Sonntag, 11. März 2018

Werkvertrag: Selbstvornahmekosten nach § 634 BGB können grds. erst nach Abnahme verlangt werden


Mit der Klage wurde eine Forderung aus einer 3. Abschlagsrechnung geltend gemacht. Die Beklagte , die fehlende Fälligkeit einwandte, hatte Widerklage auf Kostenvorschuss von € 2 Mio. für bestehende Mängel  erhoben.  Nach der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht wurde über das Vermögen der Klägerin auf deren Eigenantrag hin das Insolvenzverfahren eröffnet. Das Berufungsgericht hatte die Widerklage abgewiesen, wogegen sich die Beklagte mit der insoweit zugelassenen Revision wendet.

Die Revision wurde zurückgewiesen.

Bereits mit Urteil vom 19.01.2017 - VII ZR 301/13 - hat der BGH entschieden, dass der Besteller Mängelrechte aus § 634 BGB (wie hier den Kostenvorschuss) grundsätzlich erst nach Abnahme des Werkes geltend machen könne. Darauf verweist der Senat in seinem jetzigen Urteil. Allerdings könne der Besteller berechtigt sein, Mängelrechte nach § 634 Nr. 2 bis 4 BGB ohne Abnahme geltend zu machen, wenn er die (Nach-) Erfüllung des Vertrages nicht mehr verlangen könne und das Vertragsverhältnis in ein Abwicklungsverhältnis übergegangen sei. Das Verlangen eines Vorschusses für die Beseitigung eines Mangels im Wege der Selbstvornahme sei aber nicht ausreichend. In diesem Fall würde ausnahmsweise ein Abrechnungsverhältnis entstehen, wenn der Besteller konkludent zum Ausdruck bringen würde, unter keinen Umständen mehr mit dem Unternehmer zusammenarbeiten zu wollen, auch dann nicht, wenn die Selbstvornahme zu einer mangelfreien Herstellung des Werkes führe. Dies habe hier nicht vorgelegen.

Auch könne sich die Revision nicht erfolgreich darauf berufen, dass nach der letzten mündlichen Verhandlung mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über die ehemalige Klägerin Umstände eingetreten wären, die zu einem Abrechnungsverhältnis führen würden. Mit dem Eigeninsolvenzantrag habe die ehemalige Klägerin einen wichtigen Grund für eine Kündigung gesetzt. Der BGH anerkennt zwar, dass ein Eigeninsolvenzantrag des Unternehmers einen wichtigen Grund zur Kündigung darstellen könne, § 311 BGB (BGH, Urteil vom 07.04.2016 - VII ZR 56/15 -); ob dies hier vorläge, könne aber auf sich beruhen, da es an einem revisionsrechtlich zu beurteilenden Sachverhalt an einer Kündigung der Beklagten ermangele. Im Revisionsverfahren könne dies nicht mehr eingeführt werden; der jetzige Vortrag der Beklagten, die Klägerin (Schuldnerin) könne und wolle nicht mehr nachbessern, sei nicht unstreitig, was Voraussetzung für eine Beachtung des neuen Vortrages im Revisionsverfahren sei.

Anmerkung: Es lässt sich nicht erkennen, ob hier die Beklagte nach dem Eigeninsolvenzantrag der Schuldnerin noch die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht hätte beantragen können. Richtig ist, dass jedenfalls der neue Sachvortrag, da er nicht unstreitig war, im Revisionsverfahren aus prozessualen Gründen nicht berücksichtigt werden konnte. Die Beklagte kann allerdings, da die Entscheidung insoweit nicht in materieller Rechtskraft erwächst, auf dieser Grundlage erneut Ansprüche (gegen den Insolvenzverwalter, der im revisionsverfahren die Parteirolle der Klägerin übernommen hatte) geltend machen. Allerdings verwundert die Entscheidung des BGH vor dem Hintergrund der Entscheidung desselben Senats vom 07.04.2016, hatte er doch dort pauschal den Eigeninsolvenzantrag als wichtigen Grund für eine Kündigung angesehen.

BGH, Urteil vom 09.11.2017 - VII ZR 116/15 -

Donnerstag, 8. März 2018

WEG: Fehlende Beschlusskompetenz des Verbandes zum Verlangen auf Zustimmung zur Änderung der Teilungserklärung


In einem Vorprozess wurde die Kostenverteilungsregelung der Gemeinschaftsordnung des Wohnungseigentümergemeinschaft, der die Parteien angehören, als unwirksam eingestuft. Einige Miteigentümer haben daraufhin eine Vereinbarung notariell beurkunden lassen, nach der Umlagenschlüssel als auch Regelungen zu Sondernutzungsrechten, Instandhaltungspflichten u.a. geändert wurden. Sie forderten die übrigen Miteigentümer zur notariellen Zustimmung auf. Mit Ausnahme des Klägers waren diese dem nachgekommen. Im Rahmen einer Wohnungseigentümerversammlung wurde dann der auf der Tagesordnung angekündigte Beschluss gefasst, die Hausverwaltung zu beauftragen und zu ermächtigen, außergerichtlich und nötigenfalls gerichtlich die noch fehlende Zustimmung des Klägers einzuholen und durchzusetzen. Gegen diesen Beschluss erhob der Kläger Anfechtungsklage.

Das Amtsgericht wies die Klage ab, das Landgericht gab ihr statt. Die zugelassene Revision der Beklagten wurde vom BGH zurückgewiesen.

Die Wohnungseigentümergemeinschaft habe keine Beschlusskompetenz gehabt. § 23 Abs. 1 WEG regele die Beschlussfassung zu Angelegenheiten, über die nach dem Wohnungseigentumsgesetz (WEG) oder der Vereinbarung (Teilungserklärung / Gemeinschaftsordnung) qua Beschluss entschieden werden könne. Es fehle daher an der Beschlusskompetenz, wenn diese Voraussetzung nicht gegeben sei mit der Folge, dass ein dennoch gefasster Beschluss wegen absoluter Unzuständigkeit nichtig sei.

Vorliegend sei die Hausverwaltung beauftragt und ermächtigt worden, von dem Kläger die Zustimmung zur Änderung der Teilungserklärung  einzuholen und auch ggf. gerichtlich durchzusetzen. Der Beschluss sei so zu verstehen, dass eine alleinige Ausübungsbefugnis des Verbandes für die Individualansprüche der Wohnungseigentümer aus § 10 Abs. 2 S. 3 WEG begründet werden sollte. Nach § 10 Abs. 2 S. 3 WEG kann jeder Wohnungseigentümer eine vom Gesetz abweichende Vereinbarung (Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung) verlangen, wenn ein Festhalten an der bisherigen Regelung aus besonderen Gründen im Einzelfall unbillig erscheint. Die mögliche Kompetenzgrundlage des § 10 Abs. 6 S. 3 WEG käme aber vorliegend nicht zum Tragen, da es sich bei § 10 Abs. 2 S. 3 WEG um einen Individualanspruch handele und für einen solchen die Kompetenz des Verbandes nicht begründet werden könne.

Der BGH weist darauf hin, dass § 10 Abs. 6 S. 3 WEG sich nur auf Rechte und Pflichten aus der Verwaltung beziehe, nicht aber auf das Sondereigentum einzelner Wohnungseigentümer oder deren individuelle Mitgliedsrechte. Die Regelung in § 10 Abs. 2 S. 3 würde dem Einzelnen einen Anspruch im Einzelfall bei besonderen Umständen zuerkennen, der sich nicht auf das Gemeinschaftseigentum und dessen Veraltung bezöge, sondern ausschließlich auf die inhaltliche Ausgestaltung des Gemeinschaftsverhältnisses. Zudem beträfe § 10 Abs. 2 S. 3 WEG den Kernbereich des Mitgliedschaftsrechts, der generell der Vergemeinschaftung entzogen sei. Der Änderungsanspruch diene gerade dem individuellen Schutz des Einzelnen im Innerverhältnis der Wohnungseigentümer und dieser Schutz würde zur Disposition der Mehrheit gestellt, wenn die Wohnungseigentümer den Änderungsanspruch auf den Verband gem. § 10 Abs. 6 S. 3 WEG übertragen könnten.

Die eine Änderung der Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung wünschenden  Wohnungseigentümer könnten hier zwecks Vermeidung widerstreitender Entscheidungen gemeinsam klagen oder sich darauf verständigen, dass nur einer klagt. Im übrigen bliebe offen, ob hier überhaupt (gar insgesamt) die beabsichtigten Änderungen Inhalt des Individualanspruchs nach § 20 Abs. 2 S. 3 WEG sein könnten.

BGH, Urteil vom 13.10.2017 - V ZR 305/16 -

Montag, 5. März 2018

Gewerbliche Weitervermietung: Zur Frage der Gewerblichkeit und des Übergangs des Mietverhältnisses vom Hauptmieter auf Vermieter


Die Rechtsvorgängerin der Beklagte mietete in großen Rahmen Wohnungen, um diese an ihre Arbeitnehmer weiterzuvermieten. Dies war der Rechtsvorgängerin der Klägerin bekannt. U.a. wurde die streitgegenständliche Wohnung von ihr angenietet und an die Beklagten zu 2. und zu 3. weitervermietet. Der Beklagte zu 2. ist nach dem Sozialplan der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1. berechtigt, die Wohnung auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses als Pensionär zu benutzen.

Die Klägerin, die die Liegenschaft erwarb, kündigte gegenüber der Beklagten zu 1. den Hauptmietvertrag und forderte die Beklagten zur Räumung und Herausgabe auf. Die Klage wurde in allen Instanzen abgewiesen und der Widerklage auf Feststellung eines Mietverhältnisses zwischen den Beklagten zu 2. und 3. und der Klägerin stattgegeben.

