Die Beklagte war Reiseveranstalterin,
bei der online Pauschalreisen gebucht werden konnten. Im Zeitraum vom 28.05.
bis 08.07.2020 befand sich auf ihrer Internetseite unter einem mit „Aktuelle
Corona-Informationen finden Sie hier“ versehener Link, in dem auf die derzeit
schwierige Erreichbarkeit der Beklagten verwiesen wurde und Gäste mit einer
Abreise bis 30.06.2020 in der Reihenfolge der Abreise unaufgefordert
kontaktiert würden, ferner, dass man sich freuen würde, wenn die Reise um ein Jahr
verschoben würde. Es wurde gebeten, von Anfragen abzusehen, „bis das Schreiben
bei Ihnen ist“. Der Kläger, der Dachverband der Verbraucherzentralen der
Bundesländer, erhob eine Unterlassungsklage, da er die Ansicht vertrat, die
Kunden würden dadurch davon abgehalten, ihre Reise gegen Rückerstattung des
Reisepreises zu stornieren. Die Klage und die gegen das klageabweisende Urteil
eingelegte Berufung blieben erfolglos.
Ein Unterlassungsanspruch würde
sich nicht aus §§ 3, 3a, 8 Abs. 1 UWG iVm. § 651h Abs. 3 BGB ergeben. Dabei
ließ es das OLG auf sich beruhen, ob § 651h Abs. 3 UWG eine
Marktverhaltensregelung sei (was wohl der Fall sei, da sie dem Schutz der Kunden
als Verbraucher diene). Jedenfalls läge ein Verstoß gegen § 651h Abs. 3 UWG
nicht vor.
§ 651h Abs. 1 S. 3 BGB regele
eine Entschädigungspflicht, die der Kunde dem Veranstalter im Falle seines
Rücktritts vom Reisevertrag zahlen müsse. Des gelte dann nicht, wenn nach §
651h Abs. 3 BGB am Bestimmungsort oder in dessen unmittelbarer Nähe
unvermeidbaren außergewöhnliche Umstände auftreten würden, die die Durchführung
der Pauschalreise oder der Beförderung von Personen erheblich beeinträchtigen.
Das sei bei Umständen der Fall, die die Partei, die sich darauf beruft, auch
bei allen zumutbaren Vorkehrungen nicht beeinflussen könne. Der benannte
Hinweise sei an Kunden gerichtet worden, deren Reise wegen der Coronakrise nicht
hätte durchgeführt werden können. Ein Rücktritt des Veranstalters läge offenbar
aber nicht vor, weshalb § 651h BGB nicht zur Anwendung käme. Allerdings habe
für die Reisenden die Möglichkeit zum Rücktritt bestanden, wobei unterstellt
werden könne, dass die Corona-Pandemie in der fraglichen Zeit ein unvermeidbarer
außergewöhnlicher Umstand war, der die Durchführung der Reise erheblich
beeinträchtigt habe, weshalb keine Entschädigung zu zahlen wäre und der Reisepreis
zurückverlangt werden konnte.
Der Kläger habe aber nicht
dargelegt, dass die Beklagte unter Verstoß gegen § 651h Abs. 3 BGB gleichwohl
eine Entschädigung verlangt habe oder sich in Ansehung eines solchen Anspruchs
geweigert habe, den Reisepreis zu erstatten. Es käme im Rahmen des § 651 Abs. 3
BGB nicht darauf an, ob die Beklagte durch ihre Verlautbarung verschleiert
habe, dass eine Möglichkeit zum kostenlosen Rücktritt bestand. Eine
Aufklärungspflicht des Reiseveranstalters über die entschädigungslose
Rücktrittsmöglichkeit ließe sich § 651h Abs. 3 BGB nicht entnehmen und dass ein
entschädigungsloser Rücktritt nicht akzeptiert würde ließe sich der Verlautbarung
nicht entnehmen. Damit könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagte
mit ihrer Verlautbarung ein Rücktrittsrecht vereitelt oder gezielt erschwert
hätte.
