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Freitag, 12. Juli 2024

Entschädigungsanspruch des Reiseveranstalters bei Buchung trotz vorhersehbarer Beeinträchtigung

Der Rechtsstreit betraf nicht die erste Corona-Welle, sondern die Buchung einer Pauschalreise  vom 20.01.2021 nach Thailand für November/Dezember 2021. Das RKI stufte Thailand am 08.08.2021 als Hochrisikogebiet ein. Der Kläger stornierte schließlich seine Reise am 24.10.2021 und die Beklagte behielt die Anzahlung auf den Reisepreis von 25% als Stornierungsgebühr ein. Das Amtsgericht gab der Klage statt. Auf die Berufung der Beklagten wurde die Klage abgewiesen. Die dagegen zugelassene und eingelegte Revision wurde zurückgewiesen.

Die Beklagte habe gem. § 651h Abs. 1 S. 2 BGB ihren Anspruch auf den Reisepreis wegen des nach § 651 Abs. 1 S. 2 BGB wirksamen Rücktritts des Klägers verloren. Allerdings könne die Beklagte der Rückforderung des angezahlten Reisepreises wirksam ihren Entschädigungsanspruch nach § 651h Abs. 1 S. 3 BGB entgegenhalten.

Es sei nicht zu beanstanden, dass ein Tatrichter die Covid-19-Pandemie als geeignet ansehe, die Durchführung einer Pauschalreise erheblich zu beeinträchtigen (BGH, Urteil vom 28.03.2023 - X ZR 78/22 -; EuGH, Urteil vom 08.06.2023 - C-407/21 -). Allerdings sei es rechtsfehlerfrei, dass hier das Berufungsgericht entschied, dass die Durchführung der Reise nicht erheblich beeinträchtigt gewesen sei. Insoweit sei für die Feststellung der Beeinträchtigung darauf abzustellen, ob die mit der Durchführung der Reise verbundenen Risiken bereits bei Buchung bekannt oder wenigstens absehbar gewesen seien. Um eine erhebliche Beeinträchtigung zu verneinen sei ausreichend, wenn bei Vertragsabschluss Umstände vorlägen, die der Durchführung der Reise zwar nicht zwingend entgegenstünden, aber doch so gravierend seien, dass nicht jeder Reisende die damit verbundenen Risiken auf sich nehmen möchte.  Würde in dieser Situation gleichwohl eine Reise gebucht, sei es auch in der Regel zumutbar, die Reise anzutreten, wenn die bei Buchung absehbaren Risiken fortbestehen oder bestehen (BGH, Urteil vom 19.09.2023 - X ZR 103/22 -; EuGH, Urteil vom 29.02.2023 - C-299/22 -).  Dabei käme es nicht darauf an, ob zum Zeitpunkt der Buchung die Weiterentwicklung der Situation noch nicht absehbar sei, wenn jedenfalls eine erhebliche Wahrscheinlichkeit dafür bestünde, dass es innerhalb kürzester Zeit zu gravierenden Veränderungen komme (BGH, Urteil vom14.11.2023 - X ZR 115/22 -). Das Berufungsgericht habe deutlich darauf abgestellt, dass im Zeitpunkt der Buchung aus Sicht des Klägers aufgrund des weltweiten Pandemiegeschehens und dessen wellenartiger Entwicklung damit zu rechnen gewesen sei, dass es auch im Reisezeitraum und am Reiseziel zu pandemiebedingten Beeinträchtigungen kommen könne.

Zwar sei durch das RKI Thailand erst nach der Buchung zum Hochrisikogebiet erklärt worden. Allerdings habe der Kläger nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Landgerichts damit bereits zum Zeitpunkt der Buchung rechnen müssen, weshalb es an einer wesentlichen Veränderung im dargelegten Sinne fehle.

BGH, Urteil vom 23.04.2023 - X ZR 58/23 -

Samstag, 12. November 2022

Angebot einer Umbuchung ohne Hinweis auf Stornierungsmöglichkeit der Reise

Die Beklagte war Reiseveranstalterin, bei der online Pauschalreisen gebucht werden konnten. Im Zeitraum vom 28.05. bis 08.07.2020 befand sich auf ihrer Internetseite unter einem mit „Aktuelle Corona-Informationen finden Sie hier“ versehener Link, in dem auf die derzeit schwierige Erreichbarkeit der Beklagten verwiesen wurde und Gäste mit einer Abreise bis 30.06.2020 in der Reihenfolge der Abreise unaufgefordert kontaktiert würden, ferner, dass man sich freuen würde, wenn die Reise um ein Jahr verschoben würde. Es wurde gebeten, von Anfragen abzusehen, „bis das Schreiben bei Ihnen ist“. Der Kläger, der Dachverband der Verbraucherzentralen der Bundesländer, erhob eine Unterlassungsklage, da er die Ansicht vertrat, die Kunden würden dadurch davon abgehalten, ihre Reise gegen Rückerstattung des Reisepreises zu stornieren. Die Klage und die gegen das klageabweisende Urteil eingelegte Berufung blieben erfolglos.

