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Freitag, 4. Mai 2018

Rechtsnatur der elektronischen Werbeanzeige und Werbewirksamkeit


Die Beklagte hatte die Klägerin mit einer Werbeanzeige auf der Domain „www.Kreisgebiet-T....de beauftragt. Diese wurde entsprechend platziert. Die Vergütung wurde von der Beklagten nicht gezahlt. Amts- und Landgericht hatten die Klage abgewiesen; auf die zugelassene Revision hob der BGH das Urteil auf und verwies den Rechtsstreit an das Landgericht zurück. Entscheidend sei, ob die Dienstleistung also solche oder al Arbeitsergebnis dessen Erfolg geschuldet würde. Bei einem Vertrag, auf bestimmte Zeit ein bestimmtes Werbeplakat an einer bestimmten Stelle auszuhängen, sei das Arbeitsergebnis geschuldet, weshalb es sich um einen Werkvertrag handele.

Richtig, so der BGH, habe das Landgericht den Vertrag der Parteien als Werkvertrag nach § 631 BGB eingeordnet. Für die Abgrenzung von Dienst- und Werkvertrag käme es auf den im Vertrag zum Ausdruck gebrachten Willen an.

Allerdings habe es rechtsfehlerhaft die Ansicht vertreten, der Erfolg nach § 631 Abs. 1 BGB erschöpfe sich nicht in der Einstellung im Internet alleine, vielmehr würde es dem Auftraggeber darauf ankommen, sein beworbenes Produkt bei einem möglichst großen Teil potentieller Kunden bekannt zu machen, weshalb der Unternehmer für eine Verbreitung der Anzeige auf der von ihm betriebenen Website Sorge tragen müsse. Gleiches gelte für einen Werbespot auf einem Videoboard mit Vereinbarung einer bestimmten Wiederholungsfrequenz sowie für die Eintragung in einem elektronischen Branchenverzeichnis als auch für die Erstellung und Betreuung von Internetpräsentationen (sogen. Internet-System-Vertrag). Mit der Einstellung einer Werbeanzeige auf einer bestimmten Domain für eine vereinbarte Vertragslaufzeit würde von der Klägerin ein bestimmtes Arbeitsergebnis geschuldet; darin liege der Werkerfolg.

Die Auffassung des Landgerichts, der Werkvertrag sei nicht hinreichend bestimmt, da keine Regelungen enthalte, die Rückschlüsse auf den Umfang der Bekanntmachung der Werbeanzeige und damit auf deren Werbewirksamkeit zulasse, sei, so der BGH, verfehlt. Entgegen der Annahme des Landgerichts gehöre dies mangels einer entsprechenden Vereinbarung nicht zum wesentlichen Inhalt eines auf Schaltung einer elektronischen Werbeanzeige gerichteten Vertrages. Ihr Fehlen führe daher nicht zur Unwirksamkeit des Vertrages. Es sei das Risiko des Werbenden, ob die von ihm gewünschte Werbewirkung tatsächlich erzielt würde.

Da das Landgericht keine weiteren Feststellungen zu den weiteren Anspruchsvoraussetzungen für die Werklohnklage getroffen hatte, wurde der Rechtsstreit vom BGH zurück verwiesen.

BGH, Urteil vom 22.03.2018 - VII ZR 71/17 -

Samstag, 7. April 2018

Werkvertrag: Haftungsabwägung bei Wasserschaden durch Werkmangel in unbewohnter und nicht kontrollierter Wohnung


Die Klägerin, die auf Mallorca wohnt, beauftragte die Beklagte mit Sanitär- und Heizungsarbeiten in einem Mehrfamilienhaus in Deutschland. Am 28.12.2012 führten Mitarbeiter der Beklagten Arbeiten in der unbewohnten Dachgeschosswohnung aus. Am 22.06.2012 stellte der Zeuge R. fest, dass sich auf dem Fußboden eine 1cm hohe Wasserschicht befand, die den Fußbodenaufbau völlig durchnässte und Wände sowie Türzargen beschädigt hatte. Die Klägerin verlangt von der Beklagten Schadensersatz für die Beseitigung des Wasserschadens sowie Mietausfall und die Kosten eines Sachverständigengutachtens. Das Landgericht wies die Klage ab. Die Berufung wurde vom OLG durch einstimmigen Beschluss nach § 522 ZPO zurückgewiesen. Auf die zugelassene Revision der Klägerin hob der BGH das Urteil auf und verwies den Rechtsstreit an das OLG zurück.

Im wesentlichen ging es um die Fragen, ob der Schaden adäquat kausal durch die mangelhafte Werkleistung verursacht wurde und (so in den Hilfserwägungen des OLG ausgeführt) bejahendenfalls, ob der Schaden durch ein Mitverschulden der Klägerin selbst verursacht wurde. Die Kausalität wurde vom BGH bejaht; bezüglich eines möglichen Mitverschuldens trugen die Ausführungen des OLG zwar die Abweisung auch nicht, war aber eine weitere Prüfung durch die Tatsacheninstanz notwendig.

Das OLG hatte einen Zurechnungszusammenhang zwischen dem Werkmangel und dem Schaden mit der Erwägung negiert, da das Schadensausmaß in der Sphäre der Klägerin läge, die die üblichen Sicherungsvorkehrungen (so mehrmals wöchentliche Überprüfungen der Wohnung) unterlassen habe. Der BGH verwies daraus, dass entgegen der Annahme des OLG die haftungsrechtliche Zurechnung nicht dadurch ausgeschlossen sei, dass noch weitere Ursachen dazu beigetragen hätten. Das (rechtmäßige oder rechtswidrige) Dazwischentreten des Geschädigten sei nur von Belang, wenn die zweite Ursache den Geschehensablauf so verändert hätte, dass der Schaden nur noch in einem „äußerlichen“, letztlich „zufälligen“ Zusammenhang zu der durch die erste Ursache geschaffenen Gefahrenlage stünde. Würden aber in dem Schaden die besonderen Gefahren fortwirken, die durch die erste Ursache gesetzt worden seien, könne der haftungsrechtliche Zusammenhang nicht verneint werden. Der Wasserschaden sei hier durch die mangelhafte Werkleistung verursacht worden. Die durch den Mangel verursachte Gefahr habe auch noch bei der Feststellung des Schadens am 22.06.2012 bestanden. Damit sei der Mangel die Ursache des Schadens.

Die Hilfsbegründung des OLG zum Mitverschulden (§ 254 BGB) mangels ständiger Kontrolle der Wohnung trage auch nicht. Das Verschulden nach § 254 BGB bedeute keine vorwerfbare Verletzung einer einem Dritten gegenüber obliegenden Pflicht, sondern ein Verschulden in eigenen Angelegenheiten. Davon könne nur gesprochen werden, wenn der Geschädigte unter Verstoß gegen Treu und Glauben diejenigen zumutbaren Maßnahmen unterlässt, die ein vernünftiger, wirtschaftlich denkender Mensch nach Lage der Dinge ergreifen würde, um Schaden von sich abzuwenden oder zu mindern. Welche Maßnahmen danach ein Eigentümer einer unbewohnten Wohnung zur Verhinderung eines (erheblichen) Wasserschadens bei längerer Abwesenheit treffe richte sich nach den Umständen des Einzelfalls, wie Alter des Anwesens und seiner Versorgungsleitungen, nach der Aufteilung der Wohneinheiten, der Umgebung des Hauses sowie nach der jahreszeitlichen Witterung. Vor diesem Hintergrund sei die nicht näher begründete Annahme des OLG verfehlt, in einer unbewohnten Wohnung seien stets mehrmals wöchentlich Kontrollen durchzuführen. Es habe die Schutz- und Obhutspflichten überspannt; nach dieser Vorstellung sei ein Eigentümer auch bei kurzer Dienstreise oder einem Kurzurlaub stets gehalten, für mehrfache Kontrollen zu sorgen. Derartiges sei weder üblich noch könne dies von einem vernünftigen, wirtschaftlich denkenden Menschen nach Treu und Glauben verlangt werden. Kontrollen zur Abwendung eines Wasserschadens in einer unbewohnten Wohnung könnten nur in dem Maß verlangt werden, wie sie im Einzelfall dem Rechtsinhaber zumutbar seien. Hier ermangele es an tragfähigen Feststellungen durch das OLG.

