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Montag, 12. Oktober 2020

Ticketrückzahlungsverpflichtung durch Zwischenhändler bei Terminabsage des Veranstalters wegen Covid-19

Der Beklagte verkaufte als Zwischenhändler Tickets eines Konzertveranstalters, der infolge der Corona-Pandemie die Veranstaltung nicht durchführen durfte. Er wurde von einem Käufer auf Rückzahlung des Ticketentgelts in Anspruch genommen. Die Klage war erfolgreich; das Amtsgericht bejahte gem. §§ 453, 434, 440, 346ff BGB einen Anspruch des Klägers auf Rückabwicklung des Vertragsverhältnisses.

Der Ticketerwerb stelle sich als Rechtskauf dar (BGH, Urteil vom 23.08.2018 - III ZR 192/17 -). Der Ticketzwischenhändler erfülle seine kaufvertragliche Pflichten nicht bereits durch die bloße Überlassung eines (zum Überlassungszeitpunkt noch gültigen) Konzerttickets. Das Ticket würde ein Teilnahmerecht des Inhabers des Tickets gegenüber dem Veranstalter an der näher bezeichneten Veranstaltung an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit verkörpern (§ 807 BGB). Mit der Überlassung würde lediglich ein Gefahrübergang nach §§ 353, 446 BGB vollzogen. Für die Durchsetzbarkeit des durch das Ticket verkörperten Rechts würde der Ticketzwischenhändler weiterhin haften, ebenso dafür, dass dieses Recht nicht aus Gründen entfällt, die nicht in der Sphäre des Käufers liegen.  

Anders würde es sich lediglich verhalten, wenn der Ticketkäufer (bei stattgefundener Veranstaltung) eine Schlechtleistung geltend machen will. In diesem Fall müsste er sich nach §§ 535, 641 BGB direkt an den Veranstalter wenden, da er damit einen Sachmangel der künstlerischen Leistung als solcher rügt und nicht, wie im vorliegenden Fall (der Absage der Veranstaltung) einen Gewährleistungsanspruch nach §§ 434ff, 453 BGB geltend mache.

Ein Mangel läge vor, da das auf den 06.03.2020 angesetzte Konzert zunächst auf April und schließlich auf Oktober 2020 verlegt worden sei. Eine Teilnahme an dem Konzert am 06.03.2020 sei damit im Zuge einer Nacherfüllung nicht mehr heilbar.

Dem beklagten Ticketzwischenhändler käme auch nicht die sogen. Gutscheinlösung nach Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Veranstaltungsbereich und im Recht der Europäischen Gesellschaft (SE) und der Europäischen Genossenschaft (SCE) [BGBl I 2020, Nr. 22] zugute,  da davon nur Kulturveranstalter, nicht aber Ticketzwischenhändler begünstigt würden (Art. 1 § 5).

Der Ticketzwischenverkäufer hafte als Vermittler im Außenverhältnis, da er den Kaufpreis vereinnahmte und ein hier vorliegendes Kommissionsgeschäft nicht das Außenverhältnis betreffen würde, §§ 383ff HGB.

Damit seien die wechselseitig empfangenen Leistungen zurück zu gewähren, §§ 346 Abs. 1, 348 S. 1 BGB (das Ticket vom Käufer an den Zwischenhändler, der diesem gezahlte Kaufpreis an den Kunden).

AG Bremen, Urteil vom 02.10.2020 - 9 C 272/20 -

Freitag, 14. September 2018

Kauf- oder Werkvertrag: Lieferung und Montage einer (Einbau-) Küche


In der Regel wird sich der Kunde keine Gedanken über die Rechtsnatur eines Vertrages machen, mit dem er die Anlieferung und Montage einer als Einbauküche bezeichneten Küche bestellt. Kommt es dann allerdings zur Frage, ob und welche Gewährleistungsansprüche (noch) bestehen, wird die Frage des Vertragstyps bedeutsam.

Das LG hatte die Klage abgewiesen mit der Begründung, es könne auf sich beruhen, ob ein von der Klägerin behaupteter Mangel bestünde, da die Klägerin die Küche jedenfalls in Kenntnis dieses Mangels (Farbe der Arbeitsplatte)  vorbehaltlos abgenommen habe, § 640 Abs. 2 BGB.  Das LG ließ die Revision gegen seine Entscheidung zu. Der BGH hob diese  auf und verwies den Rechtsstreit an das LG zurück.