Der BGH stützt sich hier auf § 565 Abs. 1 S. 1 BGB, demzufolge der Mieter nach dem Mietvertrag eine von ihm angemietete Wohnung gewerblich einem Dritten zu Wohnzwecken weitervermieten solle. Die Bestimmung sähe vor, dass mit Beendigung des Hauptmietverhältnisses der Vermieter in dem zwischen dem Mieter und dem Dritten (Untermieter) abgeschlossenen Mietvertrag eintreten.  Diese gewerbliche Weitervermietung sei vorliegend gewahrt. Zwar habe vorliegend die Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1. die Wohnungen nicht mit der an sich für die Gewerblichkeit notwendigen Gewinnerzielungsabsicht an ihre Arbeitnehmer weitervermietet. Ausreichend sei aber, wenn die Weitervermietung jedenfalls auch eigenen wirtschaftlichen Interessen diese. Dies sei bei der Weitervermietung an die eigenen Arbeitnehmer der Fall, da damit die Arbeitnehmer an das Unternehmen gebunden würden und dem Unternehmen gegenüber anderen, keine Werkswohnung zur Verfügung stellenden Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil hätten. Damit handele die Gesellschaft nicht gemeinnützig, karitativ oder zu ähnlichen sozialen Zwecken, die der Gewerblichkeit entgegen stehen würden.  

BGH, Urteil vom 17.01.2018 - VIII ZR 241/16 -

Donnerstag, 1. März 2018

Räumungsverfügung gegen Dritte im Gewerberaummietverhältnis


Der Verfügungskläger ist Eigentümer eines Grundstücks, welches er zum Betrieb eines Hotels und Restaurants nebst Wirtewohnung an eine Gesellschaft vermietet hatte. Die Gesellschaft und die in dem Objekt wohnenden natürlichen Personen (mit Ausnahme der Verfügungsbeklagten) wurden zur Räumung und Herausgabe an die Verfügungsklägerin verurteilt. Nach Ankündigung der Räumungsvollstreckung durch den Gerichtsvollzieher erhob die Verfügungsbeklagte Vollstreckungsgenklage, mit der sie geltend machte, sie halte sich dauerhaft in den Räumen mit ihren Kindern auf und habe keine Ersatzräume. Auf ihren Antrag stellte das Amtsgericht die Zwangsvollstreckung einstweilen ein.

Der Verfügungskläger beantragte beim Landgericht, der Beklagten im einstweiligen Verfügungsverfahren zu gebieten, die fragliche Fläche zu räumen und an ihn herauszugeben. Die Verfügungsbeklagte habe ihm gegenüber kein Besitzrecht. Das Landgericht bejahte den Anwendungsbereich des § 940a Abs. 2 ZPO und verurteilte die Beklagte antragsgemäß. Die Berufung der Beklagten blieb erfolglos.

Das OLG bejahte das Vorliegen von Verfügungsanspruch und Verfügungsgrund und bejahte in diesme Zusammenhang die Anwendbarkeit des § 940a ZPO.  Nach dieser Norm kann der Vermieter, der gegen seinen Mieter und bekannte Dritte, die in dem Objekt wohnen bzw. dieses nutzen, ein Räumungsurteil erstritten hat, im Wege der einstweiligen Verfügung die Räumung auch von Dritten begehren, die das Objekt nutzen, wenn ihm dies erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung bekannt wird.  Es wich hier von anderen Entscheidungen ab, namentlich des OLG Celle vom 24.11.2014 - 2 W 237/14 -, des OLG München vom 10.04.20154 –-23 U 773/14 - und des KG vom 05.09.2013 - 8 W 64/13 -, die eine Anwendbarkeit des § 940a Abs. 2 ZPO auf gewerbliche Mietverhältnisse ablehnen. Nach dem Wortlaut bezieht sich § 940a ZPO nur auf Wohnraum.

Das OLG Dresden nimmt aber eine entsprechende Anwendbarkeit an. Es schließt sich der teilweise in Rechtsprechung (so LG Hamburg vom 27.06.2013 – 334 O 104/13 -, LG Krefeld vom 08.03.2016 – 2 S 60/15 – und in Teilen der Literatur vertretenen Rechtsansicht an, § 940a ZPO beinhalte eine Wertung auch hinsichtlich der Voraussetzungen für den Erlass einer Räumungsverfügung im Bereich der gewerblichen Miete. Auch wenn der Gesetzgeber mit der Norm des § 940a Abs. 2 ZPO nur den Erlass einer Räumungsverfügung bei Wohnraum habe erweitern wollen, habe dies Auswirkungen auf das Bestehen eines Verfügungsgrundes nach §§ 935, 940 ZPO bei Geschäftsräumen. Denn vom Ausgangspunkt her richte sich der Verfügungsgrund nach §§ 935, 940 ZPO. Im Wohnraummietrecht sei durch § 940a Abs. 2 ZPO dieser Verfügungsgrund dahingehend eingeschränkt, dass auch die weiteren Voraussetzungen dieser Norm vorliegen müssten.  Die Erweiterung des § 940a ZPO durch die Einfügung von Abs. 2 habe demzufolge nicht nur den Ausnahmetatbestand für eine Räumungsverfügung im Wohnraum erweitert, sondern zeige auch, dass der Gesetzgeber den dadurch geschaffenen Verfügungsgrund als von §§ 935, 940 ZPO umfasst ansähe. Der Gesetzgeber würde aufzeigen, dass der in § 940a Abs. 2 ZPO enthaltene Verfügungsgrund selbst dann eingreifen könne, wenn die für den Wohnraum aufgestellten strengeren Maßstäbe des §940a ZPO nicht vorliegen würden. Lassen aber §§ 935, 940 ZPO den Verfügungsgrund des § 940a Abs. 2 ZPO mit den strengen Maßstäben des § 940a ZPO für Wohnraum  zu, sei die Annahme gerechtfertigt, dass dies erst Recht im Rahmen der weniger strengen allgemeinen Maßstäbe der §§ 935, 940 ZPO auch § 940a Abs. 2 ZPO gelten müsse. Die Regelung des § 940 ZPO enthalte auch eine Öffnungsklausel, denn sie lasse eine Regelungsverfügung auch dann zu, wenn dies „aus anderen Gründen“ nötig erscheine, weshalb die Wertung des Gesetzgebers mit der Einführung des § 940a Abs. 2 ZPO im Bereich der gewerblichen Miete berücksichtigt werden könne.

Anmerkung: Eine Rechtssicherheit besteht hier weder für den Vermieter noch für den Nutzer.  Gleichwohl könnte es für den Vermieter bedeutsam sein, das schnellere Verfahren der einstweiligen Verfügung zu nutzen, als einen evtl. langwierigen Prozess gegen den Nutzer anstrengen zu müssen.

OLG Dresden, Urteil vom 29.11.2017 - 5 U 1337/17 -

Dienstag, 27. Februar 2018

Werbevertrag: Unwirksame automatische Verlängerungsklausel (fehlende Transparenz)

Die Parteien schlossen am 22.03.2010 einen Vertrag über eine Werbefläche auf einem Sozialmobil, dass einem Pflegestift überlassen werden sollte. Vereinbart wurde eine Basislaufzeit von fünf Jahren. In den Auftragsbedingungen hieß es u.a.: „Die Werbelaufzeit beginnt mit der Auslieferung des Fahrzeugs an den Vertragspartner. Der Vertrag verlängert sich automatisch ohne Neubeantragung um weitere 5 Jahre, wenn nicht 6 Monate vor Ablauf des Vertrages schriftlich gekündigt wird.“ Die Klägerin lud die Beklagte auf den 14.07.2010 zur Teilnahme an der „offiziellen Fahrzeugübergabe“ am das Pflegstift ein. Mit Schreiben vom 03.03.2015 wies die Klägerin darauf hin, dass sich das Vertragsverhältnis mangels Kündigung um fünf Jahre verlängert habe. Die Beklagte focht den vertrag unter dem 09.03.2015 wegen arglistiger Täuschung an, erklärte ferner den Rücktritt und die Kündigung von diesem.

Die auf Zahlung gerichtete Klage wurde vom Amtsgericht zurückgewiesen, ebenso wie deren Berufung. Die vom Landgericht zugelassene Revision wurde vom BGH zurückgewiesen.

Das Landgericht habe zu Recht angenommen, dass die Verlängerungsklausel einer Inhaltskontrolle nach § 307 BGB nicht standhalten würde. Danach seien Klauseln unwirksam, die dem Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Der Verwender sei verpflichtet, seinem Vertragspartner dessen Rechte und Pflichten möglichst klar und durchschaubar darzustellen, wo zu auch gehöre, dass wirtschaftliche Belastungen und Nachteile deutlich , wie nach den Umständen möglich und zumutbar, erkennen ließen (Transparenzgebot). De Verstoß gegen das Transparenzgebot führe auch gegenüber einem Unternehmer zur Unwirksamkeit formularmäßiger Geschäftsbedingungen.

Die Regelung für die Kündigungsfrist knüpfe vorliegend an den Ablauf des Vertrages. Der Ablauf läge 5 Jahre nach Vertragsbeginn. Dieser Vertragsbeginn sei aber nicht eindeutig. Nach der Formularregelung beginne die Frist mit der Auslieferung des Fahrzeugs „an den Vertragspartner“. Allerdings sei das Pflegestift nicht der „Vertragspartner“ dieses Werbevertrages; unklar bleibe, ob die Auslieferung an die Klägerin oder die Übergabe an das Pflegestift maßgeblich sein solle. Für die Maßgeblichkeit der Auslieferung an die Klägerin spräche, dass diese die Kosten des Fahrzeuges trage und von daher ein Interesse an gleichzeitig beginnenden Einnahmen habe; für die Maßgeblichkeit der Übergabe an das Pflegestift spräche, dass erst ab diesem Zeitpunkt das Sponsoring qua Werbung seine Wirkung entfalte qua Einsatz im öffentlichen Verkehr.

Folge der Intransparenz sei, dass  - da die automatische Verlängerungsklausel eine vorherige effektive Kündigungsmöglichkeit voraussetze – sowohl Verlängerungs- als auch Kündigungsklausel unwirksam seien. Eine geltungserhaltende Reduktion scheide aus.