Der BGH wies ferner darauf hin, dass, für den Fall, dass das OLG nach erneuter Prüfung wieder vom Unterlassen von Kontrollen ausginge, darüber Beweis zu erheben sei, dass die Klägerin behauptete, die Beklagte mit dem Abstellen der Wasserzufuhr beauftragt habe. Sollte sich dies bestätigen, wäre ein Berufen auf ein Mitverschulden nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) ausgeschlossen. Ferner wäre bei Bestätigung einer Obliegenheitspflichtverletzung durch die Klägerin bei der Abwägung in erster Linie auf das Maß der beiderseitigen Verursachung, in zweiter Linie auf das Maß des beiderseitigen Verschuldens abzustellen; für die Haftungsverteilung käme es wesentlich darauf an, ob das Verhalten des Schädigers oder der Geschädigten den Eintritt des Schadens in erheblich höherem Maße wahrscheinlich gemacht habe.

BGH, Urteil vom 25.01.2018 - VII ZR 74/15 -

Sonntag, 11. März 2018

Werkvertrag: Selbstvornahmekosten nach § 634 BGB können grds. erst nach Abnahme verlangt werden


Mit der Klage wurde eine Forderung aus einer 3. Abschlagsrechnung geltend gemacht. Die Beklagte , die fehlende Fälligkeit einwandte, hatte Widerklage auf Kostenvorschuss von € 2 Mio. für bestehende Mängel  erhoben.  Nach der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht wurde über das Vermögen der Klägerin auf deren Eigenantrag hin das Insolvenzverfahren eröffnet. Das Berufungsgericht hatte die Widerklage abgewiesen, wogegen sich die Beklagte mit der insoweit zugelassenen Revision wendet.

Die Revision wurde zurückgewiesen.

Bereits mit Urteil vom 19.01.2017 - VII ZR 301/13 - hat der BGH entschieden, dass der Besteller Mängelrechte aus § 634 BGB (wie hier den Kostenvorschuss) grundsätzlich erst nach Abnahme des Werkes geltend machen könne. Darauf verweist der Senat in seinem jetzigen Urteil. Allerdings könne der Besteller berechtigt sein, Mängelrechte nach § 634 Nr. 2 bis 4 BGB ohne Abnahme geltend zu machen, wenn er die (Nach-) Erfüllung des Vertrages nicht mehr verlangen könne und das Vertragsverhältnis in ein Abwicklungsverhältnis übergegangen sei. Das Verlangen eines Vorschusses für die Beseitigung eines Mangels im Wege der Selbstvornahme sei aber nicht ausreichend. In diesem Fall würde ausnahmsweise ein Abrechnungsverhältnis entstehen, wenn der Besteller konkludent zum Ausdruck bringen würde, unter keinen Umständen mehr mit dem Unternehmer zusammenarbeiten zu wollen, auch dann nicht, wenn die Selbstvornahme zu einer mangelfreien Herstellung des Werkes führe. Dies habe hier nicht vorgelegen.

Auch könne sich die Revision nicht erfolgreich darauf berufen, dass nach der letzten mündlichen Verhandlung mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über die ehemalige Klägerin Umstände eingetreten wären, die zu einem Abrechnungsverhältnis führen würden. Mit dem Eigeninsolvenzantrag habe die ehemalige Klägerin einen wichtigen Grund für eine Kündigung gesetzt. Der BGH anerkennt zwar, dass ein Eigeninsolvenzantrag des Unternehmers einen wichtigen Grund zur Kündigung darstellen könne, § 311 BGB (BGH, Urteil vom 07.04.2016 - VII ZR 56/15 -); ob dies hier vorläge, könne aber auf sich beruhen, da es an einem revisionsrechtlich zu beurteilenden Sachverhalt an einer Kündigung der Beklagten ermangele. Im Revisionsverfahren könne dies nicht mehr eingeführt werden; der jetzige Vortrag der Beklagten, die Klägerin (Schuldnerin) könne und wolle nicht mehr nachbessern, sei nicht unstreitig, was Voraussetzung für eine Beachtung des neuen Vortrages im Revisionsverfahren sei.

Anmerkung: Es lässt sich nicht erkennen, ob hier die Beklagte nach dem Eigeninsolvenzantrag der Schuldnerin noch die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht hätte beantragen können. Richtig ist, dass jedenfalls der neue Sachvortrag, da er nicht unstreitig war, im Revisionsverfahren aus prozessualen Gründen nicht berücksichtigt werden konnte. Die Beklagte kann allerdings, da die Entscheidung insoweit nicht in materieller Rechtskraft erwächst, auf dieser Grundlage erneut Ansprüche (gegen den Insolvenzverwalter, der im revisionsverfahren die Parteirolle der Klägerin übernommen hatte) geltend machen. Allerdings verwundert die Entscheidung des BGH vor dem Hintergrund der Entscheidung desselben Senats vom 07.04.2016, hatte er doch dort pauschal den Eigeninsolvenzantrag als wichtigen Grund für eine Kündigung angesehen.

BGH, Urteil vom 09.11.2017 - VII ZR 116/15 -

Sonntag, 17. September 2017

Ausschreibung: Abweichung in dem Leistungsangebot und Vertragsauslegung

Die Klägerin kündigte den  mit der Beklagten abgeschlossenen Bauvertrag und verlangte von dieser die höhere Vergütung eines sodann (nach Neuausschreibung)  beauftragten Drittunternehmers als Schadensersatz.  Vorausgegangen war dem eine Ausschreibung der Klägerin, in der u.a. zum Bodenbelag Betonwerkstein „Select“ Art.-Nr. 7432 mit einer „Plattendicke 2cm“  gefordert wurde. Die Beklagte bewarb sich und gab im Bieterverzeichnis zu dieser Position den Bodenbelag „Typ Petra 93.70 A.T. konventionell“ an. Von der Klägerin wurde der Beklagten, nach Besichtigung einer Musterplatte mit einer kleineren Fläche von 15 x 15cm und einer Plattendicke von 2cm der Zuschlag erteilt. In der Folge kam es zwischen den Parteien zu einem Streit, da das von der Beklagten im Bieterverzeichnis eine Plattendicke von 26mm aufwies. Die Beklagte wies die Forderung der Klägerin auf eine Plattendecke von 20mm zurück, weshalb die Klägerin schließlich den Vertrag fristlos kündigte.

Gegen das der Klage stattgebende Urteil legte die Beklagte Berufung ein.

Das Landgericht ging, von der Berufung insoweit auch nicht angegriffen, davon aus, dass die Kündigung gerechtfertigt gewesen sei, wenn zwischen den Parteien eine Plattendicke von 20mm vereinbart gewesen sei. Von einer solchen Vereinbarung  sei entgegen der Annahme  der Beklagten auszugehen.

Die Beklagte könne, so das OLG, nicht damit gehört werden , dass sich ihr Angebot auf einen Plattentyp mit einer Plattendicke von 26mm bezogen habe. Das der Ausschreibung zugrunde liegende Leistungsverzeichnis habe deutlich eine Plattendicke von 20mm hervorgehoben. Die ergänzende Produktangabe könne die Vorgabe nicht entkräften, was sich daraus ergäbe, dass es das von der Klägerin benannte Produkt mit der Plattendicke gäbe. Dem stünde auch der Einwand der Beklagten nicht entgegen, dass die Standarddicke dieses Produkts 28mm betrage, da entscheidend die Ausschreibung mit 20mm sei und dies auch vom Hersteller angeboten würde.  

Es sei eine Frage der Auslegung nach §§ 133, 157 BGB, welche Leistung letztlich vereinbart war. Abzustellen sei darauf, wie ein objektiver Dritter bei vernünftiger Beurteilung der ihm bekannten oder erkennbaren Umstände die von den Erklärenden gewählte Bezeichnung hätte verstehen können oder müssen. Alleine der Umstand, dass die von der Beklagten angebotene Platte evtl. nur mit einer Dicke von 26mm hergestellt wird, führe nicht notwendig zu einem Dissens, da dieser nicht schon dann vorliege, wenn die Parteien sich nicht hinsichtlich des Gewollten zutreffend abgestimmt hätten. Ein einseitiger Inhaltsirrtum führe nicht zum Dissens, wenn die andere Partei ihren Willen korrekt zum Ausdruck gebracht hat und zudem auch die Erklärung des Kontrahenten als mit seiner eigenen Vorstellung als übereinstimmend ansehen durfte (normativer Konsens mit Möglichkeit zur Irrtumsanfechtung). Damit sei vorliegend entscheidend, ob die Angabe im Angebot der Beklagten „konventionell“ von der Klägerin dahingehend hätte verstanden werden müssen, es handele sich um Platten mit einer Dicke von 26mm.