Ein Unterlassungsanspruch würde sich nicht aus §§ 3, 3a, 8 Abs. 1 UWG iVm. § 651h Abs. 3 BGB ergeben. Dabei ließ es das OLG auf sich beruhen, ob § 651h Abs. 3 UWG eine Marktverhaltensregelung sei (was wohl der Fall sei, da sie dem Schutz der Kunden als Verbraucher diene). Jedenfalls läge ein Verstoß gegen § 651h Abs. 3 UWG nicht vor.

§ 651h Abs. 1 S. 3 BGB regele eine Entschädigungspflicht, die der Kunde dem Veranstalter im Falle seines Rücktritts vom Reisevertrag zahlen müsse. Des gelte dann nicht, wenn nach § 651h Abs. 3 BGB am Bestimmungsort oder in dessen unmittelbarer Nähe unvermeidbaren außergewöhnliche Umstände auftreten würden, die die Durchführung der Pauschalreise oder der Beförderung von Personen erheblich beeinträchtigen. Das sei bei Umständen der Fall, die die Partei, die sich darauf beruft, auch bei allen zumutbaren Vorkehrungen nicht beeinflussen könne. Der benannte Hinweise sei an Kunden gerichtet worden, deren Reise wegen der Coronakrise nicht hätte durchgeführt werden können. Ein Rücktritt des Veranstalters läge offenbar aber nicht vor, weshalb § 651h BGB nicht zur Anwendung käme. Allerdings habe für die Reisenden die Möglichkeit zum Rücktritt bestanden, wobei unterstellt werden könne, dass die Corona-Pandemie in der fraglichen Zeit ein unvermeidbarer außergewöhnlicher Umstand war, der die Durchführung der Reise erheblich beeinträchtigt habe, weshalb keine Entschädigung zu zahlen wäre und der Reisepreis zurückverlangt werden konnte.  

Der Kläger habe aber nicht dargelegt, dass die Beklagte unter Verstoß gegen § 651h Abs. 3 BGB gleichwohl eine Entschädigung verlangt habe oder sich in Ansehung eines solchen Anspruchs geweigert habe, den Reisepreis zu erstatten. Es käme im Rahmen des § 651 Abs. 3 BGB nicht darauf an, ob die Beklagte durch ihre Verlautbarung verschleiert habe, dass eine Möglichkeit zum kostenlosen Rücktritt bestand. Eine Aufklärungspflicht des Reiseveranstalters über die entschädigungslose Rücktrittsmöglichkeit ließe sich § 651h Abs. 3 BGB nicht entnehmen und dass ein entschädigungsloser Rücktritt nicht akzeptiert würde ließe sich der Verlautbarung nicht entnehmen. Damit könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagte mit ihrer Verlautbarung ein Rücktrittsrecht vereitelt oder gezielt erschwert hätte.

Ebenso wenig könne sich der Kläger für das Unterlassungsbegehren auf §§ 3, 5 Abs. 2 Nr. 7, 8 Abs. 1 UWG berufen. Die Hinweise in der Verlautbarung würden keine Irreführung über Rechte der Verbraucher im Hinblick auf die coronabedingt nicht durchgeführten Reisen bewirken. Die Angaben seien nicht blickfangmäßig herausgestellt und müssten im Gesamtzusammenhang gesehen werden. Vielmehr habe sich die Beklagte zunächst dafür bedankt, dass viele der Kunden ihre Wunschreise auf das nächste Jahr verschoben hätten und man wisse es zu schätzen, dass viele auch ihre Solidaritätsbekundung durch die hohe Anzahl von Annahmen des Reisegutscheins zum Ausdruck gebracht hätten. Nach dem maßgeblichen Verkehrsverständnis deute dies darauf hin, dass die Umbuchung optional und freiwillig sei. Auch der Hinweis eine Kontaktierung der Gäste in der Reihenfolge ihrer Abreise mit der Bitte um Verschiebung der Reise um ein Jahr und der weiteren Bitte, von Rückfragen bis zum Zugang des Schreibens zu warten, könne der situationsadäqaut aufmerksame Durchschnittsverbraucher nicht dahingehend verstehen, dass kein Rücktrittsrecht und keine kostenlose Stornierung möglich sei.

