Streit bestand nach dem Rücktritt des Klägers von einem Kaufvertrag über ein Elektroauto darüber, ob der Verkäufer die staatliche Förderung („Umweltbonus“) an den Käufer erstatten muss. Das Landgericht hat die Zahlungspflicht aus dem Gesichtspunkt der geschuldeten Kaufpreisrückerstattung gem. §§ 346 Abs. 1, 440, 323 Abs. 1. 437, Nr. 2 Fall 1, 433 f BGB bejaht. Die Berufung des Verkäufers (Beklagte) war erfolglos.
Nach § 346 Abs. 1 BGB seien im Falle eines Rücktritts die empfangenen Leistungen zurückzugewähren und gezogene Nutzungen herauszugeben. Nach dem Rücktritt des Klägers lägen die Voraussetzungen auch in Bezug auf den nicht ausgekehrten streitgegenständlichen Teilbetrag vor, den der Kläger als staatliche Förderbeihilfe bei dem Erwerb auf seinen Antrag erhalten habe. Zu der vom Verkäufer „empfangenen Leistung“ iSv. § 346 Abs. 1 BGB gehöre auch der an die Beklagte ausgekehrte Umweltbonus entsprechend Ziffer 5.1 der Richtlinie, der auf deren Antrag nach Zulassung des Fahrzeugs erstatten wurde. Fehlerhaft sei die Annahme der Beklagten, mit der Förderrichtlinie sei (unabhängig von der privatrechtlichen Beziehung der Parteien) nicht vereinbart, dass der Kläger den Bonus behalten könne bei einem Rücktritt vor Ablauf der Mindesthaltedauer. Hier sei aber nur das (öffentlich-rechtlich geprägte) Rechtsverhältnis zwischen dem Kläger und dem Subventionsgeber betroffen. Ferner bestünde auch kein Anspruch der Beklagten unter dem Gesichtspunkt der „gezogenen Nutzung“ (§ 346 Abs. 1 BGB). Vorteile, die nicht durch Gebrauch sondern nur mittels der Sache gewonnen würden, würden nicht darunter fallen. Die Förderbeihilfe in Form des Umweltbonus würde nicht einen Gebrauch des Kaufgegenstandes anknüpfen, sondern an davon unabhängige Voraussetzungen.
Der Kaufvertrag zwischen den Parteien enthalte hier auch keine Regelungslücke. Es sein keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Beklagte eine mit dem Erwerb erlangte staatliche Beihilfe bei einer Rückabwicklung auf die Beklagte übertragen wollten.
Richtig sei allerdings die Auffassung der Beklagten, der Umweltbonus habe nur einen den Marktpreis für Neufahrzeuge begünstigenden Faktor dargestellt, weshalb die Beklage nach Rückerhalt bei Weiterverkauf ohne weitere Fördermöglichkeit und ohne die Möglichkeit, den vom Kläger vereinnahmten Umweltbonus an einen Neukäufer weiterzureichen, voraussichtlich einen Verlust erleiden würde. Dies zu berücksichtigen wäre aber Sache des Richtliniengebers gewesen.
Brandenburgisches
Oberlandesgericht, Urteil vom 03.09.2024 - 6 U 79/23 -
Aus den Gründen:
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das
am 23.08.2023 verkündete Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder), Az. 13 O
73/23, wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des
Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Dieses und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
4. Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 6.000 € festgesetzt.
Gründe
(abgekürzt nach
§ 313a Abs. 1 ZPO)
I.
Die Parteien
streiten über den Verbleib einer staatlichen Förderung („Umweltbonus“) nach
Rücktritt vom Kaufvertrag über ein Elektroauto. Für den Sach- und Streitstand
erster Instanz wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die
tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils verwiesen. Von der
Darstellung eines Tatbestandes im Berufungsurteil wird gemäß §§ 540
Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO i.V.m. § 544 Abs. 2
Nr. 1 ZPO n.F. (vgl. § 26 Nr. 8 EGZPO a.F.) abgesehen.
II.
Die Berufung
der Beklagten ist statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere gemäß
§§ 517 ff. ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. In
der Sache ist die Berufung nicht begründet.
