Das Landgericht hatte der Klage
auf Räumung des Pachtgegenstandes und auf Zahlung rückständiger Pacht
stattgegeben. Das Urteil wurde gegen Sicherheitsleistung in Höhe von € 150.425,00
für vorläufig vollstreckbar erklärt. Die Beklagte legte gegen das Urteil
Berufung ein. Vom Kläger wurde in Bezug auf den Räumungsausspruch gem. § 718
ZPO eine Vorabentscheidung über die Vollstreckbarkeit des Räumungsanspruchs begehrt,
wonach der Räumungsanspruch ohne Sicherheitsleistung vollstreckbar sein sollte.
Diesen Antrag sah das OLG als zulässig, aber nur teilweise als begründet an.
Die Grundlage des Antrages, § 718
S. 1 ZPO, lässt eine Vorabentscheidung des Berufungsgerichts über die Vollstreckbarkeit
zu, die ohne mündliche Verhandlung durch Teilurteil ergehen kann, § 718 S. 2
ZPO. Der Antrag kann auch von der Partei gestellt werden, die selbst keine eigene
Berufung oder Anschlussberufung eingelegt hat.
Vom OLG wird darauf verwiesen,
dass § 718 Abs 1 ZPO anwendbar sei, wenn das Urteil in der Hauptsache angegriffen
würde, und die Vollstreckbarkeitsentscheidung auf einer fehlerhaften Anwendung
der §§ 708, 709 und 711 S. 1 ZPO beruhe. Diese Voraussetzungen sah das OLG
allerdings hier nicht.
So sei die Annahme des Klägers
fehlerhaft, § 708 Nr. 7 ZPO käme zur Anwendung, weshalb der Räumungsanspruch
ohne Sicherheitsleistung zulässig sei. § 708 N. 7 ZPO greife ausschließlich für
Mietverhältnisse (entspr. § 23 Nr. 2a GVG), nicht für Pachtverhältnisse. Dafür
spreche der Ausnahmecharakter der Norm, der allein die besondere
Eilbedürftigkeit bei Mietsachen im Auge habe (OLG Düsseldorf, Teilurteil vom 24.06.2008
- I-24 U 74/08 -). Die Gegenansicht des OLG Celle (16.05.2023 - 2 U 37/23 -) mit
Verweis auf § 227 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 ZPO überzeuge nicht, zumal die benannte
Norm wegen des unterschiedlichen Wortlauts der Normen nicht tragen würde.
Zu einem Hilfs-Hilfsantrag des
Klägers verwies das OLG darauf, dass es auch danach bei der vorläufigen
Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung nach § 709 ZPO verbleibe. Allerdings
träfe die Auffassung des Klägers zu, dass bei einer „gemischten Vollstreckung“
(hier Geldforderung und Räumung, letztere als vertretbare Handlung) zu differenzieren
sei und für den Räumungsanspruch und die Geldforderung gesonderte
Sicherheitsleistungen festzusetzen seien. Dies berücksichtigend sei von den
Werten der begehrten Ansprüche (Räumung € 75.000,00 und Geldforderung € 61.750)
ein Zuschlag von jeweils 10% hinzuzurechnen, wobei sich das OLG insoweit an der
Kommentierung von Herget in Zöller, ZPO, 25. Auf. Zu § 709 Rn. 6 orientierte,
der den Zuschlag mit möglichen Schäden des Schuldners aus der Vollstreckung (im
Falle seines Obsiegens im weiteren Verfahren) begründet. Das ergab rechnerisch für den Räumungsanspruch eine
Sicherheitsleistung in Höhe von € 82.500,00. Für die Geldforderung wurde gemäß
§ 709 ZPO die Sicherheitsleistung im Hinblick auch auf den Aufschlag von 10%
auf 110% des zu vollstreckenden Betrages festgesetzt.
OLG Rostock, Teilurteil vom
26.09.2024 - 3 U 56/24 -
Aus den Gründen:
Tenor
1. Auf den Vorabentscheidungsantrag des
Klägers vom 09.07.2024 wird das Urteil des Landgerichts Stralsund vom
10.06.2024, Az.: 7 O 283/23, teilweise abgeändert und in Ziffer 6. wie folgt
neu gefasst
a) Das Urteil ist, soweit es den
Herausgabe- und Räumungsanspruch (Ziffer 1 des Tenors) betrifft, gegen
Sicherheitsleistung in Höhe von 82.500,- € vorläufig vollstreckbar.
b) Das Urteil ist, soweit es die
Zahlungsansprüche (Ziffer 2, 3 und 4 des Tenors) und die Kosten (Ziffer 5)
betrifft, gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu
vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Im Übrigen wird der Vorabentscheidungsantrag des Klägers zurückgewiesen.
2. Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.
Gründe
I. 1.
Die Parteien streiten über die Räumung und Herausgabe eines Pachtobjekts sowie
über die Zahlung rückständiger Pacht. Das Landgericht hat der Klage
stattgegeben und in diesem Zusammenhang die Vollstreckbarkeit des Urteils gegen
Sicherheitsleistung in Höhe von 150.425,- € erklärt.