Nach Ansicht des BGH könne nicht aufgrund der vorinstanzlichen Feststellungen beurteilt werden, ob der Vertrag als Werkvertrag (so das LG) oder als Kaufvertrag mit Montageverpflichtung (§ 433 Abs. 2 BGB) einzuordnen sei. Entscheidend sei, wenn sich der Unternehmer zur Lieferung und Montage einer Sache verpflichte, auf welcher Leistung der Schwerpunkt liege. Je mehr die mit dem Warenumsatz verbundene Übertragung von Eigentum und Besitz der zu montierenden Sache auf den Vertragspartner im Vordergrund stünde und je weniger dessen individuelle Anforderungen und die geschuldete Montage- und Bauleistung das Gesamtbild des Vertragsverhältnisses prägen würden, desto eher sei die Annahme eines Kaufvertrages mit Montageverpflichtung geboten. Läge allerdings der Schwerpunkt auf der Montage- und Bauleistung, etwa auf Einbau und Einpassung einer Sache in die Räumlichkeiten, und den damit verbundenen individuellen Erfolg, läge ein Werkvertrag vor.

Der BGH verweist darauf, dass diese Grundsätze zur rechtlichen Einordnung von Verträgen über die Lieferung und Montage einer Sache im Einklang mit der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25.05.1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter stünden, die bei der Auslegung zu berücksichtigen seien.

Das Amtsgericht sei von einem Kaufvertrag ausgegangen (wofür einiges spräche), das Landgericht von einem Werkvertrag, bei dem entscheidend die Abnahme nach § 640 Abs. 2 BGB sei, die im Kaufrecht keine Entsprechung fände.

Anmerkung: Wird eine Küchenzeile bestellt, die aufgebaut werden soll, kann man nach der vorliegenden Entscheidung des BGH dann von einem Kaufvertrag ausgehen, wenn der Aufbau ohne sonstige bauliche Anpassungen erfolgen soll. Ist aber die Küchenzeile an die örtlichen Verhältnisse anzupassen, so insbesondere Freiräume zu Wandabständen seitlich und/oder zur Decke hin zu verblenden, läge darin eine bauliche Maßnahme, die für die Anwendung des Werkvertragsrechts sprechen würde.

BGH, Urteil vom 19.07.2018 - VII ZR 19/18 -

Sonntag, 25. Juni 2017

Gewährleistungsansprüche: Unwirksame AGB-Sicherungsklausel im Bauwerkvertrag

Streitgegenständlich war im Revisionsverfahren noch eine Forderung der Klägerin (Werkunternehmer) auf restwerklohn in Höhe von € 7.470,72. Es handelte sich hier um einen von der Beklagten nach dem Bauwerkvertrag einbehaltenen Sicherungseinbehalt. In der entsprechenden Klausel des Bauwerkvertrages hießt es:

22.1. Die Parteien vereinbaren - unabhängig von einer Ausführungsbürgschaft -, den Einbehalt einer unverzinslichen Sicherheitsleistung durch den AG in Höhe von 5% der Brutto-Abrechnungssumme für die Sicherstellung der Gewährleistung einschließlich Schadensersatz und Erstattung von Überzahlungen.
22.2. Der AN ist berechtigt, den Sicherheitseinbehalt gegen Vorlage einer unbefristeten, selbstschuldnerischen und unwiderruflichen Bürgschaft einer deutschen Großbank … abzulösen; frühestens allerdings nach vollständiger Beseitigung der im Abnahmeprotokoll festgestellter Mängel oder fehlender Leistungen…

Der BGH ging, mangels anderweitiger Feststellungen der Vorinstanzen im Revisionsverfahren davon aus, dass es sich bei dem Vertrag um von der Beklagten gestellte Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt. Diese verweigerte die Zahlung des darauf gestützten Betrages, nachdem die Klägerin wegen fehlender Baufreiheit den Vertrag kündigte und die erbrachten Leistungen abrechnete. Sie hatte zusammen mit dem Architekten ein Mängelprotokoll erstellt, welches allerdings von der Klägerin nicht gegengezeichnet wurde.

In den Vorinstanzen wurde die Klage abgewiesen. Die Revision führte zur Aufhebung und Zurückverweisung an das OLG.

Nach Auffassung des BGH verstößt die Regelung in 22.1. und 22.2. des AGB-Werkvertrages gegen § 307 Abs. 1 S. 1 BGB. In diesem Sinne sei eine Klausel unangemessen, nach der der Auftraggeber für die Dauer der Gewährleistungsfrist einen Einbehalt zur Sicherung seiner daraus resultierenden möglichen Ansprüche vornehmen darf, der Auftragnehmer dafür aber keinen angemessenen Ausgleich erhält und das Bonitätsrisiko für die Dauer der Gewährleistungsfrist trägt und ihm die Liquidität sowie die Verzinsung vorenthalten werden.

