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Montag, 27. Juli 2020

Verjährung des Erfüllungsanspruchs des Bestellers und Fälligkeit des Werklohnes


Gegenstand war eine Klage auf Restwerklohn aus einem Bauwerkvertrag. Einem Abnahmebegehren der Klägerin nach Fertigstellung der Werkleistung lehnte die Beklagte wegen von ihr behaupteter erheblicher Restarbeiten und Mängel ab. In der Folge überließ die Beklagte der Klägerin ein Protokoll mit Mängeln, von denen einige von der Klägerin abgearbeitet wurden. Sie überließ sodann der Beklagten eine auf den 20.04.2013 datierenden Schlussrechnung. Die Beklagte ihrerseits erstellte ein neues Gutachten, überprüfte und kürzte die Schlussrechnung und machte ihrerseits nunmehr gegen die insoweit selbst berechnete Restforderung der Klägerin Kosten der Ersatzvornahme und Verzugskosten geltend, die insgesamt die nach ihrer Berechnung der Klägerin zustehenden Ansprüche übersteigen würden, wobei sie insoweit einen Kostenvorschuss zur Mängelbeseitigung geltend machte, wobei sie darauf hinwies, dass die Klägerin für die korrekte Erbringung ihrer Leistungen mangels Abnahme darlegungs- und beweisbelastet sei.

Der von der Klägerin generierte Werklohnanspruch, so der BGH, sei nicht fällig. Grundsätzlich habe die Fälligkeit die Abnahme der Werkleistung zur Voraussetzung, § 641 Abs. 1 S. 1 BGB. Der Abnahme stünde gleich, dass der Besteller das Werk nicht innerhalb einer vom Unternehmer bestimmten Frist abnehme, obwohl er dazu verpflichtet sei, § 640 Abs. 1 S. 3 BGB, wobei bei endgültiger Abnahmeverweigerung eine Fristsetzung entbehrlich sei. Vorliegend habe die Beklagte das Werk nicht abgenommen noch sei sie dazu verpflichtet gewesen.

Allerdings sei dann nicht auf die Abnahme als Fälligkeitsvoraussetzung abzustellen, wenn der Besteller a) nicht mehr Erfüllung sondern Minderung oder Schadensersatz verlange oder b) weitere Arbeiten des Unternehmers ernsthaft verweigere oder c) die Erfüllung unmöglich geworden wäre. In diesen Fällen würde ein Abrechnungsverhältnis entstehen, was zum Einen den Vergütungsanspruch des Unternehmers begründe und zum Anderen die Ansprüche des Bestellers wegen unvollständiger oder mangelhafter Arbeiten des Werkes auf Geldausgleich gerichtet wären (Abrechnungsverhältnis). Diese Voraussetzungen seien hier nicht festgestellt worden.

Allerdings sei der Erfüllungsanspruch der Beklagten zwischenzeitlich verjährt.

Unzutreffend sei die Annahme der Klägerin, mit der Erhebung der Verjährungseinrede läge ein den §§ 215, 641 Abs. 1 BGB gleicher Fall vor. Anders als in den Fällen eines Abrechnungsverhältnisses sei es hier dem Unternehmer möglich, den Anspruch des Bestellers (im Wesentlichen mangelfrei) zu erfüllen und damit selbst die Voraussetzungen für eine Abnahmepflicht des Bestellers zu schaffen und so die Fälligkeit des Werklohnanspruchs herzustellen. Die Verjährungseinrede hindere vorliegend die Durchsetzung des Erfüllungsanspruchs des Bestellers, § 214 Abs. 1 BGB, der aber durch den Unternehmer erfüllbar bliebe.

Auch aus § 215 Abs. 1 BGB könne die Klägerin nichts herleiten, da die auf die Einrede des nicht erfüllten Vertrages anwendbare Norm nicht das Zurückbehaltungsrecht begründe, sondern voraussetze und dessen Fortbestand bei Verjährung regele. Im Hinblick auf die Vorleistungspflicht bedürfe es eines Leistungsverweigerungsrechts des Bestellers mangels Abnahme und Abnahmefähigkeit nicht, um die Vergütungsklage abzuwehren.

Ein Nichterfüllungseinwand der Beklagten nach § 320 BGB sei auch nicht erforderlich, § 242 BGB. Ein Verstoß gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) läge auch nicht vor, wenn in dieser Situation der Werklohn nicht fällig würde, da es an der Klägerin läge, die Fälligkeitsvoraussetzungen zu schaffen. Aus dem Umstand, dass der Besteller seinen Erfüllungsanspruch habe verjähren lassen, könne der Unternehmer nichts herleiten, da er nicht gehalten sei, bei berechtigter Verweigerung der Abnahme Maßnahmen zur Verjährungshemmung zu ergreifen.

