Sonntag, 5. Mai 2024

Vertragsstrafenklausel in Bauverträgen mit Einheitspreisen

Die Klägerin gab im Rahmen einer auf Einheitspreisen basierenden Ausschreibung der Beklagten ein Angebot ab, das auf die Allgemeinen Vertragsbedingungen für Bauleistungen VOB/Bund und auf die Besonderen Vertragsbedingungen (BVB-VOB) der Beklagten Bezug nahm. In Ziffer 2 der BVB-VOB hieß es:

 "2. Vertragsstrafen (§ 11 VOB/B)

2.1 Der Auftragnehmer hat bei Überschreitung der unter 1. genannten Einzelfristen oder der Frist für die Vollendung als Vertragsstrafe für jeden Werktag des Verzugs zu zahlen:

0,2 v.H. der im Auftragsschreiben genannten Auftragssumme ohne Umsatzsteuer;

Beträge für angebotene Instandhaltungsleistungen bleiben unberücksichtigt. Die Bezugsgröße zur Berechnung der Vertragsstrafen bei Überschreitung von Einzelfristen ist der Teil dieser Auftragssumme, der den bis zu diesem Zeitpunkt vertraglich zu erbringenden Leistungen entspricht.

2.2 Die Vertragsstrafe wird auf insgesamt 5 v. H. der im Auftragsschreiben genannten Auftragssumme (ohne Umsatzsteuer) begrenzt.

2.3 Verwirkte Vertragsstrafen für den Verzug wegen Nichteinhaltung verbindlicher Zwischentermine (Einzelfristen als Vertragsfristen) werden auf eine durch den Verzug wegen Nichteinhaltung der Frist für die Vollendung der Leistung verbürgte Vertragsstrafe angerechnet.“

Eine Verhandlung der Parteien zur Vertragsstrafe fand nicht statt. Die Beklagte beauftragte die Klägerin. Nach Fertigstellung Abnahme stellte die Klägerin die Schlussrechnung, die mit Ausnahme eines Betrages von € 284.013,78 von der Beklagten bezahlt wurde. Das Landgericht gab der Zahlungsklage statt. Es ging u.a. davon aus, dass die Berufung der Beklagten auf die Verwirkung der Vertragsstrafe treuwidrig sei, auf Grund der der Einbehalt erfolgte. Auf die Berufung der Beklagten hob das OLG das Urteil auf und verwies den Rechtsstreit an das Landgericht zurück. Die Klägerin legte gegen diese Entscheidung des OLG Revision ein, mit der sie die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils begehrte. Ihre Revision war erfolgreich.

Anders als das Berufungsgericht ging der BGH davon aus, dass die Vertragsstrafenklausel in den BVB-VOB bei Verwendung durch den Auftraggeber einer Inhaltskontrolle nicht stand halte und gem. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam sei, da sie den Auftragnehmer entgegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) unangemessen benachteilige. Nach Z. 2.1 und 2.2 der BVB-VOB sei die Vertragsstrafe für die Überschreitung der Freist für die Vollendung auf insgesamt 5% der vor der Ausführung des Auftrages vereinbarten Netto-Auftragssumme begrenzt. Dies beeinträchtige aber bei einem Einheitspreisvertrag (wie hier) den Auftragnehmer unangemessen. Allgemeine Geschäftsbedingungen seien nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden würden.

Ansatzpunkt für die gebotene objektive Auslegung sei in erster Linie der Wortlaut. Dabei sei hier die Regelung für die Überschreitung der Frist für die Vollendung nach der Vertragsgestaltung eine eigenständige Regelung, die inhaltlich, optisch und sprachlich von der Vertragsstrafe für die Überschreitung sonstiger Termine getrennt sei. Die Auslegung des Begriffs „im Austragsschreiben genannten Auftragssumme (ohne Umsatzsteuer)“ führe nach dem klaren Wortlaut dazu, dass sich die Höhe nach der vor der Ausführung des Auftrags vereinbarten Netto-Auftragssumme richte. Zwar könne sich der Begriff „Auftragssumme“ sowohl auf die nach Abwicklung des Vertrages geschuldete Vergütung wie auch auf die vor Ausführung des Auftrags vereinbarte Vergütung beziehen (BGH. Urteil vom 06.12.2007 - VII ZR 28/07 -), doch sei vorliegend durch die Anknüpfung an die „im Auftragsschreiben genannte(n)“ Netto-Auftragssumme klargestellt, dass Bezugsgröße der Wert der vor Ausführung vereinbarten Netto-Vergütung sein soll. Zum Zeitpunkt der Auftragserteilung stünde bei einem Einheitspreisvertrag, bei dem die Mangen und Massen nach dem (späteren) tatsächlichen Verbrauch berechnet würden, nur diese Vergütung fest.

Eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners wegen Verstoßes gegen das Gebot von Treu und Glauben läge bei einer einseitigen Vertragsgestaltung vor, bei der versucht würde, missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten des Vertragspartners durchzusetzen, ohne von vornherein auch dessen Interessen hinreichend zu berücksichtigen (BGH, Urteil vom 16.07.2020 - VII ZR 159/19 -). Eine Vertragsstrafenklausel, die eine Höchstgrenze von mehr als 5% der Auftragssumme bei Überschreitung des Fertigstellungstermins vorsähe, stelle regelmäßig eine Benachteiligung dar (BGH, Urteil vom 23.01.2023 - VII ZR 210/01 -). Die Druckfunktion erlaube zwar eine spürbare Vertragsstrafe, doch sei darauf zu achten, dass sich diese in wirtschaftlich vernünftigen Grenzen halte (BGH, Urteil vom 20.01.2000 - VII ZR 46/98 -). Daher seine eine Vertragsstrafe von über 5% der Auftragssumme zu hoch.

Den entsprechenden Anforderungen würde die Klausel vorliegend nicht gerecht. Bei der gebotenen generalisierenden Betrachtungsweise könne bei einem Einheitspreisvertrag die Anknüpfung der Vertragsstrafe an die vor Auftragsdurchführung vereinbarte (Netto-) Auftragssumme im Falle einer (z.B. wegen Verringerung der tatsächlich ausgeführten Mengen nicht nur theoretisch denkbaren) nachträglichen Absenkung des Auftragsvolumens dazu führen, dass die Strafzahlung die 5%-Grenze überschreite. Es fehle hier an einer dies ausgleichenden Regelung.

BGH, Urteil vom 15.02.2024 - VII ZR 42/22-


Aus den Gründen:

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird unter Zurückweisung der Anschlussrevision der Beklagten das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 18. Januar 2022 aufgehoben.

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts München I vom 15. April 2021 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Von Rechts wegen

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Zahlung von Restwerklohn.

Sie gab im Rahmen einer auf Einheitspreisen basierenden Ausschreibung der Beklagten über Leistungen zur Erschließung von 1.583 Haushalten mit Glasfaserkabeln am 23. März 2016 ein Angebot ab, das auf die Allgemeinen Vertragsbedingungen für Bauleistungen VOB/B, Ausgabe 2012, und auf die Besonderen Vertragsbedingungen (BVB-VOB) der Beklagten Bezug nahm. Die Vertragsbedingungen sahen einen Auftragsbeginn zum 18. Juli 2016 und eine abnahmereife Fertigstellung zum 30. November 2017 vor.

Die BVB-VOB enthielten in Ziffer 2 folgende Vertragsklausel zur Vertragsstrafe:

"2. Vertragsstrafen (§ 11 VOB/B)

2.1 Der Auftragnehmer hat bei Überschreitung der unter 1. genannten Einzelfristen oder der Frist für die Vollendung als Vertragsstrafe für jeden Werktag des Verzugs zu zahlen:

0,2 v.H. der im Auftragsschreiben genannten Auftragssumme ohne Umsatzsteuer;

Beträge für angebotene Instandhaltungsleistungen bleiben unberücksichtigt. Die Bezugsgröße zur Berechnung der Vertragsstrafen bei Überschreitung von Einzelfristen ist der Teil dieser Auftragssumme, der den bis zu diesem Zeitpunkt vertraglich zu erbringenden Leistungen entspricht.

2.2 Die Vertragsstrafe wird auf insgesamt 5 v. H. der im Auftragsschreiben genannten Auftragssumme (ohne Umsatzsteuer) begrenzt.

2.3 Verwirkte Vertragsstrafen für den Verzug wegen Nichteinhaltung verbindlicher Zwischentermine (Einzelfristen als Vertragsfristen) werden auf eine durch den Verzug wegen Nichteinhaltung der Frist für die Vollendung der Leistung verbürgte Vertragsstrafe angerechnet."

Am 14. April 2016 fand ein Bietergespräch statt, in dem - ausweislich des Protokolls - über die Vertragsstrafe nicht verhandelt wurde. In Ziffer 5 des Protokolls wurde die Klägerin aufgefordert, bis zum 21. April 2016 ein überarbeitetes Angebot einzureichen.