Allerdings sei unter diesem Gesichtspunkt eine Klausel, nach der der Auftraggeber 5% der Bausumme für die Dauer der fünfjährigen Gewährleistungsfrist durch eine selbstschuldnerische unbefristete ablösen kann, danach nicht unwirksam. Dies folge daraus, dass die in der Zinsbelastung und einer Einschränkung der Kreditlinie bei Bereitstellung einer Bürgschaft im Hinblick auf das berechtigte Sicherungsinteresse des Auftraggebers nicht so gewichtig sind, um daraus die Unwirksamkeit herzuleiten (Senat vom 26.02.2004 - VII ZR 247/02 -).

Allerdings sei diese Klausel dann unwirksam, wenn  - wie hier – die Ablösung des Einbehalts durch eine Bürgschaft davon abhängig gemacht würde, dass wesentliche Mängel nicht (mehr) vorhanden sind (Senat vom 13.11.2003 - VII ZR 57/02 -).

Die Regelungen unter 22.1. und 22.2. stellen sich nach Ansicht des BGH als Einheit dar und bedürften daher einer Gesamtbeurteilung. Da hier die Ablösemöglichkeit erst nach Beseitigung von im Abnahmeprotokoll  festgestellter Mängel oder fehlender Leistungen bestünde, handele es sich um eine so weitreichende Einschränkung, dass ein angemessener Ausgleich im Hinblick auf Nachteile des Auftragnehmers nicht mehr angenommen werden könne. Die Frage, ob Mängelrügen bei der Abnahme resp. die Rügen fehlender Leistungen berechtigt sind oder nicht, könne zu einer langjährigen Kontroverse führen, die sich über die Dauer der Mängelfrist für Gewährleistungsansprüche hinziehen könnte.

Die Zurückverweisung erfolgte, damit das OLG klärt, ob es sich bei den Regelungen um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt.


BGH, Urteil vom 30.03.2017 - VII ZR 170/16 -

Dienstag, 13. Juni 2017

Gewährleistungsausschluss und Rechtsmängelfreiheit bei Kaufvertrag über gebrauchtes Fahrzeug

Der Kläger kaufte vom Beklagten einen  gebrauchten PKW zum Preis von € 30.000,00. Im Vertrag wurde aufgenommen, dass der Verkauf unter Ausschluss jeglicher Gewährleistung erfolge.  Gleichzeitig hieß es in dem Vertrag, dass der Verkäufer versichere, dass das Fahrzeug und dessen Zubehörteile sein Eigentum sind; Rechte Dritter daran würden nicht bestehen. Knapp fünf Monate nach Abschluss des Kaufvertrages erklärte der Kläger den Rücktritt vom Kaufvertrag und focht diesen wegen arglistiger Täuschung an, da das Fahrzeug nach Auskunft der Polizei im Schengener Informationssystem als gestohlen verzeichnet sie und jederzeit mit einer Beschlagnahme durch die Staatsanwaltschaft zu rechnen sei. Er verlangte mit der Klage Rückzahlung des Kaufpreises unter Abzug der Gebrauchsvorteile.

Die Klage wurde erst- und zweitinstanzlich abgewiesen. Der BGH hob auf und verwies zur weiteren Sachprüfung an das OLG zurück. Inwieweit eine Kenntnis des Beklagten von dem möglichen Recht eines Dritten bestand blieb in den Entscheidungen unklar; lehnte man danach eine arglistige Täuschung ab, kam es darauf an, ob trotz des umfassenden Gewährleistungsausschlusses (der Sach- und Rechtsmängel umfasst) ein Rechtsanspruch des Klägers gegen ihn bestehen konnte.

1. Anders als in der Vorinstanz angenommen ging der BGH nicht davon aus, dass sich der Gewährleistungsausschluss auch auf Rechtsmängel iSv. § 435 S. 1 BGB beziehe. Nach § 435 S. 1 BGB ist eine Sache von Rechtsmängeln frei, wenn Dritte keine oder nur vereinbarte Rechte an dieser geltend machen können. Zwar sei vorliegend nicht geklärt worden, ob es sich bei den Regelungen im Kaufvertrag um AGB-Bestimmungen oder eine Individualvereinbarung handele. Während eine AGB-Klausel vom Revisionsgericht umfassend geprüft werden könne, könne eine Individualvereinbarung im Revisionsverfahren nur eingeschränkt geprüft werden. Vorliegend hätten die Vorinstanzen aber prüfbare Denksätze und anerkannte Auslegungsregeln nicht beachtet. Zwar sei ein vollkommener Gewährleistungsausschluss vereinbart worden, aber direkt danach Angabe des Beklagten, dass Rechte Dritter nicht bestünden. Dabei handele es sich auch nicht lediglich um eine Versicherung des Eigentums des Beklagten, da diese selbst noch vorangestellt wurde.