1. Zu
Recht hat das Landgericht die Klageforderung nach Rücktritt vom Kaufvertrag aus
dem Gesichtspunkt der von der Beklagten geschuldeten Kaufpreisrückerstattung
gemäß §§ 346 Abs. 1, 440, 323 Abs. 1, 437 Nr. 2 Fall 1, 433
f. BGB als begründet angesehen.
a) Nach
§ 346 Abs. 1 BGB sind im Falle des Rücktritts die empfangenen
Leistungen zurückzugewähren und die gezogenen Nutzungen herauszugeben. Diese
Voraussetzungen liegen hier nach dem - wie durch Teilvergleich der Parteien
geklärt ist - wirksamen Rücktritt des Klägers vom Kaufvertrag vom 26.03.2021
(Anlage K1) auch mit Blick auf den von der Beklagten bisher nicht in Höhe von
6.000 € ausgekehrten Teilbetrag des Kaufpreises vor, den der Kläger nach dem
Erwerb des streitgegenständlichen Elektroautos als staatliche Förderbeihilfe
auf seinen Antrag hin erstattet erhalten hat.
aa) Die
Auffassung der Beklagten, der von dem Kläger im Zusammenhang mit dem Erwerb
eines Elektroautos gemäß der im Bundesanzeiger veröffentlichten Richtlinie zur
Förderung des Absatzes von elektrisch betriebenen Fahrzeugen (EMobUBFördRL;
hier in der Fassung vom 21.10.2021; vgl. Anlage K12) als staatliche
Förderbeihilfe vereinnahmte „Umweltbonus“ sei nicht von dem von ihr zu
erstattenden Kaufpreis umfasst, ist rechtsirrig. Dies ergibt sich grundlegend
daraus, wie bereits das Landgericht ausgeführt hat, dass der Kaufpreis
einschließlich dieses Teilbetrages von dem Kläger an die Beklagte gezahlt
worden ist und sie diesen im Zuge der Rückabwicklung des Kaufvertrages als
„empfangene Leistung“ im Sinne von § 346 Abs. 1 BGB zurückzugewähren
hat. Sie muss damit nicht etwa mehr erstatten als sie selbst als Kaufpreis
vereinnahmt hat, denn der Kläger hat den Kaufpreis in voller Höhe an die
Beklagte ausgekehrt und sich den auf den sogenannten Umweltbonus entfallenden
Teilbetrag entsprechend Ziffer 5.1. der Richtlinie erst nach Zulassung des
Fahrzeugs auf seinen beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA)
gestellten Antrag hin erstatten lassen. Bereits aus der Abfolge der
Zahlungsflüsse folgt, dass der vom Kläger erhaltene Subventionsbetrag kein Teil
des Kaufvertrages war und der von ihm entrichtete Kaufpreis von der Beklagten
im Abwicklungsverhältnis vollständig auszukehren ist.
bb)
Soweit die Beklagte der Meinung ist, es sei unabhängig von der
privatrechtlichen Beziehung der Parteien mit dem Sinn und Zweck der
Förderrichtlinie nicht vereinbar, dass der Kläger den Umweltbonus behalten
könne, nachdem er den Rücktritt vom Kaufvertrag kurz nach Ablauf der in Ziffer
3.3 der Richtlinie vorgesehenen Mindesthaltedauer von 6 Monaten erklärt und das
Fahrzeug an sie zurückgegeben habe, spielen solche Erwägungen im Streitfall
keine Rolle, sondern ist allein das öffentlich-rechtliche Rechtsverhältnis
zwischen dem Kläger und dem Subventionsgeber betroffen. Es kommt, wie der
Bundesgerichtshof zu von Käufern vereinnahmten staatlichen Förderleistungen mit
Urteil vom 22.01.2010 (V 170/08, juris) - dort zur Rückabwicklung eines
landwirtschaftlichen Flächenkaufvertrages im Hinblick auf Beihilfezahlungen
nach dem Betriebsprämiendurchführungsgesetz - entschieden hat, in solchen
Fällen nicht darauf an, „ob sich ein Recht [des Käufers] finden lässt, die ihm
zugewiesenen Zahlungsansprüche (…) zu behalten“ (aaO Rn. 5). Denn dem Käufer
sind vom Verkäufer „keine solchen Ansprüche oder andere Beihilfen, sondern nur
das Eigentum und der Besitz“ am Kaufgegenstand übertragen worden. Solche
Zahlungsansprüche werden weder rechtliche Bestandteile dieses Eigentums (§ 96
BGB), noch bilden sie mit dem herauszugebenden Kaufgegenstand „eine
wirtschaftliche Einheit, die nur als Ganzes zurückgewährt werden könnte“ (aaO
Rn. 8). Es handelt sich vielmehr um eine „personenbezogene Beihilfe“ (aaO Rn.