BGH, Urteil vom 25.10.2017 - XII ZR 1/17 -

Mittwoch, 21. Februar 2018

Kostenlast bei verfrühter Klage nach einem Verkehrsunfall

Nach einem Verkehrsunfall vom 05.01.2017 forderte der Prozessbevollmächtigte des Klägers von der beklagten Haftpflichtversicherung  mit Schreiben vom 13.01.2017 einen vorläufig mit € 8.257,44 bezifferten Schadensersatz unter Fristsetzung bis zum 27.01.2017. Mit weiterem Schreiben vom 31.01.2017 überließ er den von der beklagten Versicherung erbetenen ausgefüllten Fragebogen für Anspruchsteller. Die Klageschrift vom 14.02.2017,  mit der € 9.384,67 zuzüglich vorgerichtlicher Anwaltskosten sowie Zinsen geltend gemacht wurden, ging bei dem Landgericht am 17.02.2017 ein; sie richtete sich gegen den Fahrer des haftpflichtversicherten Fahrzeuges und seine Versicherung.  Ausgehend von einer Haftungsquote zu 50% zahlte die Versicherung eingehend am 06.03.2017 € 4.650,69 sowie vorgerichtliche Kosten in Höhe von € 492,54.  Die Klage wurde am 08.03.2017 zugestellt. Der Kläger nahm die Klage in Höhe der gezahlten Beträge zurück. In Ansehung des zurückgenommenen Teils der Klage hat das Landgericht die Kosten zu Lasten des Klägers festgestellt. Dagegen richtete sich die nach § 269 Abs. 5 S. 1 ZPO zulässige Beschwerde des Klägers. Das Landgericht half ihr nicht ab; das OLG Saarbrücken wies sie zurück.

Nach § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO hat das Gericht nach billigen Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes über die Kosten zu entscheiden, wird die Klage deshalb zurückgenommen, da der Anlass für die Klage vor Rechtshängig (d.h. Zustellung) weggefallen.  Der Kläger habe, so das OLG, darzulegen und zu beweisen, dass seine Belastung mit Kosten billigen Ermessen widerspräche (BGH vom 06.10.2005 - I ZB 37/05 -). 

Vorliegend sei zu berücksichtigen, dass dem Kraftfahrzeughaftpflichtversicherer bei der Regulierung grundsätzlich eine Prüfpflicht zuzubilligen sei. Vor deren Ablauf würde Verzug nicht eintreten und sei eine Klage nicht veranlasst. Erhebe der Geschädigte vor Ablauf der Prüffrist Klage, könne der Versicherer noch ein sofortiges Anerkenntnis unter Verwahrung gegen die Kostenlast abgeben (§ 93 ZPO) oder bei fristgerechter Regulierung und anschließender Klagerücknahme oder übereinstimmender Erledigungserklärung auf eine ihm günstige Kostenentscheidung vertrauen. Die Prüffrist läge im Interesse aller pflichtversicherten Kraftfahrzeughalter, da diese mit ihrer Prämie die Unfallschäden im Ergebnis zu tragen hätten. Ein Anlass zur Klageerhebung fehle auch dann, wenn der Versicherer die Zahlung von der Einreichung von Schadensbelegen abhängig mache oder wegen nicht prüffähiger Belege verweigere, sofern er mitteilt, welche Angaben und Unterlagen er noch benötige. Ein dilatorisches Verhalten des Versicherers dürfe allerdings nicht vorliegen.

Die Prüffrist beginne mit dem Zugang eines spezifizierten Anspruchsschreibens. Die Dauer der Frist hänge von den Umständen des Einzelfalls ab. Bei durchschnittlichen Verkehrsunfällen würde gemeinhin eine Prüffrist von vier bis sechs Wochen angenommen.
  
Der gegnerische Haftpflichtversicherer benötige stets zur sachgerechten Prüfung seiner Eintrittspflicht und des Haftungsgrundes zumindest kurze Angaben zum Unfallgeschehen. Wird nicht von den Unfallbeteiligten vor Ort bereits ein Unfallprotokoll ausgefüllt und dem Haftpflichtversicherer überlassen, könne der Anspruchsteller nicht davon ausgehen, dass der Versicherer von dem Unfallgegner bereits informiert wurde.  Die entsprechenden Angaben seien hier erst mit dem Fragebogen für Anspruchsteller, der mit Schreiben vom 31.01.2017 überlassen wurde, erfolgt.  Das Schreiben vom 13.01.2017 habe sich auf Angaben zum Unfallort und die Unfallzeit beschränkt und nicht einmal eine grobe Darstellung des Unfallhergangs aus Sicht des Klägers enthalten. Mangels Hergangsschilderung zum Unfall sei daher eine Prüfung für den Versicherer nicht möglich gewesen.

Vor diesem Hintergrund habe der Kläger die Kosten des Verfahrens zu tragen, die dem Wert der Teilrücknahme der  Klage entsprechen.


OLG Saarbrücken, Beschluss vom 10.11.2017 - 4 W 16/17 -

Freitag, 16. Februar 2018

Zur Überzeugungsbildung des Tatrichters nach § 286 ZPO alleine durch Anhörung der beweisbelasteten Partei

Die Beklagten hatten unter Fälschung der Unterschrift der Klägerin zwei Sparbücher derselben mit € 58.735,54 aufgelöst und das Geld in ein von ihnen zuvor angemieteten Schließfach eingelegt. Knapp ein Jahr später erstattete die Klägerin Strafanzeige gegen die Beklagten wegen Diebstahls der Sparbücher und Urkundenfälschung; es stellte sich heraus, dass die Klägerin die Auflösungs- und Auszahlungsanträge selbst unterzeichnet hatte.

Die Beklagten hatten unter Fälschung der Unterschrift der Klägerin zwei Sparbücher derselben mit € 58.735,54 aufgelöst und das Geld in ein von ihnen zuvor angemieteten Schließfach eingelegt. Knapp ein Jahr später erstattete die Klägerin Strafanzeige gegen die Beklagten wegen Diebstahls der Sparbücher und Urkundenfälschung; es stellte sich heraus, dass die Klägerin die Auflösungs- und Auszahlungsanträge selbst unterzeichnet hatte.

Die Klage auf Zahlung von  € 58.735,54 gegen die Beklagte wies das Landgericht zurück. Dabei stützte es sich auf die Behauptung der Beklagten, den Betrag zurückgezahlt zu haben. Gegenüber dieser Behauptung sei die Klägerin beweisfällig geblieben. Die Beklagten hätten in der mündlichen Verhandlung detailreich und frei von Widersprüchen die von der Klägerin bestrittene Rückgabe des Geldes geschildert; vor diesem Hintergrund sei es Sache der Klägerin gewesen, diese Darstellung zu widerlegen.  Auf die von der Klägerin eingelegte Berufung änderte das OLG dieses teilweise dahingehend ab, als es das Urteil insoweit änderte, als der Beklagte zu 1. Antragsgemäß verurteilt wurde. Die von diesem eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde führte zur Aufhebung des Urteils durch den BGH und Zurückverweisung an das OLG.

Das Berufungsgericht habe den Beklagten zu 1. Korrekt als Verwahrer angesehen und damit als verpflichtet, das Rückforderungsrecht der Klägerin gem. § 695 S. 1 BGB erfüllt zu haben. Rechtsfehlerhaft und entgegen Art. 103 Abs. 1 GG habe das Berufungsgericht nicht die informatorischen Angaben des Beklagten, die dieser vor dem Landgericht tätigte, berücksichtigt. Zwar sei die Parteianhörung nach § 141 ZPO kein Beweismittel, weshalb auf dieser Grundlage auch ein Beweisantrag der Gegenpartei nicht abgelehnt werden könne. Allerdings sei es dem Tatrichter nach § 286 ZPO erlaubt, alleine aufgrund des Vortrages einer Partei und ohne Beweiserhebung festzustellen, was für wahr und was für unwahr zu erachten sei.  Er kann den Angaben auch glauben, wenn die Partei ihre Angaben ansonsten (mangels einer erforderlichen Anfangswahrscheinlichkeit auch nicht im Rahmen der Parteivernehmung) beweisen könne, und ihr auch im Einzelfall sogar den Vorzug vor den Bekundungen eines Zeugen oder des als Partei vernommenen Prozessgegners geben. Eine von der Würdigung des erstinstanzlichen Gerichts abweichende Würdigung sei dem Berufungsgericht ohne Wiederholung der Vernehmung verwehrt. Das habe das Berufungsgericht verkannt, welches den Inhalt der (verwerteten) erstinstanzlichen Parteianhörung des Beklagten zu 1. Schlicht für unbeachtlich erklärte. Im Rahmen des § 286 ZPO hätte das Berufungsgericht sich ebenfalls mit den Angaben des Beklagten auseinandersetzen und ggf. eine informatorische Anhörung nach § 141 ZPO durchführen müssen, um sich im Rahmen der Beweislastverteilung eine eigene Überzeugung nach § 286 ZPO zu bilden. Der Umstand, dass eine Anhörung der Klägerin wegen Verhandlungsunfähigkeit nicht (mehr) erfolgen kann,. Steht der Anhörung des Beklagten im Hinblick auf den Gesichtspunkt der Waffengleichheit nicht entgegen, da dieses gebot eine Anhörung nicht für den Fall untersagt, dass aus tatsächlichen Gründen nur eine Partei angehört werden könne.

Die Zurückverweisung erfolgte, damit da Berufungsgericht die Anhörung nachholen kann.


BGH, Beschluss vom 27.09.2017 - XII ZR 48/17 -

Sonntag, 11. Februar 2018

Indexmiete: Zum Inhalt des Erhöhungsverlangens

In dem Mietvertrag der Parteien aus dem Jahr 2006 (mit Laufzeit bis zum 16.01.2015) war eine Indexierung der Miete vorgesehen. Danach sollte „der Mietzins durch den vom statistischen Bundesamt ermittelten Verbraucherpreisindex für Deutschland“ bestimmt werden. Ferner hieß es im Vertrag: „Zur Anpassung des Mietzinses bedarf es einer Erklärung in Textform, wobei die Änderung des Preisindex sowie die geänderte Miete oder die Erhöhung betragsmäßig in Geld anzugeben ist.“ Die Beklagten erhöhten die Miete mit Schreiben vom 23.10.2013 ab Dezember 2013 um € 85,00/Monat und führten aus:

„Der maßgebliche Verbraucherpreisindex ist seit August 2006 von 94,2 Punkten auf 106,1 Punkte (Stand September 20913) gestiegen… Dies nehmen wir zum Anlass, die bisherige Miete von 690,00 € um (abgerundet) 85,00 € auf 775,00 € zu erhöhen. …“

Die Erhöhung wurde vom dem klagenden Mieter nicht gezahlt. Bei Mietende zog die Beklagte die durch die Erhöhung bedingte offene Miete vom Kautionsguthaben ab. Die Klage des Mieters auf Zahlung der restlichen Kaution hatte in den Vorinstanzen Erfolg. Die zugelassene Revision führte zur Klageabweisung.

