Donnerstag, 5. Dezember 2024

Auswirkung der Reform des GbR-Rechts auf ein Teilungsversteigerungsverfahren nach Kündigung

Der Antrag des Beschwerdeführers, der neben der Beschwerdegegnerin Gesellschafter einer immobilienhaltenden GbR zu 50% war, auf Teilungsversteigerung, wurde vom Amtsgericht zurückgewiesen. Seine Beschwerde dagegen war auch nicht erfolgreich.

Von dem Beschwerdeführer wurde das Gesellschaftsverhältnis gekündigt und gleichzeitig die freihändige Verwertung der Immobilie angeboten. Die Parteien einigten sich nicht über eine freihändige Verwertung, weshalb der Beschwerdeführerin die Zwangsversteigerung beantragte.

Der Antrag auf Teilungsversteigerung wäre nach altem Recht (§ 731 BGB a.F.) zulässig gewesen, da § 731 BGB a.F. auf das Recht der Gemeinschaft und mithin § 753 BGB und damit auf § 180 ZVG verwies. Diese Verweisungsnorm, auf die sich der BGH stützte (Beschluss vom 16.05.2013 – V ZV  198/12 -), ist mit der Gesetzesänderung zur GbR durch das MoPeG fortgefallen. Die Auseinandersetzung der GbR sei, so das Landgericht in seiner Beschwerdeentscheidung, in den jetzigen §§ 735 ff BGB neu geregelt worden, weshalb nur die Beschwerdeführerin mit er Beschwerdegegnerin als Liquidatoren antragsbefugt wären. Dies würde aber hier den Beschwerdeführer im Falle der Verweigerung des freihändigen Verkaufs oder der Versteigerung nicht schutzlos stellen. Zwar könne er nicht unmittelbar die Teilungsversteigerung beantragen, aber nach § 736a Abs 1 S. 1 BGB bewirken, dass die Beschwerdegegnerin als Liquidatorin (nach § 736 Abs. 1 BGB sind alle Gesellschafter Liquidatoren, es sei denn, der Gesellschaftervertrag enthält eine anderweitige Regelung oder es wurde ein davon abweichender Beschluss gefasst, § 736 Abs. 4 BGB) abberufen wird, § 736a Abs. 1 S. 1 BGB. Mit dieser Norm würde sichergestellt, dass eine Liquidation der Gesellschaft auch erfolgen könne, wenn eine gedeihliche Durchführung der Liquidation durch die Liquidatoren oder (ggf. nach § 736 Abs. 4 BGB) berufenen Liquidatoren nicht zu erwarten sei.

Allerdings ist hier Voraussetzung, dass die GbR im Gesellschaftsgregister eingetragen ist. Diese Eintragung könnte allerdings der die Liquidation hindernde Gesellschafter durch fehlende Mitwirkung verhindern. Dies sah auch das Landgericht und verwies darauf, dass nach den gesetzgeberischen Erwägungen im Einzelfall bei einer vergleichbaren Interessenslage dennoch § 736a BGB entsprechend angewandt werden könne, wie es bereits vor dem Inkrafttreten des die Rechtsgrundlagen für die GbR ändernden MoPeG für eine unternehmenstragende GbR angenommen worden sei.

Auch aus § 736d Abs. 2 BGB sei keine Antragsbefugnis des Beschwerdeführers abzuleiten. Danach seien im Zweifel alle Vermögensgegenstände freihändig zu verkaufen oder, wenn dies sinnvoll ist, zu versteigern. Da bedeute aber nicht, dass nach einer Kündigung (wie hier) keine Gesellschafterbeschlüsse mehr erforderlich wären. Widerspräche ein Liquidator dem Verkauf oder einer Versteigerung (wofür auch vernünftige Gründe vorliegen könnten) wäre im Rahmen eines Verfahrens nach § 736a BGB (gerichtliche Entscheidung) festzustellen, ob dieser Liquidator die Durchführung der Liquidation durch sein Verhalten verhindern will und damit ein Grund besteht, ihn abzuberufen. Entstünde durch die Verweigerungshaltung den anderen Liquidatoren ein Schaden /z.B. durch einen niedrigeren Verkaufspreis), wäre dieser ggf. durch ihn zu ersetzen.

