Das Kind der Verfahrensbeteiligten wohnte bei der Mutter (Antragstellerin). Die Eltern hatten eine Umgangsregelung des Vaters (Antragsgegner) unter Ausschluss von Übernachtungen bis zum Nachweis eines negativen Drogentests getroffen, die gerichtlich unter Hinweis durch das Gericht auf Folgen bei einer Zuwiderhandlung gebilligt wurde. Das entsprechende Protokoll wurden beiden Elternteilen zugestellt.
Die Antragstellerin (AS) beantragte die Festsetzung von Ordnungsmitteln gegen den Antragsgegner (AG), da der AG an drei Wochenenden hintereinander das Kind nicht zur Übernachtung und in drei Fällen mit einer Abweichung von einer Stunde zurückgebracht habe. Das Amtsgericht (Familiengericht) setzte gegen den AG ein Ordnungsgeld von € 500,00 fest, der dagegen sofortige Beschwerde einlegte. Die Verspätungen seien der AS jeweils mitgeteilt worden und die Übernachtungen seien mit der AS abgestimmt gewesen. Das Familiengericht half der Beschwerde nicht ab; es sah das Ordnungsgeld als mäßig bei sechs Verstößen an. Die sofortige Beschwerde hatte vor dem OLG teilweise Erfolg.
Bei Zuwiderhandlungen gegen einen Vollstreckungstitel zur Regelung des Umgangs könne das Gericht gem. § 87 Abs. 1 S. 1, § 89 Abs. 1 FamFG von Amts wegen ein Ordnungsgeld (und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden könne, Ordnungshaft) oder auch gleich Ordnungshaft anordnen, wenn die Anordnung eines Ordnungsgeldes keinen Erfolg verspreche. Die gerichtlich gebilligte Umgangsregelung sei vollstreckbar, § 86 Abs. 1 Nr. 2 FamFG; der gebotene Hinweis auf die Möglichkeit der Anordnung von Ordnungsmitteln für den Fall der Zuwiderhandlung sei erteilt worden und die notwendige Zustellung (§ 87 Abs. 2 FamFG) lägen vor. Gegen die Umgangsregelung habe der AG durch die drei Verspätungen verstoßen. Gründe, aus denen sich ergeben würden, dass der AG die Verspätungen nicht zu vertreten habe, seien nicht vorgetragen worden (§ 89 Abs. 4 S. 1 FamFG).
Der Darlegung des AG zu der Vereinbarung zu den drei Übernachtungen habe die AS nicht widersprochen. Deshalb käme diesbezüglich die Verhängung eines Ordnungsgeldes nicht in Betracht, auch wenn ein Verstoß gegen die gerichtlich im Kindeswohl gebilligte Umgangsvereinbarung vorläge. Inhaber des Umgangsbestimmungsrechts seien die Eltern, weshalb sie auch Regelungen in gerichtlich gebilligten Vereinbarungen einvernehmlich abändern könnten mit der Folge, dass insoweit deren Vollstreckbarkeit entfalle (OLG Brandenburg, Beschluss vom 05.06.2020 - 13 WF 100/20 -). Zwar seien die Eltern nach § 156 Abs. 2 S. 2 FamFG nicht iSv. § 36 FamFG verfügungsbefugt (BGH, Beschluss vom 10.07.2019 - XII ZB 507/18 -), doch betreffe dies den verfahrensrechtlichen Bereich mit der Folge, dass es den Eltern nicht möglich sei, auch ohne gerichtliche Billigung eine vollstreckbare Regelung mit den Wirkungen des § 1696 BGB zu vereinbaren. Materiellrechtlich jedoch seien sie - soweit nicht Dritte betroffen seien - verfügungsbefugt, soweit ihnen nicht das Umgangsrecht entzogen wurde.
Durch die gerichtliche Regelung sei den Eltern das Umgangsrecht nicht (auch nicht konkludent) entzogen worden. Es sei nicht gewollt und auch nicht praktikabel, einmal getroffene gerichtliche Umgangsregelungen bis zur Volljährigkeit des Kindes ständig nach § 1696 Abs. 1 BGB abzuändern.
Zur Höhe des vom OLG nunmehr festgesetzten Ordnungsgeldes von € 350,00 betreffend der Verspätung würde es sich nach den Ausführungen der AS, denen der AG nicht widersprach, um ein generelles Problem handeln. Deshalb erscheine ein Betrag von € 350,00 (ersatzweise zwei Tage Ordnungshaft) erforderlich aber auch ausreichend, um den AG zu einer verlässlichen Einhaltung der Umgangsregelung anzuhalten.
OLG Karlsruhe, Beschluss vom 06.02.2024 - 5 WF 166/23 -
Aus den Gründen:
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde des
Antragstellers wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Freiburg
im Breisgau vom 30.10.2023 teilweise abgeändert und in Ziffer 1 des Tenors wie
folgt neu gefasst:
Gegen I. wird ein Ordnungsgeld in Höhe
von 350 € festgesetzt.
