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Montag, 10. März 2025

Pflicht des Verkäufers zur Beibringung von Löschungsunterlagen

Der Beklagte zu 1 hatte einen notariellen Kaufvertrag über Wohnungs- und Teileigentumseinheiten abgeschlossen. Im Grundbuch war eine nicht mehr valutierende Briefgrundschuld eingetragen, die die Käuferin (Klägerin) nicht übernahm.  Der Kaufpreis sollte fällig werden u.a. nach Mitteilung des Notars von der „Sicherheit der Löschung nicht übernommener Belastungen“. Die Mit der Einholung der Löschungsunterlagen und er Löschung wurde der Notar betraut. Nunmehr stellte sich heraus, dass der Grundschuldbrief bei der Beklagten zu 2 nicht mehr auffindbar war.  Es wurde ein Aufgebotsverfahren eingeleitet. Mit Schreiben vom 13.02.2020 setzte die Klägerin dem Beklagten zu 1 eine Frist zur lastenfreien Auflassung bis zum 27.02.2020. Am 15.09.2020 erging der rechtskräftige Ausschließungsbeschluss, mit dem der Grundschuldbrief für kraftlos erklärt wurde. Der Beklagte trat seine Kaufpreisforderung an die Beklagte zu 2 ab und teilte dies der Klägerin mit. Die Klägerin erklärte gegenüber der Beklagten zu 2 Aufrechnung mit einer Schadensersatzforderung, u.a. wegen entgangenen Gewinns im Hinblick darauf, dass sie wegen der Verzögerung bei der Lastenfreistellung an einem Weiterverkauf gehindert gewesen sei. Schließlich zahlte die Klägerin den Kaufpreis und Vorbehalt der Rückforderung und erhob nach Auflassung u.a. Klage gegen den Beklagten zu 1 auf Feststellung dessen Pflicht zum Ersatz weiteren Verzögerungsschadens (soweit nicht gegenüber der Beklagten zu 2, auch erfolglos, geltend gemacht).

Die Klage wurde abgewiesen, die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Dagegen erhob die Klägerin die vom OLG zugelassene Revision. Diese wurde vom BGH ebenfalls zurückgewiesen.

Ein Anspruch auf Ersatz des Verzögerungsschadens gegen den Beklagte 1 aus § 280 Abs. 1, Abs. 2, § 286 BGB scheide dem Grunde nach aus, weshalb der entsprechende Antrag der Klägerin abzuweisen sei. Der beklagte zu 1 habe zwar seine Leistungspflicht aus dem Kaufvertrag nicht rechtzeitig erfüllt. Zwar sei mangels der Mitteilung des Notars die Pflicht zur Lastenfreistellung (noch) nicht fällig gewesen, wobei dies unterblieben war, da der Grundschuldbrief nicht auffindbar war und daher die Voraussetzungen für die Mitteilung nicht vorlagen.

Allerdings habe dem Beklagten zu 1 die weitere Pflicht gehabt, für die Sicherheit der Löschung nicht übernommener Belastungen Sorge zu tragen.  Für die Löschung nicht übernommener Lasten sei die Vorlage der Löschungsunterlagen erforderlich; bei einer Briefgrundschuld dürfe die Löschung derselben nur erfolgen, wenn auch der Grundschuldbrief vorgelegt würde, § 41 Abs. 1, § 42 GBO. Bei Abhandenkommen trete an Stelle des Grundschuldbriefes der Ausschließungsbeschluss (§ 41 Abs. 2 GBO, §§ 1162, 1192 BGB, § 478 FamFG). Dieser Pflicht zur Vorlage sei der beklagte zu 1 nicht rechtzeitig nachgekommen.

Rechtsprechung und Literatur würden den Inhalt der Pflicht des Verkäufers zur Vorlage der für die Lastenfreistellung erforderlichen Unterlagen unterschiedlich bewerten. Teileisweise würde eine Bemühenspflicht, teilweise eine Erfolgspflicht angenommen. Auch würde vertreten der Verkäufer sei verpflichtet, dem Notar die Kontaktdaten der Gläubiger zu benennen und erst dann, wenn für ihn ersichtlich würde, dass das Einholen durch den Notar nicht zum Erfolg führe, müsse er selbst tätig werden und hafte im Sinne einer Erfolgspflicht.

Richtig sei die eine Erfolgspflicht annehmende Ansicht.  Bei dem sogen. Direktzahlungsmodell hänge die Fälligkeit des Kaufpreises in einem Grundstückskaufvertrag davon ab, dass der Verkäufer die Lastenfreistellung sichergestellt habe, weshalb die Löschungsunterlagen dem Notar innerhalb einer angemessenen Frist vorgelegt werden müssten. Es würde nicht genügen, dass der Verkäufer alles tun würde, um die Vorlage herbeizuführen, die Vorlage selbst aber unterbliebe. Der Verkäufer habe nach § 433 Abs. 1 S. 2, § 435 BGB die Pflicht, rechtsmangelfreies und damit lastenfreies Eigentum zu verschaffen. Unterbleibe dies, läge eine Nichterfüllung einer vertraglichen Primärpflicht vor (BGH, Urteil vom 14.01.2022 - V ZR 245/20 - zur Rechtslage vor der Schuldrechtsreform). Damit handele es sich bei den Lastenfreistellungsunterlagen nicht lediglich um eine bloße Vorbereitungshandlung. Die geschuldete rechtsmangelfreie Übereignung des Grundstücks sei erst mit den Löschungsunterlagen möglich. Würde man eine Bemühenspflicht als ausreichend ansehen, sei der mit dem Direktzahlungsmodell bezweckte Ausgleich des Interesse des Käufers, keine ungesicherte Vorleistung zu erbringen, mit dem Interesse des Verkäufers, den Kaufpreis für die Ablösung zu verwenden, verfehlt.