Der BGH stützt seine Entscheidung auf § 557b Abs. 3 Satz 1 und 2 BGB. Danach müsse eine Änderung der Miete nach § 557b Abs. 1 BGB (Indexvereinbarung) in Textform geltend gemacht werden. Anzugeben seien die eingetretene Änderung des Preisindexes sowie die jeweilige Miete oder die Erhöhung in einem Geldbetrag. Dem genüge die Erklärung der Beklagten. Es seien in dem Schreiben der Index zum Stand des Mietbeginns, der aktuelle Index und der Betrag, um den sich die Miete erhöht sowie die künftig geschuldete Kaltmiete angegeben worden. Diese notwendigen Angaben seien zur rechnerischen und inhaltlichen Nachprüfung der geforderten Mieterhöhung ausreichend.

Entgegen der vom Berufungsgericht vertretenen Ansicht sei es nicht erforderlich, dass über den eindeutigen als auch abschließenden Wortlaut des § 557b Abs. 3 BGB hinaus angegeben werden,. Welche prozentuale Veränderung sich aus dem im Erhöhungsschreiben mitgeteilten Indexdaten ergäbe. Auch aus Sinn und Zweck der Norm würde sich nichts anderes ergeben. Es läge auf der Hand, dass sich (soweit vertraglich nichts anderes bestimmt wurde, worauf der BGH nicht verweist) eine Indexmiete im gleichen Verhältnis verändere wie der Index selbst. Die gegenteilige Auffassung des Berufungsgerichts verlange, dass der Vermieter dem Mieter die einzelnen einfachen Rechenschritte „vorrechnen“ müsse, wofür es im Gesetz (und der Gesetzesbegründung BT-Drucks. 14/4533, S. 53) keine Grundlage gäbe.

Auch habe die Beklagte nicht einen im Gesetz nicht vorgesehenen Index zugrunde gelegt. Der in § 557b Abs. 1 BGB genannte Index („Preisindex für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte in Deutschland“) würde lediglich vom Statistischen Bundesamt seit Januar 2003 als „Verbraucherpreisindex für Deutschland (VPI)" bezeichnet.


BGH, Urteil vom 22.11.2017 - VIII ZR 291/16 -

Freitag, 9. Februar 2018

Fitnessstudiorecht: Migräne ist kein Kündigungsgrund

Der Beklagte kündigte den Fitnessstudiovertrag aus krankheitsbedingten Gründen fristlos. Als Grund benannte der Beklagte Migräne sowie Spannungskopfschmerzen, die - seinen Angaben zufolge - beim Sport und damit beim Training im Fitnessstudio auftreten würden. Der Kläger bestritt die behauptete Erkrankung und insbesondere einen Zusammenhang mit einem Training in seinem Fitnessstudio und machte geltend, dass selbst bei Vorliegen der benannten Erkrankung der Beklagte trainieren könne. Darauf basierend forderte er das weitere Nutzungsentgelt.

Das Amtsgericht hat ein medizinisches Sachverständigengutachten eingeholt. Auf der Grundlage dieses Gutachtens gab es der Klage statt. Zwar habe der Sachverständige bei dem Beklagten Migräne mit Aura und Spannungskopfschmerzen bejahrt, allerdings ausgeführt, die Ursache sei unklar. Alternativen seien denkbar und nach Angaben des Beklagten hätte die Migräne während der „Sportzeit“ des Beklagten über mehrere Jahre nicht zugenommen. Nach den vom Amtsgericht übernommenen Angaben des Sachverständigen anlässlich seiner Anhörung im Termin sei es medizinisch nicht möglich, konkrete Ursachen für eine Migräne und daraus resultierenden Kopfschmerzen festzustellen. Zwar seien bei Studien sogen. Tiggerfaktoren erstellt worden, die von Betroffenen als Ursache für eine Migräne angegeben worden seien, doch ließe sich daraus nichts ableiten, da es sich um rein subjektive und nicht objektivierbare Angaben der Patienten handele. Der Sachverständige könne zwar eine (Mit-) Ursache von Sport nicht ausschließen, doch sei eine Monokausalität nicht ermittelbar.

Der Beklagte aber sei für das Vorhandensein des Kündigungsgrundes darlegungs- und beweisbelastet. Ein zureichender Zusammenhang zwischen den Beschwerden des Beklagten und der Fitnessstudionutzung ließe sich aber nach den Darlegungen des medizinischen Sachverständigen nicht feststellen.

Hinzu käme vorliegend, dass der Beklagte nach eigenen Angaben gegenüber dem Sachverständigen angab, auch jetzt noch Sport in Form von Joggen zu betreiben. Da der Vertrag mit dem Kläger auch für Gerätetraining ausgelegt war, was mithin auch Laufbänder, Ergometer etc. einschließe und nicht nur eine Ausrichtung auf Kraftsport bedeute, sei dem Beklagten auch vor diesem Hintergrund eine Nutzung weiterhin möglich gewesen.


AG Geldern, Urteil vom 07.02.2018 - 17 C 205/16 -

Mittwoch, 7. Februar 2018

Beseitigungs-/Unterlassungsansprüche nach § 1004 BGB gegen Dritte: Geltendmachung durch einzelne Wohnungseigentümer statt der Gemeinschaft

Das Grundstück der Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) ist mit einem Wegerecht (im Grundbuch eingetragene Dienstbarkeit) zugunsten des Nachbergrundstücks des Beklagten belastet. Dieser errichtet auf der Zuwegung  zu seinem Haus, teilweise auch auf dem über das Grundstück der WEG führenden Weg, eine Holzwand, eine Gartenbank, Pflanzkübel, Figuren und ein Gestellt.  Die Kläger, die Mitglieder der mehrköpfigen WEG sind, haben gegen den Beklagten Klage auf Entfernung und künftige Unterlassung, soweit sich die Gegenstände auf dem Grundstück der WEG befinden, erhoben. Amts- und Landgericht haben die Klage mit der Begründung der fehlenden Aktivlegitimation abgewiesen; die vom Landgericht zugelassene Revision war erfolgreich.

Die fehlende Aktivlegitimation hatte das Landgericht aus § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 1 WEG hergeleitet, demzufolge die „geborene Ausübungsbefugnis“ für das Beseitigungs- und Unterlassungsbegehren der WEG zustünde. Es handele sich um gemeinschaftsbezogene Ansprüche. Zudem würde es sich um einen Anspruch gegen einen Dritten, der nicht Mitglied der Gemeinschaft sei, handeln.

Der BGH verwies darauf, dass nach seiner ständigen Rechtsprechung für Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche aus dem Miteigentum am Grundstück gem. § 1004 BGB , anders als bei Schadensersatzansprüchen, keine geborene Ausübungsbefugnis des Verbandes gem. § 10 Abs. 6 Satz 3 1. Halbsatz WEG bestünde, sondern lediglich eine solche nach § 10 Abs. 6 Satz 3 2. Halbsatz WEG. Das würde sowohl bei einem Anspruch gegen einen Miteigentümer als auch einem Dritten gelten. Die dagegen erhobenen Erwägungen seien nicht durchgreifend:

Zum Einen würde (so vom Landgericht) auf mögliche Uneinigkeiten der Miteigentümer verwiesen. Dem könne dadurch begegnet werden, dass die Gemeinschaft qua Beschluss an sich zieht; Miteigentümer, die dies anders sähen, könnten gegen diesen Beschluss Anfechtungsklage erheben.  Zum Anderen würde geltend gemacht, dass durch ein Urteil nicht eine Befriedung eintreten würde, da es an einer Rechtskrafterstreckung für die anderen Wohnungseigentümer fehle. Dem könnte (unabhängig von dem vom BGH am 28.06.2985 - V ZR 43/94 - entschiedenen Fall) durch eine Streitverkündung gegen die übrigen Miteigentümer vorgebeugt werden.

Vorliegend ergäbe sich auch keine andere Betrachtungsweise aus dem Umstand, dass das Bestehen des Anspruchs vom Umfang der eingetragenen Dienstbarkeit abhänge. Der Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch berühre den rechtlichen Bestand derselben nicht, weshalb eine gebündelte Rechtsdurchsetzung durch die Gemeinschaft nicht erforderlich sei.

Im Weiteren führt der BGH aus, weshalb der von den Klägern geltend gemachte Anspruch auch in der Sache erfolgreich sein muss.


BGH, Urteil vom 13.10.2017 - V ZR 45/17 -

Dienstag, 6. Februar 2018

Kfz-Sachverständigengutachten zur Feststellung der Reparaturkosten nach Verkehrsunfall: Zur Darlegungslast und Schätzung der (erforderlichen) Kosten

Der Sachverständige hatte sein Honorar nach der Höhe der von ihm ermittelten Reparaturkosten von € 16.788,60 und Wertminderung von € 6.000,00 mit € 1.733,75 zuzüglich Auslagen in Form von Schreibgebühren von € 3,46/Seite geltend gemacht.

Die Bemessung des Honorars nach der Höhe des ermittelten Schadens sieht der BGH grundsätzlich als zulässig an. Der geschädigte habe allerdings gem. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB die Erforderlichkeit der Sachverständigenkosten darzulegen, wobei die Erteilung einer Rechnung bei Zahlung durch den Geschädigten eine Indizwirkung entfalten würde. Dies im Hinblick auf den zu beachtenden Umstand, dass der Geschädigten häufig nur eingeschränkte Erkenntnismöglichkeiten zur Angemessenheit solcher Rechnungen hat. Dies schlage sich in dem tatsächlich gezahlten Betrag nieder.

