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Mittwoch, 29. Januar 2025

Bemessung des Stundensatzes bei Haushaltsführungsschaden

Infolge eines Schadensfalls machte die Klägerin auch einen Haushaltsführungsschaden geltend, bei dem es zuletzt um die Höhe des zugrunde zu legenden Stundensatzes ging. Während die Klägerin einen Stundensatz von € 14,00 ansetzte, nahm das Amtsgericht einen solchen von € 12,00 an, demgegenüber das Landgericht im Berufungsverfahren € 8,00 (entsprechend § 21 Abs. 1 JVEG) zugrunde legte. Auf die zugelassene Revision der Klägerin musste sich nun der BGH mit der Bemessung des Stundensatzes für einen Haushaltsführungsschaden auseinandersetzen. Der BGH hob das Berufungsurteil auf und verwies den Rechtsstreit zurück an das Landgericht.

Der BGH stellte in Übereinstimmung mit der herrschenden Meinung fest, dass der Verlust der Fähigkeit, weiterhin Haushaltsarbeiten zu verrichten, einen ersatzfähigen Schaden darstelle, unabhängig davon, ob der Geschädigte Vermögensaufwendungen für eine Ersatzkraft aufgewandt habe. Entweder läge in der Hausarbeit ein Beitrag zum Familienunterhalt und würde daher einen Erwerbsschaden (iSv. § 843 Abs. 1 Alt. 1 BGB) darstellen, oder sie würde den eigenen Bedürfnissen dienen und damit eine Vermehrung der Bedürfnisse (iSv. § 843 Abs. 1 Alt. 2 BGB) darstellen. Es handele sich jeweils um messbaren Schaden der auch fiktiv berechnet werden könne. Im Falle der fiktiven Berechnung erfolge dies auf Nettolohnbasis (BGH, Urteil vom 18.02.1992 - VI ZR 367/90 -).

Richtig habe das Berufungsgericht zunächst im Rahmen einer Schätzung der Höhe des Schadens (§ 287 ZPO) die Anzahl der Arbeitsstunden ermittelt, mit der die Klägerin unfallbedingt ausgefallen sei. Streitig sei nur die darauf erfolget Bemessung der Höhe des Stundensatzes.

Der BGH verwies darauf, dass die Bemessung der Höhe Sah des Tatrichters sei. Dies sei vom BGH nur darauf überprüfbar, ob wesentliche Bemessungsfaktoren au0er Acht gelassen oder der Schätzung unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt worden seien. Zur Überprüfung müssten die tatsächlichen Grundlagen der Schätzung dargelegt werden. Das sei hier bei der Bemessung der fiktiven Vergütung einer Ersatzkraft mit netto € 8,00/Stunde nicht erfolgt.

Mögliche Schwierigkeiten bei der Feststellung, in welchem Umfang eine Ersatzkraft hätte eingestellt werden müssen, würden einen Verzicht auf eine nachvollziehbare Darlegung der Schätzungsgrundlagen nicht rechtfertigen. Auch sei ein pauschaler Verweis auf in 2014 und 2021 veröffentlichte Entscheidungen des OLG München im Hinblick auf Unfälle in 2009 und 2016 nicht geeignet den Ansatz von € 8,00/Stunde zu rechtfertigen, da das Lohnniveau sich nicht ohne weiteres auf den Streitfall übertragen ließe. Rechtlich bedenklich sei auch die Auffassung des Berufungsgerichts, der gesetzliche Mindestlohn könne bei der fiktiven Bemessung des Schadens keine Rolle spielen. Zwar handele es sich bei dem in § 1 MiLoG festgesetzten Mindestlohn um einen Bruttostundenlohn, während der bei der hier fiktiven Geltendmachung der Nettolohn entscheidend sei; doch bilde der in dem maßgeblichen Zeitraum geltende Mindestlohn die Untergrenze des Bruttolohnes, auf dessen Grundlage die Ermittlung des für die Schätzung maßgeblichen Nettolohns erfolgen könne. Will der Tatrichter auf der Grundlage des gesetzlichen Mindestlohnes den Schaden ermitteln, müsse er nachvollziehbar angeben, warum dieser auf der Grundlage des Einzelfalles (z.B. Anforderungen an konkret anfallende Haushaltstätigkeiten) – bei einer möglichen „Orientierung an durchschnittlichen Maßstäben“ (BGH, Urteil vom 08.03.1983 - VI ZR 201/83 -) – als fiktive Vergütung einer Ersatzkraft angesehen werden könne.