Wie häufig bei Grundstückskaufverträgen sei eine ausdrückliche Leistungsbestimmungszeit für die Pflichten des Verkäufers nicht bestimmt worden. Damit sei gem. § 271 Abs. 1 BGB die Fälligkeit aus den Umständen zu entnehmen und richte sich nach dem typischerweise für die Beschaffung der Unterlagen zu erwartenden Zeitraum. Dieser würde überwiegend mit vier Wochen bis zwei Monaten angenommen. Sollte bei Vertragsschluss bekannt sein, dass der Grundschuldbrief abhanden gekommen ist, erst noch in Aufgebotsverfahren durchgeführt werden müsse, käme eine deutlich längere Frist in Betracht.

Der Beklagte zu 1 habe die Sicherstellung der Lastenfreiheit hier bis Fälligkeit nicht herbeigeführt. Den Parteien war nicht bekannt gewesen, dass der Grundschuldbrief abhanden gekommen ist, weshalb die Fälligkeit zur Vorlage zwei Monate nach Vertragsschluss eintrat. Tatsächlich habe der Ausschließungsbeschluss erst über ein Jahr nach Vertragsabschluss vorgelegen.

Das Schreiben der Klägerin mit Fristsetzung hätte der Beklagte zu 1 dahingehend verstehen müssen, dass er bis zu dem genannten Zeitpunkt die erforderlichen Lastenfreistellungsunterlagen vorlegt.

Gleichwohl scheide ein Schadensersatzanspruch gegen ihn aus. Nach § 286 Abs. 4 BGB käme ein Schuldner nicht in Verzug, wenn die Leistung infolge eines nicht von ihm zu vertretenen Umstandes unterbleibe. Was vom Schuldner zu vertreten sei würden die §§ 276 bis 278 BGB regeln. Danach habe er Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung nicht bestimmt sei noch sich aus dem Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos, anderes ergebe. Allerdings hafte der Schuldner nach § 278 S. 1 BGB auch für ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bediene. Diese Voraussetzungen lägen nicht vor. Er habe keine Garantie erklärt und auch nicht das Beschaffungsrisiko übernommen. Ein eigens Verschulden läge nicht vor. Da die Grundschuld nicht mehr valutierte, habe der Beklagte zu 1 die Löschung von der Beklagten zu 2 verlangen können. Der Notar sei mit der Einholung beauftragt gewesen und dem Beklagten zu1 sei das Abhandenkommen des Grundschuldbriefes nicht bekannt gewesen und von ihm auch nicht zu vertreten, weshalb ein eigens Tätigwerden des Beklagten zu 1 nicht veranlasst gewesen sei.  Das Abhandenkommen sei zeitnah nach der Protokollierung festgestellt worden und das Aufgebotsverfahren eingeleitet worden.

Ein Verschulden der Beklagten 2 müsse sich der Beklagte 1 nicht zurechnen lassen. § 278 BGB greife nicht ein. Bei dem Grundpfandgläubiger handele es sich nicht um einen Erfüllungsgehilfen des Verkäufers. Die Zurechnung nach § 278 BGB beruhe darauf, dass der Schuldner gegenüber dem Gläubiger für die Erweiterung seines Geschäfts- und Gefahrenbereichs verantwortlich sei; im Verhältnis zu Gläubiger übernehme die eingesetzte Hilfsperson die die Stelle des Schuldners, weshalb der Schuldner das Risiko tragen, dass die Hilfsperson schuldhaft handele. Diese Grundsätze würden auch greifen bei der Frage, welche Personen zu den Erfüllungsgehilfen zählen. So sei der Hersteller bzw. Lieferant nicht Erfüllungsgehilfe des Verkäufers, der nicht für deren Mängel hafte, da dies auf einem Verschulden des Herstellers oder Lieferanten beruhe (BGH, Urteil vom 02.04.2024 - VIII ZR 46/13 -). Die Pflicht des Verkäufers bestünde in der mangelfreien Verschaffung, aber nicht in der mangelfreien Herstellung. Der Grundschuldgläubiger sei danach nicht Erfüllungsgehilfe des Verkäufers eines Grundstücks, da der Verkäufer nach § 433 Abs. 1 S. 2 BGB die erfolgreiche Lastenfreistellung schulde und er auf die Mitwirkung des Grundpfandgläubigers benötige. Die Mitwirkungshandlung des Grundschuldgläubigers falle nicht in das vertraglich geschuldete Gesamtverhalten des Verkäufers. Von vornherein könne die Löschungsbewilligung nebst Grundschuldbrief bzw.  Ausschließungsbeschluss nur der Grundschuldgläubiger zur Verfügung stellen.

BGH, Urteil vom 06.12.2024 - V ZR 229/23 -

Sonntag, 17. Oktober 2021

Anspruch auf Zahlung vorgerichtlicher Anwaltsgebühren des Gläubigers trotz Klagedrohung ?

