Die Kläger machten gegenüber den Beklagten, ihren Mietern, klageweise Mietrückstände aufgrund Mietminderungen der Beklagten geltend. Die Mietminderungen wurden von den Beklagten vorgenommen, da ein Mietmieter in dem Wohngebäude (dessen Wohnung sich eine Etage versetzt und in einem Winkel von 90° zur Wohnung der Beklagten lag) auf dem Balkon seiner Wohnung rauchte. Das Amtsgericht gab der Klage statt.
Die Beklagten machten geltend, dass sie sich durch den Rauh belästigt fühlen würden. Der Rauch würde in ihre Wohnung ziehen und so es ihnen nicht ermöglichen, die Wohnung in einem gewünschten Maß zu lüften. Infolgedessen sei eine Minderung der (Kalt-) Miete von 10% im Monat gerechtfertigt. Das sah das Amtsgericht anders.
Voraussetzung für die Minderung sei, dass die Wohnung einen Mangel aufweise, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch mehr als nur unerheblich mindere, § 536 Abs. 1 BGB. Auch bei einem nach vorgelegten „Rauchtagebüchern“ dokumentierten Rauchverhalten sah das Amtsgericht diese Voraussetzung nicht. Dabei hat es die weiteren Umstände berücksichtigt:
Grundsätzlich gehöre Rauchen zum vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache. Das gelte auch, wenn ein Mitbewohner im Haus auf seinem Balkon rauche. Der Mieter könne von dem Vermieter nicht verlangen, den rauchenden Mitmieter zu einer Einschränkung seines Rauchverhaltens zu veranlassen. Anders sei dies nur dann, wenn bei dem gestörten Mieter Rauch bzw. Gerüche in die Wohnung ziehen würde, ohne dass dies verhindert werden könne oder der Rauch bzw. die Gerüche fast unmöglich aus der Wohnung herauszubekommen seien.
Ein Einziehen von Rauch oder Gerüchen in die Wohnung, ohne dass dies verhindert werden könne, läge z.B. vor, wenn diese durch Zwangsöffnungen in die Wohnung gelangen würde (AG Berlin-Mitte, Urteil vom 13.10.2022 - 122 C 156/21 -). Im fall des LG Hamburg (Urteil vom 15.06.2012 - 311 S 92/10 -) verfing sich Rauch in der Dachgaube des betroffenen Mieters und drang bei geöffneten Fenster in die Wohnung ein, ohne dass er die Möglichkeit gehabt habe durch sonstiges Lüften den Rauch wieder loszuwerden.
Die konkreten Umstände sah das Amtsgericht als anders gelagert an. Rauch würde im Wesentlichen über das Fenster des kleinen Bades und zwei bodentiefe Fenster im Esszimmer eindringen. Doch verfüge die Wohnung über zahlreiche andere Zimmer mit zehn weiteren Fenstern. Das Eindringen des Rauches könne mithin verhindert werden (durch schließen der drei Fenster) als auch könne er zumutbar entfernt werden (durch Querlüften).
Zudem läge kein exzessives Rauchverhalten vor, aus dem eine Unzumutbarkeit abgeleitet werden könne (ähnlich wie bei einem Rauchpavillon einer Gaststätte. In dem sich viele Menschen aufhalten würden).
AG Remscheid, Urteil vom
02.05.2024 - 7 C 5/24 -
Aus den Gründen:
Tenor
Die Beklagten werden verurteilt, als
Gesamtschuldner EUR 1.383,59 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem
Basiszins aus EUR 250,00 seit dem 04.08.2022, aus EUR 88,32 seit dem
05.09.2022, aus EUR 18,77 seit dem 05.10.2022, aus jeweils EUR 75,25 seit dem
05.11.2022, 05.12.2022, 05.01.2023 und 05.02.2023 sowie aus jeweils EUR 72,55
seit dem 3. Werktag der Monate März bis Dezember 2023 an die Kläger zu zahlen.
Die Beklagten werden verurteilt, an die
Kläger weitere EUR 265,61 (vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten) zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten als Gesamtschuldner.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Kläger sind
Vermieter, die Beklagten Mieter einer Wohnung im Hause Xstraße in Remscheid. …
Gesamtmiete bis
einschließlich August 2022 1.020,52 EUR.
Ab September
2022 waren die Vorauszahlungen angepasst, so dass sich die Miete wie folgt
berechnete: … Gesamtmiete ab September 2022 1.023,52 EUR.