Nach einem eingeholten Gutachten folgt das OLG dem Sachverständigen dahingehend, dass für die Beklagte hätte klar sein müssen, dass die Plattenstärke von 20mm ein wesentlicher Gesichtspunkt gewesen sei und die Beklagte nicht den Terminus „konventionell“ erläutert habe. Es sei von daher für einen ausschreibenden Ingenieur nicht ersichtlich gewesen, dass eine Plattenstärke von 26mm angeboten würde.  Die Klägerin sei, so das OLG, auch nicht verpflichtet gewesen, die angebotenen Materialien (ohne dass es dafür Anhaltspunkte gab) zu untersuchen oder nachzufragen.


OLG Koblenz, Urteil vom 08.02.2017 - 5 U 896/16 -

Sonntag, 25. Juni 2017

Gewährleistungsansprüche: Unwirksame AGB-Sicherungsklausel im Bauwerkvertrag

Streitgegenständlich war im Revisionsverfahren noch eine Forderung der Klägerin (Werkunternehmer) auf restwerklohn in Höhe von € 7.470,72. Es handelte sich hier um einen von der Beklagten nach dem Bauwerkvertrag einbehaltenen Sicherungseinbehalt. In der entsprechenden Klausel des Bauwerkvertrages hießt es:

22.1. Die Parteien vereinbaren - unabhängig von einer Ausführungsbürgschaft -, den Einbehalt einer unverzinslichen Sicherheitsleistung durch den AG in Höhe von 5% der Brutto-Abrechnungssumme für die Sicherstellung der Gewährleistung einschließlich Schadensersatz und Erstattung von Überzahlungen.
22.2. Der AN ist berechtigt, den Sicherheitseinbehalt gegen Vorlage einer unbefristeten, selbstschuldnerischen und unwiderruflichen Bürgschaft einer deutschen Großbank … abzulösen; frühestens allerdings nach vollständiger Beseitigung der im Abnahmeprotokoll festgestellter Mängel oder fehlender Leistungen…

Der BGH ging, mangels anderweitiger Feststellungen der Vorinstanzen im Revisionsverfahren davon aus, dass es sich bei dem Vertrag um von der Beklagten gestellte Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt. Diese verweigerte die Zahlung des darauf gestützten Betrages, nachdem die Klägerin wegen fehlender Baufreiheit den Vertrag kündigte und die erbrachten Leistungen abrechnete. Sie hatte zusammen mit dem Architekten ein Mängelprotokoll erstellt, welches allerdings von der Klägerin nicht gegengezeichnet wurde.

In den Vorinstanzen wurde die Klage abgewiesen. Die Revision führte zur Aufhebung und Zurückverweisung an das OLG.

Nach Auffassung des BGH verstößt die Regelung in 22.1. und 22.2. des AGB-Werkvertrages gegen § 307 Abs. 1 S. 1 BGB. In diesem Sinne sei eine Klausel unangemessen, nach der der Auftraggeber für die Dauer der Gewährleistungsfrist einen Einbehalt zur Sicherung seiner daraus resultierenden möglichen Ansprüche vornehmen darf, der Auftragnehmer dafür aber keinen angemessenen Ausgleich erhält und das Bonitätsrisiko für die Dauer der Gewährleistungsfrist trägt und ihm die Liquidität sowie die Verzinsung vorenthalten werden.

Allerdings sei unter diesem Gesichtspunkt eine Klausel, nach der der Auftraggeber 5% der Bausumme für die Dauer der fünfjährigen Gewährleistungsfrist durch eine selbstschuldnerische unbefristete ablösen kann, danach nicht unwirksam. Dies folge daraus, dass die in der Zinsbelastung und einer Einschränkung der Kreditlinie bei Bereitstellung einer Bürgschaft im Hinblick auf das berechtigte Sicherungsinteresse des Auftraggebers nicht so gewichtig sind, um daraus die Unwirksamkeit herzuleiten (Senat vom 26.02.2004 - VII ZR 247/02 -).

Allerdings sei diese Klausel dann unwirksam, wenn  - wie hier – die Ablösung des Einbehalts durch eine Bürgschaft davon abhängig gemacht würde, dass wesentliche Mängel nicht (mehr) vorhanden sind (Senat vom 13.11.2003 - VII ZR 57/02 -).

Die Regelungen unter 22.1. und 22.2. stellen sich nach Ansicht des BGH als Einheit dar und bedürften daher einer Gesamtbeurteilung. Da hier die Ablösemöglichkeit erst nach Beseitigung von im Abnahmeprotokoll  festgestellter Mängel oder fehlender Leistungen bestünde, handele es sich um eine so weitreichende Einschränkung, dass ein angemessener Ausgleich im Hinblick auf Nachteile des Auftragnehmers nicht mehr angenommen werden könne. Die Frage, ob Mängelrügen bei der Abnahme resp. die Rügen fehlender Leistungen berechtigt sind oder nicht, könne zu einer langjährigen Kontroverse führen, die sich über die Dauer der Mängelfrist für Gewährleistungsansprüche hinziehen könnte.

Die Zurückverweisung erfolgte, damit das OLG klärt, ob es sich bei den Regelungen um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt.


BGH, Urteil vom 30.03.2017 - VII ZR 170/16 -

Freitag, 19. Mai 2017

Nichtiger Werkvertrag auch bei nachträglicher (teilweiser) Schwarzgeldabrede


Unstreitig bot der Beklagte Leistungen zu einem Gesamtpreis von rund € 16.000,00 an. Die Arbeiten wurden ausgeführt. Wann es zur Auftragserteilung und ob und wann es zu einer „ohne-Rechnung-Vereinbarung“ kam ist streitig. Der Beklagte rechnete mit einer Rechnung einen Betrag von rund € 8.600,00 ab, wobei die Rechnung aber andere Objekte (vermiete Wohnungen des Klägers) betraf. Der in Rechnung gestellte Betrag wurde vom Kläger beglichen.  Der Kläger behauptet neben der Überweisung Barzahlungen von € 6.400,00, der Beklagte eine Barzahlung von € 4.000,00.

Der Kläger macht Rückforderungsansprüche gegen den Beklagten nach einem schriftlich erklärten Rücktritt wegen Mängeln geltend. Die Klage wurde in allen Instanzen abgewiesen.

Mängelansprüche, gleich welcher Art, könnten vom Kläger wegen Nichtigkeit des Werkvertrages nicht geltend gemacht werden, §§ 134 BGB, 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG. Nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG sei es untersagt einen Vertrag abzuschließen, der dazu dient, dass eine Partei ihrer Steuerpflicht aus einem Werkvertrag nicht nachkommt. Zur Nichtigkeit führt der verstoß, wenn der Werkunternehmer gegen die Bestimmung vorsätzlich verstößt und der Besteller (hier der Kläger) den Verstoß kennt und bewusst zum eigene Vorteil ausnutzt.  

Nach dem Wortlaut sowie nach Sinn und Zweck des Verbotes käme es nicht darauf an, ob die Vereinbarung vor, bei oder nach Abschluss des Werkvertrages geschlossen wurde. Ziel des Gesetzes sei, Schwarzarbeit schlechthin zu verbieten. Es soll mit ihm nicht nur der tatsächliche Vorgang der Schwarzarbeit eingedämmt werden, sondern der Schwarzarbeit soll auch die rechtliche Wirkung genommen werden.

Vor diesem Hintergrund greife die Argumentation nicht, dass nach einem wirksamen Abschluss des Werkvertrages die nachträgliche Schwarzarbeitverabredung nicht greife, da diese also solche unwirksam sei. Das greife aber zu kurz. Die zusätzliche Vereinbarung betreffe lediglich Umstände der Zahlung, Rechnungsstellung sowie Umsatzsteuer. Dies alleine führe nicht zur Nichtigkeit, da es kein eigenständiges Rechtsgeschäft sei. Erst die Verknüpfung mit dem vorangegangenen Vorgang des Abschlusses des Werkvertrages lasse die inkriminierende Wirkung der Schwarzgeldabrede zur Wirkung kommen und führe so zur Nichtigkeit.


BGH, Urteil vom 16.03.2017 - VII ZR 197/16 -

Dienstag, 16. Mai 2017

Keine Mängelhaftung des Werkunternehmers für Fehler ihm übergebener Ausführungsunterlagen und zur treuwidrig verweigerten Abnahme

Die Beklagte, ein Generalbauunternehmen (GU), ließ von der Klägerin 2010 Rohbauarbeiten für ein Einfamilienhaus ihrer Auftraggeber durchführen. Im Oktober 2011 wurde das Haus den Auftraggebern der Klägerin übergeben. Eine Woche nach der Übernahme rügten die Beklagte diverse Mängel und forderte die Beklagte unter Fristsetzung zur Beseitigung auf. So rügte sie gegenüber der Klägerin Mauerrisse in den Kinderzimmern. Einige Tage später erstellte die Klägerin ihre Schlussrechnung und forderte die Beklagte zur Zahlung auf. Die Werklohnklage hatte im wesentlichen Erfolg.