Wer bei Fälligkeit einer Forderung und Verzug (sei es durch Mahnung oder zulässige Frist nach § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB) nicht zahlt, wird häufig vor einer Zahlungsklage des Gläubigers eine anwaltliche Mahnung erhalten, deren Kosten der Gläubiger ersetzt haben will. Kann er diese aber in jedem Fall begehren ?

Der BGH musste sich mit der Frage der Erstattungsfähigkeit vorgerichtlicher Anwaltsgebühren befassen. Dem lag der Erwerb eines Diesel-Fahrzeuges durch den Kläger zugrunde, der durch anwaltliches Schreiben die Beklagte Zug-um-Zug gegen Übereignung des Fahrzeugs zur Erstattung des Kaufpreises aufforderte. Nach fruchtlosen Ablauf der dort gesetzten Frist erhob er Klage, mit der er u.a. die vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von € 1.171,67 (in Form eines Freistellungsantrages) geltend machte. Während des Landgericht der Klage im Wesentlichen stattgab, hat das Berufungsgericht – unter Zulassung der Revision – die Klage in Bezug auf die Anwaltsgebühren abgewiesen. Die Revision wurde vom BGH zurückgewiesen.

Der BGH wies darauf hin, dass es sich bei den geltend gemachten Rechtsanwaltskosten um einen Schadensersatzanspruch handele, der in erster Linie Sache des nach § 287 BBGB besonders frei gestellten Tatrichters sei und von daher nur dahingehend geprüft werden könne, ob dieser Rechtsgrundsätze der Schadensbemessung verkannt habe, wesentliche Bemessungsfaktoren außer Betracht gelassen oder seiner Schätzung unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt habe.

Ob und inwieweit der dem Geschädigten zustehende Schadensersatzanspruch auch die Rechtsanwaltskosten erfasse müsse unter Beachtung des Unterschiedes zwischen dem Innenverhältnisses des Rechtsanwalts zu seinem Mandanten (Geschädigten) und des Außenverhältnisses zwischen Geschädigten zum Schädiger entschieden werden. Voraussetzung sei stets, dass im Innenverhältnis ein Anspruch des Rechtsanwalts gegen seinen Mandanten auf Zahlung der Gebühren bestehe und im Außenverhältnis mit Rücksicht auf seine spezielle Situation die konkrete anwaltliche Tätigkeit erforderlich und zweckmäßig war (BGH, Urteil vom 22.01.2019 - VI ZR 403/17 -). Ob eine vorgerichtliche anwaltliche Zahlungsaufforderung eine Geschäftsgebühr des Rechtsanwalts nach Nr. 2300 VV RVG auslöse oder als lediglich vorbereitende Tätigkeit nach § 19 Abs. 1S. 2 Nr. 1 RVG zum Rechtszug und daher mit der prozessualen Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG abgegolten sei, gehöre dem Innenverhältnis an und sei von Art und Umfang des erteilten Mandats abhängig. Sei der unbedingte Auftrag zur gerichtlichen Geltendmachung erteilt, würden bereits Vorbereitungsmaßnahmen diese Gebühr auslösen, auch wenn der Rechtsanwalt zunächst nur außergerichtlich tätig würde. In diesem Fall sei kein Raum für die Gebühr nach Nr. 2300 VV RVG. Nur wen sich der Auftrag an den Rechtsanwalt auf die die außergerichtliche Tätigkeit beschränke oder der Prozessauftrag nur unter der aufschiebenden Bedingung der erfolglosen außergerichtlichen Tätigkeit beziehe, entstehe die Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG.

Dies sei vom Landgericht im Rahmen des § 287 ZPO berücksichtigt worden. Es habe ausgeführt, der Kläger habe nicht schlüssig dargelegt, seinen Rechtsanwalt lediglich mit der außergerichtlichen Vertretung beauftragt zu haben oder einen nur bedingten Prozessauftrag erteilt zu haben. Grundlage war das vorgelegtes außergerichtliches Schreiben des Rechtsanwalts, in dem er darauf hinwies, dass für den Fall, dass nicht innerhalb der Frist gezahlt würde oder kein angemessenes Vergleichsangebot erfolge, Klage erhoben würde. Dies sei ein Indiz gegen die Behauptung, es sei nur ein Mandat zur außergerichtlichen Vertretung oder nur ein bedingter Prozessauftrag erteilt worden. Zwar ließe sich aus der nach außen gerichteten Tätigkeit des Rechtsanwalts und der dort vorgenommenen Klageandrohung nicht ohne Weiteres darauf schließen, dass er diese Tätigkeit im Rahmen eines ihm bereits unbedingt erteilten Klageauftrages ausübte oder ihm im Innenverhältnis tatsächlich zunächst nur eine Vertretungs- und kein (unbedingter) Prozessauftrag erteilt worden sei. Diese Unsicherheit gehe aber zu Lasten des Klägers, der darzulegen und im Bestreitensfall zu beweisen habe, dass er seinen Anwalt einen Auftrag zur außergerichtlichen Vertretung erteilt habe.

