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Donnerstag, 7. Dezember 2023

Wo muss das eigenhändige Testament (bei Ergänzungen) unterschrieben werden ?

Der Beschwerdeführer überließ dem Nachlassgericht mit dem Antrag, einen Erbschein auf sich als Alleinerben auszustellen, ein handschriftliches Testament der Erblasserin, in welchen nach dem Datum „Testament“ stand, dann der Name der Erblasserin, sodann der Text „Ich vermache alles was ich habe“ mit einer Auflistung von Vermögenswerten wie Sparbuch pp. und Versicherungen. Anschließend erfolgte Unterschrift der Erblasserin. Unter der Unterschrift befand sich der Text „An Herrn“ und es folgten der Name des Erblassers und seine Anschrift. Der Antrag wurde vom Nachlassgericht zurückgewiesen. Der Beschwerde half das Nachlassgericht nicht ab und legte sie dem Beschwerdegericht (Oberlandesgericht) vor. Die von OLG als zulässig bewertete Beschwerde wurde allerdings in der Sache als unbegründet zurückgewiesen. Es schloss sich dem Nachlassgericht an, demzufolge das Testament formunwirksam sei.

§ 2247 BGB gebiete, das ein eigenhändiges Testament eigenhändig geschrieben und unterschrieben werden müsse. Es handele sich um eine zwingende Formvorschrift, deren Verstoß zur Nichtigkeit führe (§ 125 BGB). Dies selbst dann, wenn die Urheberschaft und die Ernstlichkeit des Testaments feststehen würden.

Die Regelung des § 2247 solle eine erhöhte Sicherheit vor Verfälschungen des Erblaserwillens bieten und dazu beitragen, verantwortliches Testieren zu fördern sowie Streitigkeiten der Erbprätendenten über den Inhalt letztwilliger Verfügungen hintanzuhalten (BGH, Beschluss vom 04.091981 - Iva ZB 4/80 -).

Die Unterschrift, die zwingend erforderlich sei, müsse grundsätzlich am Schluss des Textes stehen. Sie dien der Identifikation des Erblassers und dokumentiere, dass sich der Erblasser zu dem über der Unterschrift stehenden Text bekenne, den Urkundentext räumlich abschließe und so gegen nachträgliche Ergänzungen und Zusätze sichere (BayObLG, Beschluss vom 29.07.2004 - 1Z BR 039/04 -).

Allerdings sei es unschädlich, wenn sich nach der Unterschrift, mit dem der Mindestinhalt des Testaments abgeschlossen werden müsse, nicht den Inhalt des Testaments berührende Zusätze befänden, wie Orts- und Datumsangabe. Unerheblich sei auch, ob die Unterschrift zeitlich vor oder nach der Niederlegung angebracht wurde, da es für die Formgültigkeit nur darauf ankäme, dass im Todeszeitpunkt eine die gesamte Erklärung deckende Unterschrift vorhanden sei.

Sollen Ergänzungen oder Änderungen auf demselben Bogen oder Blatt aufgenommen werden, auf dem das Testament niedergeschrieben ist, die aber räumlich nicht mehr von der bereits vorhandenen Unterschrift gedeckt sind, müssten diese zusätzlich unterschrieben werden. Nur dann, wenn die Auslegung des Testamentsergäbe, dass die Ergänzungen oder Änderungen von der vorhandenen Unterschrift gedeckt würden, bedürfe es keiner Unterschrift unter die Ergänzungen oder Änderungen. Das sei anzunehmen, wenn das Testament ohne die Ergänzungen lückenhaft, unvollständig oder nicht durchführbar wäre und der wirkliche Wille des Erblassers nur aus beiden niedergeschriebenen Erklärungen ersichtlich würde.  Dabei könnten zur Feststellung, soweit Anhaltspunkte dafür aus der niedergeschriebenen und unterzeichneten Erklärung vorhanden seien, auch außerhalb der Urkunde liegende Umstände berücksichtigt werden (BGH, Urteil vom 20.03.1974 - IV ZR 133/73 -). Das wurde für die Zuteilung von Beträgen an Kinder angenommen, die nach der Unterschrift vorgenommen wurde, wobei vor der Unterschrift lediglich bestimmt worden sei, dass die Eltern „das geerbte Geld“ von den Kindern verwalten sollten (BayObLG, Beschluss vom 29.07.2004 - 1Z BR 039/04/04 -). Auch wurde dies bejaht in dem Fall, in dem auf einer (unterschriebenen) Seite ein „x“ mit dem Kürzel „b.w.“ verwandt wurde und auf der nicht unterschriebenen Rückseite verwiesen wurde, die mit „a a“ gekennzeichnet gewesen sei und mit der Bezifferung „2 a)“ an die Vorziffer (2) anschloss, mit der inhaltlich die auf der Seite „x“ bereits bestimmte Testamentsvollstreckung als Dauertestamentsvollstreckung für einen Erbteil konkretisiert worden sei (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.01.2021 - I-3 Wx 194/20 -).