Die Beklagten
rügten gegenüber den Klägern Belästigung durch Zigarettenrauch vom Balkon der
Mitmieter N. Hierzu ist zu erläutern, dass das streitgegenständliche Haus eine
L-Form aufweist. Die Wohnung der Beklagten mit insgesamt 5 Zimmern und
einer Gesamtfläche von 127 m² befindet sich im 2. OG des einen Schenkel des L.
Für die Einzelheiten wird auf den Plan Bezug genommen, der als Anlage K11 zur
Akte gereicht worden ist. Die Wohnung der Mitmieter N liegt auf dem anderen
Schenkel des L eine Etage tiefer und ist auf dem Plan, der als Anlage K16
überreicht wurde, rot umrandet gezeichnet. Die Wohnungen liegen also mit einer
Etage versetzt und in einem Winkel von 90° zueinander. Die Wohnung der Familie
M hat einen Balkon, der auf dem Foto Anlage K17 sowie am äußersten rechten
Bildrand des Fotos der Anlage K15 zu sehen ist. Auf letzterem Foto ist auch die
eine Etage höher gelegene Wohnung der Beklagten zu sehen. Diese weist im
maßgeblichen Bereich ein normal großes Fenster auf, das zum dortigen kleinen
Badezimmer gehört sowie zwei bodengleiche Tür-/Fensterelemente, die zu dem
daneben liegenden Esszimmer gehören. Weiter links, etwas zurückliegend (im Bild
ganz links zu sehen), schließt sich das doppelflügelige Fenster eines weiteren
Zimmers an. Die übrigen Fenster der Wohnung der Beklagten zeigen zu anderen
Seiten des Hauses.
Wegen der
Rauchbelästigung durch die auf dem Balkon rauchenden Mitmieter N minderten die
Beklagten rückwirkend ab Juni 2022 die von ihnen zu zahlende Miete wie folgt:
……………
1.383,59 EUR
./. 19 Monate = 78,82 EUR/Mon.
Nachdem die
Kläger die Beklagten mehrfach zur Zahlung der Rückstände aufgefordert hatten,
wurden die Beklagten durch Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten der Kläger
vom 18.09.2023 (Anlage K8) erneut zur Zahlung aufgefordert. Über die
vorgerichtliche Tätigkeit erteilten diese ihre Honorarrechnung vom 26.03.2024
über insgesamt 265,61 EUR, die von den Klägern ausgeglichen wurde.
Die Kläger beantragen,
1. die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner EUR 1.383,59 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins aus EUR 250,00 seit dem 04.08.2022, aus EUR 88,32 seit dem 05.09.2022, aus EUR 18,77 seit dem 05.10.2022, aus jeweils EUR 75,25 seit dem 05.11.2022, 05.12.2022, 05.01.2023 und 05.02.2023 sowie aus jeweils EUR 72,55 seit dem 3. Werktag der Monate März bis Dezember 2023 an die Kläger zu zahlen.
2. die Beklagten zu verurteilen, an die Kläger weitere EUR 265,61 (vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten) zu zahlen.
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.
Sie fühlen sich
durch das Rauchverhalten vom Balkon der Mietpartei N gestört und behaupten,
Frau N bzw. ihr Mann habe zu denjenigen Zeiten geraucht, die sich aus den
vorgelegten Rauchtagebüchern Anlagen B12 - B14 ergeben. Der Rauch würde in ihre
Wohnung ziehen und es ihnen dementsprechend nicht ermöglichen, ihre Wohnung in
dem gewünschten Maß zu lüften. Sie sind der Auffassung, infolge der
Rauchbelästigung seien sie berechtigt, die Kaltmiete um 10 % monatlich zu
mindern.
Für das weitere
Parteivorbringen wird Bezug genommen auf die zur Akte gereichten Schriftsätze
nebst Anlagen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist
begründet.
Die Kläger
haben gegen die Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von rückständigem Mietzins
für den Zeitraum Juni 2022 bis Dezember 2023 in Höhe von 1.383,59 EUR. Für die
Berechnung wird auf den Tatbestand Bezug genommen.
Zu Unrecht
haben die Beklagten die zu zahlende Miete um rund 10 % des Kaltmietbetrages
gemindert. Ein Recht zur Mietminderung stand den Beklagten nicht zu.