BGH, Urteil vom 22.06.2021 - VI ZR 353/20 -

Mittwoch, 21. Juli 2021

Miete: Zahlung durch Dritte und Erfüllungswirkung (hier: berechtigte Räumungsklage)

Der Hinweisbeschluss des LG Berlin, nach dem die Berufung des Mieters gegen das der Räumungsklage stattgebende Urteil als offensichtlich unbegründet zurückgewiesen werden soll, ist ebenso kurz wie präzise.  Dabei wird sich (vielleicht) der Mieter bei dem von ihm gewählten Vorgehen nichts weiter gedacht haben, insoweit nicht der Mieter den Mietzins zahlte sondern (für diesen) ein Dritter.

Das Landgericht musste sich mit der Frage auseinandersetzen, wann bei einer Mietzahlung Erfüllungswirkung eintritt. Die ist z.B. bedeutsam auch für  eine Kündigung des Mietverhältnisses wegen Mietrückstandes; die fristlose Kündigung setzt nach § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB voraus, dass der Mieter mit der Zahlung von zwei aufeinanderfolgenden Mieten oder einem wesentlichen Teil davon bzw. über einen Zeitraum von mehr als zwei Terminen mit Miete in Höhe von zwei Terminen in Verzug ist. Erfüllte der Mieter, liegt kein Verzug vor. Erfüllung bedeutet, dass durch die Leistung (Zahlung) das Schuldverhältnis erlischt, hier also durch Zahlung der Miete für einen bestimmten Monat der Anspruch des Vermieters auf die Miete.

Der Mieter ist nicht verpflichtet, die Miete selbst z zahlen. Er kann die Miete auch durch Hilfspersonen oder Dritte zahlen lassen, wie auch Dritte – aus welchem Grund auch immer – für den Mieter die Miete zahlen können. Während aber bei einer Zahlung durch den Mieter angenommen wird, dass dieser auf die von ihm geschuldete Miete zahlen will (mangels einer Bestimmung des Mieters, auf was er zahlt, greifen die Regelungen der §§ 366, 367 BGB, wenn sich nicht aus der Art der Zahlung eine Bestimmung ergibt [z.B.: ist die Septembermiete offen und leistet der Mieter pünktlich im Oktober wieder eine Mietzahlung, gilt sie als für Oktober entrichtet und September bleibt offen]). Leistet aber ein Dritter oder eine Hilfsperson, ohne den Zahlungsgrund anzugeben, so führt dies nicht zum Erlöschen der Mietforderung nach § 362 BGB.

Vorliegend hatte der Vermieter wegen Mietrückstandes gem. § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 BGB gekündigt. Der darauf beruhenden Räumungsklage wurde stattgegeben. Im Berufungsverfahren machte der Mieter geltend, Zahlungen eines Dritten vom 07.10. und 08.11.2019 seien auf seine Mieten gezahlt worden. Dies half ihm aber nicht weiter. Zutreffend wies das Berufungsgericht darauf hin, dass bei Zahlung durch Hilfspersonen oder Dritte Erfüllung nur eintreten würde, wenn die Zahlung unter Angabe einer für den Vermieter nachvollziehbaren Tilgungsbestimmung erfolge (BGH, Urteil vom 27.06.2008 - V ZR 83/07 -). Daran habe es ermangelt. Auch wenn nunmehr am 20.10.2020 dies nachgeholt wurde, würde dies nicht die Berufung rechtfertigen können, da erst mit dieser Mitteilung die Erfüllungswirkung des § 362 BGB eingetreten sei und die Schonfrist bei Wohnraum nach § 569 Abs. 3 Nr. 2 S. 1 BGB (Zahlung der offenen Miete innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung der Räumungsklage) längst abgelaufen sei.

Wäre die Erklärung innerhalb der Frist des § 569 Abs. 3 Nr. 2 S. 1 BGB rechtzeitig erfolgt, hätte der Vermieter die Räumungsklage in der Hauptsache für erledigt erklären müssen und wären dem Mieter, der Veranlassung zur Klage gegeben hatte, die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen gewesen, § 91a ZPO. Sollte der Vermieter in einem Fall wie dem Vorliegenden die Räumungsklage mit einer Zahlungsklage verbinden oder auch nur Zahlungsklage erheben, müsste er bei einer Nachholung der Tilgungsbestimmung durch den Mieter die Hauptsache im Hinblick auf den Zahlungsanspruch für erledigt zu erklären mit der Rechtsfolge, dass dem Mieter die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen wären. Allerdings hätte der Vermieter, da die Erfüllungswirkung erst mit der Erklärung eingetreten wäre, einen Anspruch auf Verzugszinsen auf die Mietforderung bis zu dem als Erfüllung anzusehenden Datum des Zugangs der Erklärung zu zahlen.

LG Berlin, Beschluss vom 02.03.2021 - 67 S 319/20 -

Montag, 19. April 2021

Die nachträglich vereinbarte Zwischenfrist und das daraus abgeleitete Kündigungsrecht des Bauvertrages

Nach Abschluss eines VOB-Bauvertrages koordinierte der Auftraggeber (Beklagter) im Rahmen einer Baubesprechung die Arbeiten der verschiedenen Gewerke und legte u.a. fest, dass die Klägerin bis zu einem bestimmten Zeitpunkt eine Dachrandsicherung fertigzustellen und ein Gerüst aufzustellen habe. Dies war erforderlich, damit ein Drittunternehmer notwendige Arbeiten vornehmen konnte. Die Klägerin wurde allerdings nicht fristgerecht fertig. Der Beklagte setzte ihr eine Nachfrist und drohte für den Fall der Nichteinhaltung die Kündigung an; nach fruchtlosen Ablauf der gesetzten Frist kündigte er.