Hiergegen hat
die Beklagte Berufung eingelegt, mit der sie die Abweisung der Klage begehrt.
Der Kläger macht die Zurückweisung der Berufung geltend. Daneben hat der Kläger
- soweit es den Räumungsausspruch des Urteils gemäß Ziffer 1) des Tenors
betrifft - gem. § 718 ZPO eine Vorabentscheidung über die vorläufige
Vollstreckbarkeit beantragt, wonach der Räumungsausspruch u.a. ohne
Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar zu erklären ist.
2. Der
zulässige Antrag ist nur teilweise begründet.
a) Das
Berufungsgericht kann gemäß § 718 Satz 1 ZPO auf Antrag eine
Vorabentscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit treffen, wobei die
Entscheidung gemäß § 718 Abs. 1 Satz 2 ohne mündliche
Verhandlung ergehen kann und durch Teilurteil erfolgt. Eine Zustimmung zu einer
Entscheidung im schriftlichen Verfahren ist dabei nicht erforderlich (vgl.
Zöller/Herget, ZPO, 35. Aufl., § 718 Rn. 3 m.w.N.). Der Antrag kann dabei
auch von demjenigen gestellt werden, der keine eigene Berufung oder
Anschlussberufung eingelegt hat (vgl. Zöller/Herget, a.a.O., Rn. 3).
§ 718
Abs. 1 ZPO ist anwendbar, wenn das Urteil in der Hauptsache angegriffen
wird und die Vollstreckbarkeitsentscheidung auf einer fehlerhaften Anwendung
der §§ 708, 709 und 711 Satz 1 ZPO beruht (vgl. Zöller/Herget,
a.a.O., Rn. 1 m.w.N.). Diese Voraussetzung ist vorliegend indes nicht erfüllt.
Soweit der
Kläger rügt, dass das Landgericht fehlerhaft davon ausgegangen sei, dass
vorliegend § 708 Nr. 7 ZPO nicht zur Anwendung komme, so dass der
geltend gemachte Räumungsanspruch ohne Sicherheitsleistung für vorläufig
vollstreckbar zu erklären gewesen wäre, vermag der Senat dem nicht zu folgen.
§ 708 Nr. 7 ZPO ist nach Auffassung des Senats vielmehr allein auf
Mietverhältnisse (entsprechend § 23 Nr. 2a GVG), nicht jedoch analog
auch auf Pachtverhältnisse anwendbar. Gegen die entsprechende Anwendung auf
Pachtverhältnisse spricht vielmehr der Ausnahmecharakter der Regelung, der
allein die besondere Eilbedürftigkeit bei Mietsachen im Auge hat (vgl. OLG
Düsseldorf, Teilurteil v. 24.06.2008 - I-24 U 74/08 -, juris Rn. 16;
Zöller/Herget, a.a.O., § 708 Rn. 9 m.w.N.; Stein/Jonas/Heinze, ZPO, 23.
Aufl., § 708 Rn. 29; Musielak/Voit/Lack- mann, ZPO, 21. Aufl., § 708
Rn. 7 m.w.N.; Wieczorek/Schütze/Hess, ZPO, 4. Aufl., § 708 Rn. 7 m.w.N.;
Anders/Gehle/Schmidt, ZPO, 82. Aufl., § 708 Rn. 10; Thomas/Putzo/Seiler,
ZPO, 43. Aufl., § 708 Rn. 8). Die gegenteilige Auffassung des OLG Celle in
seiner Entscheidung vom 16.05.2023 (Az.: 2 U 37/23), auf die der Kläger
explizit hinweist, vermag daher nicht zu überzeugen, zumal der hierin
enthaltene Hinweis auf den Vergleich mit § 227 Abs. 3 S. 2
Nr. 2 ZPO schon wegen des unterschiedlichen Wortlauts der Normen nicht
trägt (vgl. Musielak/Voit/Lackmann, a.a.O., § 708 Rn. 7 / Fußnote 8),
b) Für
den Hilfsantrag gilt nichts anderes.
c)
Soweit es den Hilfs-Hilfsantrag betrifft, bleibt es ebenfalls bei einer
vorläufigen Vollstreckbarkeit nach § 709 ZPO. Der Senat teilt aber in
diesem Zusammenhang die Auffassung des Klägers, dass im Fall einer sogenannten
„gemischten Vollstreckung“ (Geldforderung/vertretbare Handlung) bei der
Sicherheitsleistung zu differenzieren ist und für den Räumungsanspruch und die
auf Geldforderungen gerichteten Ansprüche gesonderte Sicherheitsleistungen
festzusetzen sind (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 35. Aufl., § 709 Rn. 6
m.w.N.). Dies hat vorliegend zur obigen Abänderung von Ziffer 6 des
Urteilstenors geführt, wobei allerdings dem Wert der begehrten Ansprüche
(75.000,- € + 61.750,- €) jeweils ein Aufschlag von 10 % hinzuzurechnen war
(vgl. Zöller/Herget, a.a.O., § 709 Rn. 6).
II. Die
Kostenentscheidung ist der die Instanz abschließenden Entscheidung
vorzubehalten.
Dieses Urteil
ist unanfechtbar (§ 718 Abs. 2 ZPO).
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