Fehle aber die Zahlung der Rechnung, komme ihr auch keine Indizwirkung zu und reiche für die Erforderlichkeit der Kosten ein einfaches Bestreiten der Beklagtenseite. 

Vorliegend hätte, so der BGH, das Berufungsgericht den Vortrag der Beklagten berücksichtigen müssen, demzufolge sich der tatsächliche Reparaturschaden nur auf € 2.664,60, die Wertminderung nur auf € 2.000,00 belaufe. Da die richtige Ermittlung der Schadenshöhe vom Sachverständigen als Erfolg  geschuldet würde und er dafür hafte, würde bei dem nach der Schadenshöhe berechneten Honorar die Fehlerhaftigkeit entscheidend ins Gewicht fallen. Die vom Sachverständigen ermittelte Schadenshöhe könne nur dann Bemessungsgrundlage sein, wenn sie richtig wäre.  Das Berufungsgericht hätte mithin erst die richtige Schadenshöhe ermitteln müssen.

Auch die Bewertung der vom Sachverständigen geltend gemachten Nebenkosten durch das Berufungsgericht sei verfehlt gewesen. Fehlerhaft habe das Berufungsgericht auf eine BVSK-Honorarbefragung 2011 abgestellt, da diese für die abschließend vorzunehmende Schätzung im Sinne von § 249 Abs. 2 S. 1 BGB nicht geeignet sei, die zu erwartenden Ansätze bei den anfallenden Nebenkosten verlässlich abzubilden. Zwar sei dem Tatrichter keine bestimmte Berechnungsmethode vorzuschreiben und § 287 ZPO gebe die Art der Schätzmethode nicht vor. Die Schadenshöhe dürfe aber nicht auf der Grundlage falscher oder offenbar unrichtiger Erwägungen festgesetzt werden, noch dürften wesentliche, die Entscheidung bedingende Tatsachen außer Acht gelassen werden. Der Tatrichter dürfe bei zentralen Fragen auch nicht auf nach Sachlage unerlässlich fachliche Erkenntnisse verzichten. Listen und Tabellen dürften verwandt werden und der Tatrichter sei in ihrer Verwendung auch frei; bestehen aber berechtigte Zweifel des Gerichts an diesen, müsse er gegebenenfalls auf deren Heranziehung verzichten. Dies sei nicht beachtet worden: Die BVSK-Honorarbefragung sei auf der Grundlage unklarer Vorgaben zu den Nebenkosten durchgeführt worden. Aus den Erläuterungen zu ihr ergäbe sich, dass sogenannte Nebenkosten zu keinem Zeitpunkt definiert worden seien.  Auch müsse davon ausgegangen werden, dass Gewinnanteile mit enthalten seien, was unzulässig sei. Der Tatrichter könne bei Sachverständigen aller Fachrichtungen auch auf das JVEG zurückgreifen (so bereits Senatsurteil vom 26. April 2016 - VI ZR 50/15 -).


BGH, Urteil vom 24.10.2017 - VI ZR 61/17 -

Freitag, 2. Februar 2018

Änderungen WEG und BGB zur Barrierefreiheit und E-Mobilität im Gesetzentwurf des Bundesrats

Der Bundesrat hat unter dem 10.01.2018  einen Gesetzentwurf zur Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes und des BGB im Hinblick auf Barrierefreiheit und Elektromobilität eingebracht (Drucks. 19/401).  Wohnungseigentumsgemeinschaften und Vermieter sollten sich hier vorbereiten, da dieses Gesetz wohl weiteren Zündstoff für Wohnungseigentümer und das Verhältnis von Mieter zu Vermieter bietet.

So soll § 22 WEG dahingehend geändert werden, dass eine Zustimmung für bauliche Veränderungen 

- die für eine behindertengerechte Nutzung des Sonder- oder Gemeinschaftseigentums erforderlich ist

-          die für die Installation einer Ladeeinrichtung für ein elektrisch betriebenes Fahrzeug iSv. § 2 des Elektromobilitätsgesetzes erforderlich ist

nicht benötigt wird, wenn ein berechtigtes Interesse besteht und die Eigenart der Wohnanlage dadurch nicht geändert wird. Allerdings lässt sich hier dem Gesetzesentwurf nicht entnehmen, wer in diesem Fall die Kosten zu tragen hat. Da es sich nach dem Wortlaut um eine zustimmungsfreie Maßnahme desjenigen handelt, der ein berechtigtes Interesse hat, die Regelung auch für das Sondereigentum gilt, muss davon ausgegangen werden, dass insoweit die Kosten von diesem zu tragen sind.

Allerdings ist auch vorgesehen, dass die Maßnahme erzwungen wird durch Beschluss. Hier bedarf es keiner Einstimmigkeit (mehr), sondern es reicht eine ¾-Mehrehit der stimmberechtigten Wohnungseigentümer und mehr als der Hälfte aller Miteigentumsanteile.

Im Hinblick auf die Ladestationen soll ein § 554d BGB im Mietrecht eingefügt werden, wonach der Mieter entsprechend §554a BGB die Zustimmung zur Errichtung einer solchen verlangen kann. § 554a BGB setzt ein berechtigtes Interesse voraus, welches dann angenommen werden darf, wenn er ein E-Mobil hat oder anschaffen will.  Allerdings kann der Vermieter hier ggf. gem. § 554a Abs. 2 BGB eine Sicherheit verlangen. Dem Vermieter stehen also einige Möglichkeiten offen, die Verwirklichung des Anspruchs des Mieters diesem  zu erschweren.

BR 19/401


Donnerstag, 1. Februar 2018

Befangenheit: Unzureichende Dienstliche Erklärung des abgelehnten Richters

Am 07.03.2017 lehnte die Antragstellerin in einem Verfahren auf Herausgabe ihrer minderjährigen Tochter die erkennende Richterin am AG Wiesbaden nach Überlassung eines Protokolls über eine mündliche Anhörung wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Dies begründete sie damit, dass im Termin vom 28.02.2017 die abgelehnte Richterin keine am Verfahrensgegenstand orientierte Anhörung der Antragstellerin vorgenommen habe, ferner von der Antragstellerin getätigte Aussagen nicht in Protokoll aufgenommen worden seien, vielmehr eine Protokollierung von Vorgängen stattgefunden habe, die so nicht stattgefunden hätten und das Amtsgericht einen auf den 31.01.2017 datierenden, bereits am 02.02.2017 beim Amtsgericht eingegangenen Schriftsatz des Antragsgegners erst nach dem Anhörungstermin zur Versendung an ihren Bevollmächtigten abgesandt sei. Diese Gründe wurden von der Antragstellerin im Einzelnen spezifiziert. Die abgelehnte Richterin gab sodann eine Dienstliche Stellungnahme am 10.04.2017 ab, in der sei ausführte:

„Ich fühle mich in der Sach nicht befangen.
Die Behauptung der Kindesmutter, ich stünde ihrem Anliegen nicht unvoreingenommen gegenüber, weise ich zurück und verweise im Übrigen auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 28.02.2017.
Falls ich zur weiteren Aufklärung beitragen kann, stehe ich gerne zur Verfügung.“

Das Familiengericht wies den Befangenheitsantrag mit Beschluss vom 13.04.2017 zurück.   Ob der Antragstellerin zuvor rechtliches Gehör zur Dienstlichen Stellungnahme gewährt wurde, lässt sich der Entscheidung nicht entnehmen. Die Antragstellerin legte gegen die Zurückweisung sofortige Beschwerde ein. Ohne Durchführung eines Abhilfeverfahrens legte das Familiengericht dem OLG die Beschwerde zur Entscheidung vor. Dieser forderte die abgelehnte Richterin am 19.05.2017 zur Ergänzung der Dienstlichen Stellungnahme aufgefordert, was diese mit Vermerk vom 30.05.2017 ablehnte; ferner teilte das Familiengericht mit, eine Abhilfeprüfung würde seitens des Familiengerichts nicht stattfinden.

Das OLG verweist darauf, dass auch bei dem Familiengericht eine Abhilfeprüfung erfolgen müsse.§ 6 Abs. 2 FamFG würde insoweit auch auf § 572 Abs. 1 ZPO verweisen, demzufolge ein Abhilfeverfahren vorgeschrieben sei, bevor die Beschwerde vorgelegt würde. Allerdings nahm das OLG Abstand von einem solchen Verfahren, da der Befangenheitsantrag im Ergebnis offensichtlich begründet sei. Dies ergäbe sich aus dem Tatsachenvortrag der Antragstellerin bzw.. ließe sich zwanglos aus der Akte erschließen. Ein Besorgnis der Befangenheit läge vor, wenn ein Grund bestünde, der geeignet sei, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen, § 42 Abs. 2 ZPO. Dabei käme es nicht auf die innere Einstellung des Richters an, sondern auf die Betrachtung der Situation vom Standpunkt der ablehnenden, jedoch besonnen agierenden Beteiligten, der danach vernünftiger Weise zu der Schlussfolgerung gelangen könne, eine Unparteilichkeit ihm gegenüber sei nicht mehr gewährleistet.

Nach §§ 6 Abs. 1 FamFG, 44 Abs. 3 ZPO habe sich der abgelehnte Richter über den Ablehnungsgrund dienstlich zu äußern. Dies diene der Richtigkeitsfeststellung der für die Ablehnung herangezogenen Tatsachen (vgl. § 42 Abs. 2 S. 2 ZPO: Zeugnis des abgelehnten Richters).

Vorliegend habe sich die abgelehnte Richterin zu den Darlegungen der Antragstellerin in ihrer Dienstlichen Erklärung nur unzureichend geäußert. Deren Einstellung, sich nicht befangen zu wühlen, sei unschädlich aber auch irrelevant. Insgesamt habe sie nie nur eine Wertung vorgenommen, sich zu den Tatsachen nicht geäußert. Die Angaben würden daher zur Klärung des Wahrheitsgehalts der Darlegungen der Antragstellerin nicht weiterhelfen. Auch ihr Verweis auf das Protokoll sei nicht weiterführend, da die Antragstellerin gerade geltend macht, dass dieses nur verkürzt abgefasst sei. Zu der Frage, ob die Antragstellerin zu den Voraussetzungen der §§ 1632 BGB, 49ff FamFG angehört wurde, würden sich dies weder aus dem  Protokoll noch der Dienstlichen Erklärung ergeben. Auch z der Behauptung, sie, die Antragstellerin, habe keine Zustimmung zur auswärtigen Unterbringung der Minderjährigen erteilt, wie protokolliert, habe sich die Richterin nicht erklärt. Vielmehr habe die Richterin eine Ergänzung ihrer Dienstlichen Erklärung abgelehnt.