2. Im Übrigen wird die Beschwerde des
Antragstellers zurückgewiesen.
3. Gerichtskosten im Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben; außergerichtliche Kosten im Beschwerdeverfahren werden nicht erstattet.
4. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 500 € festgesetzt.
Gründe
I.
Der
Antragsteller wendet sich gegen die Festsetzung von Ordnungsmitteln in einem
Umgangsverfahren.
Antragsteller
und Antragsgegnerin sind Eltern des Kindes D., geboren 2020, das bei der Mutter
lebt. Die Eltern haben am 28.06.2022 eine Umgangsvereinbarung getroffen, nach
der der Umgang des Vaters mit dem Kind an jedem Mittwoch von 16.30 bis 19.00
Uhr und in den geraden Kalenderwochen Samstag und Sonntag jeweils von 10 bis 18
Uhr stattfindet. Erst bei Nachweis eines negativen Drogentests durch den Vater
sollen Übernachtungen erfolgen. Die Vereinbarung wurde in der Anhörung mit
Beschluss gerichtlich gebilligt, die Eltern wurden auf die Folgen einer
Zuwiderhandlung hingewiesen. Das Protokoll wurde beiden Eltern zugestellt.
Die Mutter
beantragte mit Anwaltsschriftsatz vom 08.08.2023 die Festsetzung von
Ordnungsmitteln. Sie macht geltend, dass der Vater an drei Wochenenden das Kind
nicht zur Übernachtung zurückgebracht habe, obwohl er keinen Drogentest
nachgewiesen habe. Außerdem habe er das Kind am 20.11.2022, 18.12.2022 und
02.07.2023 mit Abweichungen von mehr als einer Stunde nicht pünktlich
zurückgebracht.
Der Vater nahm
innerhalb der (auf seinen Antrag verlängerten) Frist nicht Stellung.
Mit dem
angefochtenen Beschluss vom 30.10.2023 setzte das Familiengericht ein
Ordnungsgeld von insgesamt 500 € fest. Der Beschluss wurde dem Vater am
08.11.2023 zugestellt.
Gegen den
Beschluss richtet sich die sofortige Beschwerde des Vaters mit
Anwaltsschriftsatz vom 21.11.2023. Die Verspätungen seien der Mutter jeweils
mitgeteilt worden, es habe verschiedene Gründe dafür gegeben. Die
Übernachtungen seien mit der Mutter abgestimmt worden, diese habe zugestimmt.
Das
Familiengericht hat mit Beschluss vom 21.12.2023 der Beschwerde des Vaters
nicht abgeholfen. Die Gründe für die Verspätungen seien nicht ausreichend
dargelegt. Private Vereinbarungen der Eltern seien bei der Ermessensausübung zu
berücksichtigen, das Ordnungsgeld bei sechs Verstößen aber durchaus mäßig.
Die Beteiligten
hatten Gelegenheit zur Stellungnahme im Beschwerdeverfahren.
Wegen der
Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die sofortige
Beschwerde des Vaters ist gemäß § 87 Abs. 4 FamFG mit §§ 567 ff.
ZPO zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt. Sie ist in der
Sache aber nur zu einem Teil begründet.
1. Zu
Recht hat das Familiengericht mit dem angefochtenen Beschluss gegen den Vater
Ordnungsmittel festgesetzt.
Gemäß
§§ 87 Abs. 1 Satz 1, 89 Abs. 1 FamFG kann das Gericht von
Amts wegen bei der Zuwiderhandlung gegen einen Vollstreckungstitel zur Regelung
des Umgangs gegenüber dem Verpflichteten Ordnungsgeld und für den Fall, dass
dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft anordnen. Verspricht die
Anordnung eines Ordnungsgeldes keinen Erfolg, kann das Gericht Ordnungshaft
anordnen.
a) Die
zugrunde liegende gerichtlich gebilligte Umgangsregelung ist vollstreckbar
(§ 86 Abs. 1 Nr. 2 FamFG), der gemäß § 89 Abs. 2 FamFG
gebotene Hinweis auf die Möglichkeit der Anordnung von Ordnungsmitteln für den
Fall der Zuwiderhandlung wurde erteilt und die notwendigen Zustellungen
(§ 87 Abs. 2 FamFG) liegen vor.
b) Der
Vater hat durch die Verspätungen schuldhaft gegen diese Umgangsregelung
verstoßen.
Unstreitig hat
sich der Vater nicht an die Umgangsregelung gehalten, sondern das Kind an drei
Terminen mit zeitlichen Abweichungen von mehr als einer Stunde zurückgebracht.
