Der Gerichtsvollzier war zunächst
mit der Pfändung beauftragt und, sollte der Schuldner mehrfach nicht angetroffen
werden, nach deren Fruchtlosigkeit mit
der Einholung einer Vermögensauskunft. In dem für die Beauftragung verwandten
amtlichen Formular wurde nicht ausgeschlossen, dass Einverständnis mit dem
Versuch des Gerichtsvollziehers zu einer gütlichen Erledigung bestünde. Sowohl
im Rahmen eines Anschreibens des Gerichtsvollziehers an den Schuldner, mit dem
er sein Erscheinen zur Pfändung ankündigte, als auch mit der Ladung zur
Vermögensauskunft wies der Gerichtsvollzieher den Schuldner jeweils auf die
Möglichkeit einer gütlichen Erledigung hin. Im Hinblick darauf setzte der Gerichtsvollzieher
in seiner Kostenrechnung vom 19.10.2017 (betreffend Pfändungsversuch) als auch
ins einer Kostenrechnung vom 07.11.2017 betreffend der Vermögensauskunft eine Gebühr
nach KV 208 in Höhe von jeweils € 8,00 zuzüglich (anteilige) Auslagenpauschale an.
Der Bezirksrevisor legte gegen
die Berechnung der gebühr mit Rechnung vom 07.11.2017 Erinnerung ein, da der
erneute versuch nach drei Wochen, eine gütliche Erledigung zu erreichen, eine
fehlerhafte Sachbehandlung darstelle. Das Amtsgericht wies die Erinnerung, das
Landgericht die zugelassene Beschwerde. Das OLG hat die zugelassene weitere
Beschwerde ebenfalls zurückgewiesen.
Das OLG verwies formal darauf,
dass hier zwei Aufträge gem. § 3 Abs. 2
S. 2 Nr. 1 GvKostG vorgelegen hätten und für jeden Auftrag die Gebühr für einen Versuch zur gütlichen Erledigung
anfallen würden. Dies gelte dann nicht, wenn der Auftrag zur Abnahme der Vermögensauskunft
mit einem Vollstreckungsauftrag verbunden sei (§ 807 Abs. 1 ZPO), es sei denn,
der Gerichtsvollzieher nähme die Vermögensauskunft nur deshalb nicht ab, da
(wie hier) der Schuldner nicht anwesend ist.
Da aber auch der Gerichtsvollzieher
den Schuldner jeweils nicht angetroffen habe, konnte er auch nicht einschätzen,
inwieweit der Schuldner evtl. zu einer gütlichen Erledigung bereit wäre (LG
Verden, Beschluss vom 23.10.2018 - 6 T 121/18 -). Es läge daher auch kein Verstoß gegen ein
Kostenminderungsgebot nach § 802a Abs. 1 GVG bzw. § 58 GVGA vor.
Ebenfalls läge keine unrichtige
Sachbehandlung vor, § 7 Abs. 1 GvKostG. Es müsste ein Verstoß gegen eindeutige
Gesetzesbestimmungen einschl. Verwaltungsbestimmungen (wie GVGA oder
SB-GvKostG) vorliegen. Im Rahmen möglichen Ermessens des Gerichtsvollziehers
würde erst die Überschreitung desselben unrichtig sein. Alleine eine bestimmte
Beurteilung zu einer in der obergerichtlichen Rechtsprechung nicht geklärten Sachfrage
würde keine unrichtige Sachbehandlung auslösen.
Anmerkung: In der Praxis habe ich bisher noch keinen für den
Gläubiger vorteilhaften Fall erlebt, bei dem er im Falle einer „gütlichen Erledigung“, gar über den Gerichtsvollzieher,
ein mit einer Zwangsvollstreckung angestrebtes Ziel besser oder schneller
erreicht hätte. Von daher wird bei hier betriebenen Vollstreckungsmaßnahmen ein
Erledigungsversuch durch den Gerichtsvollzieher regelmäßig ausgeschlossen. Damit
wird auch verhindert, dass mit minimalsten Raten, deren Auszahlungen häufig
nicht einmal die Kontoführungsgebühren decken, letztlich nur Arbeit verursacht
wird, ohne dass die eigentliche Schuld getilgt wird. Verhindert wird zudem ein
Anwachsen von Gebühren und damit Kosten für den vertretenen Gläubiger durch in
der Regel (wie im vorliegenden Fall) ineffektive Maßnahmen. Das aber wird jeder
Gläubiger für sich abzuwägen haben, und er sollte es auch vorab abwägen,
insbesondere ob er, wie im vorliegenden Fall, für jede Vollstreckungsmaßnahme diesen
Erledigungsversuch wünscht und sich davon einen Vorteil in Bezug auf einen Vollstreckungserfolg
erhoffen kann.
OLG Oldenburg, Beschluss vom 11.03.2020 - 2 W 9/20 -
Aus den Gründen:
Tenor
- 1. Die weitere Beschwerde der Staatskasse gegen den Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Osnabrück vom 16.01.2020 wird zurückgewiesen.
- 2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
- I.