Damit aber sei dem Senat des OLG eine Prüfung des Wahrheitsgehalts der Angaben der Antragstellerin nicht möglich.  Die Ablehnung der Ergänzung der Dienstlichen Erklärung sei aber für sich geeignet, das Misstrauen eines besonnen agierenden Beteiligten zu rechtfertigen. Die Abgabe einer an § 44 Abs. 3 ZPO orientierten Dienstlichen Erklärung sei eine Dienstpflicht des Richters. Unzulängliche oder unsachliche Stellungnahmen iSv. § 44 Abs. 3 ZPO könnten von daher selbst die Besorgnis der Befangenheit rechtfertigen (Zöller, ZPO, § 42 Rn. 24 mwN.).  Das OLG bewerte daher die Verletzung der Abgabe derselben nach Bitte/Aufforderung durch den Senat, den maßgeblichen Geschehensablauf zu skizziere, als so nachhaltig, dass auch der besonnen agierende Beteiligte die Besorgnis hegen müsse, die Richterin würde auch sonst nicht ihre, ihrer Unparteilichkeit dienenden und sich aus dem Gesetz ergebenden Dienstpflichten gehörig erledigen.


OLG Frankfurt, Beschluss vom 09.06.2017 - 4 WF 193/17 -

Mittwoch, 31. Januar 2018

Mietrecht: Zum Umfang duldungspflichtiger Modernisierungsmaßnahmen

Die Beklagten mieteten ein älteres Reihenhaus, deren Eigentümerin jetzt die Klägerin (eine Entwicklungsgesellschaft)  wurde.  Sie beabsichtigte umfangreiche bauliche Maßnahmen, so u.a. eine Wärmedämmung an Fassade, Dach und Bodenplatte, Austausch von Fenstern und Türen, Einbau leistungsfähiger Elektrostränge im Bereich des Schornsteins, Verlegung von Leitungen unter Putz, Veränderung des Zuschnitts der Wohnräume und des Bads, Ersetzung der vorhandenen Heizung durch eine Gasetagenheizung, Ausbau sanitärer Einrichtungen und Einbau einer neuen Badewanne und Dusche, Neuverfliesung des Bodens Herstellung von Anschlüssen für Waschmaschine bzw. Spülmaschine, Errichtung eines Wintergratens mit Durchbruch zur (neuen) Wohnküche, Entfernung der Drempelwände und Ausbau des Spitzbodens über dem Dachgeschoss, Herstellung einer Terrasse, . Durch die Umbaumaßnahmen sollte sich die Kaltmiete von bisher € 463,62 auf € 2.149,99 erhöhen. Für die Maßnahmen waren zwei Wochen vorgesehen.  Die Beklagten verweigerten dies und die Klägerin klagte auf Duldung einschließlich des Abrisses einer Veranda an der Gartenseite des Hauses und Entfernung einer von den Beklagten 1992 eingebauten Gasetagenheizung.

Klage und Berufung gegen das klageabweisende Urteil blieben erfolglos. Dagegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin zum BGH. Sie wurde zurückgewiesen.

Auf die im Mietvertrag enthaltene Klausel, nach der solche „Ausbesserungen und baulichen Veränderungen, die zwar nicht notwendig, aber doch zweckmäßig sind, ohne Zustimmung des Mieters vorgenommenen werden“ dürften, hat das Berufungsgericht die Unklarheitenregelung des § 5 AGBG (heute: § § 305c Abs. 2 BGB) dahingehend angewandt, dass im Umkehrschluss nur zumutbare Maßnahmen erfolgen dürften, die für den Mieter also unwesentliche Beeinträchtigungen abfordern. Auch habe das Berufungsgericht zutreffend angenommen, dass der Mietvertrag abschließend regele, dass eine Modernisierung ohne freiwilliges Einverständnis des Mieters nicht möglich sei. Dem folgt der BGH nicht.  Es stützt sich, wie bereits das Amtsgericht, auf die maßgeblichen Vorschriften der §§ 555a Abs. 1 und 555d Abs. 1 BGB.

Die Klägerin habe zwar in ihrem Gesamtkonzept nach § 555a Abs. 1 BGB zu duldende Instandsetzungsmaßnahmen, allerdings nicht zu erkennen gegeben, dass sie deren Duldung losgelöst vom Gesamtkonzept, bei dem die einzelnen Gewerke aufeinander abgestimmt wären, berlange.

Darüber hinaus handele es sich nicht um Modernisierungsmaßnahmen nach § 555b BGB, die der Mieter zu dulden habe.

Die Modernisierungsmaßnahme zeichne sich dadurch aus, dass die einerseits über die blosse Erhaltung des bisherigen Zustandes hinausgehe, andererseits aber die Mietsache nicht so verändere, dass etwas Neues entstehe. Es handele sich um eine  „Verbesserung der Mietsache“. Die hier auf 9 ½ Seiten beschriebenen „Modernisierungsmaßnahmen“ seien so weitreichend, dass ihre Durchführung den Charakter der Mietsache grundlegend verändern würden. Diese beträfen auch den Grundriss (Ausbau Spitzboden, Wintergarten, Zuschnitt Wohnräume und Bad, Abriss einer Veranda). Dies sei keine bloße Verbesserung der Mietsache im Sinne einer nachhaltigen Erhöhung des Wohnwerts (§ 555b Nr.  4 BGB) und auch keine dauerhafte Verbesserung der allgemeinen Wohnverhältnisse (§ 555b Nr. 5 BGB).


BGH, Beschluss vom 21.11.2017 - VIII ZR 28/17 -

Dienstag, 30. Januar 2018

Vermieterpfandrecht an Fahrzeugen bei Insolvenz des Mieters

Die Gemeinschuldnerin hatte auf dem Betriebsgrundstück regelmäßig ihre Fahrzeuge abgestellt.  Der beklagte Insolvenzverwalter über das Vermögen der Gemeinschuldnerin hatte u.a. diese Fahrzeuge verwertet. Die Klägerin machte die Erlöse aus den Verwertungen im Zusammenhang mit Mietschulden vor dem Hintergrund des Vermieterpfandrechts geltend.

Zutreffend sei, so der BGH, dass ein bestehendes Vermieterpfandrecht in der Insolvenz des Mieters zur abgesonderten Befriedigung aus den Pfandgegenständen führe, § 50 Abs. 1 InsO. Bei einer Verwertung durch den Insolvenzverwalter nach § 166 Abs. 1 InsO habe er dem Gläubiger aus den Erlös abzüglich Feststellungs- und Verwertungskosten zu befriedigen, § 170 Abs. 1 InsO.  Die Klägerin sei auch Inhaberin eines Vermieterpfandrechts an den eingebrachten Sachen der Gemeinschuldnerin, § 562 Abs. 1 BGB. Zu diesen dem Vermieterpfandrecht unterfallenden Gegenständen würden auch Fahrzeuge gehören, die regelmäßig auf dem Grundstück abgestellt würden.  Eingebracht seien nämlich alle Sachen, die willentlich und wissentlich in die Mieträume oder auf das Mietgrundstück verbracht würden. Läge nur ein vorübergehender Verbleib vor, sei zu unterscheiden, ob der vorübergehende Verbleib der bestimmungsgemäßen Nutzung der Mietsache entspricht oder nicht. Bei Fahrzeugen sei dies der Fall, denn die regelmäßige vorübergehende Einstellung gehöre zum bestimmungsgemäßen Gebrauch der Mietsache; die LKW und Anhänger seien auch nachts jeweils auf dem Betriebsgrundstück bestimmungsgemäß abgestellt gewesen.

Allerdings habe das Berufungsgericht keine Feststellungen dazu getroffen, wo sich Fahrzeuge und Anhänger im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung befunden hätten. Diese Feststellung sei aber erforderlich. Denn nach § 562a Satz 1 BGB erlösche das Vermieterpfandrecht mit der Entfernung der Sachen vom Grundstück, es sei denn, dies erfolge ohne Wissen oder unter Widerspruch des Vermieters. Nach § 562a Satz 2 BGB könne aber der Vermieter dann nicht widersprechen, wenn die Entfernung den gewöhnlichen Lebensverhältnissen entspräche oder die zurückbleibenden Sachen zur Sicherung des Vermieters offenbar ausreichen würden. Wären die Fahrzeuge zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung tatsächlich (so für Kundenbesuche) vom Grundstück entfernt gewesen, könnte der Vermieter nicht widersprechen, entsprächen derartige Ausfahrten den gewöhnlichen Lebensverhältnissen.  Entgegen einer in Literatur und Rechtsprechung vertretenen Annahme reiche die vorübergehend geplante Wegschaffung der Sachen für das Erlöschen des Vermieterpfandrechts aus. Dies ergebe sich schon aus dem maßgeblichen Wortlaut des § 562a BGB. Das Wort „Entfernung“ sei ohne (auch zeitliche) Einschränkung gebraucht.

Damit war das Urteil des Berufungsgerichts aufzuheben und der Rechtsstreit an dieses zurückzuverweisen. Dort müsse nunmehr (neben der Feststellung zur Forderung) geprüft werden, ob sich im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung Fahrzeuge und Anhänger auf dem Betriebsgrundstück befanden.


BGH, Urteil vom 06.12.2017 - XII ZR 95/16 -

Zur Anrechenbarkeit von Prämien auf den Mindestlohn

Der Kläger, der bei der Beklagten als Kraftfahrer beschäftigt war,  erhielt ein bestimmtes Grundgehalt sowie verschiedene Prämien: Eine „Immerda-Prämie“ für durchgehende Arbeitsfähigkeit, eine Prämie für Ordnung und Sauberkeit im Hinblick auf die Sauberkeit des benutzten Fahrzeuges und eine Leergutprämie bei korrekten Umgang mit vom Kunden zurückgegebenen Leergut. Im Rahmen der Revision beider Parteien gegen die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Zunächst wandte sich der Kläger war nur noch die Frage im Streit, ob der Kläger in den Monaten Januar und März bis September 2915 den gesetzlichen Mindestlohn erhielt.