Unter Bezugnahme auf dieses Bietergespräch gab die Klägerin mit Schreiben vom 20. April 2016 ein "aktualisiertes Angebot" mit einem Kurz-Leistungsverzeichnis ab, das keine Bezugnahme auf die in den Ausschreibungsunterlagen enthaltenen Anlagen, darunter auch die BVB-VOB, enthielt.

Die Beklagte beauftragte durch Schreiben vom 1. Juni 2016 die Klägerin mit der Erschließung von 1.583 Hausanschlüssen mit Glasfaserkabeln gemäß ihrem Angebot vom 20. April 2016 (Los 1) für die Angebotssumme in Höhe von 5.680.275,54 € netto zuzüglich der gesetzlichen Umsatzsteuer.

Die Werkleistungen der Klägerin waren am 8. August 2018 fertig gestellt und wurden von der Beklagten am 26. September 2018 abgenommen.

Mit Schlussrechnung vom 18. Januar 2019 rechnete die Klägerin für die beauftragten Leistungen sowie für Nachträge insgesamt 5.126.412,10 € netto (6.100.430,40 € brutto) ab.

Die Beklagte zahlte den Werklohn mit Ausnahme eines Betrags in Höhe von 284.013,78 €, den sie gegenüber der Klägerin als Vertragsstrafe geltend macht.

Das Landgericht hat der Klage auf Zahlung von 284.013,78 € sowie vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten, jeweils nebst Zinsen, stattgegeben. Es hat ausgeführt, die Parteien hätten eine Vertragsstrafe nicht vereinbart, weil der Vertrag nach dem Auftragsschreiben der Beklagten vom 1. Juni 2016 auf der Grundlage des Angebots vom 20. April 2016 geschlossen worden sei, das eine Bezugnahme auf Ziffer 2 der BVB-VOB der Beklagten nicht enthalte; das frühere Angebot vom 23. März 2016 sei hierdurch erloschen. Die Berufung auf den ursprünglichen Fertigstellungstermin sei zudem treuwidrig, weil der Beklagten durch die Verzögerung keine erheblichen Nachteile entstanden seien und die Abnahme erst eineinhalb Monate nach Fertigstellung der Arbeiten durchgeführt worden sei. Es fehle zudem an dem für die Verwirkung einer Vertragsstrafe nötigen Verschulden, weil die verzögerte Fertigstellung der Arbeiten auf Umständen beruhe, welche die Klägerin nicht zu vertreten habe. Durch die von der Beklagten beauftragten Nachträge und verlangten Vertragsänderungen sei der Terminablauf erheblich verändert worden, wodurch der vereinbarte Fertigstellungstermin in Wegfall geraten sei. Daher sei hilfsweise die Klausel nach § 307 BGB für unwirksam zu erachten.

Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Die Beklagte hat Anschlussrevision erhoben, mit der sie die Abweisung der Klage begehrt.

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Die Anschlussrevision der Beklagten ist unbegründet.

I.

Das Berufungsgericht hat - soweit hier von Interesse - ausgeführt, das Landgericht sei unter Verletzung des rechtlichen Gehörs der Beklagten zu der Annahme gelangt, dass die Vertragsstrafe nicht vereinbart worden sei. Zutreffend sei das Landgericht zwar davon ausgegangen, dass das Angebot der Klägerin vom 23. März 2016 gemäß Ziffer 1.2., dritter Spiegelstrich, die BVB-VOB und damit auch die Vereinbarung über die Vertragsstrafe gemäß Ziffer 2 der BVB-VOB umfasst habe. Soweit es angenommen habe, das Angebot der Klägerin vom 23. März 2016 sei durch das Angebot vom 20. April 2016 gemäß §§ 146, 150 BGB erloschen, habe das Landgericht aber Vortrag der Beklagten übergangen, wonach die Klägerin nach Ziffer 4 des ersten Angebots bis zum Ablauf der Zuschlagsfrist (= Bindefrist) an dieses gebunden gewesen sei. Aus den erstinstanzlichen Feststellungen ergäben sich keine Anhaltspunkte, dass die Beklagte das Angebot vom 23. März 2016 abgelehnt habe.