9), woran es nichts ändert, dass sie im Zusammenhang mit dem Erwerb einer
bestimmten Kaufsache ausgekehrt worden ist.
bb)
Soweit die Beklagte in der Berufungsbegründung ergänzend ausgeführt hat, der
von dem Kläger als Umweltbonus vereinnahmte Betrag sei von ihm jedenfalls als
im Sinne von § 346 Abs. 1 BGB „gezogene Nutzung“ der Kaufsache
auszukehren, trifft dies ebenfalls nicht zu. Bei dem vom Kläger erhaltenen
Umweltbonus handelt es sich nicht um Nutzungen aus dem Kaufgegenstand. Der
Begriff der Nutzung umfasst neben den Früchten zwar auch die Vorteile, welcher
der Gebrauch der Sache gewährt (§ 100 BGB). „Allerdings fallen Vorteile,
die nicht durch den Gebrauch, sondern ‚nur mittels der Sache‘ gewonnen werden,
nicht darunter“ (aaO Rn. 10 f.). Um einen solchen, „nur mittels der Sache
erzielten Vorteil“ handelt es sich bei staatlichen Förderbeihilfen schon
deshalb, weil deren Gewährung regelmäßig nicht maßgeblich an den „Gebrauch“
eines Kaufgegenstandes, sondern an davon unabhängige Voraussetzungen geknüpft
wird (vgl. MünchKommBGB, Gaier, 9. Auflage, § 346 Rn. 79). Dementsprechend
war der Gebrauch eines Elektroautos keine explizite Voraussetzung für den
Erhalt des Umweltbonus als im Sinne von Ziffer 4. der Richtlinie „nicht
rückzahlbarer Zuschuss“, sondern an die in Ziffern 2. und 3. genannten Förder-
und Zuwendungsvoraussetzungen geknüpft. Der dauerhafte Verbleib der Beihilfe bei
dem das Batterieelektrofahrzeug erstzulassenden Käufer war danach, bei
Erfüllung der fahrzeugbezogenen Auszahlungsvoraussetzungen, gemäß Ziffer 3.3
nur abhängig von einer „Haltedauer“, die einen Fahrzeuggebrauch nicht einmal
zwingend impliziert.
cc) Ein
Anspruch der Beklagten auf Einbehalt der Förderzahlung folgt schließlich nicht
aus einer ergänzenden Auslegung des zwischen den Parteien geschlossenen
Kaufvertrags, denn es fehlt an der hierfür notwendigen planwidrigen
Regelungslücke. Eine solche kann nur angenommen werden, wenn die Parteien mit
den getroffenen Regelungen ein bestimmtes Ziel erreichen wollten, dies wegen
der Lückenhaftigkeit des Vereinbarten aber nicht gelungen ist. Hingegen darf
die ergänzende Vertragsauslegung nicht herangezogen werden, um einem Vertrag
aus Billigkeitsgründen einen zusätzlichen Regelungsgehalt zu verschaffen, den
die Parteien objektiv nicht vereinbaren wollten (vgl. BGH, aaO Rn. 14 mwN).
Vorliegend fehlt jeglicher Anhaltspunkt dafür, dass die Parteien eine Verpflichtung
des Käufers begründen wollten, eine im Zusammenhang mit dem Erwerb des
Elektroautos erlangte staatliche Beihilfe bei einer Rückabwicklung des
Kaufvertrags auf die Beklagte zu übertragen.
b) Ein
anderes Ergebnis vermag die Beklagte auch nicht aus den Grundsätzen von Treu
und Glauben (§ 242 BGB) für sich herzuleiten.