Insbesondere negierte das Landgericht das Vorliegen eines die Abnahme des Werkes hindernden Mangels, der von der Beklagten wegen der Risse eingewandt wurde.  Insoweit sei nicht die Klägerin für diese Risse verantwortlich. Ursächlich sei eine der Klägerin von der Beklagten zur Verfügung gestellte Statik, die nach den Feststellungen eines im Verfahren eingeholten Gutachtens fehlerhaft gewesen sei. Die Deckenplatte der Erdgeschossdecke sei bei weitem nicht dick genug, um unter Berücksichtigung ihrer Belastung durch die Trennwand zwischen den Kinderzimmern den Wohnbereich zu überspannen, ohne sich durchzubiegen. Die Risse wären das Ergebnis einer Formänderung der Wände. Die Durchbiegung der Decke würde eine Bogenwirkung der Wände begründen.

Auch nach § 13 III VOB/B würde eine Haftung der Klägerin ausscheiden. Danach muss zwar der Auftragnehmer für fehlerhafte Leistungsbeschreibung, Anordnungen pp. des Auftraggebers einstehen, allerdings nur nach Maßgabe von § 4 Nr. 3 VOB/B. § 4 Nr. 3 VOB/B  fordert die Mitteilung des Auftragnehmers an den Auftraggeber und verlangt deshalb dessen Kenntnis.  Der Mangel der Statik war aber für die Klägerin nicht ersichtlich gewesen und sie hätte sich auch auf deren Richtigkeit verlassen dürfen.

Die Beklagte wandte ferner fehlerhafte Maße bei Fenstern und Türen als Abnahmehindernis ein. Dem folgte das Landgericht ebenfalls nicht. Es verwies darauf, dass der gesamte Bau der Überwachung durch den Bauleiter der Beklagten unterlag und nach Aufbringung des Putzes die Rohbaumaße nicht mehr zuverlässig prüfbar sind. Da die Beklagte die Bauteile zur Fortführung des Baus durch die Folgegewerke freigegeben hatte und damit auch eine Nachbesserung wesentlich erschwert hätte, sofern tatsächlich die Maße fehlerhaft gewesen sein sollte, wäre eine darauf gestützte Abnahmeverweigerung treuwidrig.


LG Hamburg, Urteil vom 16.12.2016 – 412 HKO 10/14 -

Donnerstag, 27. April 2017

Hinweispflicht des Bauunternehmers auf Abweichungen zwischen mündlicher Vorgabe und überlassener Bauzeichnung

Die Beklagte war mit Kelleraushubarbeiten betraut worden. Sie erhielt dazu eine Bauzeichnung. Vor Ort erfolgte eine Einweisung des Mitarbeiters der Beklagten durch den Ehemann der Bauherrin (Klägerin) und den von der Klägerin beauftragten Bauleiter, bei der der der Ehemann der Klägerin und der Bauleiter dem Mitarbeiter der Beklagten den sogen. Nullpunkt vorgaben. Die Arbeiten wurden demgemäß von der Beklagten durchgeführt. Nachdem durch einen Dritten der aus Fertigteilen bestehende Keller eingebaut war, forderte die Baubehörde den Rückbau, da dieser zu hoch lag und damit nicht der Planung entsprach. Der Nullpunkt, der auf der Bauzeichnung korrekt abgegeben war, wurde bei der Einweisung der Beklagten fehlerhaft vorgegeben.

Die Klägerin begehrt Schadensersatz für den Rückbau und notwendigen ordnungsgemäßen Aushub der Baugrube. Klage und Berufung wurden zurückgewiesen. Auf die Revision der Klägerin erfolgte eine Aufhebung und Rückverweisung an das OLG.

Nach Überzeugung des BGH habe das OLG den Vortrag der Klägerin übergangen, wonach die Beklagte sie hätte darauf hinweisen müssen, dass der mündliche angegebene Nullpunkt nicht mit dem zuvor überlassenen Plan übereinstimme. Aus der Bauzeichnung ergäbe sich, dass die Kelleroberkante mit der umliegenden Geländefläche abschließen sollte und ein Gefälle nicht vorhanden ist. Daraus habe die Klägerin gefolgert, dass eine Abweichung zwischen der mündlichen Vorgabe und der Bauzeichnung zum Nullpunkt vorgelegen hätte, und dieser Widerspruch von der Beklagten hätte aufgeklärt werden müssen. Mit diesem Vortrag hätte sich das OLG auseinandersetzen müssen, was nicht erfolgte. Da für das Revisionsverfahren davon ausgegangen werden müsse, dass die Bauzeichnung vor Auftragsdurchführung überlassen wurde, wurde das Verfahren zur weiteren Sachaufklärung zurückverwiesen.

Anmerkung: Das OLG wird im weiteren Verfahren wohl auch ein mögliches Mitverschulden der Klägerin prüfen müssen. Sollte ihr (oder ihrem Ehemann) bei der Benennung des Nullpunktes ersichtlich gewesen sein oder fahrlässig nicht erkannt worden sein, dass der Nullpunkt von der Planung abweicht, läge jedenfalls ein zu Lastend er Klägerin zu berücksichtigendes Mitverschulden vor. Der Fehler des Bauleiters dürfte eine gesamtschuldnerische Haftung zwischen dem Bauunternehmer und dem Bauleiter begründen, § 426 BGB.


BGH, Beschluss vom 18.01.2017 – VII ZR 181/16 -

Montag, 13. Februar 2017

Werkvertrag: Räumlicher Umfang der Mängelrüge (Symptomtheorie)

Die Klägerin machte restliche Werklohnansprüche geltend. Von der Beklagten wurde die mangelnde Fälligkeit geltend gemacht und im übrigen im Wege von Hilfsaufrechnung und Hilfswiderklage Schadensersatzansprüche.

Das Berufungsgericht ging davon aus, die Beklagte habe rechtzeitig eine Mängelrüge wegen Undichtigkeiten einer Weißen Wanne bezüglich der Bereiche Tiefgarage I und I und der Aufzugsschächte 1 und 2, nicht aber darüber hinaus erhoben. In dieser vom Berufungsgericht angenommenen Beschränkung der Rüge sieht der BGH eine Verletzung des rechtlichen Gehörs. Dies ist anzunehmen, wenn entscheidungserheblicher Vortrag nicht zur Kenntnis genommen wird. Sie ist aber nach Auffassung des BGH auch anzunehmen, wenn eine Entscheidung den Schluss zulässt, sie stelle nur auf den Wortlaut von Vortrag, nicht aber auf den Sinn des Parteivortrages ab (so bereits im Beschluss des BGH vom 11.05.2016 – VII ZR 64/15 -).

Der Vortrag des Auftraggebers ist ausreichend, wenn der Mangel ausreichend bezeichnet wird, was bereits der Fall ist, benennt der Auftraggeber die Symptome des Mangels. Werden die Symptome benannt, so werden auch alle Ursachen für die bezeichneten Symptome von der Mängelrüge erfasst. Dies gilt selbst für den Fall, dass die Symptome nur an einigen Stellen auftreten, während die Ursache das gesamte Gebäude erfasst (BGH, Urteil vom 03.07.1997 – VII ZR 210/96 -).  

Damit könne vorliegend nicht davon ausgegangen werden, mit dem Verweis auf Symptome in den Bereichen Tiefgarage I und II und der Aufzugsschächte 1 und 2 wären nur dort festgestellte Ursachen erfasst; erfasst würden alle Ursachen für diese dortigen Symptome und damit der gesamte Mangel im Gebäude.


BGH, Urteil vom 24.08.2016 – VII ZR 41/14 -

Werkvertrag: Bedenkenhinweis und fehlende Mängelhaftung

Die Konstellation des Rechtsstreits, der dem OLG zur Entscheidung im Berufungsverfahren zur Grunde lag, ist nicht alltäglich; in der rechtlichen Bewertung allerdings zutreffend  und beachtlich.