Soweit die Beklagte auf die auf der Internetseite benannten Themen „Wo finde ich detaillierte Informationen zum Corona-Virus“ und „Wie schütze ich mich richtig“ verweist, würde auch nicht ableiten, dass die Beklagte auf diesen Seiten umfassend und abschließend den Verbraucher über seien Rechte informieren wolle. E fänden sich dort nur Links zum Robert-Koch-Institut und dem Auswärtigen Amt zur gesundheitlichen Lage in Deutschland und im Reiseland. Der Verbraucher erwarte hier nicht Aufklärung über mögliche reisevertragliche Ansprüche.

Auch habe die Beklagte keine Informationen (so zum Rücktrittsrecht“ vorenthalten, die iSv. §§ 3, 5a Abs. 2 Nr. 2m 8 Abs. 1 UWG wesentlich wären. Zu Zeitpunkt der Publizierung bestand nach § 5a Abs. 3 Nr. 5 UWG a.F. zwar eine Verpflichtung, über das Bestehen eines gesetzlichen Rechts zum Rücktritt oder Widerruf aufzuklären; diese hätten sich aber nur auf Angebote zum Zeitpunkt des Geschäftsabschlusses (hier Reisevertrag) bezogen. Die vorliegend angegriffenen Passagen beträfen aber den Bereich der Abwicklung.  

Im Falle von Leistungsstörungen würde nach § 5a UWG keine grundsätzliche Verpflichtung bestehen, den anderen Vertragsteil umfassend über seine Rechte (hier kostenloses Rücktrittsrecht) aufzuklären. Auch aus Art. 240 § 6 Abs. 1 EGBGB ließe sich eine Informationspflicht zu Gutscheinen nicht herleiten, da diese Norm erst nach Einstellung des online-Angebots in Kraft getreten sei.

Ein Anspruch ließe sich auch nicht aus §§ 3, 4a, 8 Abs. 1 UWG herleiten. § 4a Abs. 1 S. 1 UWG verbiete aggressive geschäftliche Handlungen, die geeignet wären, den Verbraucher zu einer Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Derartiges liege nicht vor. Die Formulierungen würden keinen Druck auf den Verbraucher ausüben und er würde nicht von naheliegenden Überlegungen abgehalten, ob er überhaupt eine Umbuchung will oder einfach  storniert. Aus Sicht des Verbrauchers habe die Beklagte lediglich eine Bitte geäußert. Eine Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit sei nicht gegeben.

OLG Frankfurt, Urteil vom 15.09.2022 - 6 U 191/21 -

Mittwoch, 13. Juli 2022

Ausbau der Wohnung und Unmöglichkeit der Rückgewähr derselben nach Rücktritt des Verkäufers

Die Kläger verkauften an die Beklagten mir notariellen Kaufvertrag in Verbindung mit einer notariellen Baubeschreibung eine Eigentumswohnung. Nach dem Vertrag und der Baubeschreibung sollten die Beklagten bestimmte Bauleistungen hinsichtlich Herstellung/Sanierung eines als „Rohloft“ bezeichneten Rohbaus einer Eigentumswohnung sowie des Gemeinschaftseigentums erbringen; die Beklagten verpflichteten sich zum Innenausbau einschließlich Kalt- und Warmwasser, Heizung, Abwasser, Strom, Telefon und Breitbandkabelanschluss. Die Decken sollten ohne Brandschutzbeschichtung an die Beklagten übergeben werden (die dies nach dem Vertrag gemäß Baugenehmigung selbst erbringen wollten).

Die Kläger traten von dem Vertrag zurück und machten klageweise die Rückauflassung Zug um Zug gegen Zahlung des von den Beklagten gezahlten Entgelts  geltend.  Das Landgericht wies die Klage mit der Begründung ab, dass jedenfalls nach § 346 Abs. 2 Nr. 2 BGB eine Rückgewähr nicht in Betracht käme, da durch den Ausbau der Wohnung durch die Beklagten in eine bewohnbare Wohnung die Wohnung im Sinne der Norm umgestaltet worden sei; allenfalls könnten die Kläger Wertersatz begehren. Die dagegen von den Klägern eingelegte Berufung wurde zurückgewiesen.

