Dem Beklagten wurde – ohne vorherige Abmahnung – fristlos wegen seiner Gewalttätigkeiten gekündigt. Seinem Antrag auf Prozesskostenhilfe hatte das Landgericht (LG), den er im Berufungsverfahren nach stattgegebener Klage stellte, zurückgewiesen.
Die Kündigung sei nach § 543 Abs. 1 BGB wirksam. In § 543 Abs. 1 BGB heißt es:
Jede Vertragspartei kann das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann.
Grundsätzlich sei zwar das Verschulden des Mieters ein wesentlicher Abwägungsfaktor für die Zumutbarkeit der Vertragsfortsetzung. Vorliegend sah aber das LG die Pflichtverletzungen des Beklagten als so gravierend an, dass dies nicht erforderlich sei. Der Vermieter habe auch Schutzpflichten gegenüber den anderen Hausbewohnern, weshalb eine Fortsetzung des Mietverhältnisses mit dem gewaltbereiten (und angeblich unter untherapierter Alkoholsucht leidenden) Beklagten unter keinen Umständen mehr zumutbar.
Anmerkung: Die Kündigung ohne Verschulden des Mieters ohne vorherige Abmahnung ist eine Ausnahme und kommt dann in Betracht, wenn das Fehlverhalten des Mieters eine Vertrauensgrundlage derart erschütterte, dass sie auch durch eine erfolgreiche Abmahnung nicht geheilt werden kann (Hinweisbeschluss des LG München I vom 13.07.2023 - 14 S 6310/23 -). Die Abmahnung hatte das LG Berlin (Beschluss vom 22.02.2005 – 63 S 410/04 -) bei SMS an den Vermieter mit „dumme Kuh“ und „Arschloch“ als entbehrlich gehalten, das LG Köln (Urteil vom 30.06.2022 - 6 S 203/21 -)allerdings bei einer Bedrohung von Handwerkern mit einem Messer nicht.
Bei einer Schuldlosigkeit des Mieters muss das Maß des Zumutbaren soweit überschritten sein, dass eine eingeschränkte oder fehlende Verantwortlichkeit für das eigene Handeln völlig zurücktritt.
LG Berlin II, Beschluss vom
30.07.2024 - 67 S 190/24 -