Gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss legte der Kläger (als Kostenschuldner) sofortige Beschwerde mit der Begründung ein, der Anwaltsvertrag zwischen dem Beklagten und seinem Prozessbevollmächtigten A sei nichtig, da eine Interessenkollision des A bestünde. Er sei sowohl dem Beklagten wie auch dem Kläger als freier Mitarbeiter verbunden. Damit hätte er nicht für den einen Dienstherrn gegen den anderen vorgehen dürfen. Das Landgericht half der sofortigen Beschwerde nicht ab und legte sie dem Oberlandesgericht (OLG) vor. Dieses wies sie zurück.
Unter Bezugnahme auf einen Beschluss des BGH vom 09.03.2006 - V ZB 164/05 – verwies das OLG darauf, dass das Kostenfestsetzungsverfahren eine Fortsetzung der Kostengrundentscheidung sei und mir dem Kostenfestsetzungsbeschluss abschließe. Es sei lediglich zu entscheiden, welcher Betrag nach der Kostengrundentscheidung zu erstatten sei, weshalb keine materiell-rechtlichen Fragen zu klären seien. Für streitige Tatsachen und komplizierte Rechtsfragen sei das Verfahren nicht vorgesehen, daher nicht zu berücksichtigen und einer möglichen Vollstreckungsgegenklage (§ 767 ZPO) vorbehalten.
Ausnahmsweise könnten es verfahrensökonomische Gründe angezeigt erscheinen lassen, den Kostenerstattungsschuldner nicht auf eine Vollstreckungsgegenklage zu verweisen, wenn es um materiell-rechtliche Einwendungen gehen würde, die keiner Tatsachenaufklärung bedürfen und mit den in einem Kostenfestsetzungsverfahren zur Verfügung stehenden Mitteln ohne weiteres geklärt werden könnten (BGH, Beschluss vom 23.03.2006 - V ZB 189/05 -.
Diesen Ausnahmefall verneint das OLG bereits deshalb, da streitig sei, ob der Prozessbevollmächtigte des Beklagten noch für diesen tätig sei.
Dem stünde nicht entgegen, dass der Rechtspfleger prüfen müsse, ob die zur Festsetzung angemeldeten Kosten entstanden seien. Damit verbunden sei nicht die Prüfung aller materiell-rechtlicher Fragen, vielmehr beschränke sich die Prüfung auf rein prozessuale und gebührenrechtliche Gesichtspunkte. Dies sei Folge des Umstandes, dass mit dem Kostenfestsetzungsbeschluss die betragsmäßige Umsetzung der Kostengrundentscheidung erreicht werden soll. Die materiell-rechtliche Frage, ob die erstattungsberechtigte Partei ihrem Prozessbevollmächtigten die Gebühren im Innenverhältnis schulde, gehöre nicht in das Kostenfestsetzungsverfahren (OLG Hamm, Beschluss vom 15.01.1999 – 23 W 534/98 -; BGH, Beschluss vom 22.11.2006 – IV ZB 18/06 -).
Zudem sei der Einwand der Nichtigkeit des Anwaltsvertrages wegen Verstoßes gegen § 134 BGB bzw. gem. § 138 ZPO keine einfache Rechtsfrage, die für das Kostenfestsetzungsverfahren geeignet sei.
OLG Frankfurt, Beschluss
vom 19.02.2025 - 30 W 20/25 -
Aus den Gründen:
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Klägers
gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Limburg an der Lahn vom
13.11.2024 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten der
Beschwerde.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Der Gegenstandswert für die Beschwerde wird auf 1.565,72 € festgesetzt.
Gründe
I.
Mit
Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Limburg an der Lahn vom 13.11.2024
sind die auf Grund des vorläufig vollstreckbaren Versäumnisurteils des
Landgerichts Limburg a. d. Lahn vom 02.10.2024 von dem Kläger an den Beklagten
zu erstattenden Kosten auf 1.565,72 € festgesetzt worden.
