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Mittwoch, 21. August 2019

Bürgenhaftung nach Insolvenz des Schuldners einer Werkleistung (§ 650f Abs. 2 S. 2 BGB)


Die Klägerin plante und baute als Nachunternehmerin der A GmbH (Hauptunternehmerin) zwei Haustreppenanlagen in Einfamilienneubauten ein. Die Beklagte verbürgte sich für die Vergütungsforderungen gegen die Hauptunternehmerin zur Erfüllung deren Sicherungspflicht nach § 648a BGB a.F. (heute: § 650f BGB), wobei der Text der Norm sinngemäß in die Bürgschaftsurkunde übernommen worden sei.  Nachdem die A GmbH gegen ein von der Klägerin wegen ihres offenen Vergütungsanspruchs Versäumnisurteil erwirkt hatte, wurde über das Vermögen der A GmbH während der laufenden Einspruchsfrist das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Vergütungsanspruch der Klägerin wurde in der Folge vom Insolvenzverwalter zur Tabelle festgestellt.

Mit der vorliegenden Klage nahm die Klägerin die Beklagte aus deren Bürgschaft in Anspruch. Das Landgericht wies die Klage als derzeit noch nicht fällig ab. Das OLG änderte das Urteil ab und gab der Klage Zug um Zug gegen Übergabe der Bürgschaftsurkunde und Abtretung der Werklohnforderung (mit Ausnahme eines Gewährleistungseinbehalts) statt.

Das OLG verweist darauf, dass die Regelung des § 648a Abs. 2 S. 2 BGB a.F. (heute: § 650f Abs. 2 S. 2 BGB) gegenüber dem allgemeinen Bürgschaftsrecht ein zusätzliches formales Fälligkeitskriterium  zum Schutz des Bestellers und des Bürgen enthalte, dem die sachliche Auseinandersetzung um die Hauptforderung erspart werden solle. In § 648a Abs. 2 S. 2 BGB a.F. (heute: § 650f Abs. 2 S. 2 BGB) heißt es:

Das Kreditinstitut oder der Kreditversicherer darf Zahlungen an den Unternehmer nur leisten, soweit der Besteller den Vergütungsanspruch des Unternehmers anerkennt oder durch vorläufig vollstreckbares Urteil zur Zahlung der Vergütung verurteilt worden ist und die Voraussetzungen vorliegen, unter denen die Zwangsvollstreckung begonnen werden darf.

Die Erfüllung dieses Kriteriums sei notwendige Bedingung für die Inanspruchnahme des Bürgen, der - wenn er wie  hier nicht auf Einwendungen verzichtet hat - nicht an ein mögliches Anerkenntnis durch den Hauptschuldner wie auch ein rechtskräftiges Urteil gegen diesen nicht gebunden sei, sondern Einwendungen des Hauptschuldners uneingeschränkt wie eigene erheben könne. Die Gegenansichten würden nicht überzeugen und Sinn und Zweck des § 648a Abs. 2 S. 2 BGB a.F. (heute: § 650f Abs. 2 S. 2 BGB) verkennen. Allerdings sei die Berufung hier unabhängig davon begründet.

Die notwendige Bedingung entsprechend § 488 Abs. 2 S. 2 BGB (heute: § 650f Abs. 2 BGB) sei unabhängig davon eingetreten, ob hierfür das Versäumnisurteil ausreiche, obwohl das Insolvenzverfahren während der laufenden Einspruchsfrist eröffnet worden sei und damit zur Unterbrechung des Rechtsstreits nach § 240 ZPO geführt habe, da jedenfalls die nach § 648a Abs. 2 S. 2 BGB a.F. (heute: § 650f Abs. 2 S. 2 BGB) erforderliche Fälligkeitsvoraussetzung durch die Feststellung zur Insolvenztabelle erfüllt sei, die wie ein rechtskräftiges Urteil wirke, § 178  Abs. 3 InsO; dies könnte zudem (worauf es aber nicht ankäme) auch als Anerkenntnis angesehen werden.
In der Feststellung der Forderung durch den Insolvenzverwalters liege die (die Fälligkeit der Forderung nach § 641 Abs. 1 S. 1 BGB begründende) Abnahme der Werkleistung, wofür auch der Insolvenzverwalter nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens zuständig war; daran sei die Beklagte als Bürgin auch gebunden, da die Abnahme zur planmäßigen Durchführung des Werkvertrages gehöre. Mit der Abnahme läge die Darlegungs- und Beweislast für Werkmängel bei dem Besteller und damit hier der Beklagten als Bürgin. Hier seien substantiiert keine Mängel behauptet worden.