Es sei nicht Aufgabe des Revisionsgerichts, dem Tatrichter eine bestimmte Berechnungs- oder Ermittlungsmethode vorzuschreiben. Der in § 21 S. 1 JVEG bestimmte Stundensatz von Zeugen für Nachteile bei der Haushaltsführung erscheine jedoch aus Rechtsgründen als alleinige Schätzgrundlage unzureichend, insoweit die Stundensätze nach dem JVEG nicht wie die Schadensschätzung nach § 287 ZPO dazu diene, einen konkreten Schaden vollständig aber nicht übermäßig zu kompensieren. Zudem seien die tatsächlichen Grundlagen, auf denen die Festsetzung der Höhe der Zeugenentschädigung beruhe, nicht so offengelegt, dass sie eine Beurteilung durch den Tatrichter nicht zulassen würden, ob diese Grundlagen auch unter den Umständen des Schadensfalls als Ausgangspunkt für eine Schadensschätzung geeignet sind.  Hier läge bereits ein Unterschied des 21 S. 1 JVEG gegenüber der nach dem im JVEG benannten Orientierungshilfen für Nebenkosten der Sachverständigen, die im Rahmen der Schadenschätzung nach § 287 ZPO herangezogen werden könnten.

BGH, Urteil vom 05.11.2024 - VI ZR 12/24 -

Dienstag, 30. Januar 2018

Zur Anrechenbarkeit von Prämien auf den Mindestlohn

Der Kläger, der bei der Beklagten als Kraftfahrer beschäftigt war,  erhielt ein bestimmtes Grundgehalt sowie verschiedene Prämien: Eine „Immerda-Prämie“ für durchgehende Arbeitsfähigkeit, eine Prämie für Ordnung und Sauberkeit im Hinblick auf die Sauberkeit des benutzten Fahrzeuges und eine Leergutprämie bei korrekten Umgang mit vom Kunden zurückgegebenen Leergut. Im Rahmen der Revision beider Parteien gegen die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Zunächst wandte sich der Kläger war nur noch die Frage im Streit, ob der Kläger in den Monaten Januar und März bis September 2915 den gesetzlichen Mindestlohn erhielt.

Nach § 1 MiLoG hat der Arbeitnehmer für jede tatsächlich geleistete Arbeitsstunde einen Anspruch auf den Mindestlohn, der hier im streitigen Zeitraum € 8,50/Stunde betrug. Das BAG verweist darauf, dass dieser Mindestlohn neben den arbeits- oder tarifvertraglichen Entgeltanspruch treten würde und bei Unterschreiten des Mindestlohns § 3 MiLoG zu einem Differenzanspruch führen würde. Das Landesarbeitsgericht habe im Tatbestand des Berufungsurteils bindend den jeweiligen Mindestlohn in den einzelnen Monaten nach Maßgabe des Gesetzes festgestellt (§ 559 ZPO). Dieser Mindestlohn sei aber in den streitbefangenen Monaten durch Zahlung der Beklagten erfüllt,  362 Abs. 1 BGB.

Die Erfüllung trete ein, wenn die vom Arbeitgeber im Monat gezahlte Bruttovergütung den betrag erreiche, der sich aus der Multiplikation der geleisteten Arbeitsstunden mit dem Mindestlohnsatz (hier: € 8,50) ergäbe. Dies sei der Fall, rechnet man die von der beklagten an den Kläger gezahlten Prämien mit ein. Die Einrechnung sei rechtmäßig, da die gewährten Prämien mindestlohnwirksam seien. § 1 Abs. 2 Satz 1 MiLoG setze den Mindestlohn  „je Zeitstunde“ fest. Der Anspruch würde nicht von der zeitlichen Lage der Arbeit oder mit den Arbeiten verbundenen Umständen oder erfolgen abhängig gemacht. Damit aber seien alle Entgeltzahlungen, die vom Arbeitgeber im arbeitsvertraglichen Austauschverhältnis erbracht würden, mindestlohnwirksam, soweit diese Zahlungen nicht ohne Rücksicht auf eine Arbeitsleistung oder auf Grund einer besonderen gesetzlichen Zweckbestimmung erbracht würden. Die gezahlten Prämien würden aber als Grundlage die Arbeitsleistung haben, weshalb sie bei der Bemessung mit einzubeziehen seien.


BAG, Urteil vom 08.11.2017 - 5 AZR 692/16 -