Am 29.11.2024
hat der Kläger gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss, der ihm am 15.11.2024
zugestellt worden ist, sofortige Beschwerde eingelegt und beantragt, den
angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss aufzuheben und den
Kostenfestsetzungsantrag des Beklagten zurückzuweisen. Zur Begründung hat er
ausgeführt, der Anwaltsvertrag zwischen dem Beklagten und dessen
Prozessbevollmächtigten A sei nichtig. Es liege ein Fall der
Interessenkollision vor. Rechtsanwalt A sei sowohl mit dem Beklagten als auch
mit dem Kläger als freier Mitarbeiter verbunden. Für den Bestreitensfalle hat
er die Vorlage der Vereinbarung angekündigt.Der Anwaltsvertrag zwischen dem
Beklagten und dessen Prozessbevollmächtigten A verstoße somit gegen ein
gesetzliches Verbot, weil man nicht für den einen Dienstherrn gegen den anderen
Dienstherrn vorgehen dürfe, so dass die §§ 134, 138 BGB eingriffen, was
einen Verlust des Kostenerstattungsanspruches des Beklagten zur Folge habe.
Der Beklagte
hat beantragt, die sofortige Beschwerde zurückzuweisen. Er hat dazu
vorgetragen, der Kläger habe am 28.01.2021 eine Vereinbarung unterzeichnet,
nach der die Zusammenarbeit mit dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten A auf
der Basis eines freien Mitarbeitervertrages einvernehmlich mit Wirkung zum
31.01.2021 beendet worden sei. Zum Beweis dafür hat er eine Vereinbarung vom
28.01.2021 vorgelegt.
Das Landgericht
hat der Beschwerde nicht abgeholfen. Zur Begründung hat es ausgeführt, bei dem
Vortrag des Klägers, dass der Anwaltsvertrag zwischen dem Beklagten und seinem
Prozessbevollmächtigten nichtig sei, handele es sich um einen
materiell-rechtlichen Einwand gegen den Kostenerstattungsanspruch. Solche
Einwände seien im Kostenfestsetzungsverfahren grundsätzlich nicht zu
berücksichtigen. Dies gelte auch für die eingewandte Nichtigkeit des
Anwaltsvertrags auf Beklagtenseite.
II.
Die gemäß
§§ 11 Abs. 1 RPflG, 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO i.V.m. § 567
Abs. 1 Ziff. 1, Abs. 2 ZPO statthafte sofortige Beschwerde ist
zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 569
ZPO). Sie hat aber in der Sache keinen Erfolg.
1. Das
Kostenfestsetzungsverfahren, das mit dem Erlass eines
Kostenfestsetzungsbeschlusses abschließt, ist eine Fortsetzung der zwischen den
Prozessparteien ergangenen Kostengrundentscheidung (BGH, NZM 2006, 660 unter
III 2a); es behandelt daher allein die Frage, welcher Betrag nach der
Kostengrundentscheidung zu erstatten ist. Schon das spricht dagegen,
materiell-rechtliche Fragen innerhalb des Kostenfestsetzungsverfahrens zu
klären, das auf eine formale Prüfung der Kostentatbestände und die Beurteilung einfacher
Fragen des Kostenrechts zugeschnitten und deshalb dem Rechtspfleger übertragen
ist. Die Entscheidung zwischen den Parteien streitiger Tatsachen und
komplizierter Rechtsfragen ist in diesem Verfahren nicht vorgesehen und mangels
der dafür notwendigen verfahrensrechtlichen Instrumente auch nicht sinnvoll
möglich (BGH, Rpfleger 2006, 439 unter II 1). Materiell-rechtliche Einwände
gegen den Kostenerstattungsanspruch sind deshalb grundsätzlich nicht zu
berücksichtigen; vielmehr sind diese vorrangig mit der Vollstreckungsgegenklage
geltend zu machen (BGH NJW 1952, 768 *).
2.