Es könnten allerdings diese allgemeinen Grundsätze nicht auf eine Verfügung Anwendung finden, wenn sie ihrem Wesen und Inhalt nach dem Charakter und die Bedeutung einer eigenständigen ersten letztwilligen Verfügung habe (BayObLG, Beschluss vom 14.11.1974 - BReg 1 Z 73/74 -).

Zutreffend wird in diesem Zusammenhang vom OLG sodann darauf hingewiesen, dass das Testament vor der Unterschrift vorliegend lückenhaft gewesen sei, da nicht ausgeführt wurde, an wen „alles vermacht“ wird.  Damir handele es sich bei dem Text oberhalb der Unterschrift nicht um eine unvollständige Verfügung, sondern es läge gar keine Verfügung vor. Der Textzeile unter der Unterschrift „An Herrn ….“ komme im Zusammenhang mit dem Textteil oberhalb der Unterschrift einer erstmaligen Verfügung gleich, die einer eigenständigen Unterschrift bedürfe.

Die vom OLG als „Blanko-Erklärung“ angenommene Erklärung der Erblasserin im oberen, unterschriebenen Textteil gäbe nur wieder, was die Erblasserin alles vermachen wolle, während sie die Kernaussage, an wen alles vermacht werden solle, erst unter der Unterschrift aufgenommen worden sei. Die ratio der Formvorschrift, nämlich die Erblasserin zu veranlassen, sich selbst darüber klar zu werden, welchen Inhalt ihre letztwillige Verfügung haben soll, sei gerade nicht erfüllt worden. Es sei nicht ersichtlich, dass sich die Erblasserin bei dem Niederschreiben und Unterschreibens des ersten Textteils ihrer Verfügung über die Person, der sie alles vermachen wolle, Klarheit verschafft hätte. Auch der weitere Sinn der Unterschrift, Vorüberlegungen und Entwürfe von letztwilligen Verfügungen abgrenzen zu können, sei durch das „Blanko“ gerade nicht erfüllt worden.

Zudem habe die Erblasserin nach den Darlegungen des Beschwerdeführers einen Ratgeber zur Errichtung von Testamenten auf ihrem Wohnzimmertisch gehabt, aus dem sich das Erfordernis einer „Unterschrift mit vollen Namen“ ergäbe. Dies lasse darauf schließen, dass sich die Erblasserin sehr wohl bewusst gewesen wäre, dass die Wirksamkeit des Testaments von einer Unterschrift abhängig sei und sie hätte den zweiten Textteil auch unterschreiben können.

Die Aufbewahrung in einem Umschlag mit der Aufschrift „Testament“ reiche nicht aus, die Formwirksamkeit zu begründen. Dies stelle nur eine Inhaltsangabe dar. Hier hätte die Erblasserin zusätzlich ihre Unterschrift auf dem Umschlag anbringen können (was aber zur Wahrung der Formwirksamkeit umstritten sei).

Anmerkung: Die Entscheidung ist zutreffend. Allerdings hätte auch bei der Annahme einer Lückenhaftigkeit des unterschriebenen Teils hier der Ergänzung im nicht unterschriebene  Teil keine Bedeutung beigemessen werden können, da sich aus dem unterschriebenen Teil nicht ergab, dass gerade der Beschwerdeführer diejenige Person sein soll, der alles vermacht werden soll und die dann nur noch ergänzend, quasi zur Klarstellung, unten aufgenommen wird. Denn es kamen nach dem Sachverhalt mehrere Personen als (testamentarische) Erben in Betracht.

Zur Sicherheit sollten alle eigenhändigen Testamente, die einen wie auch immer gearteten Zusatz unter der Unterschrift enthalten, nach der Ergänzung noch einmal am Schluss der Ergänzung unterschrieben werden.

OLG München, Beschluss vom 25.08.2023 - 33 Wx 119/23 e -

Donnerstag, 31. Oktober 2019

Umfang des Umgangsrechts des biologischen (nicht rechtlichen) Vaters


Der Beschwerdeführer (BF) ist der leibliche Vater der 2012 geborenen B., dessen rechtliche Eltern die verheirateten Beteiligten zu 2. und 3. sind. Im Rahmen eines vorangegangenen Verfahrens zum Umgangsrecht schlossen die Parteien einen Vergleich dahingehend, dass der BF seine leibliche Tochter B. jeweils zweiwöchentlich jeweils am Samstag von 9 bis 18 Uhr zu sich nehmen könne. Mit dem streitgegenständlichem Antrag begehrte er die Erweiterung des Umgangsrechts dahingehend, dass er alle 14 Tage seine Tochter von jeweils von Freitag 9 Uhr bis Sonntag 18 Uhr zu sich nehmen könne, sowie eine Ferien und Feiertagsregelung. In einem Zwischenvergleich vereinbarten die Parteien eine Regelung dahingehend, dass der BF an jedem ersten Wochenende im Monat seine Tochter von Samstag 9 Uhr bis Sonntag 18 Uhr zu sich nehmen könne. Im übrigen wurde ein Ruhen angeordnet; nachdem eine weitergehende Einigung nicht stattfand, der BF das Verfahren wieder anrief, beließ es das Amtsgericht bei der bisherigen Regelung nebst dem Zwischenvergleich und wies den weitergehenden Antrag zurück. Die dagegen gerichtete Beschwerde wurde zurückgewiesen.

Das Umgangsrecht des leiblichen Vaters ist in § 1686a Abs. 1 Nr. 1 BGB geregelt. Vorliegend war zudem die gerichtlich gebilligte Umgangsregelung nach § 1696 Abs. 1 BGB zu berücksichtigen. Diese Regelung, so das OLG, könne aus triftigen, das Wohl des Kindes nachhaltig berührenden Gründen angezeigt sein. Insoweit sei nach den vom Amtsgericht getätigten Ermittlungen eine Ausweitung des Umgangsrechts dem Wohl der B. entsprechend im Hinblick auf das erste Wochenende im Monat angezeigt gewesen, wie im Zwischenvergleich festgehalten. Im übrigen lägen aber die gesetzlichen Voraussetzungen nach § 1686a Abs. 1 Nr. 1 BGB nicht vor. Zwar sei vorliegend nicht im Streit, dass der BF als leiblicher Vater ein ernsthaftes Interesse am Kind gezeigt habe und daher nach der Bestimmung ein Umgangsrecht habe, welches dem Kindeswohl diene. Allerdings würde der BF verkennen, dass sich das Umgangsrecht nicht an den zu Art. 6 Abs. 2 GG iVm. § 1684 BGB (Anm.: § 1684 BGB wird explizit für das Recht nach § 1684a Abs. 1 Nr. 1 BG in § 1684a Abs. 2 BGB benannt) entwickelten Kriterien beurteile, da das Recht des leiblichen Vaters nicht durch das Elternrecht des rechtlichen Vaters nach § 1686a BGB geschützt würde. Vielmehr würde sich fad Umgangsrecht des leiblichen Vaters an den zu § 1685 BGB entwickelten Kriterien orientieren, weshalb auch ein 14-tägiger Umgang über das Wochenende des nur leiblichen Vaters nicht als Regelfall nach § 1681a BGB angenommen werden könne. Zwar sei eine Einzelfallbetrachtung geboten, orientiert am Kindeswohl. Zu berücksichtigen sei dabei aber auch, wie groß die Akzeptanz der rechtlichen Familie sei und vor allem der Umstand, ob das Kind durch das Umgangsrecht seines weiteren Vaters in einen Loyalitätskonflikt gebracht werde. Dies sei hier, wie den ausführlichen Berichten des für das Kind bestellten Verfahrensbeistandes zu entnehmen sei, der Fall. B. sei den unterschiedlichen Wünschen der rechtlichen Eltern und des leiblichen Vaters in besonderem Maße ausgesetzt und würde dadurch verunsichert; sie wolle keine der drei Elternteile enttäuschen, was sich auch in den widersprüchlichen Willensäußerungen gegenüber beiden Teilen widerspiegele. Es bedürfe von daher einer stabilen und verlässlichen Umgangsregelung, die dem Kind den inneren Frieden bringe und nicht mit der Gefahr verbunden sei, dass es mit Ablehnung eines Elternteils darauf reagiere. Dies würde durch die vom Amtsgericht getroffene Umgangsregelung getragen, mit der auch der von § 1686a BGB verfolgte Zweck, dem Kind eine Bindung zu seinem leiblichen Vater zu ermöglichen, gesichert sei. Es bedürfe dazu nicht einer darüberhinaus gehenden Übernachtungsregelung, ebensowenig einer Ferien- und Feiertagsregelung. Eine andere Beurteilung könne sich ergeben, wenn B. älter sei und ihrem Willen stärkere Beachtung zu schenken sei, wenn der derzeitige Loyalitätskonflikt abgebaut werden könne.

OLG Frankfurt, Beschluss vom 11.06.2019 - 5 UF 72/19 -

Freitag, 16. Mai 2014

Einkommensteuer: Keine Änderung des Steuerbescheides zu Lasten des Steuerpflichtigen bei Vorkenntnis des Finanzamtes

Der Steuerpflichtige hatte Bezüge aus einer Aufsichtsratstätigkeit bei einer Volksbank bezogen. Unter Beifügung einer Bescheinigung der Volksbank über die Höhe der tatsächlichen Bezüge deklarierte er allerdings in der Steuererklärung nur einen Teil davon. Das Finanzamt setzte die Steuer auf der Grundlage der Deklaration des Steuerpflichtigen fest. Nach Bestandskraft des Bescheides erfuhr das Finanzamt durch eine Kontrollmitteilung, dass der Steuerpflichtige mehr als deklariert eingenommen hatte und änderte den Bescheid zu seinen Lasten. Nach erfolglosen Einspruch erhob er Klage. Das Finanzgericht (FG) Baden-Württemberg hat mit Urteil vom 19.07.2013 – 9 K 2541/11 – der Klage stattgegeben.

Vom FG wurde darauf hingewiesen, dass sich die richtige Höhe der Bezüge aus der Akte ergeben habe. Teil der Akte des Finanzamtes wären nicht nur die vom Steuerpflichtigen eingereichten und ausgefüllten amtlichen Vordrucke, sondern auch sämtliche Anlagen, die er mit seiner Steuererklärung dem Finanzamt überlässt. Damit habe der Sachbearbeiter schon zum Zeitpunkt der Verbescheidung positiv Kenntnis von der richtigen Höhe der Bezüge nehmen können. Damit greife § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO, demzufolge Steuerbescheide nachträglich nur geändert werden dürfen, wenn Tatsachen oder Beweismittel, die zu einer höheren Steuer führen, nachträglich bekannt werden. Da hier der Sachbearbeiter aber Kenntnis hatte (hätte nehmen können), lag eine Nachträglichkeit nicht vor.

FG Baden-Württemberg, Urteil vom 19.07.2013 - 9 K 2541/11 -