Posts mit dem Label Bauvertrag werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label Bauvertrag werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

Mittwoch, 17. Januar 2024

Nachtrag zum (Bau-) Werkvertrag und Widerrufsrecht

Der Kläger begehrte die Rückzahlung gezahlten Werklohns. Er hatte mit dem Beklagten einen Werkvertrag für Innenausbauarbeiten an seinem Privathaus abgeschlossen. Später schloss er mit dem Beklagten auf der Baustelle Nachträge zu weiteren Arbeiten zu jeweils festgelegten Preisen; eine Widerrufsbelehrung erfolgte nicht. Der Kläger erklärte den Widerruf des Vertrages und forderte den gezahlten Werklohn zurück. Die Klage auf Rückzahlung des Werklohns hatte im Hinblick auf die Nachträge Erfolg. Das OLG wies die dagegen vom Beklagten eingelegte Berufung zurück.

Nachträge zu einem Werkvertrag, die (wie hier) eine zusätzliche Vergütung für zusätzliche Arbeiten zum Gegenstand hätten. Seien selbständige Werkverträge. Sie würden durch Angebot und Annahme zustande kommen. Daher könnten sie auch unter den Voraussetzungen der §§ 312v 312g BGB selbständig widerrufen werden. Dabei käme es nicht darauf an, ob es sich bei dem hauptvertrag um einen Bauvertrag nach § 650a BGB oder um einen Verbrauchervertrag nach § 650i BGB handele.  Auch wenn die nach dem Nachtrag zu erbringenden Leistungen nur solche nach dem Hauptvertrag ergänzen würden oder nur solche zusätzlichen Leistungen beinhalte, die zur Herstellung eines funktionstauglichen Werks erforderlich seien (§ 650b Abs. 1 BGB), würde an der rechtlichen Selbständigkeit nichts ändern.

§ 312b Abs. 1 Nr. 1 BGB würde für das Widerrufsrecht nur fordern, dass der vertrag außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossen sei. Überraschungs- und/oder Überrumpelungsmomente müssten nicht vorliegen, wobei es auch auf eine konkrete Schutzbedürftigkeit des Verbrauchers nicht ankäme.

Gegen nachteilige Folgen eines Widerrufs könne sich der Unternehmer dadurch schützen, dass er den Verbraucher übers ein Widerrufsrecht belehrt und ein ausdrückliches Leistungsverlangen des Verbrauchers vor Ablauf der Widerrufsfrist sich von diesem unter Zeugen bestätigen ließe,  § 357a Abs. 2 Nr. 1 BGB.

Da der Beklagte nach dem Inhalt des Vertrages nicht die Lieferung von Waren schuldete, auch wenn es zur Durchführung der Arbeiten der Materialien bedurft habe, handele es sich gleichwohl um Werk-/Bauverträge, die dem Anwendungsfall des § 312g Abs. 2 N. 1 BGB (Lieferung von nicht vorgefertigten Waren, die nach individueller Vorgabe des Verbrauchers gefertigt werden oder auf seine persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten sind) nicht unterfallen (BGH, Urteil vom 30.08.2018 – VII ZR 243/17 -),

OLG Karlsruhe, Beschluss vom 14.04.2023 - 8 U 17/23 -

Montag, 19. April 2021

Die nachträglich vereinbarte Zwischenfrist und das daraus abgeleitete Kündigungsrecht des Bauvertrages

Nach Abschluss eines VOB-Bauvertrages koordinierte der Auftraggeber (Beklagter) im Rahmen einer Baubesprechung die Arbeiten der verschiedenen Gewerke und legte u.a. fest, dass die Klägerin bis zu einem bestimmten Zeitpunkt eine Dachrandsicherung fertigzustellen und ein Gerüst aufzustellen habe. Dies war erforderlich, damit ein Drittunternehmer notwendige Arbeiten vornehmen konnte. Die Klägerin wurde allerdings nicht fristgerecht fertig. Der Beklagte setzte ihr eine Nachfrist und drohte für den Fall der Nichteinhaltung die Kündigung an; nach fruchtlosen Ablauf der gesetzten Frist kündigte er.

