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Sonntag, 24. April 2016

Bauwerkvertrag: Feststellung der rügelosen Abnahme durch Indizien und Verlust von Ansprüchen mit Ausnahme des Mangelfolgeschadens

Die Kläger erwarben von der Beklagten eine im Bau befindliche Doppelhaushälfte. Im Bauprospekt war angegeben: „ Alle Fenster werden mit einem Rollladensystem ausgestattet werden.“  Am 09.07.2011 erfolgte die Übernahme durch die Kläger. Dabei wurde das Fehlen der Rollläden im Obergeschoss nicht beanstandet.


Nach Übernahme wurde das Fehlen von den Klägern gerügt und haben die Kläger schließlich Zahlungsklage wegen der zu erwartenden Kosten des nachträglichen Einbaus gefordert sowie die Feststellung, dass die Beklagte auch weitere Schäden zu tragen habe. Von der Beklagten wurde eingewandt, die Kläger hätten mit einem Elektriker die Lage der Schalter für die Rollläden geplant und auch bei Abnahme die Rollläden im Erdgeschoss ausprobiert; das Fehlen der Rollläden im Obergeschoss sei deutlich ersichtlich gewesen.

Das Landgericht hat der Klage teilweise stattgegeben. Dabei ging das Landgericht von einer fehlenden Kenntnis der Kläger über das Fehlen der Rollläden im Obergeschoss aus. Das OLG folgte dem nicht.

Mängelrechte nach § 634 Nr. 1 – 3 BGB stehen dem Erwerber nur zu, wenn er sich diese bei Abnahme vorbehält, § 640 Abs. 2 BGB. Damit entfällt bei Kenntnis vom Fehlen der Rollläden der hier u.a. geltend gemachte Kostenvorschussanspruch (wie auch ein Mangelbeseitigungsanspruch). Hier hätte das Landgericht nach Auffassung des OLG die von der beklagten benannten Indizien berücksichtigen müssen. So den (in der Beweisaufnahme beim OLG bestätigten) Umstand, dass die Kläger mit einem Elektriker vor der Abnahme sich die Doppelhaushälfte angesehen hätten und mit diesem die Stellen für die Schalter zur elektrischen Bedienung der Rollläden im Erdgeschoss vereinbart hätten, wobei der Kläger zu 2. gegenüber dem Elektriker geäußert habe, es sei schade, dass im Obergeschoss keine Rollläden wären. Nach Auffassung des OLG ist auch davon auszugehen, dass der Kläger zu 2. dies seiner damaligen Lebensgefährtin, der Klägerin zu 2., mit der er bereits zusammen lebte und gemeinsam diese Investition getätigt habe, mitgeteilt hab, da anderes lebensfremd sei. Damit ist nach Auffassung des Senats von einer Kenntnis der Kläger zum Abnahmezeitpunkt auszugehen.

Damit aber sei auch  - entgegen der Rechtslage vor der Schuldrechtsreform 2002 -  ein Anspruch auf Mängelbeseitigungskosten nach §§ 634 Nr. 4 BGB (iVm. §§ 289, 281 BGB), also Schadensersatz in Höhe der Mängelbeseitigungskosten, ausgeschlossen.  Zwar verblieben nach § 640 Abs. 2 BGB dem Besteller nach dem Wortlaut zwar der Anspruch auf Mangel- und Mangelfolgeschäden. Allerdings würde § 640 Abs. 2 BGB nicht Ansprüche aus § 634 Nr. 4 BGB tangieren. Es würde sich ansonsten als widersprüchlich darstellen, wenn zum einen das Werk bei Kenntnis des Mangels ohne Rüge bei Abnahme als vertragsgerecht angesehen würde, zum anderen aber später ein Anspruch auf Erstattung der Mittel zur Mängelbeseitigung bestünde. Anders würde es sich nur verhalten, wenn in der Abnahme in Kenntnis des Mangels ein (hier nicht vorliegender) Grund liegen könnte, um nach §§ 281 Abs. 2, 636 BGB Schadensersatz ohne Fristsetzung fordern zu können.

Nicht betroffen sei ein möglicher Mangelfolgeschaden, den die Kläger (z.B. wenn es zu einer Mietminderung kommt) geltend machen könnten.


OLG Schleswig, Urteil vom 18.12.2015 – 1 U 125/14 -