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Dienstag, 13. September 2016

Keine Vorfahrt des einen gemeinsamen Geh- und Radweg entgegen der Fahrtrichtung ("links) nutzenden Radfahrers

Die Klägerin fuhr auf einem gemeinsamen Geh- und Radweg, allerdings auf der linken Fahrbahnseite, obwohl in dieser Fahrtrichtung der Weg zum Befahren mit Rädern nicht freigegeben war. Sie wollte dann im Einmündungsbereich einer untergeordneten Straße diese überqueren, um auf der anderen Seite weiterzufahren; auf der anderen Seite war kein Radweg ausgewiesen. Beim überqueren  der Einmündung kam es zu einer Kollision mit einem aus der untergeordneten Straße auf die Vorfahrtsstraße auffahrenden Verkehrsteilnehmer. Die Klage gegen diesen wurde mit einer Quote von 75% vom OLG München abgewiesen.

Der BGH hatte bereits mit Beschluss vom 15.07.1986 – 4 StR 192/86 – entschieden, dass ein Radfahrer auf einer Vorfahrtsstraße auch dann sein Vorfahrtsrecht gegenüber kreuzenden bzw. einbiegenden Verkehrsteilnehmern  behalte, wenn er den linken von zwei vorhandenen  Radwegen benutze, der nicht nach § 2 Abs. 4 S. 2 StVO für die Gegenrichtung freigegeben ist. Dies begründete der BGH mit der notwendigen Klarheit von Verkehrsregeln.

Das OLG führte aus, dass mangels eines Radweges auf der Fahrbahn vorliegend die benannten Entscheidung des BGH nicht einschlägig sei. Die Klägerin wäre wie ein Fußgänger gegenüber dem Fahrzeugverkehr wartepflichtig gewesen, da weder § 9 Abs. 3 S. 2 noch § 26 StVO einschlägig wären (also deren Voraussetzungen nicht vorlagen) und die Vorfahrtsregeln nur gegenüber fahrzeugen und nicht gegenüber Fußgängern gelten würden.

Da darüber hinaus die Klägerin mit 18km/h sehr schnell gefahren wäre und für den Kraftfahrer – wenn überhaupt – kaum noch eine Reaktionsmöglichkeit bestanden habe, sah das OLG eine Haftung auf Beklagtenseite lediglich in Höhe von 25% als gegeben an.

Anmerkung: Soweit ersichtlich, hat das OLG die Revision nicht zugelassen. Dies wäre aber m.E. erforderlich gewesen, da mit dieser Entscheidung entgegen den Ausführungen im Urteil des OLG  von der rechtlichen Würdigung des 4. Strafsenats des BGH aus dem Jahr 1986 abgewichen wurde. In beiden Fällen wurde ein „Weg“ entgegen der Fahrtrichtung genutzt, im Fall des BGH ein ausgewiesener Radweg, im Fall des OLG ein ausgewiesener gemeinsamer Geh- und Radweg. Auch im Falle des BGH ergibt sich nicht, dass der Radweg auf der Straße fortgesetzt wurde.  Alleine der Umstand, dass es sich hier im Fall des OLG um einen gemeinsamen Fuß- und Radweg handelte lässt sich nicht schlussfolgern, dass für diesen nicht auch die Regelungen zur Vorfahrt an Kreuzungen und Einmündungen wie bei alleine zur Radbenutzung freigegebenen Bereichen gelten sollte; dies unabhängig von der wechselseitigen Rücksichtnahme auf dem gemeinsamen Geh- und Radweg. Denn die Gemeinsamkeit der Nutzung hat nichts mit der Widmung auch zu Zwecken des Radverkehrs zu tun.


OLG München, Urteil vom 05.08.2016 – 10 U 4616/16 -