Das klagende Werkunternehmen nimmt den beklagten Architekten auf Gesamtschuldnerausgleich nach § 426 BGB in Anspruch. Zugrunde liegt dem ein der Klägerin von der Auftraggeberin erteilter Auftrag zur Erbringung von Bodenbelagsarbeiten im Zusammenhang mit der Sanierung eines Schulgebäudes. Sie habe gegenüber der Auftraggeberin Bedenken wegen der vorhanden alten Spachtelmasse angemeldet; da die Auftraggeberin nicht reagierte, habe sie die Bearbeitung ohne Beseitigung der alten Spachtelmasse vorgenommen: Es hätten sich Blasen und Beulen gezeigt. Im Rahmen eines selbständigen Beweisverfahrens habe sich die Mangelhaftigkeit der Arbeiten im Hinblick auf die unterlassene Beseitigung der Spachtelmasse gezeigt.

Mit ihrer Klage begehrt das klagende Werkunternehmen vom beklagten Architekten Ausgleichung ihrer Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Beweisverfahren und den Kosten der Mangelbeseitigung. Das Landgericht wies die Klage ab; die Berufung wurde vom OLG mit Beschluss nach § 522 BGB zurückgewiesen.

Zunächst prüfte das OLG die Frage, ob hier ein Mangel vorliegt, der dem klagenden Werkunternehmen angelastet werden könnte. Dies verneint es. Zwar würde ein Unternehmer auch für Mängel haften, die im Verantwortungsbereich eines Vorunternehmers oder des Auftraggebers liegen würden. Das würde aber gem. § 4 Abs. 3 VOB/B nicht gelten, wenn Bedenken gegen die Art der Ausführung schriftlich geltend gemacht wurden. Kommt der Unternehmer dieser Verpflichtung nach, ist er von einer Sach- und Rechtsmängelhaftung befreit. Da das klagende Werkunternehmen mit Schreiben vom 29.07.2011 Bedenken angemeldet hatte und auch anmerkte, keine Gewährleistung für die Ordnungsgemäßheit ihrer Arbeiten in Ansehung des vorgefundenen Zustandes zu übernehmen, scheide vorliegend eine Mängelhaftung des klagenden Werkunternehmers gegenüber dem Auftraggeber aus.

Damit aber könne das Werkunternehmen auch keinen Gesamtschuldnerausgleich gegenüber dem Architekten geltend machen. Denn dies würde voraussetzen, dass sowohl das klagende Werkunternehmen als auch der Architekt wegen des Mangels dem Auftraggeber gegenüber haften würde, was mangels Haftung des Werkunternehmens nicht der Fall sei.  

Ob und inwieweit das klagende Werkunternehmen hier nun bei dem Auftraggeber Ausgleich finden kann, ließ das OLG ausdrücklich offen.  

Fazit: Bevor ein selbständiges Beweisverfahren eingeleitet wird und/oder Mängelbeseitigungsarbeiten ergriffen werden, sollte genau die eigene Verantwortlichkeit geprüft werden und geprüft werden, wer gegebenenfalls aus dem Rechtsgedanken der gesamtschuldnerischen  Haftung oder aus einem anderen Rechtsgrund, sollte ein Gesamtschuldverhältnis  nicht bestehen, in Anspruch genommen werden kann. Hat sich, wie hier, der Werkunternehmer korrekt verhalten, läuft er gegebenenfalls Gefahr, auf den Kosten der (von ihm nicht geschuldeten) Mängelbeseitigung und auf den Kosten des (unnötigen) Beweisverfahrens „sitzen zu bleiben“.


OLG Stuttgart, Beschluss vom 21.11.2016 – 10 U 71/16 -

Montag, 7. November 2016

Werkvertrag: Abrechnung des gekündigten Pauschalpreisvertrages

Der Beklagte hatte die Schuldnerin mit der Erstellung eines Mehrfamilienhauses zu  einem Pauschalpreis von €  1.985.000,00 beauftragt. 

Von Juni 2006 bis April 2007 erbrachte die Schuldnerin einen Großteil der vereinbarten Leistungen.  Im 03.04.2007 stellte die Schuldnerin Insolvenzantrag; das Verfahren wurde mit Beschluss vom 01.06.2007 eröffnet.

Bereits am 03.05.2007 hatten die Parteien eine mit „Bautenstandsbericht“ überschriebene Liste verfasst, bezüglich der die Parteien darüber streiten, ob die Liste den Bautenstand enthält oder eine Mängelliste darstellt. Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der Schuldnerin und hat am 21.06.2007 eine Schlussrechnung, am 17.09.2010 eine korrigierte Schlussrechnung erstellt, in der er die behaupteten Leistungen der Schuldnerin unter Abzug näher bezeichneten Mängel und einer von der Beklagten erbrachten Zahlung aufnahm und, wie auch mit der Klage, € 213.781,24 fordert. Der Klage wurde statt gegeben und die von dem Beklagten dagegen eingelegte Berufung zurückgewiesen. Auf die Revision des Beklagten hob der BGH das Urteil auf und verwies den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung an das OLG zurück.

Der BGH hielt in Übereinstimmung mit der Vorinstanz fest, dass der Beklagte in Ansehung der Insolvenz der Schuldnerin zur Kündigung des Werkvertrages berechtigt war, § 8 Nr. 2 Abs. 1 VOB/B. Festgehalten wird ferner, dass das OLG, ohne dass dies von der Revision angegriffen worden wäre, festgehalten habe, dass die Schlussrechnungsforderung schlüssig dargelegt sei. Allerdings sei das Bestreiten des Beklagten in Bezug auf die vom Kläger zur Abrechnungsgrundlage gemachte Kalkulation nicht hinreichend berücksichtigt worden.

Der BGH hält fest, dass im Falle einer prüfbaren Abrechnung eines Pauschalpreisvertrages nach Kündigung durch den Auftragnehmer das Gericht in die Sachprüfung eintreten müsse, ob und in welcher Höhe der geltend gemachte Werklohnanspruch berechtigt ist. Bestreitet der Auftraggeber die Richtigkeit der Schlussrechnung substantiiert, muss das Gericht darüber Beweis erheben. Für eine substantiiertes Bestreiten sei entgegen der Annahme des Berufungsgerichts keine vollständige Gegenrechnung erforderlich.

Hier hatte der Beklagte für einzelne Leistungen aus dem erteilten Auftrag Angebote einzelner Handwerksunternehmer vorgelegt und damit die Überhöhung der vom Kläger in Ansatz gebrachten Einheitspreise behauptet. Mit diesem Vortrag habe der beklagte den Anforderungen an ein substantiiertes Bestreiten genügt.


BGH, Urteil vom 25.08.2016 – VII ZR 193/13 –

Samstag, 6. August 2016

Werkvertrag: Kostenvorschussbegehren zur Mängelbeseitigung führ zum Abrechnungsverhältnis und erfordert keine Abnahme


Der Beklagte hatte Arbeiten für ein Wärmeverbundsystem durchgeführt, in deren Verlauf es bereits zu Streit zwischen den Vertragspartnern kam . Der Auftraggeber (Kläger) holte ein Gutachten ein, welches bestätigte, dass die bisher vom Kläger erbrachten Leistungen mangelhaft seien. Die Arbeiten wurden durch den Beklagten dann abgebrochen.

Der Kläger verlangte nunmehr vom Beklagten Kostenvorschuss für die Mängelbeseitigung und Feststellung der weitergehenden Ersatzpflicht des Beklagten.

Das OLG führte aus, eine Abnahme nach § 640 BGB ließe sich nicht feststellen. Dies würde aber dem Kostenvorschussbegehren des Klägers nach § 637 BGB nicht entgegenstehen. Die Abnahme sei deshalb nicht entscheidungserheblich, da sich das Vertragsverhältnis im Abrechnungsstadium befände. Dies würde von der Rechtsprechung für solche Fälle anerkannt, in denen der Besteller nur noch auf Geld gerichtete Gegenansprüche (Schadensersatz und/oder Minderung) erhebt; in diesme Fall würde der Werklohn trotz auch berechtigter Abnahmeverweigerung fällig (BGH vom 10.10.2002 – VII ZR 315/01 -).

Auch wenn hier der Kläger nicht Schadensersatz oder Minderung begehrt sondern Kostenvorschuss, wären diese Grundsätze anzuwenden. Denn der Kläger würde mit dem Kostenvorschuss zur Selbstvornahme einen auf Geldzahlung gerichteten Anspruch verfolgen (Brandenburgisches OLG, Urteil vom 07.06.2012 – 12 U 234/11 -). Hinzu käme vorliegend, dass eine weitere Erfüllung ohnehin ausscheide, da der Werkvertrag vor endgültiger Fertigstellung abgebrochen worden sei und der Beklagte seine erbrachten Leistungen mit dem Hinweis abgerechnet hat, die Arbeiten seien im Oktober ordnungsgemäß gemäß Angebot abgeschlossen worden.