BGH, Urteil vom 28.05.2020 - VII ZR 108/19 -

Freitag, 8. November 2019

Bauwerkvertrag: Zur Abrechnung von Teilleistungen eines Einheitspreisvertrages, auf die der Auftraggeber verzichtet


Der Streit der Parteien basierte auf einem Bauwerkvertrag, aus dem die Beklagte zwei Leistungen nicht abgerufen habe, die aber von der Klägerin abgerechnet wurden. Das Landgericht gab der Klage statt. Im Rahmen der Berufung der Beklagten wies das OLG darauf hin, dass es beabsichtige die Berufung durch einstimmigen Beschluss nach § 522 ZPO zurückzuweisen, worauf die Beklagte die Berufung zurücknahm (vgl. auch Kostenbeschluss des OLG München vom 06.05.2019 – 28 I 413/19 Bau -).

Das OLG verwies darauf, dass in Literatur und Rechtsprechung streitig sei, wie sich der vollständige Verzicht auf Einzelpositionen bei einem Einheitspreisvertrag auswirke.

Nach dem BGH (Urteil vom 26.01.2012 - VII ZR 19/11 -) sei der Weg über § 2 VOB/B  nur gegeben, wenn es sich um einen Fall der vom dortigen Regelungsumfang erfassten Äquivalenzstörung handele. Danach sei ein interessengerechter Ausgleich für Mengenänderungen vorzunehmen, erweise sich die anfängliche Schätzung als unzutreffend. Dies deshalb, da der zu erwartende Aufwand bei Einheitspreisverträgen geschätzt würde und diese Schätzung Grundlage der Kalkulation sei. Weiche die Schätzung von den tatsächlichen Umständen ab, sei die Geschäftsgrundlage betroffen und der Preis sei anzupassen.

Vorstehendes würde aber nicht den Fall umfassen, dass der Auftraggeber auf eine bestimmte Position aus dem Leistungsverzeichnis verzichte, da der Verzicht nicht mit der Ungenauigkeit einer Prognose zum Umfang/zur Menge vergleichbar sei. Da die Beklagte verzichtet habe, läge keine Störung der Geschäftsgrundlage im Sinne der Wertung nach § 2 VOB/B vor.

Im Hinblick auf von der Beklagten eingewandte Ergänzungsaufträge wies der Senat darauf hin, dass die Klägerin dadurch nichts erspart habe. § 2 Abs. 3 Nr. 3 VOB/B gehe (ähnlich der Wertung des § 8 Abs. 2 VOB/B) von einer Erfassung von Baustelleneinrichtung, Baustellengemeinkosten und allgemeinen Geschäftskosten im Einheitspreis aus, die auch bei Wegfall von Teilleistungen verblieben und nicht nun auf den Unternehmer überwälzt werden könnten. Eine Umlage dieser Kosten über die Einheitspreise für entfallene Leistungen sei aber nicht notwendig, wenn sie durch andere Positionen oder Zusatzaufträge gedeckt werden sollten. Anders verhalte es sich mit dem Gewinn, der über § 2 VOB/B mit eingepreist sei; eine Kompensation sei durch Zusatzaufträge nicht möglich.

Offen bleiben könne, ob im Hinblick auf die nicht abgerufenen Leistungen von einer Teilkündigung auszugehen sei. Für die Abrechnung dieser „Nullpositionen“ käme nur § 8 VOB/B (bzw. § 648 BGB) direkt oder indirekt  in Betracht. Eine Formunwirksamkeit der (Teil-) Kündigung (wie im Verfahren gerügt wurde) läge nicht vor, da es hier um die nicht im Streit stehende grundsätzliche Vergütungspflicht ginge, wenn die Beklagte entgegen der Vereinbarung einseitig auf Vertragsleistungen verzichte. Damit würde dem Umstand Rechnung getragen, dass die Kalkulationsgrundlage der Klägerin der Gesamtauftrag war, wobei der Unternehmer idR. zur Steigerung der Attraktivität des Angebots bestimmte Positionen günstig anbieten würde und seinen Gewinn über andere Positionen (bei denen er z.B. günstige Produktions- oder Beschaffungskosten habe) sichern. Bei einer Teilkündigung oder teilweise fehlenden Abruf von Leistungen wäre das Berechnungssystem nicht mehr gesichert.

Damit stünde dem Unternehmer die vereinbare Vergütung zu, allerdings unter Herausrechnung ersparter Kosten. Deshalb müsse er (wie hier geschehen) für seine entsprechende Abrechnung seine Urkalkulation offen legen und die ersparten Lohn- und Materialkosten herausrechnen. Im Rahmen des § 8 VOB/B seien Zusatzaufträge, die nach Ansicht der Beklagten eine Kompensation darstellen würden, unbeachtlich.


Anmerkung: Problematisch kann sich für den Unternehmer die Erhöhung nach § 2 VOB/B bei Mengenänderungen darstellen, wenn er das Angebot / den Leistungsumfang selbst ermittelt hat. Der Auftraggeber kann sich sowohl in diesem Fall als auch im Falle des Nichtabrufs von Leistungen von einer weitergehenden Zahlungspflicht dann befreien, wenn er mit dem Unternehmer für den Fall der Mengenänderungen vereinbart, dass dies in die Risikosphäre des Unternehmers fällt und eine Nachberechnung nicht möglich ist, und für den Fall des Nichtabrufs von Leistungen oder jedenfalls zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses für die vom Auftraggeber noch nicht als gesichert abzurufenden Leistungen vereinbart, dass diese ersatzlos entfallen können.  