Da der Bauvertrag einen Gewährleistungseinbehalt von 5% vorsehe, sei dieser Betrag bei dem geltend gemachten Zahlungsanspruch in Abzug zu bringen. Der Verweis der Klägerin darauf, dass im Prozess gegen die Hauptunternehmerin A GmbH ein Annahmeverzug festgestellt worden sei, hindere den Abzug nicht, da der Bürge an dieses Urteil nicht gebunden sei.

OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 25.02.2019 - 29 U 81/189 -

Sonntag, 25. Juni 2017

Gewährleistungsansprüche: Unwirksame AGB-Sicherungsklausel im Bauwerkvertrag

Streitgegenständlich war im Revisionsverfahren noch eine Forderung der Klägerin (Werkunternehmer) auf restwerklohn in Höhe von € 7.470,72. Es handelte sich hier um einen von der Beklagten nach dem Bauwerkvertrag einbehaltenen Sicherungseinbehalt. In der entsprechenden Klausel des Bauwerkvertrages hießt es:

22.1. Die Parteien vereinbaren - unabhängig von einer Ausführungsbürgschaft -, den Einbehalt einer unverzinslichen Sicherheitsleistung durch den AG in Höhe von 5% der Brutto-Abrechnungssumme für die Sicherstellung der Gewährleistung einschließlich Schadensersatz und Erstattung von Überzahlungen.
22.2. Der AN ist berechtigt, den Sicherheitseinbehalt gegen Vorlage einer unbefristeten, selbstschuldnerischen und unwiderruflichen Bürgschaft einer deutschen Großbank … abzulösen; frühestens allerdings nach vollständiger Beseitigung der im Abnahmeprotokoll festgestellter Mängel oder fehlender Leistungen…

Der BGH ging, mangels anderweitiger Feststellungen der Vorinstanzen im Revisionsverfahren davon aus, dass es sich bei dem Vertrag um von der Beklagten gestellte Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt. Diese verweigerte die Zahlung des darauf gestützten Betrages, nachdem die Klägerin wegen fehlender Baufreiheit den Vertrag kündigte und die erbrachten Leistungen abrechnete. Sie hatte zusammen mit dem Architekten ein Mängelprotokoll erstellt, welches allerdings von der Klägerin nicht gegengezeichnet wurde.

In den Vorinstanzen wurde die Klage abgewiesen. Die Revision führte zur Aufhebung und Zurückverweisung an das OLG.

Nach Auffassung des BGH verstößt die Regelung in 22.1. und 22.2. des AGB-Werkvertrages gegen § 307 Abs. 1 S. 1 BGB. In diesem Sinne sei eine Klausel unangemessen, nach der der Auftraggeber für die Dauer der Gewährleistungsfrist einen Einbehalt zur Sicherung seiner daraus resultierenden möglichen Ansprüche vornehmen darf, der Auftragnehmer dafür aber keinen angemessenen Ausgleich erhält und das Bonitätsrisiko für die Dauer der Gewährleistungsfrist trägt und ihm die Liquidität sowie die Verzinsung vorenthalten werden.

Allerdings sei unter diesem Gesichtspunkt eine Klausel, nach der der Auftraggeber 5% der Bausumme für die Dauer der fünfjährigen Gewährleistungsfrist durch eine selbstschuldnerische unbefristete ablösen kann, danach nicht unwirksam. Dies folge daraus, dass die in der Zinsbelastung und einer Einschränkung der Kreditlinie bei Bereitstellung einer Bürgschaft im Hinblick auf das berechtigte Sicherungsinteresse des Auftraggebers nicht so gewichtig sind, um daraus die Unwirksamkeit herzuleiten (Senat vom 26.02.2004 - VII ZR 247/02 -).

Allerdings sei diese Klausel dann unwirksam, wenn  - wie hier – die Ablösung des Einbehalts durch eine Bürgschaft davon abhängig gemacht würde, dass wesentliche Mängel nicht (mehr) vorhanden sind (Senat vom 13.11.2003 - VII ZR 57/02 -).

Die Regelungen unter 22.1. und 22.2. stellen sich nach Ansicht des BGH als Einheit dar und bedürften daher einer Gesamtbeurteilung. Da hier die Ablösemöglichkeit erst nach Beseitigung von im Abnahmeprotokoll  festgestellter Mängel oder fehlender Leistungen bestünde, handele es sich um eine so weitreichende Einschränkung, dass ein angemessener Ausgleich im Hinblick auf Nachteile des Auftragnehmers nicht mehr angenommen werden könne. Die Frage, ob Mängelrügen bei der Abnahme resp. die Rügen fehlender Leistungen berechtigt sind oder nicht, könne zu einer langjährigen Kontroverse führen, die sich über die Dauer der Mängelfrist für Gewährleistungsansprüche hinziehen könnte.

Die Zurückverweisung erfolgte, damit das OLG klärt, ob es sich bei den Regelungen um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt.


BGH, Urteil vom 30.03.2017 - VII ZR 170/16 -

Dienstag, 24. November 2015

Werbungskosten: Verluste aus Bürgschaft für Arbeitgeber

Bild: pixabay
Der Kläger machte Werbungskosten im Rahmen seiner Einnahmen aus nichtselbständiger Tätigkeit für Verluste aus einer von ihm für seinen Arbeitgeber gestellten  Bürgschaft geltend. Der Bürgschaftsbetrag musste von ihm im Rahmen der Insolvenz des Arbeitgebers gezahlt werden.  Das Finanzamt (FA) erkannte die Werbungskosten nicht zu; Einspruch und Klage blieben erfolglos. Auf die Revision hob der BFH das finanzgerichtliche Urteil auf und verwies den Rechtstreit an das Finanzgericht zurück.


Werbungskosten dienen der Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen; sie liegen vor, wenn diese Aufwendungen durch den Beruf oder die Erzielung steuerpflichtiger Einnahmen veranlasst sind. Dies gilt auch für nachträgliche Werbungskosten, die entstehen können, wenn der Arbeitnehmer nach Beendigung des Dienstverhältnisses noch Aufwendungen im Zusammenhang mit diesem erbringen muss.

Die Werbungskosten sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie entstanden sind bzw. zu der der engere wirtschaftliche Veranlassungszusammenhang besteht. Dis war vorliegend zu berücksichtigen, da auch eine GmbH-Beteiligung des Klägers zu berücksichtigen war. Grundsätzlich, so der BFH, spräche umso mehr für eine innere wirtschaftliche Verbindung zu den Einkünften aus Kapitalvermögen (und damit hier für nachträgliche Anschaffungskosten der GmbH-Beteiligung), je höher die Beteiligung des gesellschafter-Geschäftsführers ist (BFHE 236, 61). Dies begründet der BFH mit der Annahme, ein fremder, nicht mit dem Arbeitgeber kapitalmäßig verbundener Arbeitnehmer würde nur in Ausnahmefällen bereit sein, zugunsten seines offenbar gefährdeten Arbeitsplatzes das Risiko einer Bürgschaft zu übernehmen. Allerdings ließe dies auch den Umkehrschluss zu, dass bei einer nur geringen (oder gar fehlenden) Beteiligung die Übernahme dem Erhalt des Arbeitsplatzes geschuldet würde und, anders als bei einem verzinslichen Darlehen, der Arbeitnehmer durch die Bürgschaftsübernahme keine weiteren Einkünfte erzielt.

Vorliegend strebte der Kläger eine gesellschaftsrechtliche Beteiligung an seinem Arbeitgeber an. Für diesen Fall könne nach Ansicht des BFH nichts anderes gelten. Lässt sich ein konkreter Veranlassungszusammenhang mit der künftigen Erwerbstätigkeit (hier: Beteiligung) nicht erkennen, überwiegt der wirtschaftliche Zusammenhang mit der gegenwärtig ausgeübten Tätigkeit, wenn nicht ausnahmsweise private Motive entscheidend sein sollten.


BFH, Urteil vom 08.07.2015 – VI R 77/14 -