§ 5 Abs. 1 S. 2 VOB/B bestimmt, dass in einem Bauzeitenplan enthaltene Fristen nur dann als Vertragsfristen gelten, wenn dies im Vertrag ausdrücklich vereinbart wird. Im Übrigen handelt es sich um Kontrollfristen und dienen letztlich der Prüfung, ob der Auftragnehmer seiner Baustellenförderungspflicht nach § 5 Abs. 3 VOB/B nachkommt. Das Überschreiten der Frist würde nicht einen Verzug begründen. Vor diesem Hintergrund stellte sich die Frage, ob die im Rahmen einer Baubesprechung getroffene Terminabsprache auch als unverbindlich anzusehen ist oder bei Fristüberschreitung einen Verzug begründen konnte. Vom OLG wurde darauf verwiesen, dass es nicht erforderlich sei, dass die Frist als Vertragsfrist bezeichnet wird, wenn sich aus den Umständen eine entsprechende Auslegung klar ergibt. Ergibt sich dies, kommen die Rechtsfolgen des § 5 Abs. 4 VOB/B in Betracht, u.a. bei Verzug mit der Vollendung und Ablauf einer Nachfrist die Vertragskündigung. Zwar würde diese Regelung nicht auf eine Einzelfrist wirken, doch käme (auch bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen wie den VOB/B) eine ergänzende Vertragsauslegung in Betracht. Das führe dazu, dass die Parteien hier die Einzelfrist in Ansehung der unabdingbaren Vorarbeit für ein Drittgewerk einen Schadensersatzanspruch wegen Verzugs mit dieser Einzelfrist als Vertragsfrist und ein Kündigungsrecht vorgesehen hätten.

Das OLG sieht es aber auch als möglich an, ohne eine ergänzende Vertragsauslegung das Kündigungsrecht zu bejahen. So könne nach § 648a BGB aus wichtigem Grund gekündigt werden, wenn dem Auftraggeber die Fortsetzung des Vertrages unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen bis zur Fertigstellung des Werkes nicht zugemutet werden könne. Das sei zu bejahen, wenn eine Vertragspflichtverletzung von erheblicher Bedeutung vorliege, was entsprechend auch für Einzelfristen gelte. Da der Arbeitsfortschritt auf der Baustelle von der Einhaltung der vereinbarten Zwischenfrist abhänge, sei dem Beklagten nach Ablauf der Frist und der gesetzten Nachfrist ein weiteres Festhalten am Vertrag nicht zumutbar gewesen.

Auch wäre eine Kündigung nach § 5 Abs. 4 VOB/B (ohne o.g. Vertragsauslegung) möglich, wenn die Ausführungsfrist als solche infolge der Verzögerung (des Verzuges) offenbar nicht eingehalten werden könne. Das Fehlen der Dachrandsicherung und des Gerüsts stelle sich als Fehlen von Verpflichtungen nach § 5 Abs. 3 VOB/B dar (wie Geräte, Gerüste, Bauteile). § 5 Abs. 4 VOB/B fordere hier von dem Auftragnehmer, auf verlangen Abhilfe zu leisten. Es bedürfe also in diesem Fall zuerst des Verlangens und danach der schuldhaften Verletzung der Abhilfepflicht. Erst wenn dies geschehen sei, könne der Auftraggeber eine angemessene Frist zur Vertragserfüllung mit Kündigungsandrohung setzen. Dies sei im konkreten Fall entsprechend erfolgt.

Die Kündigung war damit wegen Verzugs und Ablaufs der Nachfristsetzung zulässig gewesen.

Mit der Entscheidung verdeutlichte das OLG die vertragliche Bedeutung von Vereinbarungen im Rahmen von Baubesprechungen, bei denen sich die Beteiligten über die Bedeutung und Tragweite im Klaren sein sollten.

OLG Stuttgart, Urteil vom 01.12.2020 - 10 U 124/20 -

Sonntag, 24. Januar 2021

Kaskoversicherung: Muss der Versicherer Nutzungsausfall bei Verzug zahlen ?

Der Kläger machte gegen seinen Kaksoversicherer einen Anspruch auf Nutzungsausfall geltend. Zwar war dies nicht in dem Versicherungsvertrag der Parteien geregelt, doch vertrat der Kläger die Ansicht, er habe, da sich der Versicherer mit der Leistung ach dem Schadensfall in Verzug befand, einen Anspruch nach §§ 286 Abs. 1, 280 BGB auf Nutzungsausfall. Landgericht und Oberlandesgericht (OLG) folgten ihm nicht. Das OLG wie den Kläger darauf hin, dass es gedenke seine Berufung nach § 522 ZPO zurückzuweisen.

Das OLG wies darauf hin, dass Nutzungsausfallentschädigung nicht nur als Schadensersatz nach einem Verkehrsunfall zugesprochen würde, sondern u.a. auch dann, wenn der mit dem Verkauf eines Kraftahrzeuges beauftragte Vermittler nach Kündigung des Vertrages  Vermittlung eines Kraftahrzeuges Beauftragte nach Kündigung des Auftrages die geschuldete Herausgabe des Fahrzuges verzögere (BGH, Urteil vom 14.07.1982 - VIII ZR 161/81 -). Allerdings ließe sich der Anspruch nicht auf einen rein versicherungsvertraglichen Anspruch ausdehnen, da unverzichtbare Voraussetzung für die Zuerkennung des Nutzungsausfallanspruchs eine unmittelbare nachteilige Einwirkung auf das Fahrzeug selbst sei (BGH aaO.). Dies sei auch bei einer unterlassenen Herausgabe der Fall.