Ebenso wie das Landgericht ließ das Oberlandesgericht offen, ob den Klägern ein Rücktrittsgrund zustand, der dann einen möglichen Rückauflassungsanspruch begründen könnte. Richtig habe das Landgericht dahingehend erkannt, dass der Rückauflassung § 346 Abs. 2 Nr. 2 BGB entgegen stehen würde.

Grundsätzlich seien die Parteien bei einem wirksamen zur Rückgewähr der gegenseitig empfangenen Leistungen verpflichtet., § 346 Abs. 1 BGB. Dieser Anspruch entfalle, wenn der Rückgewährschuldner nicht in der Lage sei, den empfangenen Gegenstand zurückzugeben oder ihn lediglich in veränderter Form zurückgeben könne , § 346 Abs. 2 BGB (BGH, Urteil vom 20.02.2008 - VIII ZR 334/06 -). In diesem Fall würde der Rückgewährschuldner dem Gläubiger zum Wertersatz verpflichtet sein (der hier nicht gefordert wurde), nicht jedoch zur Wiederherstellung in Form der Naturalrestitution gem. § 249 BGB (BGH, Urteil vom 10.10.2008 - V ZR 131/09 -).

Der von den Beklagten erhaltene Rohbau sei in der fertiggestellten Eigentumswohnung aufgegangen. Damit läge der Fall des § 346  Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BGB vor. Der Gesetzgeber habe - anders als noch in § 352 BGB a.F. - den Rücktritt nicht daran scheitern lassen wollen, dass der Rückgewährschuldner den erhaltenen Gegenstand nicht mehr herausgaben kann, weshalb er die Verknüpfung mit dem Wertersatz in § 346 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 BGB vorgenommen habe.

Ob eine Sache anderer Art gegeben sei, , sei nach der zu § 950 BGB ergangenen Rechtsprechung zur Herstellung durch Verarbeitung und Umbildung zu beurteilen. Danach sei eine bewusste menschliche oder menschlich gesteuerte Arbeitsleistung erforderlich, die den ursprünglichen Gegenstand auf eine höhere Wertschöpfungsebene hebe. Die neue Sache müsse eine eigenständige, gegenüber der bearbeiteten Sache weitergehende Funktion erfüllen (BGH, Urteil vom 10.07.2015 - V ZR 206/14 -).  Zudem könne für Grundstücke auf die Rechtsprechung zu § 818 Abs. 2 BGB zurückgegriffen werden. Dort sei anerkannt, dass die Pflicht zum Wertersatz nach § 818 Abs. 2 BGB nur dann an die Stelle der primären Herausgabepflicht trete, wenn die Unmöglichkeit der Herausgabe feststehen würde. Die Herausgabe eines Grundstücks sei auch dann unmöglich, wenn es nach der Übereignung bebaut würde (BGH, Urteil vom 10.07.1981 - V ZR 79/80 -; RGZ 117, 112, 113).

Danach hätten die Beklagten den Rohbau nicht nur verändert, sondern auch nach wirtschaftlicher Betrachtung unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung, die einen Rohbau und eine Wohnung als Gegenstände mit unterschiedlichen Charakter und Funktion behandele, durch den Innenausbau einen anderen Gegenstand geschaffen. Nicht entscheidend sei, ob die Beklagten ihrer vertraglichen Verpflichtung nachgekommen seien, den Innenausbau unter Begleitung eines Architekten vorzunehmen, da es für die Werthaltigkeit darauf nicht ankäme. Ausgenommen des streitigen Aufbringens einer Brandschutzbeschichtung hätten die Kläger keine konkreten Einwendungen gegen eine fachgerechte Ausführung erhoben.

OLG Brandenburg, Urteil vom 13.04.2022 - 4 U 61/21 -

Freitag, 31. August 2018

Kaufvertrag: Zur Beweislast für das Fehlschlagen von Nachbesserungen


Der Kläger hatte von dem Beklagten am 16.11.2016 einen Gebrauchtwagen erworben. Er monierte im Frühjahr 2017 wiederholt Funktionsmängel am Verdeck (es ließ sich nicht öffnen und nicht schließen). Die Beklagte veranlasste im März, Mai und Juli 2017 Untersuchungen und Reparaturen des Öffnungs- und Schließmechanismus. Als der Kläger im Juli 2017 zum vierten Mal den Mechanismus reklamierte, veranlasste die Beklagte lediglich eine Untersuchung ohne Reparatur.