- Die Gläubigerin beauftragte den Gerichtsvollzieher am 19.09.2017 u.a. mit der Abnahme der Vermögensauskunft nach vorherigem Pfändungsversuch gemäß §§ 802c, 807 ZPO. Weiter wurde unter dem Baustein G2 des Auftragsformulars beantragt, sofern der Schuldner wiederholt nicht anzutreffen sei, das Verfahren zur Abnahme der Vermögensauskunft nach den §§ 802c, 802 f ZPO einzuleiten. Nach Buchstabe E des Antragsformulars bestand Einverständnis mit einer gütlichen Erledigung. Der Gerichtsvollzieher hat den Schuldner im Pfändungsverfahren am 28.09.2017 und 19.10.2017 aufgesucht, diesen jedoch bei beiden Vollstreckungsversuchen nicht angetroffen. Mit Schreiben vom 28.09.2017 wies der Gerichtsvollzieher unter anderem auf die Möglichkeit einer gütlichen Erledigung hin.
- Der Gerichtsvollzieher hat dem Schuldner sodann am 19.10.2017 die Ladung zur Abgabe der Vermögensauskunft durch Einlegen in den Briefkasten zugestellt und in dem Ladungsschreiben erneut auf die Möglichkeit einer gütlichen Erledigung hingewiesen.
- Im Rahmen seiner Kostenrechnungen vom 19.10.2017 und 07.11.2017 setzte der Gerichtsvollzieher jeweils eine Gebühr nach KV 208 in Höhe von 8,- € an. Gegen den Ansatz dieser weiteren Gebühr für eine versuchte gütliche Einigung nach KV 208 in Höhe von 8,- € nebst anteiliger Auslagenpauschale in der Kostenrechnung vom 07.11.2017 neben der bereits in der Rechnung vom 19.10.2017 berechneten Gebühr nach KV 208 hat sich der Bezirksrevisor mit seiner Erinnerung vom 07.09.2018 gewendet. Der erneute schriftlich unternommene Versuch des Gerichtsvollziehers zur gütlichen Erledigung nach einem im Pfändungsverfahren 3 Wochen zuvor unternommenen Versuch zur gütlichen Erledigung müsse als unrichtige Sachbehandlung angesehen werden. Demnach dürften diese Kosten nicht erhoben werden.
- Mit Beschluss vom 30.10.2018 hat das Amtsgericht Nordhorn die Erinnerung zurückgewiesen und die Beschwerde zugelassen.
- Dagegen wendet sich der Bezirksrevisor mit der Beschwerde vom 30.11.2018, die das Landgericht mit dem angefochtenen Beschluss vom 16.01.2020 unter Zulassung der weiteren Beschwerde zurückgewiesen hat. Der Bezirksrevisor verfolgt sein Begehr gegen den Ansatz der Gebühr nach KV 208 in der Kostenrechnung vom 07.11.2017 mit der weiteren Beschwerde vom 10.02.2020 weiter.
- II.
- 1.
- Die von dem Bezirksrevisor als Vertreter der Staatskasse eingelegte weitere Beschwerde ist gemäß §§ 5 Abs. 2 GvKostG, 66 Abs. 4 GKG statthaft und auch im Übrigen zulässig. In der Sache hat sie keinen Erfolg.
- Es lagen zwei Vollstreckungsaufträge gemäß § 3 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 GvKostG vor mit der Folge, dass der Gerichtsvollzieher dem Gläubiger zu Recht zweimal die Gebühr aus KV 208 in Höhe von jeweils 8,00 € nebst der anteiligen Auslagenpauschale in Rechnung gestellt hat.
- Gemäß Nr. 207, 208 KV GvKostG beträgt die Gebühr für einen Versuch der gütlichen Erledigung hinsichtlich der Einholung einer Vermögensauskunft des Schuldners 8,00 €.
- Vorliegend sind die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 GvKostG erfüllt. Danach gilt der Gerichtsvollzieher auch dann als gleichzeitig beauftragt, wenn der Auftrag zur Abnahme der Vermögensauskunft mit einem Vollstreckungsauftrag verbunden ist (§ 807 Absatz 1 ZPO), es sei denn, der Gerichtsvollzieher nimmt die Vermögensauskunft nur deshalb nicht ab, weil der Schuldner nicht anwesend ist. So liegt es hier. Der Gerichtsvollzieher hat den Schuldner gleich zweimal nicht angetroffen. Er hat auch bei jedem seiner Vollstreckungsversuche, einschließlich der beabsichtigten Abnahme der Vermögensauskunft, Bemühungen entfaltet, zu einer – von dem Gläubiger beauftragten – gütlichen Erledigung zu kommen. Inwieweit dies möglich war, vermochte der Gerichtsvollzieher zuvor nicht zu erkennen, da er den Schuldner nicht angetroffen hatte und daher keine Erkenntnisse dahingehend hatte, ob und inwieweit die Schuldnerin zu einer gütlichen Erledigung willens und in der Lage war (vgl. auch LG Verden, Beschluss v. 23.10.2018 – 6 T 121/18 DGVZ 2019, 164, beck-online).
- 2.