§ 5 Abs. 1 S. 2 VOB/B bestimmt, dass in einem Bauzeitenplan enthaltene Fristen nur dann als Vertragsfristen gelten, wenn dies im Vertrag ausdrücklich vereinbart wird. Im Übrigen handelt es sich um Kontrollfristen und dienen letztlich der Prüfung, ob der Auftragnehmer seiner Baustellenförderungspflicht nach § 5 Abs. 3 VOB/B nachkommt. Das Überschreiten der Frist würde nicht einen Verzug begründen. Vor diesem Hintergrund stellte sich die Frage, ob die im Rahmen einer Baubesprechung getroffene Terminabsprache auch als unverbindlich anzusehen ist oder bei Fristüberschreitung einen Verzug begründen konnte. Vom OLG wurde darauf verwiesen, dass es nicht erforderlich sei, dass die Frist als Vertragsfrist bezeichnet wird, wenn sich aus den Umständen eine entsprechende Auslegung klar ergibt. Ergibt sich dies, kommen die Rechtsfolgen des § 5 Abs. 4 VOB/B in Betracht, u.a. bei Verzug mit der Vollendung und Ablauf einer Nachfrist die Vertragskündigung. Zwar würde diese Regelung nicht auf eine Einzelfrist wirken, doch käme (auch bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen wie den VOB/B) eine ergänzende Vertragsauslegung in Betracht. Das führe dazu, dass die Parteien hier die Einzelfrist in Ansehung der unabdingbaren Vorarbeit für ein Drittgewerk einen Schadensersatzanspruch wegen Verzugs mit dieser Einzelfrist als Vertragsfrist und ein Kündigungsrecht vorgesehen hätten.

Das OLG sieht es aber auch als möglich an, ohne eine ergänzende Vertragsauslegung das Kündigungsrecht zu bejahen. So könne nach § 648a BGB aus wichtigem Grund gekündigt werden, wenn dem Auftraggeber die Fortsetzung des Vertrages unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen bis zur Fertigstellung des Werkes nicht zugemutet werden könne. Das sei zu bejahen, wenn eine Vertragspflichtverletzung von erheblicher Bedeutung vorliege, was entsprechend auch für Einzelfristen gelte. Da der Arbeitsfortschritt auf der Baustelle von der Einhaltung der vereinbarten Zwischenfrist abhänge, sei dem Beklagten nach Ablauf der Frist und der gesetzten Nachfrist ein weiteres Festhalten am Vertrag nicht zumutbar gewesen.

Auch wäre eine Kündigung nach § 5 Abs. 4 VOB/B (ohne o.g. Vertragsauslegung) möglich, wenn die Ausführungsfrist als solche infolge der Verzögerung (des Verzuges) offenbar nicht eingehalten werden könne. Das Fehlen der Dachrandsicherung und des Gerüsts stelle sich als Fehlen von Verpflichtungen nach § 5 Abs. 3 VOB/B dar (wie Geräte, Gerüste, Bauteile). § 5 Abs. 4 VOB/B fordere hier von dem Auftragnehmer, auf verlangen Abhilfe zu leisten. Es bedürfe also in diesem Fall zuerst des Verlangens und danach der schuldhaften Verletzung der Abhilfepflicht. Erst wenn dies geschehen sei, könne der Auftraggeber eine angemessene Frist zur Vertragserfüllung mit Kündigungsandrohung setzen. Dies sei im konkreten Fall entsprechend erfolgt.

Die Kündigung war damit wegen Verzugs und Ablaufs der Nachfristsetzung zulässig gewesen.

Mit der Entscheidung verdeutlichte das OLG die vertragliche Bedeutung von Vereinbarungen im Rahmen von Baubesprechungen, bei denen sich die Beteiligten über die Bedeutung und Tragweite im Klaren sein sollten.

OLG Stuttgart, Urteil vom 01.12.2020 - 10 U 124/20 -

Donnerstag, 8. Juni 2017

Witterungsbedingte Bauzeitenverzögerung und zusätzlicher Vergütungsanspruch des Bauunternehmers

Die Klägerin war mit Brückenbauarbeiten beauftragt; dem Vertrag lagen die VOB/B zugrunde. Im Januar und Februar 2010 kam es zu einer langen Periode mit Frost, Eis und Schnee oberhalb der Durchschnittswerte der letzten 30 Jahre. Bereits mit Schreiben vom 04.01.2010 zeigte die Klägerin die witterungsbedingte Einstellung der Arbeiten an. Von der Beklagten wurde die Ausführungsfrist um den Zeitraum der witterungsbedingten Arbeitseinstellung zuzüglich einer Anlaufphase für die Wiederaufnahme der Bauarbeiten verlängert. Ein Nachtragsangebot der Klägerin mit dem sie Kosten für Bauhilfsmittel, Baustelleneinrichtung, Baustellengemeinkosten, Verkehrssicherung, Personal sowie wegen Unterdeckung der Allgemeinen Geschäftskosten in Höhe von € 95.438,67 aufgrund der witterungsbedingten Verzögerung der Bauausführung geltend machte, lehnte die Beklagte ab.

