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Dienstag, 30. Oktober 2018

Reisevertrag: Zur Unschädlichkeit verspätet geltend gemachter Schadensersatzansprüche und fehlender Fristsetzung zur Abhilfe


Die Klägerin hatte mit der Beklagten einen Reisevertrag geschlossen. In den Beförderungsbedingungen der Beklagten war ausgeführt, dass der reisende bei nicht vertragsgemäßer Leistung Abhilfe verlangen könne und er daher verpflichtet wäre, alles ihm zumutbare zu tun, um zu einer Behebung der Störung beizutragen und einen evtl. Entstehenden Schaden gering zu halten bzw. zu vermeiden. Beanstandungen seien daher anzuzeigen.

Nach dem Reisevertrag sollte der Rückflug von  Antayla nach Frankfurt am 07.10.2014 um 20.05 erfolgen. Am Abreisetag wurde die Klägerin informiert, dass sich der Rückflug wegen eines technischen Problems auf 22.40 Uhr verschiebe und der neue Zielort Köln sei. Die tatsächliche Ankunftsverspätung in Frankfurt betrug rund 6,5 Stunden. In Ansehung der Ankündigung der Beklagten buchte die Klägerin einen Ersatzflug bei einer anderen Fluggesellschaft für denselben Abend nach Frankfurt. Die Mehrkosten des Fluges in Höhe von € 1.235,00 verlangte sie am 18.03.2015  von der Beklagten als Schadensersatz. Klage und Berufung blieben erfolglos.

Der BGH verurteilte die Beklagte auf die zugelassene Revision antragsgemäß. Die Erwägungen des Landgerichts seien in einem entscheidungserheblichen Punkt verfehlt.

Richtig habe das Landgericht erkannt, dass ein Reisemangel vorgelegen habe. Die Verschiebung der Abflugzeit um rund drei Stunden, die Ankunft an einem anderen Zielflughafen, der notwendige Bustransfer und die Folge des Zeitverlusts, der dazu führe, dass die Klägerin erst in den Morgenstunden des Folgetages zu Hause gewesen wäre, würden den Reisemangel begründen, da dies die Tauglichkeit der Reise zu dem gewöhnlichen Nutzen in ihrer Gesamtheit mindere.

Auch sei die landgerichtliche Entscheidung richtig, dass die Überschreitung der Monatsfrist zur Geltendmachung des Schadens hier unbeachtlich sei, da die Beklagte über diese Ausschlussfrist informierte und die widerlegbare Vermutung gilt, dass bei korrekter Information die Frist eingehalten worden wäre. Zwar habe die Beklagte in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) auf diese Frist hingewiesen; dies genüge aber nicht den Anforderungen des § 6 Abs. 2 Nr. 8 und Abs. 4 BGB-InfoV. Es hätte ein Hinweis in der Reisebestätigung erfolgen müssen; in einem Prospekt genüge der Hinweis nur dann den Anforderungen, wenn die einschlägige Fundstelle dort auch benannt würde.

Auch sei die Erforderlichkeit der Aufwendungen durch das Landgericht rechtfehlerfrei festgestellt worden.

Entgegen der Annahme des Landgerichts stünde hier aber dem Anspruch der Klägerin nicht entgegen, dass diese entgegen § 651c Abs.  3 Satz 1 BGB die Beklagte nicht unter Fristsetzung zur Abhilfe aufgefordert habe. Diesbezüglich habe es an einem ordnungsgemäßen Hinweis mit dem in § 6 Abs. 2 Nr. 7 BGB-InfoV ermangelt. Danach habe der Reiseveranstalter den Reisenden in der Reisebestätigung darauf hinzuweisen, dass er einen Mangel anzuzeigen habe und vor einer Kündigung des Reisevertrages grundsätzlich eine angemessene Frist zur Abhilfeleistung zu setzen habe. Dies geschah nicht; nur in den AGB sei pauschal darauf hingewiesen worden. Dies genüge den Anforderungen nicht. Damit könne die Beklagte nicht eine Pflichtverletzung der Beklagten wegen fehlenden Abhilfeverlangens und Fristsetzung geltend machen. Die notwendige Erkenntnismöglichkeit fehle dem Reisenden.

BGH, Urteil vom 03.07.2018 - X ZR 96/17 -

Montag, 13. Februar 2017

Werkvertrag: Räumlicher Umfang der Mängelrüge (Symptomtheorie)

Die Klägerin machte restliche Werklohnansprüche geltend. Von der Beklagten wurde die mangelnde Fälligkeit geltend gemacht und im übrigen im Wege von Hilfsaufrechnung und Hilfswiderklage Schadensersatzansprüche.

Das Berufungsgericht ging davon aus, die Beklagte habe rechtzeitig eine Mängelrüge wegen Undichtigkeiten einer Weißen Wanne bezüglich der Bereiche Tiefgarage I und I und der Aufzugsschächte 1 und 2, nicht aber darüber hinaus erhoben. In dieser vom Berufungsgericht angenommenen Beschränkung der Rüge sieht der BGH eine Verletzung des rechtlichen Gehörs. Dies ist anzunehmen, wenn entscheidungserheblicher Vortrag nicht zur Kenntnis genommen wird. Sie ist aber nach Auffassung des BGH auch anzunehmen, wenn eine Entscheidung den Schluss zulässt, sie stelle nur auf den Wortlaut von Vortrag, nicht aber auf den Sinn des Parteivortrages ab (so bereits im Beschluss des BGH vom 11.05.2016 – VII ZR 64/15 -).