Nach § 1 MiLoG hat der Arbeitnehmer für jede tatsächlich geleistete Arbeitsstunde einen Anspruch auf den Mindestlohn, der hier im streitigen Zeitraum € 8,50/Stunde betrug. Das BAG verweist darauf, dass dieser Mindestlohn neben den arbeits- oder tarifvertraglichen Entgeltanspruch treten würde und bei Unterschreiten des Mindestlohns § 3 MiLoG zu einem Differenzanspruch führen würde. Das Landesarbeitsgericht habe im Tatbestand des Berufungsurteils bindend den jeweiligen Mindestlohn in den einzelnen Monaten nach Maßgabe des Gesetzes festgestellt (§ 559 ZPO). Dieser Mindestlohn sei aber in den streitbefangenen Monaten durch Zahlung der Beklagten erfüllt,  362 Abs. 1 BGB.

Die Erfüllung trete ein, wenn die vom Arbeitgeber im Monat gezahlte Bruttovergütung den betrag erreiche, der sich aus der Multiplikation der geleisteten Arbeitsstunden mit dem Mindestlohnsatz (hier: € 8,50) ergäbe. Dies sei der Fall, rechnet man die von der beklagten an den Kläger gezahlten Prämien mit ein. Die Einrechnung sei rechtmäßig, da die gewährten Prämien mindestlohnwirksam seien. § 1 Abs. 2 Satz 1 MiLoG setze den Mindestlohn  „je Zeitstunde“ fest. Der Anspruch würde nicht von der zeitlichen Lage der Arbeit oder mit den Arbeiten verbundenen Umständen oder erfolgen abhängig gemacht. Damit aber seien alle Entgeltzahlungen, die vom Arbeitgeber im arbeitsvertraglichen Austauschverhältnis erbracht würden, mindestlohnwirksam, soweit diese Zahlungen nicht ohne Rücksicht auf eine Arbeitsleistung oder auf Grund einer besonderen gesetzlichen Zweckbestimmung erbracht würden. Die gezahlten Prämien würden aber als Grundlage die Arbeitsleistung haben, weshalb sie bei der Bemessung mit einzubeziehen seien.


BAG, Urteil vom 08.11.2017 - 5 AZR 692/16 -

Freitag, 26. Januar 2018

Fitnessstudio: Zur Wirksamkeit des Nutzungsvertrages ohne Aushändigung eines Exemplars an den Nutzer

Am 28.11.2014 schlossen die Parteien einen Fitnessstudiovertrag, demzufolge der Beklagte im Studio des Klägers gegen Zahlung eines wöchentlichen Nutzungsentgelts  von zunächst € 11,57 (erstes Vertragsjahr), dann € 13,56 und einer jährlichen Servicepauschale von € 19,90 trainieren konnte; der Beklagte hatte dem Lastschriftverfahren zur Abbuchung durch den Kläger zugestimmt.. Die Vertragslaufzeit war mit 12 Monaten mit jeweiliger Verlängerung um 12 Monate vereinbart, sollte nicht vor 3 Monate vor Ablauf gekündigt werden.

Mit Schreiben vom 29.09.2015 kündigte der Beklagte. Mit seiner Klage machte der Kläger das Nutzungsentgelt für den Zeitraum 04.01.  bis 30.11.2016 mit € 643,14 sowie die Servicepauschale von € 19,90 und weiterhin Rücklastgebühren von € 8,00, entstanden durch Rückrufe des beklagten von Lastschriften geltend.

Im Verfahren berief sich der Beklagte darauf, die Kündigungsfrist sei nicht wirksam vereinbart.  Ihm sei ein nutzungsvertrag nicht überlassen worden.

Das Amtsgericht gab der Klage vollumfänglich statt. Der Einwand des Beklagten sei nicht erheblich. Selbst wenn, vom Kläger bestritten, der beklagte kein Vertragsexemplar erhalten haben sollte, wäre es doch zu einer wirksamen Vereinbarung mit dem Inhalt des vom Kläger vorgelegten Vertragsexemplars gekommen. Die Aushändigung des Vertrages sei nicht Wirksamkeitsvoraussetzung. Die schriftliche Fixierung diene lediglich dazu, den Inhalt der vertraglichen Vereinbarung nachzuvollziehen und im Streitfall zu beweisen. Da die Kündigungsfrist von drei Monaten zum 30.11.2015 nicht eingehalten sei, schulde der beklagte das Nutzungsentgelt bis zum 30.11.2016. Der Umstand, dass er nach Ausspruch der Kündigung das Studio nicht mehr in Anspruch genommen habe, würde den Entgeltanspruch nicht tangieren; der Kläger erbringe seine geschuldete Leistung durch Ermöglichung der Nutzung.  Auch würde die Servicepauschale für das Nutzungsjahr 2015/16 geschuldet. Die Bankrücklastkosten könne der Kläger aufgrund des Widerspruchs des Beklagten gegen den Einzug ebenfalls verlangen, da der Einzug vertragsgemäß erfolgte.

Die Entscheidung ist rechtskräftig. Berufung wurde nicht eingelegt.


AG Lemgo, Urteil vom 29.11.2017 - 19 C 341/17 -

Dienstag, 23. Januar 2018

Schadensersatz: Verweis auf freie Werkstatt bei nicht regelmäßiger Wartung des Kfz in markengebundener Fachwerkstatt

Der Kläger rechnete nach einem Verkehrsunfall gegenüber der beklagten Haftpflichtversicherung den Schaden an seinem Fahrzeug auf Basis der Nettoreparaturkosten einer markengebundenen Fachwerkstatt ab. Vor seinem Erwerb des Fahrzeuges in 2013 als Gebrauchtwagen sei dieses in 2011, 2012 und 2013 bei einer Markenwerkstatt gewartet worden und habe er selbst in 2015 und 2016 bei einer Markenwerkstatt Servicearbeiten durchführen lassen.

Klage und Berufung blieben erfolglos.

Grundsätzlich habe zwar der Geschädigte einen Anspruch auf Stundenverrechnungssätze einer Markenwerkstatt (BGH, Urteil vom 20.10.2009 - VI ZR 53/09 -). Allerdings könne der Geschädigte den Schädiger aus dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht mach § 254 BGB auf eine freie und preislich günstigere Werkstatt verweisen, wenn er darlegt und nachweist, dass diese qualitativ gleichwertige Arbeiten erbringt und ggf. vom Geschädigten vorgebrachte Umstände widerlegt, die gegen eine Zumutbarkeit der Nutzung einer freien Werkstatt sprechen. Vorliegend hatte die beklagte Versicherung den Kläger auf eine günstigere Werkstatt verwiesen, die qualitativ gleichwertig und für den Kläger auch ohne weiteres zu erreichen sei.

Vorliegend würde dem Verweis auch nicht entgegenstehen, dass der Kläger nach seiner Behauptung bisher sein Fahrzeug stets in einer markengebundenen Fachwerkstatt habe reparieren lassen. Dies würde zwar auch bei älteren Fahrzeugen (bei diesem schon in Ansehung auf einen möglichen Weiterverkauf) bedeutsam sein und zu einer Unzumutbarkeit des Verweises führen. Auch sei der geschädigte grundsätzlich im Rahmen des § 254 BGB darlegungs- und beweisbelastet. Allerdings treffe vorliegend den Geschädigten die sekundäre Darlegungslast, innerhalb der der Geschädigte darlegen müsse, dass ihm der Verweis auf eine freie Werkstatt nicht zuzumuten sei (BGH vom 20.10.2009 – VI ZR 53/09 -). Die Darlegungen des Klägers ließen aber einen Rückschluss auf eine regelmäßige vorrausgehende Wartung in einer markengebundenen Werkstatt nicht zu. Erstinstanzlich wären nur zwei Inspektionen (Juli 2015 und August 2016) behauptet worden, wobei der Kläger nur pauschal behauptete, dass weitere Inspektionen nicht erforderlich gewesen seien, ohne die Inspektionsintervalle darzulegen. Selbst der zweitinstanzliche Vortrag würde nicht die Annahme rechtfertigen, der Kläger würde sein Fahrzeug stets in einer Markenwerkstatt warten lassen. Der BGH würde in Ansehung einer „Scheckheftpflege“ verlangen, dass das Fahrzeug regelmäßig gewartet würde (BGH, Urteil vom 07.02.2017 - VI ZR 182/16 -). Dies aber sei hier nicht der Fall gewesen, wie schon der Umstand verdeutliche, dass in 2014 keine Wartung stattfand und danach über 410 Tage das Fahrzeug ohne Wartung gewesen sei, obwohl eine jährliche Wartung vorgesehen sei. Damit aber sei es dem Kläger auch zumutbar eine Reparatur in einer freien Werkstatt durchzuführen.


LG Freiburg, Urteil vom 09.05.2017 - 9 S 6/17 -

Freitag, 19. Januar 2018

Mietrecht: Kündigung wegen Zahlungsverzugs und nicht vollständige Ausgleichung zum Zeitpunkt des Zugangs

Die Beklagte war mit der Zahlung von Miete im Rückstand (Verzug). Die Miete belief sich auf € 479,96/Monat. Für Oktober 2914 zahlte sie € 383,96, für November und Dezember 2014 und Januar 2015 jeweils € 287,96. Am 09.01.2015 nahm sie eine Teilzahlung von € 456,00 auf die Rückstände vor. Auf die Februarmiete zahlte sie eine Teilzahlung von € 407,96. Der Teilbetrag für März 2015 von € 402,96 wurde der Klägerin am 16.03.2015 gutgeschrieben. Mit einem am 17.03.2015 der Beklagten zugegangenen Schreiben der Klägerin vom 16.03.2015 kündigte die Klägerin das Mietverhältnis u.a. fristlos wegen Zahlungsverzugs. Eine vollständige Ausgleichung des Zahlungsrückstands für Februar und März 2015 erfolgte nachfolgend weder innerhalb der Schonfrist des § 569 Abs. 3 BGB noch danach.