Die Klage war in allen Instanzen erfolglos.

Der BGH verweist zunächst darauf, dass zwar die VOB/B eine Verlängerung der Bauausführungsfristen bei witterungsbedingter Baueinstellung vorsähen, nicht aber eine darauf beruhende Erhöhung des Baupreises. Anderes sei auch zwischen den Parteien nicht vereinbart worden. Da die Beklagte auch keine Anordnung zur Baueinstellung gab, ergäbe sich auch aus § 6 Nr. 5 oder 6 VOB/B kein Zahlungsanspruch der Klägerin.

Insbesondere ergäbe sich auch kein Anspruch aus §§ 6 Nr. 6 S. 2 VOB/B iVm. 642 BGB. § 642 BGB verlange, dass der Auftraggeber eine ihm obliegende Mitwirkungshandlung unterlässt. Entscheidend sei, dass ohne die Mitwirkungshandlung des Auftraggebers die Leistung durch den Auftragnehmer nicht erbracht werden kann. Art und Umfang der notwendigen Mitwirkungshandlung des Auftraggebers sei durch Auslegung der vertraglichen Vereinbarung festzustellen. Zwar ergäbe sich hier, dass die Beklagte als Auftraggeberin verpflichtet sei, das Baugrundstück in einer Weise zur Verfügung zu stellen, dass die Klägerin die geschuldeten Leistungen erbringen kann. Allerdings bedeute dies nicht, dass die Beklagte hätte Vorkehrungen treffen müssen, dass auch bei äußeren Einwirkungen wie  Schnee, Eis und Frost die Arbeiten durchgeführt werden können. Anderweitiges sei im Vertrag selbst auch nicht vereinbart worden.  Bei den benannten Witterungseinflüssen handele es sich um Umstände, die von keiner Partei zu vertreten wären.

Auch käme keine ergänzende Vertragsauslegung in Betracht, da der Vertrag keine planwidrige Regelungslücke enthalte. Weder haben die Parteien diese Witterungseinflüsse übersehen noch bewusst, in der Annahme nicht notwendiger Regelung, offengehalten. Witterungseinflüsse sind berücksichtigt, wie die Einbeziehung der VOB/B zeige, die in § 6 Nr. 2 eine Verlängerung der Ausführungsfrist vorsähen. Auch sähe § 6 Nr. 7 VOB/B vor, dass bei einer Behinderung von mehr als drei Monaten beide Vertragsparteien kündigen und abrechnen könnten.  Monetäre Auswirkungen, wie hier gefordert, wurden allerdings nicht geregelt.


BGH, Urteil vom 20.04.2017 - VII ZR 194/13 -

Dienstag, 16. Mai 2017

Keine Mängelhaftung des Werkunternehmers für Fehler ihm übergebener Ausführungsunterlagen und zur treuwidrig verweigerten Abnahme

Die Beklagte, ein Generalbauunternehmen (GU), ließ von der Klägerin 2010 Rohbauarbeiten für ein Einfamilienhaus ihrer Auftraggeber durchführen. Im Oktober 2011 wurde das Haus den Auftraggebern der Klägerin übergeben. Eine Woche nach der Übernahme rügten die Beklagte diverse Mängel und forderte die Beklagte unter Fristsetzung zur Beseitigung auf. So rügte sie gegenüber der Klägerin Mauerrisse in den Kinderzimmern. Einige Tage später erstellte die Klägerin ihre Schlussrechnung und forderte die Beklagte zur Zahlung auf. Die Werklohnklage hatte im wesentlichen Erfolg.

Insbesondere negierte das Landgericht das Vorliegen eines die Abnahme des Werkes hindernden Mangels, der von der Beklagten wegen der Risse eingewandt wurde.  Insoweit sei nicht die Klägerin für diese Risse verantwortlich. Ursächlich sei eine der Klägerin von der Beklagten zur Verfügung gestellte Statik, die nach den Feststellungen eines im Verfahren eingeholten Gutachtens fehlerhaft gewesen sei. Die Deckenplatte der Erdgeschossdecke sei bei weitem nicht dick genug, um unter Berücksichtigung ihrer Belastung durch die Trennwand zwischen den Kinderzimmern den Wohnbereich zu überspannen, ohne sich durchzubiegen. Die Risse wären das Ergebnis einer Formänderung der Wände. Die Durchbiegung der Decke würde eine Bogenwirkung der Wände begründen.