Es standen sich mithin hier der vereinbarte Gewährleistungsausschluss und die Darlegung einer Rechtsmängelfreiheit  gegenüber und bedürften einer Auslegung. Gerade beim Gebrauchtwagenkauf bestünde ein nachvollziehbares Bedürfnis des Käufers, den alleine im Interesse des Verkäufers aufgenommenen Gewährleistungsausschluss nach § 434 BGB auf Sachmängel zu begrenzen und die gesetzliche Rechtsmängelhaftung fortgelten zu lassen.

2. Zur arglistigen Täuschung durch den Verkäufer hielt der BGH fest, dass dieser mit seiner Begründung diese nicht hätte negieren dürfen. Ein Verschweigen der SIS-Eintragung sei verneint worden, da sich aus der Ermittlungsakte nicht ergeben hätte, dass er über die Eintragung im SIS-Fahndungssystem informiert wurde und einer Verwertung des Fahrzeugs nicht im Wege stünde. Außer Acht habe das Berufungsgericht gelassen, dass zunächst ein behördliches Veräußerungsverbot ausgesprochen wurde. Nach den Umständen sei nur eine SIS-Fahndung in Betracht gekommen. Der Beklagte habe auch einen Anwalt eingeschaltet gehabt. Er hätte hier nachfragen können. Indem er dies unterlassen habe, hätte er den Rechtsmangel zumindest für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen, dass der Kläger ihn nicht kannte und bei Kenntnis den Kaufvertrag nicht oder nicht mit diesem Inhalt abgeschlossen hätte.

3. Da in den Vorinstanzen nicht geklärt wurde, ob das Fahrzeug tatsächlich (was vom beklagten bestritten war) im SIS-Fahndungssystem ausgeschrieben war, kam es zur Zurückverweisung.


BGH, Urteil vom 26.04.2017 – VIII ZR 233/15 -

Samstag, 5. Dezember 2015

Werkvertrag: Sachmangel auch bei Gebrauchstauglichkeit

Für Pflasterarbeiten war im Leistungsverzeichnis ein Kies der Körnung 0/5 vorgesehen, verwandt wurde vom Beklagten ein solcher der Körnung 2/5, also eine Kies ohne besonders feinkörnige Anteile. Es zeigten sich später Mangelsymptome in Form loser Pflastersteine. Eine Mängelbeseitigung wurde abgelehnt; die Klägerin begehrt ihre Aufwendungen für die Mängelbeseitigung.


Der BGH folgt der Auffassung der Vorinstanzen, dass es sich hier um einen Sachmangel handelt, der Gwährleistungsansprüche begründet. Die Abweichung der Körnung stelle sich als eine Abweichung der Ist- von der Sollbeschaffenheit dar und somit als Sachmangel. Es käme nicht darauf an, ob die Abweichung technisch und/oder wirtschaftlich besser als die vereinbarte Leistung wäre. Ob die Abweichung zu einer Beeinträchtigung des Wertes oder der Gebrauchstauglickeit führe sei nicht von Belang. § 633 Abs. 2 Satz 1 BGB enthalte (anders als früher § 633 Abs. 1 letzter Halbsatz keinen einschränkenden Fehlerbegriff. Wirkt sich die Abweichung nicht oder nur geringfügig aus, wäre allenfalls zu prüfen, ob Mängelansprüchen des Bestellers der Einwand der Unverhältnismäßigkeit entgegensteht.

Auch die Vorinstanzen sind davon ausgegangen, haben aber hier einen bedeutsamen Mangel in Ansehung der losen Pflastersteine angenommen. Insoweit griff hier die Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs durch den Beklagten, der geltend gemacht hatte, Ursache dafür sei alleine das Unterlassen einer dem Auftraggeber obliegenden späteren Sandung. Von daher wurde das Urteil des OLG aufgehoben und der Rechtstreit an das OLG zur anderweitigen Verhandlung zurück verwiesen.


BGH, Urteil vom 30.07.2015 – VII ZR 70/14 -