Im vorliegenden Verfahren machte die Klägerin u.a. ein Räumungs- und Herausgabebegehren auf Grund der fristlosen Kündigung geltend. Das Amtsgericht gab der Klage statt. Auf die Berufung wies das Landgericht die Klage ab. Mit der zugelassenen Revision verfolgte die Klägerin das Räumungs- und Herausgabebegehren weiter. Die Revision war erfolgreich.

Das Landgericht habe nach Auffassung des BGH verkannt, dass die Klägerin ein Kündigungsrecht nach § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 a) BGB gehabt habe. § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 2a BGB stelle als wichtigen Grund auf einen Rückstand mit zwei aufeinanderfolgen Mieten oder eines nicht unerheblichen Teils der Miete ab. Nicht unerheblich sei der Teil, wenn er die Miete für einen Monat übersteige. Der Wirksamkeit dieser Kündigung würde nicht entgegen stehen, dass zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung der Zahlungsverzug einen Monat nicht mehr übersteige. Sei durch den Rückstand in Höhe nach § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 3a oder b) BGB ein Kündigungsrecht des Vermieters entstanden, könne dieses nach § 543 Abs. 2 S. 2 BGB nur durch eine vollständige Zahlung des Rückstandes vor dem Zugang der Kündigungserklärung ausgeschlossen werden; würde, wie hier, der Rückstand nicht vollständig ausgeglichen, verbleibe es bei dem Recht.

Vorliegend war zu berücksichtigen, dass die Beklagte zur Mietminderung berechtigt war und das Landgericht eine Miete von € 455,96 nach Minderung (im Revisionsverfahren unstreitig) annahm. Statt dessen zahlte die Beklagte im Februar 2015 nur € 407,96; auf die Märzmiete zahlte sie erst am 16.03.2015 € 402,96. Damit habe sich die Beklagte zu diesem Zeitpunkt mit einem Gesamtbetrag von € 503,96 in Verzug befunden. Allerdings könne (anders als das Landgericht annahm) nicht für die Feststellung nach § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 3a, 569 Abs. 3 Nr. 1 S. 1 BGB auf die (berechtigterweise) geminderte Miete abgestellt werden; Bezugsgröße bleibe die im Mietvertrag vereinbarte Miete. Dies würde sich hier aber nicht auswirken.


BGH, Urteil vom 27.09.2017 - VIII ZR193/16 -

Donnerstag, 18. Januar 2018

Reparaturaufwendungen für Schäden am geerbten Gebäude sind keine Nachlassverbindlichkeiten


Der Erblasser hatte zu Lebzeiten Heizöl bezogen, welches eine geänderte Qualität aufwies. Wegen der geänderten Qualität war ein Großteil des Heizöls ohne Störmeldung ausgelaufen. Dies musste beseitigt werden und die Tanks mussten ausgetauscht werden. Dem Kläger als Erben sind für diese Arbeiten Kosten in Höhe von € 3.782,54 entstanden, die er als Nachlassverbindlichkeiten berücksichtigen wollte. Dem folgte das Finanzamt nicht. Klage und die Revision gegen das klageabweisende Urteil blieben erfolglos.

Der BFH stellte fest, dass Aufwendungen des Erben zur Beseitigung von Schäden an geerbeten Gegenständen, wie Grundstücken und Gebäuden, deren Irsache (wie hier) der Erblasser gesetzt hatte die aber erst nach seinem Tod in Erscheinung treten, keine Nachlassverbindlichkeiten iSv. § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG seien.  

Unter Verweis auf seine Entscheidung z.B. BFH/NV 1991, 97 wies der BFH darauf hin, dass grundsätzlich Schäden oder Mängel an geerbten Gebäuden unter dem Gesichtspunkt des Reparaturbedarfs keine Erblasserschulden iSv. § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG darstellen würden. Etwas anderes würde nur gelten wenn eine öffentlich-rechtliche oder privatrechtliche Verpflichtung (so gegenüber dem Mieter nach § 535 BGB) zur Schadensbeseitigung bestünde.  Die öffentlich-rechtliche Verpflichtung setze den Bestand einer rechtsverbindlichen, behördlichen Anordnung voraus. Im übrigen käme eine Berücksichtigung (z.B. bei einem Reparaturstau) allenfalls bei der Grundstücksbewertung (und nicht bei der Erbschaftsteuerfestsetzung) in Betracht.

Diese Grundsätze würden erst recht für Mängel und Schäden gelten, die erst nach dem Tod des Erblassers in Erscheinung treten würden. Stichtag für die Berechnung der Bereicherung des Erben sei der der Zeitpunkt der Entstehung der Steuer, § 11 ErbStG. Dies ist grundsätzlich der Tag des Todes des Erblassers, § 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Spätere Ereignisse, die den Wert erhöhen oder ermäßigen, würden sich nach diesem Stichtagsprinzip grundsätzlich nicht auswirken.


BFH, Urteil vom 26.07.2017 - II R 33/15 -

Donnerstag, 11. Januar 2018

Betriebskosten: Darlegungs- und Beweislast des Mieters zum Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot

Der Mieter machte Rückforderungsansprüche aus ungerechtfertigter Bereichen (§ 812 BGB) an gezahlten Betriebskostennachforderungen geltend. Die Klage wurde vom Amtsgericht abgewiesen. Das Landgericht erteilte den Hinweis dass es beabsichtige, die Berufung zurückzuweisen.

Die beabsichtigte Zurückweisung erfolgte nicht aus dem Grund des § 814 BGB: Sollte der Mieter die Nachzahlung in Kenntnis der Nichtschuld vorgenommen haben, wäre er nach dieser Norm mit einer Rückforderung ausgeschlossen. Aber hier erfolgte (wohl) die Zahlung unter Vorbehalt, weshalb die Norm des § 814 BGB nicht greifen würde.

Das Landgericht verwies darauf, dass für den Kondiktionsanspruch wegen rechtsgrundlos erbrachter Betriebskostennachzahlung der diesen Anspruch geltend machende Mieter die Darlegungs- und Beweislast für den fehlenden Rechtsgrund trägt, auch dann, wenn er unter Vorbehalt leisten würde. Dies würde auch für den vorliegenden Fall gelten, dass der Mieter einen Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot geltend macht. Insoweit würde den Mieter sogar eine „nochmals gesteigerte“ Darlegungslast treffen. Insoweit bezieht sich das Landgericht auf Entscheidungen des BGH vom 06.07.2011 - VIII ZR 340/10 - und 17.12.2014 - XII ZR 170/13 -.  Der BGH hat festgehalten, dass bei dem Vorwurf des Verstoßes gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot bei den Betriebskosten der Mieter die volle Darlegungs- und Beweislast treffe und eine pauschale Angabe, der Kostenansatz in der Abrechnung übersteige den überregional ermittelten Kostenansatz für Wohnungen gleicher Größe genüge nicht. Dies folge aus dem Grundsatz, dass es sich bei der Beachtung der Wirtschaftlichkeit durch den Vermieter um eine diesen treffende Nebenpflicht handele.

Auch treffe den Vermieter keine subsidiäre Darlegungslast. Dies auch dann nicht, wenn die Steigerung gegenüber dem Vorjahr mehr als 10% betrage. Insoweit beruft sich das Landgericht auch auf den BGH, der in der Entscheidung vom 17.12.2014 aaO., wonach der Vermieter grundsätzlich keine näheren Tatsachen (z.B. Preisvergleich) vortragen müsse.


LG Berlin, Hinweisbeschluss vom 17.08.2017 - 67 S 190/17 -

Dienstag, 9. Januar 2018

Eigenbedarfskündigung: „Benötigen“ nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB einer Zweitwohnung und unbillige Härte mangels geregelten Einkommens nach § 574 Abs. 1 S.1 BGB

Die Klägerin, die die Eigenbedarfskündigung aussprach, wollte die gekündigte Wohnung als Zweitwohnung (berufliche Gründe) nutzen. Von der verklagten Mieterin wurde geltend gemacht, sie verfüge derzeit über kein regelmäßiges Einkommen und lebe von ihren Ersparnissen, wobei sie erst nach Verbrauch der Ersparnisse staatliche Transferleistungen erhalte; in Ansehung dessen würde sie keinen angemessenen Ersatzwohnraum finden.

Der Klage wurde stattgegeben. Das LG Berlin (Berufungsgericht) hat die Revision zugelassen. Mit seinem vorliegenden Hinweisbeschluss wies der BGH die Beklagte darauf hin, dass er beabsichtige, die Revision im Beschlusswege zurückzuweisen, was danach auch erfolgte.

Die Frage, ob eine Zweitwohnung (deren Gebrauch von der Klägerin damit geltend gemacht wurde, dass sie in Berlin arbeiten würde)  eine Eigenbedarfskündigung rechtfertige, hielt der BGH nicht für klärungsbedürftig. Es würde um den Begriff des „Benötigens“ gehen, § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB. Dazu seit bereits höchstrichterlich geklärt, dass ernsthafte, vernünftige und nachvollziehbare Gründe erforderlich seien, die Wohnung selbst oder durch Verwandte zu nutzen. Dies gelte auch für die Zweitwohnung.  Die benannten beruflichen Gründe seien ausreichend.

Rechtsfehlerhaft habe das Berufungsgericht auch die klägerseits angegebenen Gründe als wahr angenommen, soweit es sich auf klägerseits benannte Indizien und die persönliche Anhörung der Klägerin bezog.

Für die Beklagte läge auch keine unzumutbare Härte vor, § 574 Abs. 1 S. 1 BGB. Aus den von der Beklagten benannten Umständen ergäbe sich noch nicht, dass die Beklagte mangels Nachweises von regelmäßigen Einkommen keinen angemessenen Wohnraum finden könne. Es handele sich lediglich um eine Schlussfolgerung der Klägerin, die einer Grundlage entbehre.


BGH, Hinweisbeschluss vom 22.08.2017 - VIII ZR 19/17 -