- Die Erhebung der mit der Beschwerde angefochtenen Gebühr ist nicht wegen unrichtiger Sachbehandlung gemäß § 7 Abs. 1 GvKostG ausgeschlossen.
- Die Vorschrift des § 7 GvKostG normiert den Einwand der unrichtigen Sachbehandlung. Geregelt wird also die Befreiung des Kostenschuldners von Kosten infolge fehlerhaften Verhaltens des Gerichtsvollziehers. „Fehler“ in diesem Sinne bedeutet, dass nur ein offen zutage tretender Verstoß gegen eindeutige Gesetzesbestimmungen oder ein offensichtliches Versehen eine unrichtige Sachbehandlung darstellt. Von dem Begriff „Gesetzesbestimmungen“ werden zum einen gesetzliche Bestimmungen, aber auch Verwaltungsbestimmungen, wie etwa GVGA oder DB-GvKostG, umfasst. Keine unrichtige Sachbehandlung liegt vor, wenn eine im Ermessen des Gerichtsvollziehers liegende vertretbare Handlung gegeben war; ein Ermessen führt erst bei seiner Überschreitung zur Unrichtigkeit. Auch eine nur unsachgemäße Behandlung einer Sache durch den Gerichtsvollzieher reicht nicht aus, um von einer unrichtigen Sachbehandlung auszugehen. Zwar können mangelnde Kenntnis der Rechtslage und entscheidungserhebliche Unkenntnis der aktuellen Rechtsprechung der Rechtsmittelgerichte eine unrichtige Sachbehandlung darstellen. Soweit jedoch eine Streitfrage in der Rechtsprechung der Instanzgerichte unterschiedlich beantwortet wird und in der obergerichtlichen Rechtsprechung nicht geklärt ist, kann eine Entscheidung des Gerichtsvollziehers nicht als offensichtlicher und schwerer Fehler angesehen werden und deshalb keine unrichtige Sachbehandlung sein (Schneider/Volpert/Fölsch-Kessel, Gesamtes Kostenrecht, GvKostG § 7 Rn. 1a, beck-online). Unter Berücksichtigung dieser Maßgaben kann dem Gerichtsvollzieher als Beteiligtem kein ermessensfehlerhaftes Verhalten vorgeworfen werden. Die Berechnung einer weiteren Gebühr für den zweiten schriftlichen Versuch einer gütlichen Erledigung stellt keinen Verstoß gegen eindeutige Gesetzesbestimmungen oder ein offensichtliches Versehen dar.
- Ein Verstoß gegen das Kostenminderungsgebot gemäß § 802 a Abs. 1 ZPO bzw. § 58 GVGA liegt nicht vor. Ein überflüssiger Aufwand in diesem Sinne wäre anzunehmen, wenn der Schuldner auf den ersten Versuch einer gütlichen Erledigung ausdrücklich und für den Gerichtsvollzieher ersichtlich kundgetan hätte, eine solche auszuschließen. Vorliegend hat sich der Schuldner auf das erste Schreiben des Gerichtsvollziehers hingegen gar nicht geäußert. Aus diesem Grund lässt sich auch die Argumentation des Bezirksrevisors, gestützt auf das Zitat von Eggers in Schröder-Kay (Bl. 48 GA), nicht unter den hier zu entscheidenden Sachverhalt subsumieren. Denn der erneute Versuch einer gütlichen Erledigung war gerade nicht von vornherein erkennbar aussichtslos und daher auch nicht grob ermessensfehlerhaft.
- Die Tatsache, dass zwischen dem ersten Versuch zur gütlichen Erledigung im Schreiben vom 28.09.2017 und dem weiteren Versuch in dem Ladungsschreiben vom 19.10.2017 nur 3 Wochen lagen, führt nicht zu einer Überschreitung des dem Gerichtsvollzieher zustehenden Ermessens. Der beteiligte Gerichtsvollzieher hat nachvollziehbar ausgeführt, dass es in der Praxis häufig vorkomme, dass Schuldner im Pfändungsverfahren nicht auf die Ratenzahlungsangebote reagierten, jedoch im VAK Termin Ratenzahlungsvereinbarungen abschlössen. Diese Praxis verdeutlicht, dass es auf den zeitlichen Zusammenhang von vorliegend 3 Wochen zwischen den beiden Versuchen der gütlichen Erledigung im konkreten Fall nicht entscheidend ankommen konnte.
- 3.
- Der Senat sieht zudem keinen Anlass für eine abweichende Entscheidung aufgrund des vom Landgericht angedachten, im Ergebnis jedoch ebenfalls verworfenen, Ansatzes, in vergleichbaren Konstellationen für das Entstehen einer zweiten Gebühr einen über den erneuten formelhaften Hinweis auf eine gütliche Erledigung in der Ladung zur Abgabe der Vermögensauskunft hinausgehenden relevanten Mehraufwand des Gerichtsvollziehers vorauszusetzen. Auf die zutreffende Begründung des angefochtenen Beschlusses auf unter lit 3) (Bl. 46) wird Bezug genommen.
- 4.
- Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet (§ 5 Abs. 2 Satz 2 GvKostG, § 66 Abs. 8 GKG).
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