Der Vorschussanspruch sei auch in der Sache begründet, da der Kläger zuvor den Beklagten erfolglos unter Fristsetzung zur Mängelbeseitigung aufgefordert habe. Der Klage könnte allenfalls der vom Beklagten geltend gemachte Werklohnanspruch entgegenstehen, mit dem der beklagte Aufrechnung erklärte. Die Aufrechnung würde nur dann nicht durchgreifen, wenn der Kläger einen darüberhinausgehenden Anspruch haben könnte und sich in Bezug auf den Werklohnanspruch erfolgreich auf ein Zurückbehaltungsrecht berufen könnte. Um festzustellen, ob hier weitergehende Ansprüche des Klägers bestehen könnten, die von dem Vorschuss nicht gedeckt sind, sah sich das OLG zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landgericht veranlasst.


OLG Celle, Urteil vom 03.03.2016 – 16 U 129/15 -

Sonntag, 1. Mai 2016

Werkvertrag: Sonderkündigungsrecht wegen Unzuverlässigkeit des Unternehmers

Dem Besteller steht ein Sonderkündigungsrecht des Bauvertrages bei Unzuverlässigkeit des Unternehmers zu. Dies kann bereits dann der Fall sein, wenn der Unternehmer eine (weitere) Abschlagszahlung anfordert, die ihm nicht zusteht.

Der Kläger macht nach einer vom Beklagten ausgesprochenen Kündigung des Bauvertrages restliche Vergütungsansprüche geltend. Die Kündigung erfolgte im März 2014. U.a. bezog sich der Beklagte dabei darauf, dass für ihn die Fortführung des Vertrages auf Grund des Verhaltens des Klägers im Februar und März 2014 nicht zumutbar wäre. Das Landgericht wies die Zahlungsklage ab. Das OLG hat mit seinem Hinweisbeschluss nach § 522 ZPO dargelegt, weshalb die Berufung des Klägers keine Aussicht auf Erfolg habe und beabsichtigt wäre, die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger hatte im September 2013 eine Abschlagsrechnung über € 80.000,00 erstellt. Zwar hat der Beklagte die fehlende Prüffähigkeit gem. den vereinbarten VOB/B nicht gerügt; dies ändere aber nichts daran, dass die Voraussetzungen für eine Geltendmachung nach § 16 Abs. 1 VOB/B nicht vorlagen. Der Kläger hatte  im November daraufhin angekündigt, die Arbeiten daraufhin einzustellen.

Nach der Aufforderung des Beklagten vom 30.12.2013 hätte der Kläger mit der Bauausführung zügig beginnen bzw. fortfahren müssen, Dies erfolgte nicht. Nach einem Telefonat vom 22.1.2014 musste der Beklagte davon ausgehen, dass der Kläger außer den bereits Ende Juli 2013 abgerechneten und vergüteten Arbeiten keinerlei Arbeiten vorgenommen hat bzw. allenfalls unzureichende Vorarbeiten durchgeführt hat. Soweit sich der Kläger dann Ende Februar 2014 auf eine Grippe berief, die ihn verhindert hätte und er nunmehr tätig werden wolle, sei dies ungenügend; der Kläger hätte den Beklagten zuvor über die behauptete Grippe in Kenntnis gesetzt und außer einer bloßen Ankündigung wären konkrete Aussagen nicht gemacht worden.

In dieser Situation habe dann der Kläger im März 2014 gegenüber dem beklagten ein nicht beantwortetes Fax vom 28.2.2014 bemängelt und angekündigt, er werde, wenn nicht noch „heute“ eine Antwort erfolge, das Material (bezüglich dessen eine Forderungsabtretung vorliege) abholen. Daher musste der Beklagte davon ausgehen, dass der Kläger auf absehbare Zeit nicht durchführen würde.

Die Kündigung stelle sich auch nicht als Umgehung von §§ 8 Abs. 3 iVm. 5 Abs. 4 VOB/B dar. Der wichtige Grund ergäbe sich hier aus der Zerstörung des vertraglichen Vertrauensverhältnisses durch das wiederholte unberechtigte verlangen einer Abschlagszahlung, des (vom Beklagten abgelehnten) Sicherungsvertrages und dem Unvermögen des Klägers, Materiallieferungen zu bezahlen.


OLG Stuttgart, Hinweisbeschluss vom 09.02.2016 – 10 U 143/15 -

Sonntag, 24. April 2016

Bauwerkvertrag: Feststellung der rügelosen Abnahme durch Indizien und Verlust von Ansprüchen mit Ausnahme des Mangelfolgeschadens

Die Kläger erwarben von der Beklagten eine im Bau befindliche Doppelhaushälfte. Im Bauprospekt war angegeben: „ Alle Fenster werden mit einem Rollladensystem ausgestattet werden.“  Am 09.07.2011 erfolgte die Übernahme durch die Kläger. Dabei wurde das Fehlen der Rollläden im Obergeschoss nicht beanstandet.


Nach Übernahme wurde das Fehlen von den Klägern gerügt und haben die Kläger schließlich Zahlungsklage wegen der zu erwartenden Kosten des nachträglichen Einbaus gefordert sowie die Feststellung, dass die Beklagte auch weitere Schäden zu tragen habe. Von der Beklagten wurde eingewandt, die Kläger hätten mit einem Elektriker die Lage der Schalter für die Rollläden geplant und auch bei Abnahme die Rollläden im Erdgeschoss ausprobiert; das Fehlen der Rollläden im Obergeschoss sei deutlich ersichtlich gewesen.

Das Landgericht hat der Klage teilweise stattgegeben. Dabei ging das Landgericht von einer fehlenden Kenntnis der Kläger über das Fehlen der Rollläden im Obergeschoss aus. Das OLG folgte dem nicht.

Mängelrechte nach § 634 Nr. 1 – 3 BGB stehen dem Erwerber nur zu, wenn er sich diese bei Abnahme vorbehält, § 640 Abs. 2 BGB. Damit entfällt bei Kenntnis vom Fehlen der Rollläden der hier u.a. geltend gemachte Kostenvorschussanspruch (wie auch ein Mangelbeseitigungsanspruch). Hier hätte das Landgericht nach Auffassung des OLG die von der beklagten benannten Indizien berücksichtigen müssen. So den (in der Beweisaufnahme beim OLG bestätigten) Umstand, dass die Kläger mit einem Elektriker vor der Abnahme sich die Doppelhaushälfte angesehen hätten und mit diesem die Stellen für die Schalter zur elektrischen Bedienung der Rollläden im Erdgeschoss vereinbart hätten, wobei der Kläger zu 2. gegenüber dem Elektriker geäußert habe, es sei schade, dass im Obergeschoss keine Rollläden wären. Nach Auffassung des OLG ist auch davon auszugehen, dass der Kläger zu 2. dies seiner damaligen Lebensgefährtin, der Klägerin zu 2., mit der er bereits zusammen lebte und gemeinsam diese Investition getätigt habe, mitgeteilt hab, da anderes lebensfremd sei. Damit ist nach Auffassung des Senats von einer Kenntnis der Kläger zum Abnahmezeitpunkt auszugehen.

Damit aber sei auch  - entgegen der Rechtslage vor der Schuldrechtsreform 2002 -  ein Anspruch auf Mängelbeseitigungskosten nach §§ 634 Nr. 4 BGB (iVm. §§ 289, 281 BGB), also Schadensersatz in Höhe der Mängelbeseitigungskosten, ausgeschlossen.  Zwar verblieben nach § 640 Abs. 2 BGB dem Besteller nach dem Wortlaut zwar der Anspruch auf Mangel- und Mangelfolgeschäden. Allerdings würde § 640 Abs. 2 BGB nicht Ansprüche aus § 634 Nr. 4 BGB tangieren. Es würde sich ansonsten als widersprüchlich darstellen, wenn zum einen das Werk bei Kenntnis des Mangels ohne Rüge bei Abnahme als vertragsgerecht angesehen würde, zum anderen aber später ein Anspruch auf Erstattung der Mittel zur Mängelbeseitigung bestünde. Anders würde es sich nur verhalten, wenn in der Abnahme in Kenntnis des Mangels ein (hier nicht vorliegender) Grund liegen könnte, um nach §§ 281 Abs. 2, 636 BGB Schadensersatz ohne Fristsetzung fordern zu können.

Nicht betroffen sei ein möglicher Mangelfolgeschaden, den die Kläger (z.B. wenn es zu einer Mietminderung kommt) geltend machen könnten.