Zwar hat nach
§ 89 Abs. 4 S. 1 FamFG die Festsetzung eines Ordnungsmittels zu
unterbleiben, wenn der Verpflichtete Gründe vorträgt, aus denen sich ergibt,
dass er die Zuwiderhandlung nicht zu vertreten hat. Solche Gründe sind
hinsichtlich der Verspätungen aber nicht ersichtlich. Zu Recht hat das
Familiengericht im Nichtabhilfebeschluss im Einzelnen ausgeführt, dass der
Vortrag des Vaters zu den drei konkreten Terminen nicht passt. Eine weitere
Stellungnahme des Vaters ist trotz der Aufforderung durch das Beschwerdegericht,
detailliert und gesondert zu jedem einzelnen der Vorfälle vorzutragen, nicht
erfolgt.
c)
Hinsichtlich der Übernachtungen hat die Mutter die vom Vater vorgetragenen
jeweiligen Vereinbarungen der Eltern nicht bestritten. Auch wenn insoweit ein
Verstoß gegen die gerichtlich im Kindeswohl gebilligte Umgangsvereinbarung
vorliegt, kommt bei dieser Sachlage die Festsetzung von Ordnungsmitteln nicht
in Betracht. Da die Eltern hier Inhaber des Umgangsbestimmungsrechts sind,
können sie auch Regelungen in gerichtlich gebilligten Vereinbarungen
einvernehmlich abändern, womit insoweit deren Vollstreckbarkeit entfällt (vgl.
OLG Brandenburg vom 05.06.2020 - 13 WF 100/20, juris Rn. 8; OLG Frankfurt vom
01.03.2019 - 4 WF 22/19, juris Rn. 10; OLG Nürnberg vom 21.08.2017 - 7 WF
881/17, juris Rn. 11; nicht überzeugend insoweit OLG Brandenburg vom 23.05.2017
- 9 WF 118/17, juris Rn. 2; Johannsen/Henrich/Althammer/Rake, FamFG, 7. Auflage
2020, § 89 Rn. 7). Zwar ergibt sich aus § 156 Abs. 2 S. 2
FamFG, dass die Eltern nicht über das Umgangsrecht verfügungsbefugt im Sinne
des § 36 Abs. 1 S. 1 FamFG sind (BGH vom 10.07.2019 - XII ZB
507/18, juris Rn. 12). Dies betrifft jedoch nur den verfahrensrechtlichen
Bereich, so dass es den Eltern nicht möglich ist, ohne gerichtliche Billigung
eine vollstreckbare Regelung mit den Wirkungen des § 1696 BGB zu
vereinbaren. In materiellrechtlicher Hinsicht sind die Eltern jedoch -
jedenfalls soweit nicht Dritte betroffen sind - verfügungsbefugt, soweit ihnen
nicht das Umgangsbestimmungsrecht entzogen ist. Letzteres erfolgt nicht, auch
nicht konkludent, durch die gerichtliche Regelung des Umgangs. Zu Recht wird
darauf verwiesen, dass es weder gewollt noch praktisch realisierbar ist, dass
sämtliche gerichtlichen Umgangsregelungen, die einmal getroffen wurden und
nunmehr einvernehmlich anders gehandhabt werden sollen, bis zur Volljährigkeit
des Kindes permanent nach § 1696 Abs. 1 BGB abgeändert werden müssen
(Prütting/Helms/Hammer, FamFG, 6. Auflage 2023, § 89 FamFG, Rn. 17a).
2. Bei
der Höhe des Ordnungsgeldes ist für die drei Verstöße eine Gesamtabwägung zu
treffen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich nach dem unwidersprochenen
Vortrag der Mutter und den Erklärungsversuchen des Vaters bei den Verspätungen
um ein generelles Problem handelt. Dabei erscheint der nunmehr festgesetzte
Betrag von 350 € erforderlich, aber auch ausreichend, um den Vater zu einer
verlässlichen Einhaltung der Umgangsregelungen anzuhalten. Ersatzweise sind die
auch bereits vom Familiengericht für richtig gehaltenen zwei Tage Ordnungshaft
anzuordnen.
III.
Die
Kostenentscheidungen beruhen auf §§ 87 Abs. 5, 81 FamFG. Dabei hat
das Familiengericht zu Recht in erster Instanz dem Vater die Kosten auferlegt,
da er Anlass zu dem Verfahren gegeben hat, auf die Abweichung von der Anregung
der Mutter kommt es nicht entscheidend an. Dagegen ist für die Kosten des
Beschwerdeverfahrens der teilweise Erfolg der Beschwerde berücksichtigt.
Die Festsetzung
des Verfahrenswerts folgt aus §§ 40, 42 FamGKG und richtet sich nach der
erfolgten Festsetzung (vgl. dazu Musielak/Borth/Frank/Frank, FamFG, 7. Auflage
2022, § 42 FamGKG Rn. 5 m.w.N.).
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