Der Vortrag des Auftraggebers ist ausreichend, wenn der Mangel ausreichend bezeichnet wird, was bereits der Fall ist, benennt der Auftraggeber die Symptome des Mangels. Werden die Symptome benannt, so werden auch alle Ursachen für die bezeichneten Symptome von der Mängelrüge erfasst. Dies gilt selbst für den Fall, dass die Symptome nur an einigen Stellen auftreten, während die Ursache das gesamte Gebäude erfasst (BGH, Urteil vom 03.07.1997 – VII ZR 210/96 -).  

Damit könne vorliegend nicht davon ausgegangen werden, mit dem Verweis auf Symptome in den Bereichen Tiefgarage I und II und der Aufzugsschächte 1 und 2 wären nur dort festgestellte Ursachen erfasst; erfasst würden alle Ursachen für diese dortigen Symptome und damit der gesamte Mangel im Gebäude.


BGH, Urteil vom 24.08.2016 – VII ZR 41/14 -

Sonntag, 5. Juli 2015

Werkvertrag: Anspruch des Werkunternehmers auf Ersatz bei unberechtigter Mängelrüge

Häufig wird ein Mangel an einem Werk- oder Kaufgegenstand gerügt, obwohl dieser nicht mangelhaft ist. In der Regel wird der Verkäufer bzw. Werkunternehmer nach einer Mängelrüge eine Überprüfung vornehmen, muss sich dazu häufig auch an den Ort Begeben, wo sich der Werk-/Kaufgegenstand befindet.

Damit stellt sich dem Werkunternehmer/Verkäufer die Frage, ob er von Kunden die Erstattung seiner Aufwendungen für die Überprüfung verlangen kann. Ist die Mängelrüge gerechtfertigt, hat er keinen Vergütungsanspruch, §§ 635 Abs. 2, 439 Abs. 2 BGB. Aus den benannten Normen lässt sich allerdings nicht ohne weiteres der Rückschluss ziehen, dass bei fehlenden Mangel der Unternehmer/Verkäufer eine Vergütung verlangen kann.

Das OLG Koblenz hatte einen Rechtsstreit zu beurteilen, bei dem der Werkunternehmer im Zusammenhang mit Mängelrügen seinem Kunden mitteilte, er wäre gerne zur örtlichen Überprüfung bereit und würde, sollten von ihm zu vertretene Mängel festgestellt werden, auch nachbessern. Für den Fall, dass der behauptete Mangel nicht besteht oder aber nicht von ihm zu vertreten wäre, würde er allerdings dem Kunden die Kosten für die Überprüfung einschließlich der Fahrtkosten in Rechnung stellen. Abschließend führte er aus, dass er, sollte er von dem Kunden nichts Gegenteiliges hören, von dessen Einverständnis ausgehen würde. Das Vorhandensein des behaupteten Mangels ist zwischen den Parteien streitig. Der Werkunternehmer berechnete jedenfalls seine Kosten und machte diese klageweise geltend. Landgericht und OLG gaben dem klagenden Werkunternehmer Recht.


Das OLG weist darauf hin, dass es nach der Abnahme Aufgabe des Auftraggebers sei, eine Mangelhaftigkeit aufzuklären. Eine Unterstützung durch den Werkunternehmer sei nur erforderlich, wenn dieser auf Grund einer Mängelanzeige mit der Prüfung seines Werkes beauftragt würde. Stelle sich dann heraus, dass ein Mangel nicht auf Werkunternehmer zu vertreten ist, habe dieser einen Aufwendungsersatzanspruch oder einen Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag. Vorliegend aber habe der Werkunternehmer einen vertraglichen Anspruch. Zwar kämen Verträge (grundsätzlich) nicht durch Schweigen zustande; Allerdings ergäbe sich aus der Mitteilung des Werkunternehmers, dass er bereit wäre, den Antrag auf Abschluss eines (bedingten) Werkvertrages (bedingt durch das Vorliegen eines Mangels) anzunehmen, weshalb von einem konkludenten Vertragsabschluss zwischen den Parteien auszugehen wäre. Aufschiebend bedingt war der Werkvertrag durch die Abwesenheit von Mängeln bzw. das fehlende Vertretenmüssen von Mängeln durch den Werkunternehmer. Für das Vorliegen der Mängel bzw. ein Vertretenmüssen des Werkunternehmers wäre aber als Folge der Abnahme der Kunde (Auftraggeber) darlegungs- und beweisbelastet. Bei Beweisfälligkeit, wie hier, hat er damit die geltend gemachten Kosten zu tragen.

Mit Beschluss vom 08.04.2015 wurde die Berufung schließlich unter Verweis auf den Hinweisbeschluss vom 04.03.2015 zurückgewiesen.

OLG Koblenz, Hinweisbeschluss vom 04.03.2015 - 3 U 1042/14 -