Auf das Fahrzeug aber vorliegend aber ausschließlich der Unfallgegner, nicht aber der eigene Kaskoversicherer eingewirkt. Bei der Kaskoversicherung ginge es ausschließlich um die Erfüllung einer Geldschuld. Wenn durch den Verzug des Kaskoversicherers mit seiner Leistung ggfls. dem Versicherungsnehmer eine Nutzungsmöglichkeit (der Sache, d.h. des Fahrzeuges) entgehe, würde dies keinen ersatzfähigen Schaden darstellen (so auch z.B. OLG Hamm, Urteil vom 15.12.2010 - 20 U 108/10 -). Den Versicherer würden nur die normalen Verzugsfolgen treffen, so dass er die Verzugszinsen gem. § 288 BGB zu tragen habe.

Die Berufung wurde nach dem Hinweis zurückgenommen.

OLG Koblenz, Hinweisbeschluss vom 07.10.2020 - 12 U 1161/20 -

Sonntag, 8. November 2020

Wann kann der Mieter Schadensersatz wegen Verzugs mit der Mangelbeseitigung fordern ?

Es lag ein Wasserschaden in den vom Kläger angemieteten Räumen vor. Dieser wurde, wovon das OLG nach dem Vortrag des Klägers ausging, im Dezember 2020 durch eine innen liegende Dachentwässerung verursacht. Es handele sich damit um denselben Mangel wie bei einem ersten Schaden im Januar 2010.

Nach Auffassung des OLG, welches die Berufung des mietenden Klägers gegen ein klageabweisendes Urteil des Landgerichts aus offensichtlich unbegründet im Beschlussweg zurückwies, kommt eine Schadenshaftung des Vermieters aus § 280 Abs. 1 BGB nur in Betracht, wenn der Schaden nicht auf der Beschaffenheit der Mietsache beruhe. Ansonsten würde § 536a BGB lex specialis sein.

Auch ein Schadensersatzanspruch nach § 536a Abs. 1 Fallgruppe 3 BGB käme nicht in Betracht. Ob ein Verzug des Vermieters mit der Mangelbeseitigung vorliege, richte sich nach § 286 BGB. Voraussetzung seien ein fälliger Anspruch des Mieters und grundsätzlich eine darauf gerichtete Mahnung. Eine Haftung des Vermieters scheide aus, wenn ihn an der Verzögerung kein Verschulden treffe.

Fällig würde der Beseitigungsanspruch bereits mit Entstehung des Mangels. Allerdings bedürfe es zur Geltendmachung der Rechte aus § 536a Abs. 1 BGB der Mängelanzeige durch den Mieter, § 536c Abs. 3 BGB. Um nun nach § 286 BGB einen Verzug zu begründen, bedarf es grundsätzlich der Mahnung. Dass diese hier nach § 286 Ab. 2 BGB entbehrlich sein könnte, konnte das OLG nicht erkennen. Die Mahnung müsse unmissverständlich zum Ausdruck bringen, dass dem Vermieter bei Nichtbeseitigung des mangels Nachteile drohen, ohne dass dabei zwingend eine Fristsetzung erforderlich sei. Die Mangelanzeige ersetze nicht die Mahnung. Wobei allerdings Mangelanzeige und Mahnung miteinander verbunden werden könnten. Ob eine derartige Verbindung vorläge, sei durch Auslegung zu ermitteln. Alleine die Behauptung des Klägers, mit der Anzeige des Mangels gleichzeitig gemahnt zu haben, reiche nicht aus. Mangels Vorlage der Mangelanzeige sah sich das OLG nicht in der Lage, eine Prüfung vorzunehmen. Da auch eine gesonderte Mahnung nicht schlüssig behauptet worden sei, den Kläger aber für den Verzugseintritt die Beweislast trifft, müsse ein Schadensersatzanspruch des Klägers nach § 536a Abs. 1 Fallgruppe 3 BGB scheitern.

Darüber hinaus würde ein Verzug auch voraussetzen, dass der Vermieter nicht ohne schuldhaftes Zögern nach Zugang einer Mahnung die Beseitigung des mangels beauftragt hätte. Ein Verzug würde auch in diesem Fall mit der Beseitigung des mangels enden. Würden wiederholt gleichartige Mängel auftreten, könne der Vermieter gehalten sein die Ursachen zu beseitige. Sei allerdings nach Beseitigung der Symptome nicht mit einem erneuten Wiederauftreten zu rechnen, könne sich der Vermieter darauf beschränken Da nichts dazu vorgetragen wurde, dass es bereits vor Januar 2010 Durchfeuchtungen der Decke kam (obgleich der Kläger die Räume seit 1994 nutze), sei nichts dafür ersichtlich, dass der Beklagte nach Beauftragung einer Fachfirma im Januar 2010 mit einer erneuten Durchfeuchtung gerechnet habe. Damit ergäbe sich aus dieser Erwägung auch kein Schadensersatzanspruch nach § 536a Abs. 1 3. Fallgruppe BGB.

