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Donnerstag, 1. März 2018

Räumungsverfügung gegen Dritte im Gewerberaummietverhältnis


Der Verfügungskläger ist Eigentümer eines Grundstücks, welches er zum Betrieb eines Hotels und Restaurants nebst Wirtewohnung an eine Gesellschaft vermietet hatte. Die Gesellschaft und die in dem Objekt wohnenden natürlichen Personen (mit Ausnahme der Verfügungsbeklagten) wurden zur Räumung und Herausgabe an die Verfügungsklägerin verurteilt. Nach Ankündigung der Räumungsvollstreckung durch den Gerichtsvollzieher erhob die Verfügungsbeklagte Vollstreckungsgenklage, mit der sie geltend machte, sie halte sich dauerhaft in den Räumen mit ihren Kindern auf und habe keine Ersatzräume. Auf ihren Antrag stellte das Amtsgericht die Zwangsvollstreckung einstweilen ein.

Der Verfügungskläger beantragte beim Landgericht, der Beklagten im einstweiligen Verfügungsverfahren zu gebieten, die fragliche Fläche zu räumen und an ihn herauszugeben. Die Verfügungsbeklagte habe ihm gegenüber kein Besitzrecht. Das Landgericht bejahte den Anwendungsbereich des § 940a Abs. 2 ZPO und verurteilte die Beklagte antragsgemäß. Die Berufung der Beklagten blieb erfolglos.

Das OLG bejahte das Vorliegen von Verfügungsanspruch und Verfügungsgrund und bejahte in diesme Zusammenhang die Anwendbarkeit des § 940a ZPO.  Nach dieser Norm kann der Vermieter, der gegen seinen Mieter und bekannte Dritte, die in dem Objekt wohnen bzw. dieses nutzen, ein Räumungsurteil erstritten hat, im Wege der einstweiligen Verfügung die Räumung auch von Dritten begehren, die das Objekt nutzen, wenn ihm dies erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung bekannt wird.  Es wich hier von anderen Entscheidungen ab, namentlich des OLG Celle vom 24.11.2014 - 2 W 237/14 -, des OLG München vom 10.04.20154 –-23 U 773/14 - und des KG vom 05.09.2013 - 8 W 64/13 -, die eine Anwendbarkeit des § 940a Abs. 2 ZPO auf gewerbliche Mietverhältnisse ablehnen. Nach dem Wortlaut bezieht sich § 940a ZPO nur auf Wohnraum.

Das OLG Dresden nimmt aber eine entsprechende Anwendbarkeit an. Es schließt sich der teilweise in Rechtsprechung (so LG Hamburg vom 27.06.2013 – 334 O 104/13 -, LG Krefeld vom 08.03.2016 – 2 S 60/15 – und in Teilen der Literatur vertretenen Rechtsansicht an, § 940a ZPO beinhalte eine Wertung auch hinsichtlich der Voraussetzungen für den Erlass einer Räumungsverfügung im Bereich der gewerblichen Miete. Auch wenn der Gesetzgeber mit der Norm des § 940a Abs. 2 ZPO nur den Erlass einer Räumungsverfügung bei Wohnraum habe erweitern wollen, habe dies Auswirkungen auf das Bestehen eines Verfügungsgrundes nach §§ 935, 940 ZPO bei Geschäftsräumen. Denn vom Ausgangspunkt her richte sich der Verfügungsgrund nach §§ 935, 940 ZPO. Im Wohnraummietrecht sei durch § 940a Abs. 2 ZPO dieser Verfügungsgrund dahingehend eingeschränkt, dass auch die weiteren Voraussetzungen dieser Norm vorliegen müssten.  Die Erweiterung des § 940a ZPO durch die Einfügung von Abs. 2 habe demzufolge nicht nur den Ausnahmetatbestand für eine Räumungsverfügung im Wohnraum erweitert, sondern zeige auch, dass der Gesetzgeber den dadurch geschaffenen Verfügungsgrund als von §§ 935, 940 ZPO umfasst ansähe. Der Gesetzgeber würde aufzeigen, dass der in § 940a Abs. 2 ZPO enthaltene Verfügungsgrund selbst dann eingreifen könne, wenn die für den Wohnraum aufgestellten strengeren Maßstäbe des §940a ZPO nicht vorliegen würden. Lassen aber §§ 935, 940 ZPO den Verfügungsgrund des § 940a Abs. 2 ZPO mit den strengen Maßstäben des § 940a ZPO für Wohnraum  zu, sei die Annahme gerechtfertigt, dass dies erst Recht im Rahmen der weniger strengen allgemeinen Maßstäbe der §§ 935, 940 ZPO auch § 940a Abs. 2 ZPO gelten müsse. Die Regelung des § 940 ZPO enthalte auch eine Öffnungsklausel, denn sie lasse eine Regelungsverfügung auch dann zu, wenn dies „aus anderen Gründen“ nötig erscheine, weshalb die Wertung des Gesetzgebers mit der Einführung des § 940a Abs. 2 ZPO im Bereich der gewerblichen Miete berücksichtigt werden könne.

Anmerkung: Eine Rechtssicherheit besteht hier weder für den Vermieter noch für den Nutzer.  Gleichwohl könnte es für den Vermieter bedeutsam sein, das schnellere Verfahren der einstweiligen Verfügung zu nutzen, als einen evtl. langwierigen Prozess gegen den Nutzer anstrengen zu müssen.

OLG Dresden, Urteil vom 29.11.2017 - 5 U 1337/17 -