Voraussetzung hierfür ist gemäß § 536 Abs. 1 BGB, dass die Mietsache
einen Mangel aufweist, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch mehr
als nur unerheblich mindert. Das ist vorliegend nicht der Fall, auch wenn das
in den Rauchtagebüchern dokumentierte Rauchverhalten Mitmietpartei N so wie
dort dokumentiert stattgefunden hat.
Rauchen gehört
grundsätzlich zum vertragsgemäßen Gebrauch einer Mietwohnung. Das gilt auch,
wenn der Mitmieter (Wohnungsnachbar) auf seinem Balkon raucht. So kann der
Mieter grundsätzlich nicht von seinem Vermieter verlangen, den rauchenden
Mitmieter zu einer Einschränkung seines Rauchverhaltens zu veranlassen. Etwas
anderes gilt nur dann, wenn der gestörte Mieter (hier die Beklagten) entweder
gar nicht verhindern kann, dass Rauch oder sonstige Gerüche aus der anderen
Wohnung in ihre eigene Wohnung dringt oder wenn es ihm nahezu unmöglich ist,
diesen Rauch oder diese Gerüche durch Lüften wieder aus der Wohnung
herauszubekommen. Ersteres ist insbesondere der Fall, wenn diese Gerüche oder
der Rauch durch Zwangsöffnungen in die Mietwohnung gelangen, so in dem vom
Amtsgericht Berlin-Mitte am 13.10.2022 entschiedenen Fall (- 122 C 156/21 -,
juris). Der andere Fall war vom Landgericht Hamburg mit Urteil vom 15.06.2012
(- 311 S 92/10 -, Rn. 18, 19, juris) zu entscheiden. Im dortigen Fall verfing
sich der Rauch in der Dachgaube des betroffenen Mieters und drang bei
geöffnetem Fenster in die Wohnung, ohne dass dieser Mieter die Möglichkeit
hatte, durch sonstiges Lüften diesen Rauch wieder loszuwerden.
Die beiden
zuvor genannten Fälle unterscheiden sich maßgeblich von dem hier zu
entscheidenden Fall, da insbesondere der Rauch der Mitmieter weder durch eine
Zwangslüftung noch sonst in einer Art und Weise in die Wohnung der Beklagten
eindringt, die es ihnen unmöglich machen würde, dieses Eindringen zu
verhindern. Nach dem Vortrag der Beklagten dringt der Rauch im Wesentlichen
über das Fenster des kleinen Bades sowie die beiden bodentiefen Fenster des
Esszimmers in ihre Wohnung ein. Darüber hinaus verfügt die Wohnung jedoch noch
über zahlreiche andere Zimmer mit insgesamt weiteren 10 Fenstern. Es kann also
keine Rede davon sein, dass die Beklagten das Eindringen des Rauches nicht
verhindern könnten und/oder aber einen gefangenen Rauch nicht wieder in einer zumutbaren
Art und Weise loswerden könnten. Gegen das Eindringen können sie die insgesamt
drei betroffenen Fenster schließen und zum Loswerden von eingefangenem Rauch
mit den übrigen Fenstern sogar "quer" lüften.
Darüber hinaus
ist das dokumentierte Rauchverhalten auch nicht so exzessiv, dass hieraus
alleine eine Unzumutbarkeit abgeleitet werden könnte. Das wäre beispielsweise
der Fall, wenn im genau maßgeblichen Bereich besonders viele Menschen zu
praktisch jeder Tages- und Nachtzeit rauchen würden, wie das beispielsweise bei
einem Rauchpavillon einer Gaststätte oder eines sonstigen Gebäudes zu erwarten
wäre, in dem sich viele Menschen aufhalten.
Bei der
gegebenen Sachlage vermag das Gericht weder eine Unzumutbarkeit oder gar eine
erhebliche Minderung der Tauglichkeit als Wohnung zu erkennen.
Der
Zinsanspruch ergibt sich aus dem Gesichtspunkt des Verzuges gemäß §§ 288,
286 BGB. Ebenfalls aus dem Gesichtspunkt des Verzuges sind die vorgerichtlichen
Rechtsanwaltskosten zu erstatten. Für die Berechnung wird auf die als Anlage K9
überreichte Honorarrechnung Bezug genommen. Diese ist inhaltlich nicht zu
beanstanden.
Die
Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO.
Streitwert:
1.383,59 EUR.
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