OLG Rostock, Beschluss vom 03.08.2020 - 3 U 91/18 - 

Mittwoch, 12. Juni 2019

Sofortiges Anerkenntnis: Kostenlast Beklagter bei Entbehrlichkeit einer vorgerichtlichen Zahlungsaufforderung


Der Kläger wurde durch fingierte Anrufe des Beklagten getäuscht, indem ihm vorgegaukelt wurde, er stünde im Visier einer Diebesbande und die Kriminalpolizei würde bei ihm vorbeikommen, um sein Bargeld sicherzustellen. Der Gehilfe des Beklagten erschien dann beim Kläger als vermeintlicher Kriminalbeamter und der Kläger übergab ihm € 15.700,00.  Ohne vorhergehende Zahlungsaufforderung oder Mahnung erhob der Kläger gegen den Beklagten Klage auf Zahlung dieses Betrages. Der Beklagte erkannte den Anspruch sofort an. Das Landgericht hatte sodann die Kosten des Verfahrens dem Kläger auferlegt, da der Beklagte mangels einer vorhergehenden Zahlungsaufforderung keine Veranlassung zur Klage gegeben habe. Die gegen die Kostenentscheidung vom Kläger eingelegte sofortige Beschwerde (§§ 99 Abs. 2, 567 Abs. 1 ZPO) war erfolgreich und führte zur Kostentragung des Beklagten gem. § 91 Abs. 2 ZPO.

Das OLG hat dahinstehen lassen, ob für eine Kostentragung gem. § 93 ZPO neben dem sofortigen Anerkenntnis auch eine zeitnahe Zahlung, die hier nicht erfolgte, erforderlich ist (dies ist in Rechtsprechung und Literatur streitig; ablehnend wohl BGH, Urteil vom 27.06.1970 - VIII ZR 233/78 -).  Entgegen der Annahme des Landgerichts läge nämlich bereits deshalb kein sofortiges Anerkenntnis vor, da der Beklagte Veranlassung zur Klage gegeben habe.

Eine Veranlassung zur Klageerhebung wird angenommen, wenn aus dem Verhalten der Beklagten Partei vor dem Prozess bei vernünftiger Betrachtung  ein hinreichender Anlass für die Annahme besteht, dass ohne gerichtliche Geltendmachung das Recht nicht realisiert werden kann (BGH aaO.; BGH, Beschluss vom 08.03.2005 - VIII ZB 3/04 -). Wer sich in Zahlungsverzug (jedenfalls bei vorangegangener Mahnung) befindet, hat stets Anlass zur Klageerhebung gegeben, weshalb in diesem Fall die Kostenfolge eines sofortigen Anerkenntnisses nach § 93 ZPO entfällt (BGH, Urteil vom 10.02.2011 - VII ZR 53/10 -).

Das OLG ging vorliegend von einem Zahlungsverzug des Beklagten (trotz fehlender vorgerichtlicher Zahlungsaufforderung) aus: Der Beklagte habe mittels einer Straftat dem Kläger das Geld entzogen. Daher befinde er sich bereits gem. §§ 848, 849 BGB mit der Entziehung in Verzug, ohne dass es hier einer Zahlungsaufforderung oder Mahnung bedurft hätte. Dies stützte das OLG auf den Umstand, dass der Beklagte strafrechtlich (nur) wegen zweier Delikte und damit einer überschaubaren Anzahl von Geschädigten verurteilt worden sei und sich in keiner Weise um die Erfüllung seiner Zahlungsverpflichtungen, mit denen er sich in Verzug befunden habe, bemüht habe. Deshalb habe der Kläger davon ausgehen dürfen, dass eine Zahlungsaufforderung vor Klageerhebung folgenlos bleiben würde und lediglich eine unnötige Förmelei darstellen würde.

Vom OLG wird auf eine davon abweichende Entscheidung des BGH (Beschluss vom 30.05.2006 – VI ZB 64/05 -) verwiesen, in dem der BGH ausführte dass zwar möglicherweise bei einem Anspruch aus unerlaubter Handlung wegen Veruntreuung von Geldbeträgen ein sofortiger Verzug vorliegen könne, jedoch bei einer Anzahl von 845 Taten bei 41 Geschädigten und der daraus resultierenden Vielzahl von Ansprüchen sowie in Ansehung der Inhaftierung des Schädigers die Auffassung der Vorinstanz nicht zu beanstanden sei, der Geschädigte hätte nicht davon ausgehen können, dass eine vorgerichtliche Kontaktaufnahme ohne Erfolg geblieben wäre. Das OLG hat hier in Ansehung der geringen Anzahl von Taten/Geschädigten den Rückschluss gezogen, dass vorliegend jedenfalls die Kontaktaufnahme unterbleiben durfte.

Festzuhalten bleibt mithin, dass alleine die Annahme eines Verzugs bei einem Anspruch aus unerlaubter Handlung im Zusammenhang mit einer strafrechtlichen Vermögensschädigung bereits zum Zeitpunkt der Tathandlung nicht schon gefolgert werden kann, dass es einer vorgerichtlichen Zahlungsaufforderung nicht bedarf. Es kommt ersichtlich auf die Umstände des Einzelfalls an, die hier vom OLG zugrunde gelegt und in diesem Fall zugunsten des geschädigten Klägers gewürdigt wurden.