Eine Notgeschäftsführung käme mangels einer Regelungslücke in Ansehung der gesetzgeberischen Intention der Anlehnung an das Recht der OHG und KG nicht in Betracht.

LG Hamburg, Beschluss vom 11.06.2024 - 328 T 16/24 -


Aus den Gründen:

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichts Hamburg-Wandsbek vom 19.04.2024, Az. 717 K 13/24, wird zurückgewiesen.

2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

I.

Der Beschwerdeführer richtet sich mit der sofortigen Beschwerde gegen die Zurückweisung eines Antrags auf Teilungsversteigerung.

Der Beschwerdeführer ist Mitgesellschafter (zu 50%) einer GbR bestehend aus dem Beschwerdeführer selbst und der Beschwerdegegnerin, seiner ehemaligen Lebensgefährtin; ein schriftlicher GbR-Vertrag besteht nicht. Der Beschwerdeführer hat das Gesellschaftsverhältnis mit Schreiben vom 11.03.2024 mit sofortiger Wirkung gekündigt und die freihändige Verwertung einer Immobilie, die im Eigentum der Gesellschaft steht, angeboten; die Zustellung des Kündigungsschreibens erfolgte am 18.03.2024 per Gerichtsvollzieher. Eine Einigung über den freihändigen Verkauf der Immobilie konnte nicht erzielt werden.

Der Beschwerdeführer hat deshalb mit Schriftsatz vom 08.04.2024 beantragt, die Zwangsversteigerung über das streitgegenständliche Grundstück zum Zwecke der Aufhebung der im Grundbuch eingetragenen Gesellschaft bürgerlichen Rechts anzuordnen und durchzuführen.

Er meint, dass er auch nach neuem GbR-Recht und nach Wegfall der Verweisung auf die Verwertungsvorschriften des Gemeinschaftsrechts allein berechtigt und verpflichtet ist, den einzigen Vermögensgegenstand der Gesellschaft nötigenfalls gegen den Willen seiner Mitgesellschafterin als „übriges Vermögen“ gem. § 736d Abs. 2 S. 1, Var. 3 BGB durch Teilungsversteigerung „in Geld umzusetzen“.

Das Amtsgericht Hamburg-Barmbek hat den Antrag des Beschwerdeführers mit Beschluss vom 19.04.2024 zurückgewiesen. Zur Begründung führt es an, eine Auseinandersetzungsversteigerung der GbR könne nach dem ersatzlosen Wegfall des § 731 BGB a.F. nicht mehr erfolgen. Vielmehr richte sich die Verwertung nach den nunmehr geltenden § 735 ff. BGB, wonach im Rahmen der nunmehr vorgesehen Liquidation sämtliche vertretungsberechtigte Liquidatoren den Antrag stellen müssten.

Mit Schriftsatz vom 02.05.2024 - beim Amtsgericht-Barmbek eingegangen am selben Tag - hat der Beschwerdeführer die sofortige Beschwerde gegen den Zurückweisungsbeschluss vom 19.04.2024 eingelegt. Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

II.

Die zulässige sofortige Beschwerde ist unbegründet.

Das Amtsgericht hat den Antrag auf Teilungsversteigerung aufgrund der mangelnden Vertretungsbefugnis des Beschwerdeführers zu Recht zurückgewiesen.

Eine Versteigerung des GbR-Vermögens durch Antrag eines Gesellschafters nach Kündigung war einzig aufgrund der in § 731 BGB a.F. geregelten Verweisung in das Recht der Gemeinschaft - und damit auf § 753 BGB - gem. § 180 ZVG zu begründen (vgl. BGH, Beschluss vom 16.05.2013, V ZB 198/12). Die - auch von dem Beschwerdeführer zitierte - Rechtsprechung des BGH zur Anwendung des § 180 ZVG stützt sich dabei zentral und ausdrücklich auf die weggefallene Verweisungsnorm, sodass nach neuer Rechtslage eine alleinige Antragsbefugnis des Beschwerdeführers nicht mehr mit dem Verweis auf diese Rechtsprechung begründet werden kann. Die Auseinandersetzung der GbR ist in den nunmehr anzuwendenden §§ 735 ff. BGB neu geregelt worden. Hiernach ist die Liquidation der Gesellschaft vorgesehen, sodass der Beschwerdeführer nur gemeinsam mit der Beschwerdegegnerin als weitere Liquidatorin antragsbefugt wäre.