Allerdings kann es unter dem Gesichtspunkt einer (prozessualen)
Gleichbehandlung und aus verfahrensökonomischen Gründen angezeigt sein, den
Kostenerstattungsschuldner nicht auf die einen ungleich größeren Aufwand
erfordernde Vollstreckungsgegenklage zu verweisen, wenn es um
materiell-rechtliche Einwände geht, die keine Tatsachenaufklärung erfordern und
sich mit den im Kostenfestsetzungsverfahren zur Verfügung stehenden Mitteln
ohne Weiteres klären lassen, etwa wenn die tatsächlichen Voraussetzungen feststehen,
weil sie unstreitig sind oder vom Rechtspfleger im Festsetzungsverfahren ohne
Schwierigkeiten aus den Akten ermittelt werden können. Solche Einwände können
dann ausnahmsweise auch im Kostenfestsetzungsverfahren erhoben und beschieden
werden (vgl. BGH, NJW 2006, 1962; Rpfleger 2005, 382 unter III 1b; BayVGH,
Rpfleger 2004, 65; OLG Hamburg, MDR 2003, 294; OLG München, ZIP 2000, 555; OLG
Hamm, JurBüro 2000, 655; JurBüro 1993, 490; OLG Stuttgart, Rpfleger 1992, 316).
a) Ein
solcher Ausnahmefall ist hier jedoch zu verneinen.Es ist bereits streitig, ob
der Prozessbevollmächtigte des Beklagten - wie vom Kläger behauptet - noch für
diesen tätig ist oder ob die Tätigkeit aufgrund der vorgelegten Vereinbarung
vom 28.01.2021 bereits beendet ist.
b) Dem
steht nicht entgegen, dass durch den im Kostenfestsetzungsverfahren zuständigen
Rechtspfleger zu prüfen ist, ob die zur Erstattung angemeldeten
Rechtsanwaltskosten entstanden sind. Das bedeutet nicht, dass auch sämtliche
damit verbundenen materiell-rechtlichen Fragen seiner Entscheidung unterfallen.
Vielmehr hat seine Prüfung unter rein prozessualen und gebührenrechtlichen
Gesichtspunkten zu erfolgen. Sie beschränkt sich im Wesentlichen darauf, ob die
zur Erstattung angemeldeten Kosten nach dem konkreten Verfahrensablauf und den
einschlägigen Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes entstanden sind.
Diese prozessuale Prüfungsbefugnis ist notwendige Folge daraus, dass mit dem
Kostenfestsetzungsbeschluss die betragsmäßige Umsetzung der Kostengrundentscheidung
erreicht werden soll. Sie ist von der materiell-rechtlichen Beurteilung zu
unterscheiden, ob die erstattungsberechtigte Partei ihrem
Prozessbevollmächtigten die geltend gemachten Gebühren im Innenverhältnis nach
den dort bestehenden vertraglichen Beziehungen tatsächlich schuldet (OLG Hamm,
JurBüro 2000, 655); letztere gehört nicht in das Kostenfestsetzungsverfahren
(BGH NJW-RR 2007, 422).
c) Auch
sonst ist nichts dafür ersichtlich, dass der Rechtspfleger - aus Gründen der
Verfahrensökonomie - die ihm an sich verschlossene Prüfung der Wirksamkeit des
Anwaltsvertrags selbst zuverlässig und für den prozessualen
Kostenerstattungsanspruch abschließend vornehmen durfte. Insbesondere handelt
es sich bei dem Einwand, dass der zwischen dem erstattungsberechtigten Gegner
und seinem Prozessbevollmächtigten geschlossene Anwaltsvertrag wegen Verstoßes
gegen § 134 BGB bzw. gem. § 138 ZPO nichtig sei, um keine einfache
Rechtsfrage, hinsichtlich deren Beurteilung kein Zweifel bestünde und die daher
zur Klärung im Kostenfestsetzungsverfahren geeignet wäre. Die aufgezeigte Frage
steht zwischen den Parteien weder außer Streit, noch wurzelt sie im
Kostenfestsetzungsverfahren selbst. Sie war daher - wie vom Landgericht zu
Recht angenommen - der Prüfung des Rechtspflegers entzogen, dem es an der
Befugnis zur materiell-rechtlichen Entscheidung insoweit fehlt (vgl. BGH,
NJW-RR 2007, 422).
3. Die
sofortige Beschwerde der Beklagten ist deshalb mit der Kostenfolge des
§ 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
4. Die
Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 23 Abs. 2 RVG.
5. Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 574 ZPO nicht erfüllt sind.
* Tatsächlich gemeint dürfte das Urteil vom 06.03.1952 - IV ZR 151/51 - in NJW 1952, 786 ff sein.
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