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Sonntag, 17. September 2017

Ausschreibung: Abweichung in dem Leistungsangebot und Vertragsauslegung

Die Klägerin kündigte den  mit der Beklagten abgeschlossenen Bauvertrag und verlangte von dieser die höhere Vergütung eines sodann (nach Neuausschreibung)  beauftragten Drittunternehmers als Schadensersatz.  Vorausgegangen war dem eine Ausschreibung der Klägerin, in der u.a. zum Bodenbelag Betonwerkstein „Select“ Art.-Nr. 7432 mit einer „Plattendicke 2cm“  gefordert wurde. Die Beklagte bewarb sich und gab im Bieterverzeichnis zu dieser Position den Bodenbelag „Typ Petra 93.70 A.T. konventionell“ an. Von der Klägerin wurde der Beklagten, nach Besichtigung einer Musterplatte mit einer kleineren Fläche von 15 x 15cm und einer Plattendicke von 2cm der Zuschlag erteilt. In der Folge kam es zwischen den Parteien zu einem Streit, da das von der Beklagten im Bieterverzeichnis eine Plattendicke von 26mm aufwies. Die Beklagte wies die Forderung der Klägerin auf eine Plattendecke von 20mm zurück, weshalb die Klägerin schließlich den Vertrag fristlos kündigte.

Gegen das der Klage stattgebende Urteil legte die Beklagte Berufung ein.

Das Landgericht ging, von der Berufung insoweit auch nicht angegriffen, davon aus, dass die Kündigung gerechtfertigt gewesen sei, wenn zwischen den Parteien eine Plattendicke von 20mm vereinbart gewesen sei. Von einer solchen Vereinbarung  sei entgegen der Annahme  der Beklagten auszugehen.

Die Beklagte könne, so das OLG, nicht damit gehört werden , dass sich ihr Angebot auf einen Plattentyp mit einer Plattendicke von 26mm bezogen habe. Das der Ausschreibung zugrunde liegende Leistungsverzeichnis habe deutlich eine Plattendicke von 20mm hervorgehoben. Die ergänzende Produktangabe könne die Vorgabe nicht entkräften, was sich daraus ergäbe, dass es das von der Klägerin benannte Produkt mit der Plattendicke gäbe. Dem stünde auch der Einwand der Beklagten nicht entgegen, dass die Standarddicke dieses Produkts 28mm betrage, da entscheidend die Ausschreibung mit 20mm sei und dies auch vom Hersteller angeboten würde.  

Es sei eine Frage der Auslegung nach §§ 133, 157 BGB, welche Leistung letztlich vereinbart war. Abzustellen sei darauf, wie ein objektiver Dritter bei vernünftiger Beurteilung der ihm bekannten oder erkennbaren Umstände die von den Erklärenden gewählte Bezeichnung hätte verstehen können oder müssen. Alleine der Umstand, dass die von der Beklagten angebotene Platte evtl. nur mit einer Dicke von 26mm hergestellt wird, führe nicht notwendig zu einem Dissens, da dieser nicht schon dann vorliege, wenn die Parteien sich nicht hinsichtlich des Gewollten zutreffend abgestimmt hätten. Ein einseitiger Inhaltsirrtum führe nicht zum Dissens, wenn die andere Partei ihren Willen korrekt zum Ausdruck gebracht hat und zudem auch die Erklärung des Kontrahenten als mit seiner eigenen Vorstellung als übereinstimmend ansehen durfte (normativer Konsens mit Möglichkeit zur Irrtumsanfechtung). Damit sei vorliegend entscheidend, ob die Angabe im Angebot der Beklagten „konventionell“ von der Klägerin dahingehend hätte verstanden werden müssen, es handele sich um Platten mit einer Dicke von 26mm.

Nach einem eingeholten Gutachten folgt das OLG dem Sachverständigen dahingehend, dass für die Beklagte hätte klar sein müssen, dass die Plattenstärke von 20mm ein wesentlicher Gesichtspunkt gewesen sei und die Beklagte nicht den Terminus „konventionell“ erläutert habe. Es sei von daher für einen ausschreibenden Ingenieur nicht ersichtlich gewesen, dass eine Plattenstärke von 26mm angeboten würde.  Die Klägerin sei, so das OLG, auch nicht verpflichtet gewesen, die angebotenen Materialien (ohne dass es dafür Anhaltspunkte gab) zu untersuchen oder nachzufragen.


OLG Koblenz, Urteil vom 08.02.2017 - 5 U 896/16 -