intimsphäre eine Geldentschädigung. Das Amtsgericht wies die Klage als unzulässig zurück; dem folgte das Landgericht im Berufungsverfahren. Im Rahmen der zugelassenen Revision wurde die Entscheidungen aufgehoben und der Rechtsstreit an das Amtsgericht zurückverwiesen.

Hintergrund war § 15a Abs. 1 S. 1 Nr. 3 EGZPO, § 53 Abs. 1 Nr. 2 JustG NRW, wonach für bestimmte Verfahren ein Schlichtungsverfahren vor Klageerhebung zwingend vorgeschrieben ist. Wird dieses nicht durchgeführt, ist die Klage unzulässig. Ein Schlichtungsverfahren wurde vorliegend nicht durchgeführt, weshalb Amts- und Landgericht die Zulässigkeitsvoraussetzungen als nicht gegeben angesehen haben. Ansprüche, die sich inhaltlich auf eine Ehrverletzung im strafrechtlichen Sinne beziehen würden, würden in den Anwendungsbereich dieser Regelung fallen. Die Annahme des BGH (im Urteil vom 02.03.2012 - V ZR 169/11 -), in NRW seien alle Geldforderungen schlichtungsfrei gestellt, greife nicht, da  der BGH sich auf die Entstehungsgeschichte berufen habe und diese für den Bereich der persönlichen Ehre diesen Schluss nicht zulasse.

Diesen Erwägungen der Instanzgerichte folgte der BGH nicht. Vorliegend würde es sich nicht um eine Streitigkeit über Ansprüche wegen Verletzung der persönlichen Ehre iSv. § 15 a Abs. 1 S. 1 Nr. 3 EFZPO iVm. 53 Abs. 1 Nr. 2 JustG NRW handeln. Dabei könne auch auf sich beruhen, ob nicht sogar eine Zahlungsklage vorläge, für die das Schlichtungsverfahren ohnehin nicht erforderlich sei, da ein auf Geld gerichteter Anspruch auch dann eine Zahlungsklage sei, wenn der Geldanspruch auf eine Ehrschutzverletzung beruhe (das Schlichtungsverfahren verneinend BGH aaO.). Dem schließt sich der Verfasser dieses Artikels an: Unabhängig davon, welche Grundlage die Zahlungsklage hat, erfordert sie (bei Streitwerten von über € 750,00 nie ein vorheriges Schlichtungsverfahren, da es sich dann immer um eine vermögensrechtliche Auseinandersetzung handelt, unabhängig davon, dass (auch bis zu € 750,00) das Schlichtungsverfahren umgangen w erden könnte, indem nicht gleich Klage erhoben wird, sondern ein gerichtliches Mahnverfahren eingeleitet wird (§ 15a Abs. 2 S. 1 Nr. 5 EGZPO). Ist ein Schlichtungsverfahren zwingend vorgeschrieben, so kann dieses nach Klageerhebung nicht zur Heilung nachgeholt werden (BGH, Urteil vom 23.11.2004 - VI ZR 336/03 -).

In der hier besprochenen Entscheidung ließ dies der BGH dahingestellt, da eine „Verletzung der persönlichen Ehre“ nicht Grundlage des Anspruchs sei.  Davon seien nicht alle Ansprüche aus einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts erfasst; § 53 Abs. 1 Nr. 2 JustG lehne sich eng an die Öffnungsklausel des § 15a Abs. 1 S. 1Nr. 3 EGZPO an. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht würde nicht nur die persönliche Ehre sondern auch das Recht des Einzelnen auf Achtung seiner individuellen Persönlichkeit umfassen (BGH, Urteil vom 23.11.2004 aaO.).

Abzustellen sei hier auf die Entstehungsgeschichte der Normen. Der Rechtsausschuss des Bundestages habe die Einbeziehung von Ehrschutzklagen in den Anwendungsbereich des § 15a Abs. 1 S. 1 EGZPO vor dem Hintergrund für sachgerecht gehalten, da für die strafrechtliche Verfolgung ebenfalls ein Sühneverfahren vorgeschaltet sei (§ 308 StPO). § 380 StPO sehe bei Privatklagen u.a. wegen Beleidigung (§ 374 Abs. 1 Nr. 2 StPO iVm. 185 bis 189 StGB, auch vor, dass zunächst eine Vergleichsbehörde die Sühne erfolglos versuchen müsse. Diese Beschränkung der Öffnungsklausel des § 15a Abs. 1 S. 1 Nr. 3 EGZPO auf Ehrverletzungen iSv. §§ 185 ff StGB, die sich auf unwahre Tatsachenbehauptungen und herabwürdigende Werturteile stütze, habe zwar das Berufungsgericht auch gesehen. Es habe dann aber nur festgestellt, dass der Beklagte einen höchstpersönlichen Chatverlauf bestimmten Dritten offenbart habe, um die Klägerin in ihrem Ansehen oder ihrem Ruf zu diskreditieren. Gegenstand des Verfahrens sei damit kein nach §§ 185 ff StGB strafbares Handeln.

BGH, Urteil vom 25.10.2022 - VI ZR 258/21 -