OLG München, Hinweisbeschluss vom 02.04.2019 - 28 U 413/19 Bau -

Sonntag, 25. Juni 2017

Gewährleistungsansprüche: Unwirksame AGB-Sicherungsklausel im Bauwerkvertrag

Streitgegenständlich war im Revisionsverfahren noch eine Forderung der Klägerin (Werkunternehmer) auf restwerklohn in Höhe von € 7.470,72. Es handelte sich hier um einen von der Beklagten nach dem Bauwerkvertrag einbehaltenen Sicherungseinbehalt. In der entsprechenden Klausel des Bauwerkvertrages hießt es:

22.1. Die Parteien vereinbaren - unabhängig von einer Ausführungsbürgschaft -, den Einbehalt einer unverzinslichen Sicherheitsleistung durch den AG in Höhe von 5% der Brutto-Abrechnungssumme für die Sicherstellung der Gewährleistung einschließlich Schadensersatz und Erstattung von Überzahlungen.
22.2. Der AN ist berechtigt, den Sicherheitseinbehalt gegen Vorlage einer unbefristeten, selbstschuldnerischen und unwiderruflichen Bürgschaft einer deutschen Großbank … abzulösen; frühestens allerdings nach vollständiger Beseitigung der im Abnahmeprotokoll festgestellter Mängel oder fehlender Leistungen…

Der BGH ging, mangels anderweitiger Feststellungen der Vorinstanzen im Revisionsverfahren davon aus, dass es sich bei dem Vertrag um von der Beklagten gestellte Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt. Diese verweigerte die Zahlung des darauf gestützten Betrages, nachdem die Klägerin wegen fehlender Baufreiheit den Vertrag kündigte und die erbrachten Leistungen abrechnete. Sie hatte zusammen mit dem Architekten ein Mängelprotokoll erstellt, welches allerdings von der Klägerin nicht gegengezeichnet wurde.

In den Vorinstanzen wurde die Klage abgewiesen. Die Revision führte zur Aufhebung und Zurückverweisung an das OLG.

Nach Auffassung des BGH verstößt die Regelung in 22.1. und 22.2. des AGB-Werkvertrages gegen § 307 Abs. 1 S. 1 BGB. In diesem Sinne sei eine Klausel unangemessen, nach der der Auftraggeber für die Dauer der Gewährleistungsfrist einen Einbehalt zur Sicherung seiner daraus resultierenden möglichen Ansprüche vornehmen darf, der Auftragnehmer dafür aber keinen angemessenen Ausgleich erhält und das Bonitätsrisiko für die Dauer der Gewährleistungsfrist trägt und ihm die Liquidität sowie die Verzinsung vorenthalten werden.

Allerdings sei unter diesem Gesichtspunkt eine Klausel, nach der der Auftraggeber 5% der Bausumme für die Dauer der fünfjährigen Gewährleistungsfrist durch eine selbstschuldnerische unbefristete ablösen kann, danach nicht unwirksam. Dies folge daraus, dass die in der Zinsbelastung und einer Einschränkung der Kreditlinie bei Bereitstellung einer Bürgschaft im Hinblick auf das berechtigte Sicherungsinteresse des Auftraggebers nicht so gewichtig sind, um daraus die Unwirksamkeit herzuleiten (Senat vom 26.02.2004 - VII ZR 247/02 -).

Allerdings sei diese Klausel dann unwirksam, wenn  - wie hier – die Ablösung des Einbehalts durch eine Bürgschaft davon abhängig gemacht würde, dass wesentliche Mängel nicht (mehr) vorhanden sind (Senat vom 13.11.2003 - VII ZR 57/02 -).

Die Regelungen unter 22.1. und 22.2. stellen sich nach Ansicht des BGH als Einheit dar und bedürften daher einer Gesamtbeurteilung. Da hier die Ablösemöglichkeit erst nach Beseitigung von im Abnahmeprotokoll  festgestellter Mängel oder fehlender Leistungen bestünde, handele es sich um eine so weitreichende Einschränkung, dass ein angemessener Ausgleich im Hinblick auf Nachteile des Auftragnehmers nicht mehr angenommen werden könne. Die Frage, ob Mängelrügen bei der Abnahme resp. die Rügen fehlender Leistungen berechtigt sind oder nicht, könne zu einer langjährigen Kontroverse führen, die sich über die Dauer der Mängelfrist für Gewährleistungsansprüche hinziehen könnte.

Die Zurückverweisung erfolgte, damit das OLG klärt, ob es sich bei den Regelungen um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt.


BGH, Urteil vom 30.03.2017 - VII ZR 170/16 -