OLG Schleswig, Urteil vom 18.12.2015 – 1 U 125/14 -

Freitag, 19. Februar 2016

Leistungsverweigerungsrecht und Verjährung

Die wechselseitigen Ansprüche eines Werkvertrages unterliegen keiner einheitlichen Verjährung. Was also ist, wenn die Mängelansprüche des Bestellers verjährt sind, der Werklohnanspruch des Unternehmers aber noch nicht ?

Das Oberlandesgericht war der Annahme gewesen, der Besteller habe wegen bestimmter Mängel kein Leistungsverweigerungsrecht, da bereits Verjährung der Ansprüche eingetreten sei. Dem folgt der BGH nicht. Er weist darauf hin, dass der Besteller wegen eines Mangels der Werkleistung auch nach Eintritt der Verjährung der Mängelansprüche gem. § 215 BGB ein Leistungsverweigerungsrecht geltend machen kann, wenn dieser Mangel bereits vor Ablauf der Verjährung in Erscheinung getreten ist und daher ein darauf gestütztes Leistungsverweigerungsrecht in nicht verjährter Zeit hätte gestützt werden können. Nicht erforderlich sei, dass noch in nicht verjährter Zeit das Leistungsverweigerungsrecht auch tatsächlich ausgeübt worden wäre.


BGH, Urteil vom 05.11.2015 – VII ZR 144/14 -

Sonntag, 31. Januar 2016

Werkvertrag: Prognoserisiko bei Mängelbeseitigungsmaßnahme

Die Werkleistungen des Klägers waren in Teilbereichen mangelhaft gewesen. Da der Kläger eine Mängelbeseitigung endgültig ablehnte, nahm der Beklagte nach Einholung eines Gutachtens des Streitverkündeten eine Ersatzvornahme vor, im Rahmen derer er gemäß dem Gutachten den mangelhaften Bodenbelag neu herstellen ließ.

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Gegen den mit der Klage vom Kläger geltend gemachten Werklohnanspruch erklärte der Beklagte Aufrechnung mit seinen Aufwendungen für die Mängelbeseitigung. Das Landgericht hielt einen Kostenaufwand für die Mängelbeseitigung von € 3.138,80 für ausreichend und verurteile den Beklagten im übrigen. Es ging, gestützt auf ein im gerichtlichen verfahren eingeholtes Gutachten, davon aus, dass eine Nachbesserung möglich gewesen wäre und die hier geltend gemachten Mehrkosten der Neuherstellung nicht verlangt werden könnten.

Dem schloss sich das OLG Oldenburg nicht an. Auf die Berufung des Streithelfers änderte es das landgerichtliche Urteil ab und wies die Klage ab, soweit vom Beklagten Kosten für die Neuherstellung zur Aufrechnung gestellt wurden. Es wies auf die Entscheidung des BGH vom 07.03.2013 – VII ZR 119/10 – hin, derzufolge das Prognoserisiko nicht den Besteller sondern den Unternehmer trifft. Der Auftraggeber könne Erstattung der fremdnachbesserungskosten verlangen, die er als vernünftiger, wirtschaftlich denkender Bauherr im Zeitpunkt der Beauftragung des Dritten für angemessen halten durfte. Hat er sich dabei sachverständig beraten lassen, kann er regelmäßig die Fremdnachbesserungskosten verlangen, die  ihm auf Grund der Beratung entstanden sind; das Risiko einer Fehleinschätzung trägt in einem solchen Fall der Auftragnehmer (Werkunternehmer).

Da vorliegend der Streithelfer anerkannter Sachverständiger war, hat der Kläger für die durch dessen Empfehlung entstandenen Kosten unabhängig davon aufzukommen, dass möglicherweise die Maßnahme (so) nicht erforderlich war.

OLG Oldenburg, Urteil vom 04.08.2015 – 2 U 15/15 -

Samstag, 5. Dezember 2015

Werkvertrag: Sachmangel auch bei Gebrauchstauglichkeit

Für Pflasterarbeiten war im Leistungsverzeichnis ein Kies der Körnung 0/5 vorgesehen, verwandt wurde vom Beklagten ein solcher der Körnung 2/5, also eine Kies ohne besonders feinkörnige Anteile. Es zeigten sich später Mangelsymptome in Form loser Pflastersteine. Eine Mängelbeseitigung wurde abgelehnt; die Klägerin begehrt ihre Aufwendungen für die Mängelbeseitigung.


Der BGH folgt der Auffassung der Vorinstanzen, dass es sich hier um einen Sachmangel handelt, der Gwährleistungsansprüche begründet. Die Abweichung der Körnung stelle sich als eine Abweichung der Ist- von der Sollbeschaffenheit dar und somit als Sachmangel. Es käme nicht darauf an, ob die Abweichung technisch und/oder wirtschaftlich besser als die vereinbarte Leistung wäre. Ob die Abweichung zu einer Beeinträchtigung des Wertes oder der Gebrauchstauglickeit führe sei nicht von Belang. § 633 Abs. 2 Satz 1 BGB enthalte (anders als früher § 633 Abs. 1 letzter Halbsatz keinen einschränkenden Fehlerbegriff. Wirkt sich die Abweichung nicht oder nur geringfügig aus, wäre allenfalls zu prüfen, ob Mängelansprüchen des Bestellers der Einwand der Unverhältnismäßigkeit entgegensteht.

Auch die Vorinstanzen sind davon ausgegangen, haben aber hier einen bedeutsamen Mangel in Ansehung der losen Pflastersteine angenommen. Insoweit griff hier die Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs durch den Beklagten, der geltend gemacht hatte, Ursache dafür sei alleine das Unterlassen einer dem Auftraggeber obliegenden späteren Sandung. Von daher wurde das Urteil des OLG aufgehoben und der Rechtstreit an das OLG zur anderweitigen Verhandlung zurück verwiesen.


BGH, Urteil vom 30.07.2015 – VII ZR 70/14 -

Dienstag, 13. Oktober 2015

Skontoabzug: Ständige nicht gemahnte Unpünktlichkeit rechtfertigt keine Nachforderung ?

„Pünktlichkeit ist eine Zier, doch besser lebt man ohne ihr“.   An diese „Weisheit“ fühlt man sich in Ansehung der Entscheidung des 22. Zivilsenats des OLG Frankfurt vom 18.08.2015 erinnert: Die Beklagte hatte die Klägerin als Werkunternehmerin mit dem Neubau einer Halle beauftragt. Grundlage war eine von der Beklagten unterzeichnete Auftragsbestätigung der Klägerin, in der es zu den Zahlungsbedingungen u.a. hieß: „Nach Rechnungsdatum innerhalb 5 Tagen abzüglich 6,6 % Skonto.“ In der Summe ergab sich unter Berücksichtigung des Skontos ein Betrag, den die Beklagte maximal für das Bauwerk zahlen wollte. Bei den einzelnen Abschlagsrechnungen zog die Beklagte das Skonto auch regelmäßig, ersichtlich für die Klägerin ab, zahlte jedoch nicht innerhalb der Frist, sondern stets einige Tage verspätet. Mahnungen oder sonstige Hinweise der Klägerin erfolgten nicht. In der Schlussrechnung hat sie dann allerdings den Skontoabzug auf die jeweiligen Abschlagsrechnungen nicht anerkannt und verlangte insoweit den Differenzbetrag.


Während das Landgericht der Klage stattgegeben hatte, wurde dessen Urteil durch das OLG Frankfurt abgeändert und die Klage abgewiesen. Dies stützt der Senat auf verschiedene Überlegungen, wobei – folgt man den Urteilsgründen – jede für sich bereits zur Unbegründetheit der Klage führen müsse, da trotz der jeweils verspäteten Zahlung der Skontoabzug korrekt wäre und damit die Beklagte ihre Zahlungsverpflichtung erfüllt habe.

Zum Einen ergäbe sich dies aus der Art der Skontoabrede. Normalerweise würde der Unternehmer ein Skonto gewähren, um möglichst schnell liquide Mittel zu erhalten. Vorliegend wäre es allerdings anders gewesen. Der Skontoabzug war Gegenstand der Preisverhandlungen, da die Beklagte lediglich einen bestimmten Betrag pauschal bezahlen wollte und der Skontoabzug war so berechnet, dass dieser Betrag erreicht wird. Nach den Vereinbarungen der Parteien, wie sie der Senat aus der Beweisaufnahme herleitet, war der Skontoabzug hier kein Entgegenkommen der Klägerin, sondern ein Preisnachlass der eingeräumt wurde, um den Auftrag zu erhalten.