Der Kläger verklagte die Beklagte auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Übergabe des Fahrzeuges. Das Landgericht gab der Klage statt. Auf die Berufung des Beklagten zum OLG Bamberg wies dieses die Beklagte darauf hin, die Berufung nach § 522 ZPO zurückweisen zu wollen.

Das Landgericht sei zutreffend von einem Sachmangel ausgegangen. Der Käufer habe darzulegen und zu beweisen, dass ein Mangel bei Übergabe der Kaufsache vorlag (§§ 434 Abs. 1 S. 1 iVm. 446 S. 1 BGB) und dieser trotz Nachbesserungsversuchen des Verkäufers weiterhin vorhanden sei. Dabei genüge der Käufer seiner Darlegungs- und Beweislast für das Fehlschlagen der Nachbesserung bereits durch den Nachweis, dass das Mangelsymptom weiterhin auftrete (BGH, Urteil vom 09.03.2011 - VIII ZR 266/09 -).  Unstreitig sei hier, dass der Öffnungs-. Und Schließmechanismus weiterhin nicht funktioniere.

Soweit die Beklagte geltend gemacht hatte, sie habe bereits erstinstanzlich unter Beweisantritt durch Einholung eines Sachverständigengutachtens vorgetragen, dass mutmaßlich ein Steuerungsgerät defekt sei  und dieser Defekt bei Übergabe des Fahrzeuges noch nicht vorgelegen habe, sei dieser Vortrag unbeachtlich. Da die Beklagte drei Nachbesserungsversuche vorgenommen habe, hätte sie genügend Gelegenheit gehabt, die Ursache des Defekts zu eruieren, weshalb eine geäußerte Mutmaßung die hier notwendige konkrete Darlegung nicht habe ersetzen können.

Im Rahmen der Berufung wurde von der Beklagten Vortrag zu Wert- und Schadensersatz gehalten, der allerdings bereits in der 1. Instanz hätte erfolgen können und deshalb vom OLG nach § 531 ZPO zurückgewiesen wurde. Dabei wies das OLG auch darauf hin, dass das Landgericht die Parteien auf die Problematik des Wertersatzes hingewiesen habe, ohne dass die Beklagte darauf eingegangen wäre.

OLG Bamberg, Hinweisbeschluss vom 16.05.2018 - 3 U 54/18 -

Montag, 16. Oktober 2017

Geltendmachung und Bewertung von Nutzungsvorteilen bei Rücktritt vom Kaufvertrag

Der Beklagte, der vom Kläger ein Wohnhaus in Form von Wohnungseigentum erwarb, trat vom Kaufvertrag zurück, da die Terrasse nicht genehmigt war.  Nach dem auf Rückzahlung des Kaufpreises  und weiterer vom Beklagten geltend gemachter Schadenspositionen (so die Vertragskosten) Zug um Zug gegen Rückübereignung geführten Prozess (das Urteil erging auf die mündliche Verhandlung vom 11.07.2013) der Parteien und Rückgabe (30.12.2013) verklagte nun der Kläger den Beklagten auf Ersatz der Nutzungsvorteile. Dabei ermittelte er diesen zeitanteilig linear aus dem ursprünglich vereinbarten Erwerbspreis von € 124.000,00 und einer 25-jährigen Restnutzungsdauer mit € 12.400,00. Das Landgericht hatte ein Gutachten über den Mietwert eingeholt. Nach Vorlage des Gutachtens hatte der Kläger die Klage auf den angenommenen objektiven Mietwert von € 26.862,00 erhöht. Das Landgericht gab der Klage statt. Das Oberlandesgericht (OLG) hat auf die Berufung des Beklagten die Klage bis auf einen Betrag von € 1.421,00 abgewiesen. Mit der vom OLG zugelassenen Revision begehrte der Kläger seine vom Landgericht zugesprochene Forderung weiter.


Das OLG hatte in dem rechtskräftigen Vorprozess eine Präklusion des Klägers gesehen. Dem folgt der BGH nicht. Zwar könne eine rechtskräftige Entscheidung in einem Vorprozess zu einer Tatsachenpräklusion führen. Allerdings würden die tatsächlichen Feststellungen in einem Vorprozess nicht in Rechtskraft erwachsen. Allerdings dürfe die Rechtskraft des im Vorprozess  erhobenen Anspruchs nicht mit dem Vorbringen ausgehöhlt werden, dieses Urteil gründe sich auf unrichtige tatsächliche Feststellungen (BGHZ 123, 137, 140). Hat mithin ein Gericht den Streitgegenstand eines bereits rechtskräftig entschiedenen Vorprozesses erneut zu prüfen, müsse es den Inhalt der rechtskräftigen Entscheidung seiner eigenen Entscheidung zugrunde legen. Diese Präklusionswirkung träte ein, unabhängig davon, ob die Tatsachen im Vorprozess vorgetragen und/oder bekannt seien; ausgenommen seien nur Tatsachen, die nach der mündlichen Verhandlung im Erstprozess entstanden seien.