Auch nach § 13 III VOB/B würde eine Haftung der Klägerin ausscheiden. Danach muss zwar der Auftragnehmer für fehlerhafte Leistungsbeschreibung, Anordnungen pp. des Auftraggebers einstehen, allerdings nur nach Maßgabe von § 4 Nr. 3 VOB/B. § 4 Nr. 3 VOB/B  fordert die Mitteilung des Auftragnehmers an den Auftraggeber und verlangt deshalb dessen Kenntnis.  Der Mangel der Statik war aber für die Klägerin nicht ersichtlich gewesen und sie hätte sich auch auf deren Richtigkeit verlassen dürfen.

Die Beklagte wandte ferner fehlerhafte Maße bei Fenstern und Türen als Abnahmehindernis ein. Dem folgte das Landgericht ebenfalls nicht. Es verwies darauf, dass der gesamte Bau der Überwachung durch den Bauleiter der Beklagten unterlag und nach Aufbringung des Putzes die Rohbaumaße nicht mehr zuverlässig prüfbar sind. Da die Beklagte die Bauteile zur Fortführung des Baus durch die Folgegewerke freigegeben hatte und damit auch eine Nachbesserung wesentlich erschwert hätte, sofern tatsächlich die Maße fehlerhaft gewesen sein sollte, wäre eine darauf gestützte Abnahmeverweigerung treuwidrig.


LG Hamburg, Urteil vom 16.12.2016 – 412 HKO 10/14 -

Donnerstag, 27. April 2017

Hinweispflicht des Bauunternehmers auf Abweichungen zwischen mündlicher Vorgabe und überlassener Bauzeichnung

Die Beklagte war mit Kelleraushubarbeiten betraut worden. Sie erhielt dazu eine Bauzeichnung. Vor Ort erfolgte eine Einweisung des Mitarbeiters der Beklagten durch den Ehemann der Bauherrin (Klägerin) und den von der Klägerin beauftragten Bauleiter, bei der der der Ehemann der Klägerin und der Bauleiter dem Mitarbeiter der Beklagten den sogen. Nullpunkt vorgaben. Die Arbeiten wurden demgemäß von der Beklagten durchgeführt. Nachdem durch einen Dritten der aus Fertigteilen bestehende Keller eingebaut war, forderte die Baubehörde den Rückbau, da dieser zu hoch lag und damit nicht der Planung entsprach. Der Nullpunkt, der auf der Bauzeichnung korrekt abgegeben war, wurde bei der Einweisung der Beklagten fehlerhaft vorgegeben.

Die Klägerin begehrt Schadensersatz für den Rückbau und notwendigen ordnungsgemäßen Aushub der Baugrube. Klage und Berufung wurden zurückgewiesen. Auf die Revision der Klägerin erfolgte eine Aufhebung und Rückverweisung an das OLG.

Nach Überzeugung des BGH habe das OLG den Vortrag der Klägerin übergangen, wonach die Beklagte sie hätte darauf hinweisen müssen, dass der mündliche angegebene Nullpunkt nicht mit dem zuvor überlassenen Plan übereinstimme. Aus der Bauzeichnung ergäbe sich, dass die Kelleroberkante mit der umliegenden Geländefläche abschließen sollte und ein Gefälle nicht vorhanden ist. Daraus habe die Klägerin gefolgert, dass eine Abweichung zwischen der mündlichen Vorgabe und der Bauzeichnung zum Nullpunkt vorgelegen hätte, und dieser Widerspruch von der Beklagten hätte aufgeklärt werden müssen. Mit diesem Vortrag hätte sich das OLG auseinandersetzen müssen, was nicht erfolgte. Da für das Revisionsverfahren davon ausgegangen werden müsse, dass die Bauzeichnung vor Auftragsdurchführung überlassen wurde, wurde das Verfahren zur weiteren Sachaufklärung zurückverwiesen.

Anmerkung: Das OLG wird im weiteren Verfahren wohl auch ein mögliches Mitverschulden der Klägerin prüfen müssen. Sollte ihr (oder ihrem Ehemann) bei der Benennung des Nullpunktes ersichtlich gewesen sein oder fahrlässig nicht erkannt worden sein, dass der Nullpunkt von der Planung abweicht, läge jedenfalls ein zu Lastend er Klägerin zu berücksichtigendes Mitverschulden vor. Der Fehler des Bauleiters dürfte eine gesamtschuldnerische Haftung zwischen dem Bauunternehmer und dem Bauleiter begründen, § 426 BGB.


BGH, Beschluss vom 18.01.2017 – VII ZR 181/16 -