Ebenso wenig könne sich der
Kläger für das Unterlassungsbegehren auf §§ 3, 5 Abs. 2 Nr. 7, 8 Abs. 1 UWG
berufen. Die Hinweise in der Verlautbarung würden keine Irreführung über Rechte
der Verbraucher im Hinblick auf die coronabedingt nicht durchgeführten Reisen bewirken.
Die Angaben seien nicht blickfangmäßig herausgestellt und müssten im
Gesamtzusammenhang gesehen werden. Vielmehr habe sich die Beklagte zunächst
dafür bedankt, dass viele der Kunden ihre Wunschreise auf das nächste Jahr
verschoben hätten und man wisse es zu schätzen, dass viele auch ihre
Solidaritätsbekundung durch die hohe Anzahl von Annahmen des Reisegutscheins
zum Ausdruck gebracht hätten. Nach dem maßgeblichen Verkehrsverständnis deute
dies darauf hin, dass die Umbuchung optional und freiwillig sei. Auch der
Hinweis eine Kontaktierung der Gäste in der Reihenfolge ihrer Abreise mit der
Bitte um Verschiebung der Reise um ein Jahr und der weiteren Bitte, von
Rückfragen bis zum Zugang des Schreibens zu warten, könne der situationsadäqaut
aufmerksame Durchschnittsverbraucher nicht dahingehend verstehen, dass kein
Rücktrittsrecht und keine kostenlose Stornierung möglich sei.
Soweit die Beklagte auf die auf
der Internetseite benannten Themen „Wo finde ich detaillierte Informationen zum
Corona-Virus“ und „Wie schütze ich mich richtig“ verweist, würde auch nicht ableiten,
dass die Beklagte auf diesen Seiten umfassend und abschließend den Verbraucher
über seien Rechte informieren wolle. E fänden sich dort nur Links zum Robert-Koch-Institut
und dem Auswärtigen Amt zur gesundheitlichen Lage in Deutschland und im
Reiseland. Der Verbraucher erwarte hier nicht Aufklärung über mögliche
reisevertragliche Ansprüche.
Auch habe die Beklagte keine
Informationen (so zum Rücktrittsrecht“ vorenthalten, die iSv. §§ 3, 5a Abs. 2
Nr. 2m 8 Abs. 1 UWG wesentlich wären. Zu Zeitpunkt der Publizierung bestand
nach § 5a Abs. 3 Nr. 5 UWG a.F. zwar eine Verpflichtung, über das Bestehen
eines gesetzlichen Rechts zum Rücktritt oder Widerruf aufzuklären; diese hätten
sich aber nur auf Angebote zum Zeitpunkt des Geschäftsabschlusses (hier Reisevertrag)
bezogen. Die vorliegend angegriffenen Passagen beträfen aber den Bereich der
Abwicklung.
Im Falle von Leistungsstörungen
würde nach § 5a UWG keine grundsätzliche Verpflichtung bestehen, den anderen
Vertragsteil umfassend über seine Rechte (hier kostenloses Rücktrittsrecht) aufzuklären.
Auch aus Art. 240 § 6 Abs. 1 EGBGB ließe sich eine Informationspflicht zu
Gutscheinen nicht herleiten, da diese Norm erst nach Einstellung des
online-Angebots in Kraft getreten sei.
Ein Anspruch ließe sich auch nicht
aus §§ 3, 4a, 8 Abs. 1 UWG herleiten. § 4a Abs. 1 S. 1 UWG verbiete aggressive
geschäftliche Handlungen, die geeignet wären, den Verbraucher zu einer Entscheidung
zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Derartiges liege
nicht vor. Die Formulierungen würden keinen Druck auf den Verbraucher ausüben
und er würde nicht von naheliegenden Überlegungen abgehalten, ob er überhaupt
eine Umbuchung will oder einfach storniert. Aus Sicht des Verbrauchers habe die
Beklagte lediglich eine Bitte geäußert. Eine Beeinträchtigung der
Entscheidungsfreiheit sei nicht gegeben.
OLG Frankfurt, Urteil vom
15.09.2022 - 6 U 191/21 -