Zum Anderen aber würde auch § 242 BGB („dolo facit qui petit, quod statim redditurus est“) der Forderung der Klägerin entgegenstehen. Die Klägerin hätte ohne weiteres erkennen können, dass hier die Beklagte den Skontoabzug nutzen wollte. War sie nicht bereit, den verspäteten Skontoabzug zu akzeptieren, hätte sie die Beklagte darauf aufmerksam machen müssen, da der Skontoabzug wesentlicher Bestandteil der Vereinbarung der Parteien und für das Zustandekommen des Vertrages war. Die Klägerin hätte mithin hier die Beklagte mahnen und auf die Folgen unpünktlicher Zahlungen hinweisen müssen. Das Unterlassen führt dazu, dass die beklagte einen Anspruch auf Ersatz des Vertrauensschadens habe der dadurch entstanden sei, dass sie sich in Bezug auf die enge zeitliche Begrenzung der Skontoabrede in einem Irrtum, befand, § 280 BGB. Es wäre auch, da die Beklagte unstreitig zahlungskräftig war und ist, davon auszugehen, dass sich die Beklagte bei einem Hinweis aufklärungsrichtig verhalten hätte (dazu BGH vom 08.05.2012 – XI ZR 262/10 -).

Eine Aufrechnungserklärung der beklagten sei nicht erforderlich; es reiche der Einwand nach § 242 BGB.


OLG Frankfurt, Urteil vom 18.08.2015 – 22 U 147/13 -

Sonntag, 11. Oktober 2015

Schwarzarbeit: Barzahlung auf Rechnung ohne Mehrwertsteuerausweis führt zum Verlust der Mängelrechte und begründet auch keinen bereicherungsrechtlichen Rückforderungsanspruch

Der BGH setzt konsequent seine Rechtsprechung zur Schwarzarbeit fort. Die Schwarzarbeitsabrede stellt sich als nichtiger Vertrag dar, da dieser gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, §§ 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG, 134 BGB. 

Wird der Vertrag durchgeführt und erbringt der Auftragnehmer eine mangelhafte Leistung, so hat der Auftraggeber keine Gewährleistungsansprüche. Den gesetzlichen Gewährleistungsansprüchen steht die Nichtigkeit des zugrunde liegenden Rechtsgeschäfts entgegen.

In dem nun vom BGH entschiedenen Fall, hatte der beklagte Unternehmer einen Kostenvoranschlag für den Einbau von V-Fenstern und den Ausbau des Dachgeschosses über € 12.651,90 zuzüglich Umsatzsteuer unterbreitet. Mündlich wurde daraufhin ein Vertrag über pauschal € 10.000,00 abgeschlossen, die der Kläger dem Beklagten in bar zahlte. Der Beklagte erteilte dem Kläger eine Rechnung „zum Festpreis von 10.000,- €“, auf der die Rubriken zur Rechnungsnummer, Steuernummer, Rechnungsbetrag netto und Mehrwertsteuer nicht ausgefüllt wurden.

In der Folge machte der Kläger erhebliche Mängelansprüche geltend, die er mit € 11.901,53 bezifferte. Der beklagte berief sich auf die Nichtigkeit der vertraglichen Vereinbarung und forderte im Wege der Widerklage einen von ihm bereits an den Kläger gezahlten Schadensersatzbetrag von € 1.392,76 zurück. Während das Landgericht Klage und Widerklage abgewiesen hatte, gab das OLG der Widerklage vollumfänglich, der Klage teilweise statt.

Die Revision wurde in Bezug auf die Klage zugelassen und führte zur Abweisung derselben.

Dass Grundlage des Rechtsgeschäfts ein auf Schwarzarbeit ausgerichteter Vertrag sei, ergäbe sich bereits aus der Rechnung. Denn die Rechnung habe entgegen § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarArbG nicht die nach § 14 UStG erforderlichen Angaben (Ausweis der Umsatzsteuer, Rechnungsnummer) enthalten.
Der BGH wies darauf hin, dass durch die Nichtigkeit des Werkvertrages vertragliche Ansprüche und damit auch Gewährleistungsansprüche wegen Mängeln nicht bestehen. Damit schloss es sich der Ansicht des OLG an, welches allerdings in Hinblick auf einen vom Kläger hilfsweise geltend gemachten bereicherungsrechtlichen Anspruch nach § 817 BGB der Klage teilweise statt gab. Dem folgte der BGH nicht. Er wies darauf hin, dass  § 817 BGB dann keine Anwendung finde, wenn der Besteller in Ausführung des nichtigen Werkvertrages seine Leistungen erbringe, indem er ohne Rechnung mit Steuerausweis Zahlung leiste, wie sich aus § 817 Satz 2 Halbs. 1 BGB ergäbe. Eine einschränkende Auslegung scheide aus. Wer bewusst das im Schwarzarbeitsgesetz enthaltene Verbot missachte soll nach der Intention des Gesetzgebers schutzlos bleiben.


BGH, Urteil vom 11.06.2015 – VII ZR 216/14 -

Sonntag, 5. Juli 2015

Werkvertrag: Anspruch des Werkunternehmers auf Ersatz bei unberechtigter Mängelrüge

Häufig wird ein Mangel an einem Werk- oder Kaufgegenstand gerügt, obwohl dieser nicht mangelhaft ist. In der Regel wird der Verkäufer bzw. Werkunternehmer nach einer Mängelrüge eine Überprüfung vornehmen, muss sich dazu häufig auch an den Ort Begeben, wo sich der Werk-/Kaufgegenstand befindet.

Damit stellt sich dem Werkunternehmer/Verkäufer die Frage, ob er von Kunden die Erstattung seiner Aufwendungen für die Überprüfung verlangen kann. Ist die Mängelrüge gerechtfertigt, hat er keinen Vergütungsanspruch, §§ 635 Abs. 2, 439 Abs. 2 BGB. Aus den benannten Normen lässt sich allerdings nicht ohne weiteres der Rückschluss ziehen, dass bei fehlenden Mangel der Unternehmer/Verkäufer eine Vergütung verlangen kann.

Das OLG Koblenz hatte einen Rechtsstreit zu beurteilen, bei dem der Werkunternehmer im Zusammenhang mit Mängelrügen seinem Kunden mitteilte, er wäre gerne zur örtlichen Überprüfung bereit und würde, sollten von ihm zu vertretene Mängel festgestellt werden, auch nachbessern. Für den Fall, dass der behauptete Mangel nicht besteht oder aber nicht von ihm zu vertreten wäre, würde er allerdings dem Kunden die Kosten für die Überprüfung einschließlich der Fahrtkosten in Rechnung stellen. Abschließend führte er aus, dass er, sollte er von dem Kunden nichts Gegenteiliges hören, von dessen Einverständnis ausgehen würde. Das Vorhandensein des behaupteten Mangels ist zwischen den Parteien streitig. Der Werkunternehmer berechnete jedenfalls seine Kosten und machte diese klageweise geltend. Landgericht und OLG gaben dem klagenden Werkunternehmer Recht.


Das OLG weist darauf hin, dass es nach der Abnahme Aufgabe des Auftraggebers sei, eine Mangelhaftigkeit aufzuklären. Eine Unterstützung durch den Werkunternehmer sei nur erforderlich, wenn dieser auf Grund einer Mängelanzeige mit der Prüfung seines Werkes beauftragt würde. Stelle sich dann heraus, dass ein Mangel nicht auf Werkunternehmer zu vertreten ist, habe dieser einen Aufwendungsersatzanspruch oder einen Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag. Vorliegend aber habe der Werkunternehmer einen vertraglichen Anspruch. Zwar kämen Verträge (grundsätzlich) nicht durch Schweigen zustande; Allerdings ergäbe sich aus der Mitteilung des Werkunternehmers, dass er bereit wäre, den Antrag auf Abschluss eines (bedingten) Werkvertrages (bedingt durch das Vorliegen eines Mangels) anzunehmen, weshalb von einem konkludenten Vertragsabschluss zwischen den Parteien auszugehen wäre. Aufschiebend bedingt war der Werkvertrag durch die Abwesenheit von Mängeln bzw. das fehlende Vertretenmüssen von Mängeln durch den Werkunternehmer. Für das Vorliegen der Mängel bzw. ein Vertretenmüssen des Werkunternehmers wäre aber als Folge der Abnahme der Kunde (Auftraggeber) darlegungs- und beweisbelastet. Bei Beweisfälligkeit, wie hier, hat er damit die geltend gemachten Kosten zu tragen.

Mit Beschluss vom 08.04.2015 wurde die Berufung schließlich unter Verweis auf den Hinweisbeschluss vom 04.03.2015 zurückgewiesen.

OLG Koblenz, Hinweisbeschluss vom 04.03.2015 - 3 U 1042/14 -