Dass aber bedeute, dass die Tatsachenpräklusion nicht weiter gehe als die Rechtskraft des Urteils im Vorprozess. Damit sei vorliegend der begehrte Nutzungsersatz nicht erfasst. Außerhalb des Streitgegenstandes bestehe keine Präklusion, auch wenn mit der Klage ein wirtschaftlich identisches Ziel verfolgt werde und sich die Tatsachen überschneiden würden. Tatsachen des Vorprozesses, die Gegenstand des Lebenssachverhalts gewesen seien, seien nur insoweit betroffen, als sie den Anspruch betreffen, über dem im Vorprozess entschieden wurde. Damit würde ein Verkäufer eine rechtskräftige Verurteilung zur bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung  eines nichtigen Kaufvertrages gehindert, in einem Folgeprozess von ihm im Vorprozess nicht geltend gemachte Vorteile zu verlangen, die der Käufer aus dem Kaufvertrag erlangt habe. Dies deshalb, da bei der Rückabwicklung des nichtigen Vertrages nur ein einziger Anspruch auf den Saldo der wechselseitigen Vor- und Nachteile  bestünde.  Dies würde aber nicht gelten, wenn erstmals ein selbständiger Anspruch aus dem gleichen Sachverhalt, wie er Gegenstand des Vorprozesses gewesen sei, geltend gemacht würde.  

Vorliegend handele es sich um einen selbständigen Anspruch aus dem identischen Sachverhalt.

Nach dem nach der Schuldrechtsreform zum 01.01.2002 geltenden § 325 BGB wurde eine Alternativität von Rücktritt und Schadensersatz aufgehoben. Damit konnte nicht mehr statt Rücktritt Schadensersatz (der im Falle des großen Schadensersatzes zur automatischen Saldierung führte)  verlangt werden. Mithin könne nunmehr nicht nur neben den Rücktritt Schadensersatz verlangt werden, sondern hätte die Änderung auch dazu geführt, dass der Nutzungsausgleich nicht mehr schadensersatzrechtlich sondern rücktrittsrechtlich ausgestaltet sei. Das Begehren auf Rückabwicklung sowie Zahlung eines darüber hinaus gehenden Schadens begründe den Nutzungsersatzanspruch des Verkäufers nach § 346 Abs. 2 BGB, der nicht im Rahmen der Vorteilsausgleichung zu berücksichtigen sei. Gleiches würde auch dann gelten, wenn der Käufer die Rückabwicklung im Wege des Schadensersatzes statt der ganzen Leistung betrieben hätte, §§ 437 Nr. 3 iVm. 281 Abs. 5, 346ff  BGB.

Der Höhe nach sei der Nutzungsersatzanspruch des Klägers zeitlich auf den die Zeit zwischen der mündlichen Verhandlung im Vorprozess vom 12.07.2013 bis zur Rückgabe am 30.122013 und im übrigen zeitanteilig linear aus dem dem Erwerbspreis abzuleitenden Wert der Nutzung zu berechnen. abzuleiten. Nach dem Mietwert könne sich der Nutzungsvorteil des Käufers nicht berechnen, wenn dieser im Wege des Schadensersatzes seine Investitionsentscheidung rückgängig mache. Dies sei nur der Fall, wenn sich der Käufer nicht auf die Rückforderung des Kaufpreises und die mit dem Vertragsabschluss verbundenen Nebenkosten beschränke, sondern darüber hinaus Herausgabe der vom Verkäufer aus dem Kaufpreis gezogenen Nutzungen und/oder Ersatz von Finanzierungs- und/oder Betriebskosten verlange, was hier nicht der Fall gewesen sei.