Der Beschwerdeführer ist bei einer Verweigerung der Beschwerdegegnerin zum freihändigen Verlauf oder der Versteigerung auch nicht schutzlos gestellt. Aufgrund der Neuregelung ist es ihm zwar nicht mehr unmittelbar möglich die Teilungsversteigerung zu beantragen, jedoch kann er nach § 736a Abs. 1 S. 1 BGB bewirken, dass die Beschwerdeführerin als Liquidatorin abberufen wird. Zweck dieser Vorschrift ist es sicherzustellen, dass die Liquidation der aufgelösten Gesellschaft auch dann erfolgen kann, „wenn eine gedeihliche Durchführung durch die Gesellschafter oder durch die von den Gesellschaftern berufenen Liquidatoren nicht zu erwarten ist“ (MüKoBGB/Schäfer, 9. Aufl. 2024, BGB § 736a Rn. 1). Sofern eine Gesellschaft nicht im Gesellschaftsregister eingetragen ist, soll § 736a BGB nach den gesetzgeberischen Erwägungen im Einzelfall bei einer vergleichbaren Interessenlage dennoch entsprechend angewendet werden können, wie es vor dem MoPeG bereits für die unternehmenstragende GbR angenommen wurde (BeckOGK/R. Koch, 1.1.2024, BGB § 736a Rn. 6; MüKoBGB/Schäfer, 9. Aufl. 2024, BGB § 736a Rn. 1).

Die nach Einführung des MoPeG vorgesehene Vorgehensweise nach der Kündigung steht im Einklang mit der Rechtslage bei OHG und KG (Servatius GbR/Servatius, 1. Aufl. 2023, BGB § 735 Rn. 5) und benachteiligt den Beschwerdeführer damit auch nicht in der Weise, dass ihm die Zwangsversteigerung durch bloßen Antrag ermöglicht werden müsste, zumal es hierfür nach neuer Rechtslage an einer Rechtsgrundlage fehlt. Das Wegfallen der Verweisungsnorm zeigt nach Ansicht der Kammer, dass der Gesetzgeber das hier angestrebte Vorgehen gerade nicht mehr für Interessengerecht gehalten haben dürfte und beabsichtigte, das GbR-Recht ähnlich dem Recht der OHG und KG gestalten zu wollen.

Auch aus § 736d Abs. 2 BGB ist nach Ansicht der Kammer keine Antragsbefugnis des Beschwerdeführers herzuleiten. Aus der Vorschrift geht hervor, dass sämtliche Vermögensgegenstände im Zweifel freihändig zu verkaufen oder, wenn dies sinnvoll ist, zu versteigern sind (Grüneberg/Retzlaff BGB, 83. Aufl., § 736d Rn. 6). Das bedeutet aber nicht, dass nach einer Kündigung keine Gesellschaftsbeschlüsse mehr erforderlich wären. Soweit ein Liquidator dem Verkauf oder einer Versteigerung widerspricht - dies kann vernünftige Gründe haben - wäre im Rahmen eines Verfahrens nach § 736a BGB vielmehr festzustellen, ob der Liquidator die Durchführung der Liquidation durch sein Verhalten verhindern möchte und damit ein Grund besteht, ihn abzuberufen. Soweit aufgrund der Verweigerung eines Liquidators den anderen Gesellschaftern - bspw. durch einen geringeren Verkaufspreis - ein Schaden entstünde, wäre dieser ggf. zu ersetzen. 

Es bedarf aus den vorgenannten Gründen auch nicht einer analogen Anwendung der Grundsätze der Notgeschäftsführung. Eine planwidrige Regelungslücke ist nach Ansicht der Kammer mit Blick auf die gesetzgeberische Intention (Anlehnung an das Recht der OHG und KG) sowie den Regelungen zur Liquidation nicht zu erkennen.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen