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Donnerstag, 2. März 2023

Unerwünscht: Das Abstellen u.a. von Hausschuhen vor der Wohnungstür

Es ist (leider) keine Ausnahme, dass Mieter in Mehrfamilienhäusern bestimmte Gegenstände nicht in der angemieteten Wohnung abstellen, sondern vor der Wohnungstür im Treppenhaus (so Schuhe, Schirme). So auch in dem vom AG Frankfurt am Main entschiedenen Fall: Hier stellte der beklagte Mieter seine Schuhe vor der Wohnungstür zu seiner Wohnung ab du wurde von der Vermieterin auf Unterlassung verklagt. Während der Klage räumte er die Schuhe weg, weshalb die Parteien insoweit übereinstimmend die Hauptsache für erledigt erklärten. Im Übrigen verurteilte das Amtsgericht den Beklagten unter Androhung eines Ordnungsgeldes antragsgemäß, es zu unterlassen, Schuhe vor der Wohnungstür seiner Wohnung abzustellen. Die Kosten des Verfahrens wurden dem Beklagten insgesamt auferlegt.

Das Amtsgericht stützte seine Entscheidung auf § 541 BGB, wonach der Vermieter bei vertragswidrigen Gebrauch der Mietsache durch den Mieter nach dessen Abmahnung auf Unterlassung in Anspruch nehmen könne. So würde bereits im Mietvertrag eine Regelung enthalten sein, nach der Gegenstände jeglicher Art in gemeinschaftlichen Räumen, am Haus oder auf dem Grundstück nur mit Zustimmung der Klägerin aufgestellt werden dürften. Aus der im Mietvertrag einbezogenen Hausordnung ergäbe sich, dass das Abstellen von Gegenständen im Treppenhaus untersagt sei; dieses Verbot sei aus Gründen des Brandschutzes erforderlich, da Flucht- und Rettungswege von Gegenständen freizuhalten seien. Da hier keine Zustimmung der Klägerin zum Abstellen der Schuhe im Treppenhaus vorläge, sei die Klage bereits begründet gewesen.

Das Amtsgericht wies aber darauf hin, dass die Klage auch ohne die entsprechenden Regelungen im Mietvertrag begründet gewesen wäre. Treppenhäuser, Aufgänge und Laubengänge seien Gemeinschaftsflächen, die der Mieter mitbenutzen dürfe, um zu der angemieteten Wohnung zu gelangen, die aber nicht mitvermietet seien. Das Abstellen irgendwelcher Gegenstände in diesem Bereich sei von der benannten zweckgebundenen Nutzung nicht umfasst und gehöre daher nicht zum vertragsgemäßen Gebrauch. Schuhe könnten, unabhängig von den Witterungsverhältnissen, auch vor der Wohnungstür ausgezogen und sodann in der Wohnung (so in einem Schuhschrank) aufbewahrt werden. Sie könnten dann ebenso schnell aus- und wieder angezogen werden wie beim Abstellen vor der Wohnungstür. Eine unangemessene Benachteiligung des Mieters ergäbe sich daraus nicht. Da die Klägerin den Beklagten mehrfach abgemahnt habe, hätten bei Klageerhebung die Voraussetzungen nach § 541 BGB vorgelegen; der Beklaget sei seiner Pflicht zur Entfernung erst im Laufe des Rechtstreits nachgekommen.

Die Kosten waren dem Beklagten aufzuerlegen, da er im Hinblick auf den Unterlassungsantrag unterlegen war und die Beseitigungsklage, wäre keine Hauptsacherledigung eingetreten, erfolgreich gewesen wäre.

AG Frankfurt am Main, Urteil vom 28.04.2022 - 33 C 2354/21 (55) -

Sonntag, 9. Oktober 2022

WEG: Anspruch von Nutzung von Teileigentum zu Wohnzwecken ?

Die Parteien waren Mitglieder einer Teileigentümergemeinschaft, die aus sieben Einheiten bestand. Nach der Teilungserklärung „dürfen“ die Einheiten „zur beruflichen oder gewerblichen Nutzung“ dienen, „insbesondere als Apotheke oder Arztpraxis genutzt werden“. Der Beklagte war Eigentümer einer als Arztpraxis vermieteten Einheit im Erdgeschoss; nach Errichtung eines Ärztehauses in der Nachbarschaft kündigte der Mieter. Er bildete die Einheit um und vermiete sie als Wohnraum. Das Amtsgericht wies die auf Unterlassung der Vermietung als Wohnraum gerichtete Klage zurück. Die Berufung dagegen war erfolgreich. Mit seiner Revision bei dem BGH drang der Beklagte nicht durch.

Es bestünde ein Unterlassungsanspruch gem. § 15 Abs. 3 WEG. Danach könne jeder Wohnungseigentümer einen Gebrauch der im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile und des gemeinschaftlichen Eigentums entsprechend der Vereinbarung (Teilungserklärung, Gemeinschaftsordnung) verlangen. Die Nutzung der Einheit des Beklagten zu Wohnzwecken widerspreche der Teilungserklärung (TE) bzw. im weiteren Sinne den in der Teilungserklärung enthaltenen Regelungen der Gemeinschaftsordnung.

Soweit es in der TE heiße, die Einheiten „dürfen“ beruflich oder gewerblich genutzt werden, würde es sich trotz des verwandten Verbs „dürfen“ um eine Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter handeln iSv. § 15 Abs. 1 WEG handeln (BGH, Urteil vom 27.10.2017 - V ZR 193/16 -). Dies ergäbe sich aus der Vorbemerkung zu der TE, demzufolge das gesamte Gebäude „zur beruflichen und gewerblichen Nutzung dienen wird“.

Der BGH wies darauf hin, dass eine nach dem vereinbarten Zweck ausgeschlossene Nutzung sich aber als zulässig erweisen können, wenn sie „bei typisierender Betrachtungsweise nicht mehr stört als die vorgesehene Nutzung“. Diese Voraussetzungen lägen nicht vor, auch wenn die Teilungserklärung jegliche berufliche oder gewerbliche Nutzung als lediglich für Apotheke und Arztpraxis erlauben sollte. Dabei sei hier zu berücksichtigen, dass die Anlage ausschließlich aus Teileigentumseinheiten bestünde und das gesamte Gebäude gewerblichen oder beruflichen Zwecken diene. Es könne dahinstehen, wie es sich bei einer Anlage mit Wohnungs- und Teileigentum verhalte. Bei der notwendigen typisierenden Betrachtungsweise sei die Nutzung eines Teileigentums zu Wohnzwecken in einem lediglich beruflichen oder gewerblichen Zwecken dienenden Gebäude schon deshalb störender als die vorgesehene Nutzungsart, da eine Wohnnutzung mit typischen Wohnimmissionen (Küchengerüche, Freizeit- und Kinderlärm, Musik pp.) sowie einem anderen Gebrauch des Gemeinschaftseigentums (wie im Hausflur herumstehender Gegenstände) verbunden sei und ganztägig, auch an Wochenenden, erfolge. Nicht entscheidend sei, on durch die Wohnnutzung ein geringerer Besucherandrang vorläge oder sich die Anlage in einem reinen Wohngebiet befinde. Die Teileigentümer hätten ein berechtigtes Interesse daran, dass der professionelle Charakter der Anlage erhalten bleibe, um mögliche Konflikte durch eine in der TE nicht angelegte gemischte Nutzung von vornherein zu vermeiden. Sie dürften darauf vertrauen, dass sich alle Teileigentümer an die vereinbarten Zweckbestimmungen halten.

Der Umstand, dass eine Heimnutzung, die typischerweise dem Aufenthalt von Menschen rund um die Uhr dient, als in Teileigentumseinheiten grundsätzlich statthaft angesehen würde (BGH aaO.), spreche hier nicht gegen das Unterlassen. Eine Heimnutzung müsse von einer reinen Wohnnutzung abgegrenzt werden, da sie sich von dieser unterscheide.

Der Beklagte könnte einen Anspruch auf eine Änderung der TE gem. § 10 Abs. 3 S. 2 WEG haben. Dieser fall läge vor, wenn ein Festhalten an der geltenden Regelung aus schwerwiegenden Gründen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Rechte und Interessen der anderen Eigentümer, unbillig erscheine. Dies ließe sich hiernach den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht verneinen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die Kodifizierung des § 10 Abs. 2 S. 3 WEG die Hürden an die Anpassung bewusst abgesenkt habe, indem nun nur noch „schwerwiegende Gründe“ und nicht mehr „außergewöhnliche Umstände“ erforderlich seien. Solche schwerwiegenden Gründe könnten vorliegen, wenn (wie der beklagte behauptet) eine dauerhafte gewerbliche Vermietung angesichts der Lage und Ausstattung des Gebäudes nicht ernsthaft zu erwarten sei. Darüber hinaus müsse geprüft werden, welche Interessen aus Sicht der anderen Eigentümerneben dem formalen Interesse gegen die Anpassung sprechen würden. Hier könnten bauliche Gegebenheiten bedeutsam sein, da die Einheit des Beklagten im Erdgeschoß läge und so möglicherweise den Eindruck von der Anlage prägen könnte, wobei allerdings auch zu berücksichtigen sei, dass der Beklagte dafür gesorgt haben soll, dass die zwei aus dem Teileigentum hervorgegangenen Wohnungen über einen hinter der Eingangstür gelegenen gemeinsamen Windfang betreten würden. Auch müsse bei der Abwägung nach § 10 Abs. 2 S. 3 WEG bedacht werden, dass sich ein dauerhafter Leerstand für die gesamte Anlage nachteilig erweisen könnte.

Allerdings könne der Beklage einen eventuell danach bestehenden Anpassungsanspruch nach § 10 Abs. 2 S. 4 WEG dem Unterlassungsanspruch nicht einredeweise entgegenhalten (BGH, Beschluss vom 13.07.1995 - V ZB 6/94 -). Die Gemeinschaftsordnung würde solange gelten, bis sie durch Vereinbarung aller Eigentümer oder durch richterliche Entscheidung ersetzt worden sei. Berechtigte Anpassungsbegehren müssten in der Gemeinschaftsordnung umgesetzt werden, damit klar und eindeutig ist, welche Vereinbarungen im Verhältnis der Wohnungs-/Teileigentümer untereinander gelten. Dieses Ziel könne nicht erreicht werden, wenn eine entsprechende Einrede geltend gemacht werden könne. Durch eine die Einrede berücksichtigende Entscheidung würde auch nicht eine Anpassung in der Gemeinschaftsordnung umgesetzt werden können. Keiner Entscheidung bedürfe es, wie zu verfahren gewesen wäre, wenn der Beklagte Widerklage auf Anpassung der Gemeinschaftsordnung erhoben hätte (da eine Widerklage nicht vorlag).

BGH, Urteil vom 15.07.2022 - V ZR 127/21 -