BGH, Urteil vom 30.06.2017 - V ZR 134/16 -

Mittwoch, 22. März 2017

Voraussetzungen für Rücktritt und Nacherfüllungsverlangen

Der Kläger kaufte bei der Beklagten einen PKW. Er hatte verschiedene Reparaturen (im Rahmen von Inspektionen und außerhalb derselben) durchführen lassen. Sodann teilte der anwaltliche Bevollmächtigte des Klägers mit, dass gemäß "§ 438 Abs. 2 BGB der zweiten Alternative zustehende Recht auf Lieferung einer mangelfreien Sache geltend" für den Kläger geltend zu machen. Gleichzeitig forderte er die Beklagte mit Schreiben vom ß3.021.2008 auf, das Fahrzeug zurückzunehmen und ein mangelfreies Fahrzeug zu liefern, wobei er Bezug nahm auf eine Liste von angeblichen Mängeln. Die Beklagte bat um einen Termin zur Prüfung der behaupteten Mängel. Sie würde dann eine Kalkulation vorlegen, wonach die Nachlieferung "unverhältnismäßig und damit nicht zumutbar sein dürfte". Darauf erklärte der Kläger den Rücktritt vom Kaufvertrag.

Die Klage wurde in allen Instanzen abgewiesen.

Das OLG wies darauf hin, dass die Voraussetzungen für eine  Rücktritt vom Kaufvertrag nicht vorliegen würden, §§ 3433 Abs. 1, 437 Nr. 2, 440, 323 BGB. Voraussetzung wäre eine bestimmte und eindeutige Nacherfüllungsforderung. Eine Anforderung zur oder über die Leistungsbereitschaft genüge nicht. In dem Schreiben 03.01.2008 sei dies nicht zu sehen, wie sich auch daraus ergäbe, dass dort eine Frist zur Rücknahme des Fahrzeuges gesetzt wurde. Selbst wenn man dies Schreiben so nicht interpretieren wollte, wäre zu berücksichtigen, dass die Beklagte ein Recht zur eigenen Prüfung der behaupteten Mängel habe, welches die die Beklagte mit ihrem Antwortschreiben bekundet habe.

Der Kläger war hier auch nicht ausnahmsweise berechtigt, diesem Verlangen zu widersprechen, da er die Mängel dargelegt habe und von daher die Beklagte zur Berechnung in der Lage gewesen wäre. Dieses würde dem Gesetzeszweck zuwiderlaufen, dem Schuldner die Möglichkeit einer eigenen Prüfung zu geben.

Auch der bereits erfolgte Fristablauf zum Zeitpunkt der Reaktion durch die Beklagte stand dem nach Ansicht des OLG nicht entgegen. Anerkannt sei vielmehr sogar, dass ein Verkäufer sich vor Erklärung des Rücktritts unabhängig von einem bereits gegebenen Fristablauf zur Mangelbeseitigung noch auf die Einrede des § 439 Abs. 3 BGB berufen könne (BGH MDR 2014, 26).

Damit käme es vorliegend nicht darauf an, ob Mängel vorlagen. Maßgeblich wäre dies nur dann, wenn eine Nacherfüllung durch Nachlieferung unmöglich wäre oder aber eine Verweigerung vorläge. Dann bliebe nur die Mängelbeseitigung durch Nachbesserung und nur dann gäbe es keine Nacherfüllung mehr, die gegenüber dem Rücktritt vorrangig wäre. Eine Verweigerung der Mängelbeseitigung sei aber im Schreiben der Beklagten nicht zu sehen, da diese nur schrieb, dass die Nachlieferung überschlägig unverhältnismäßig und damit nicht zumutbar sein „dürfte“.


OLG Düsseldorf, Urteil vom 14.01.2016 – 5 U 49/15 -

Freitag, 23. September 2016

Kaufrecht: Herstellergarantie ist Beschaffenheitsmerkmal und ihr Fehlen kann einen Vertragsrücktritt rechtfertigen

Der Klä­ger er­warb von dem be­klag­ten Au­to­händ­ler ei­nen ge­brauch­ten Audi TT, den die­ser auf ei­ner In­ter­net­platt­form mit Angabe „inklusive Audi-Garantie bis 11/2014“ bewarb. Der Kaufvertrag wurde am 07.07.2013 abgeschlossen; das Fahrzeug hatte eine Laufleistung von 45.170km. Im August 2013 erhielt der Kläger im Rahmen der Garantie in einem Audi-Zentrum ein Austauschgetriebe und im September 2013 ein neues Steuergerät für die Kraftstoffpumpe. Da das Problem an dem Fahrzeug damit nicht behoben wurde, nahm Audi eine weitergehende Prüfung vor und stellte dabei eine Manipulation der Laufleistung (vor Abschluss des Kaufvertrages) fest, weshalb weitere Garantieleistungen verweigert wurden. Der Kläger erklärte unter dem 02.10.2013 den Rücktritt vom Kaufvertrag und verlangte Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeuges Rückzahlung des Kaufpreises und der Zahlung seiner Aufwendungen Zug um Zug gegen Erstattung der Gebrauchsvorteile. Während Land- und Oberlandesgericht die Klage abwiesen, hob der BGH die Entscheidungen auf und verwies den Rechtsstreit an das OLG zurück.