aa) Zwar
kann ein Rücktritt vom Kaufvertrag nach Ablauf der in der Richtlinie
vorgesehenen Haltedauer „zu dem prima facie kuriosen Ergebnis führen, dass der
Käufer vom Autohändler (…) den vollen Kaufpreis abzüglich der (…)
Nutzungsentschädigung zurückerhält“ (IWW Institut, VA 2022, 79 f., zitiert nach
juris). „Aber er ist eben nicht ungerechtfertigt bereichert: Der „Kaufpreis ist
konsequent unabhängig vom Umweltbonus zu sehen, denn der ist eine staatliche
Zuwendung an den Käufer wegen umweltpolitisch erwünschten Verhaltens für
mindestens sechs Monate“ (aaO). Dem ist im Ergebnis beizutreten, wie bereits an
der Überlegung deutlich wird, dass es dem Käufer eines mit dem Umweltbonus
geförderten Elektroautos auch nachteilslos freistand, dieses nach Ablauf der
Haltedauer als junges Gebrauchtfahrzeug zu veräußern. „Insbesondere aus
Skandinavien, aber auch aus anderen europäischen Ländern, ist die Nachfrage
nach sehr jungen gebrauchten Elektrofahrzeugen derzeit so hoch, dass die
gebotenen Beträge nur unwesentlich unter dem nicht subventionierten Neupreis
liegen“ (aaO). Die Preisdifferenzen im grenzüberschreitenden
Gebrauchtfahrzeughandel haben daher, wie auch aus einschlägiger
Presseberichterstattung gerichtsbekannt ist (§ 291 ZPO), in der
Vergangenheit zu erheblichen Weiterverkäufen von Elektroautos unmittelbar nach
Ablauf der Haltedauerfrist geführt. Dieser in der Presse als „Missbrauch“
bezeichnete Umgang mit Steuergeldern, der zu einer unfreiwilligen
Subventionierung von außerhalb der Bundesrepublik Deutschlands genutzten
Elektroautos geführt hat, bleibt jedoch naturgemäß ohne Auswirkung auf den
schuldrechtlichen Kaufpreisrückzahlungsanspruch des Klägers.
bb) Der
weitere Vortrag der Beklagten, die zur Zeit des Fahrzeugerwerbs bestehende
Käuferaussicht, einen Umweltbonus zu erhalten, habe einen (nur) den Marktpreis
für Neufahrzeuge begünstigenden Faktor dargestellt, so dass sie nach Rückerhalt
des streitgegenständlichen Elektroautos bei dessen Weiterverkauf - ohne weitere
Förderfähigkeit und ohne Möglichkeit, den vom Kläger vereinnahmten Umweltbonus
an einen Neukäufer durch dessen Einbehalt weiterzureichen - voraussichtlich
einen Verlust erleiden werde, ist hingegen nicht ohne weiteres von der Hand zu
weisen. Es hätte aber dem Richtliniengeber oblegen, diesen Umstand zu
berücksichtigen, so etwa dadurch, dass „auch junge gebrauchte Elektrofahrzeuge,
die weder als Firmenwagen noch als Dienstwagen des Ersterwerbers eine
staatliche Förderung erhalten haben, bei ihrer Zweitveräußerung einen
Umweltbonus erhalten“ (so zu einer Modifikation der Richtlinie
Wissenschaftliche Dienste Deutscher Bundestag, WD 5 - 3000 - 118/19,
S. 6). Ferner wäre grundsätzlich regelbar gewesen, dass der Umweltbonus
dem Autohändler zugeflossen wäre und nicht dem Autokäufer. Die letztgenannte
Gestaltungsoption wäre allerdings der anderen Schwierigkeit begegnet, dass sich
die in der Richtlinie vorgesehene Mindesthaltedauer für den Verbleib der Beihilfe
beim Empfänger dann nicht nach einem Verhalten des Subventionsempfängers
gerichtet hätte und Weiterverkäufe geförderter Elektroautos ins Ausland vom
BAFA noch weniger zu kontrollieren gewesen wären. Deutlich wird daran vielmehr,
dass die für den Verbleib des Umweltbonus beim Fahrzeugkäufer ursprünglich nur
verlangte Haltedauer von 6 Monaten offenbar zu kurz bemessen war, um dem damit
verfolgten Zweck gerecht zu werden (sie wurde erst verlängert in der späteren
Fassung der Richtlinie vom 01.09.2023 - kurz vor deren Auslaufen - auf zwölf
Monate).
2. Die
Nebenentscheidung zu den Kosten folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die
Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708
Nr. 10, 713 ZPO i.V.m. § 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
3. Die
Revision ist nicht zuzulassen. Zu den entscheidungserheblichen Fragen in
Rechtsprechung und Schrifttum besteht kein Meinungsstreit; es ist zudem
auslaufendes Subventionsrecht betroffen. Die Rechtssache hat deshalb keine
grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) und auch die
Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder die Fortbildung des Rechts
(§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) erfordern keine Entscheidung des
Bundesgerichtshofs.
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