OLG Köln, Beschluss vom 25.01.2019 - 10 W 19/18 -

Sonntag, 1. Mai 2016

Verzugsschaden: Nicht jeder Verzug begründet einen Anspruch auf Erstattung von Anwaltskosten

Der Beklagte schuldete dem Kläger die Rückzahlung eines Darlehens bis zum 31.12.2012 (einem Montag). An dem 31.12.2012 erteilte der Beklagte seiner Bank einen Online-Überweisungsauftrag (am einem 31.12. wird in Banken ebensowenig wie an einem 24.12. gearbeitet; sogen. „Bankfeiertage“). Am 2.1.2013 beauftragte der Kläger seinen Anwalt, der mit Mail vom gleichen tag den Beklagten zur Zahlung bis zum 3.1.2013 aufforderte. Der Beklagte überließ in Kopie seinen Überweisungsauftrag. Die Gutschrift bei dem Kläger erfolgte am 4.1.2013 mit Wertstellung zum 2.1.2013.


Das Landgericht hat die auf Erstattung die Anwaltsgebühren gerichtete Klage abgewiesen, das OLG Karlsruhe hat ihr stattgegeben. Auf die zugelassene Revision erfolgte die Wiederherstellung der landgerichtlichen Entscheidung.

Der BGH geht in der Sache von einem Schuldnerverzug des Beklagten aus. Offen bleibe könne (weiterhin), ob mit der Zahlungsbewirkung oder erst mit dem Zahlungseingang ein Verzug ausgeschlossen wird, da jedenfalls auch der Zahlungsauftrag erst zum 2.1.2013 angenommen werden könne. Da der 31.12 ein „Bankenfeiertag“ sei und am 1.1. eines Jahres ein allgemeiner Feiertrag sei, wäre der Zahlungsauftrag erst zum 2.1.2013 anzunehmen, weshalb jedenfalls Verzug vorläge.

Allerdings hänge der Schadensersatzanspruch auf Erstattung von Anwaltsgebühren gem. § 286 Abs. 1 BGB von weiteren Voraussetzungen ab als z.B. die Verzinsungspflicht nach § 288 Abs. 1 BGB. Hier wäre erforderlich, dass aus der ex-ante-Sicht einer vernünftigen und wirtschaftlich denkenden Person in dieser Situation die Einschaltung eines Anwalts zur Wahrung und Durchsetzung der eigenen Rechte erforderlich und zweckmäßig war (BGHZ 127, 348, 350f).  Diese Voraussetzung war nach Ansicht des BGH im Streitfall nicht erfüllt.

Selbst wenn am 2.1.2013 die Gutschrift auf dem Konto des Klägers noch nicht erfolgt war, hätte er auf Grund der konkreten Umstände des Einzelfalls von einer Mandatierung Abstand nehmen müssen.  Eine vernünftig und wirtschaftlich denkende Person hätte hier die Möglichkeit gesehen, dass der Beklagte die Zahlung jedenfalls bereits veranlasst hat. So habe der Beklagte noch am 27.12.2012 unter Angabe des Kontos mitgeteilt, dass die Zahlung erfolgen würde. Da der 29.12. ein Samstag, der 30.12. ein Sonntag, der 31.12. ein bankenfreier Tag und der 1.1. wieder ein Feiertag gewesen sind, in Ansehung der Höhe der Überweisung mit € 50.000,00 auch mit einer manuellen Überprüfung der Überweisung gerechnet werden musste, hätte der Kläger mangels anderweitiger Anhaltspunkte nicht davon ausgehen dürfen, dass der Beklagte seiner eigenen Ankündigung nicht folgen würde.


BGH, Urteil vom 25.11.2015 – IV ZR 169/14 -

Mittwoch, 14. Mai 2014

Bauträger: Rechte des Käufers bei Verzug mit der Übergabe


Welche Rechte hat der Kunde eines Bauträgers, wenn dieser mit der Erstellung des Eigenheims / der Eigentumswohnung in Verzug gerät ? In dem vom BGH mit Urteil vom 20.02.2014 – VII ZR 172/13 – entschiedenen Fall machte der Kunde Nutzungsausfallentschädigung geltend.  Der BGH entschied, dass dem Kunden dies zusteht, wenn nicht der bauträger dem Kunden für die Zeit des Verzugs der Übergabe dem erworbenen Wohnraum etwa gleichwertigen Wohnraum zur Verfügung stellt. Die vereitelte Nutzungsmöglichkeit stellt, wie der BGH schon anderweitig (z.B. für die Nutzungsausfallentschädigung nach einem Verkehrsunfall) feststellte, einen Vermögenswert dar. Soweit  zwar anderweitiger Wohnraum zur Verfügung gestellt wird, dieser aber nicht gleichwertig ist, ergibt sich ein Kompensationsanspruch.  Die Höhe des Anspruchs war im revisionsverfahren nicht streitig, weshalb sich der BGH damit nicht auseinander gesetzt hat. Zu berücksichtigen ist allerdings, dass nach BGHZ 98, 212 Faktoren wie Gewinnmarge und Provision bei Zugrundelegung einer Vergleichsmiete für den fiktiven Ersatzwohnraum unberücksichtigt bleiben müssen.
BGH, Urteil vom 20.02.2014 - VII ZR 172/13 -