Entgegen der Vorinstanz nahm der BGH an, dass das Bestehen einer Herstellergarantie in der Regel ein Beschaffenheitsmerkmal der Kaufsache nach § 434 Abs. 1 S. 1 und S. 2 BGB sei, so dass dessen Fehlen einen Sachmangel darstellen könne. Nach der Neuregelung im Schuldrechtsmodernisierungsgesetz (von 2001) jede nach früheren recht zusicherungsfähige Eigenschaft eine Beschaffenheit iSv. § 434 Abs. 1 BGB darstelle. Eine Herstellergarantie stellt führe zu einem rechtlichen Verhältnis zwischen Fahrzeughalter und –hersteller in Bezug auf das Fahrzeug, in dessen Rahmen regelmäßig im Rahmen der Garantieerklärung Ersatz für die Kosten von bestimmten Reparaturen geleistet würde.  Entgegen dem früheren recht sei jetzt nicht mehr ausreichend, dass eine Beschaffenheitsvereinbarung „im Zweifel“ vorläge, sondern sie müsse eindeutig in Betracht kommen. Einer Vereinbarung bedarf es nicht. Ausreichend ist daher, wenn eine bestimmte Aussage getroffen wird, die nicht auf lediglich einen Verweis auf Dritte darstellt (z.B. „laut Vorbesitzer“ oder „laut Fahrzeugschein“, Urteil vom 12.03.2008 – VIII ZR 253/05 -).


BGH, Urteil vom 15.06.2016 – VIII ZR 134/15 -

Mittwoch, 10. August 2016

Fristsetzung zur Nacherfüllung im Kaufrecht - Anforderungen

Die  Entscheidung des BGH nimmt zur Frage Stellung, was für eine nach § 323 Abs. 1 zu setzende Frist erforderlich ist. Die Vorinstanzen hatten die Klage auf Rückzahlung des Kaufpreises und auf Schadensersatz zurückgewiesen. Es wäre keine angemessene Frist zur Nacherfüllung gesetzt worden, so die Begründung. Es wären von der (auch anwaltlich vertretenen) Klägerin mehrfach Mängel geltend gemacht worden, auch teilweise mit der Bitte um Behebung. Allerdings sei zu keinem Zeitpunkt ein Nacherfüllungsverlangen unter Fristsetzung (obwohl nach § 440 BGB zumutbar) erfolgt. Auch eine telefonische Mitteilung der Beklagten, bis zu einem bestimmten Datum alles mitzuteilen, würde diese Fristsetzung nicht entbehrlich machen. Dem folgt der BGH nicht.


Der BGH hält es nicht für erforderlich, dass eine bestimmte Frist gesetzt werden muss. Er verweist auf seine bisherige Rechtsprechung und führt aus, ausreichend sei das Verlangen des Gläubigers nach sofortiger, unverzüglicher oder umgehender Leistung oder eine vergleichbare Formulierung, mit der dem Schuldner verdeutlicht würde, dass ihm nur ein begrenzter (bestimmbarer) Zeitraum zur Verfügung steht. Der Angabe eine s(bestimmten) Zeitraums oder eines (End-) Termins bedarf es nicht. Indem hier von der Klägerin der Beklagten mit Mail mitgeteilt wurde, dass „schon jetzt“ um eine „schnelle Behebung der Mängel“ gebeten werde, genügte dies nach Auffassung des BGH an das Erfordernis der Fristsetzung. Eine auf „schnelle Behebung“ gerichtete Aufforderung stelle sich als ausreichende Darlegung für eine Aufforderung zur Behebung in „angemessener Frist“, unverzüglich bzw. umgehend  dar.

Der BGH weist darauf hin, dass der Gläubiger nicht durch Relativierungen seiner Äußerung die Ernsthaftigkeit nehmen darf. Dies sei aber nicht bereits dann der Fall, wenn die Forderung in Form einer höflichen Bitte (wie hier) gekleidet würde.


BGH, Urteil vom 13.07.2016 – VIII ZR 49/15 -