Das Landgericht habe zudem Vortrag der Beklagten zu den Vertragsverhandlungen nicht berücksichtigt, wonach im Nachgang zu dem Bietergespräch und den darin erfolgten technischen Abklärungen lediglich einzelne Einheitspreise durch das Schreiben vom 20. April 2016 geändert oder angepasst worden seien, ohne dass es zur Änderung der übrigen Vertragsmodalitäten gekommen sei. Dass über die Vertragsstrafe im Bietergespräch am 14. April 2016 nicht ausdrücklich verhandelt worden sei, bedeute nicht, dass die in dem Angebot vom 23. März 2016 enthaltene Bezugnahme auf die Ziffer 2 der BVB-VOB nicht weiter Bestandteil des Angebots der Klägerin gewesen sei. Das Auftragsschreiben der Beklagten vom 1. Juni 2016 habe sich - entgegen der Annahme des Landgerichts - auch auf das Angebot vom 23. März 2016 bezogen, weil das Angebot vom 20. April 2016 in inhaltlicher und in rechtlicher Hinsicht in Zusammenhang mit diesem stehe und beide Angebote Vertragsbestandteil geworden seien. Deshalb sei es unerheblich, dass das Auftragsschreiben der Beklagten nur auf Ziffer 1.2 der BVB-VOB Bezug genommen habe, weil die BVB-VOB bereits Inhalt des Angebots der Klägerin vom 23. März 2016 gewesen seien. Die fehlende Auseinandersetzung mit dem Vortrag der Beklagten lasse nur den Schluss zu, dass es ihr Vorbringen entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei seiner Entscheidung ersichtlich nicht in Erwägung gezogen habe.

Das Landgericht habe zudem Vortrag der Beklagten zu den Ursachen der Verzögerung, insbesondere zur Frage, ob überhaupt relevante Leistungsänderungen vorlägen, übergangen. Die Ursachen, die zur Verzögerung der Fertigstellung geführt haben, seien durch das Landgericht in einer umfangreichen Beweisaufnahme zu klären, weshalb der Rechtsstreit zurückzuverweisen sei.

Entgegen der Annahme des Landgerichts sei die Vertragsklausel über die Vereinbarung der Vertragsstrafe nicht gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Die Höhe der Vertragsstrafe von maximal 5 % könne auf die Angebotssumme bezogen werden, weil diese im Zeitpunkt des Vertragsschlusses bei einem Einheitspreisvertrag sicher feststehe. Andernfalls bestehe die Gefahr, dass ein Verstoß gegen das Transparenzgebot vorliege, weil offen sei, was zur späteren Abrechnungssumme gehöre.

Die in der Berufungsinstanz hilfsweise erhobene Aufrechnung mit Schadenersatzansprüchen wegen der verzögerten Fertigstellung der Leistungen sei unzulässig.

II.

Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

A. Die Revision der Klägerin hat Erfolg. Sie führt zur Wiederherstellung der stattgebenden Entscheidung des Landgerichts. Das Berufungsgericht hat zu Unrecht von einer eigenen Sachentscheidung abgesehen (dazu unter 1.). Die Sache ist entscheidungsreif (dazu unter 2.).

1. Eine Zurückverweisung nach § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO kommt als Ausnahme von der in § 538 Abs. 1 ZPO statuierten Verpflichtung des Berufungsgerichts, die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden, nur in Betracht, wenn das erstinstanzliche Verfahren an einem so wesentlichen Mangel leidet, dass es keine Grundlage für eine die Instanz beendende Entscheidung sein kann. Ob ein wesentlicher Verfahrensfehler vorliegt, ist allein aufgrund des materiell-rechtlichen Standpunkts des Erstgerichts zu beurteilen, auch wenn dieser verfehlt ist oder das Berufungsgericht ihn für verfehlt erachtet (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Versäumnisurteil vom 1. Februar 2010 - II ZR 209/08 Rn. 11, NJW-RR 2010, 1048).

a) Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann ein Verfahrensfehler des Landgerichts nicht bejaht werden. Das Berufungsgericht hat die Frage, ob dem Landgericht ein wesentlicher Verfahrensfehler in Form eines Gehörsverstoßes unterlaufen ist, rechtsfehlerhaft nicht aufgrund des allein maßgeblichen materiell-rechtlichen Standpunkts des Landgerichts beantwortet, sondern seinen eigenen materiell-rechtlichen Rechtsstandpunkt zugrunde gelegt.

aa) Zwar kann es einen schweren Verfahrensfehler im Sinne des § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO darstellen, wenn das erstinstanzliche Gericht den Anspruch der Partei auf rechtliches Gehör dadurch verletzt, dass es den Kern ihres Vorbringens verkennt und daher eine entscheidungserhebliche Frage verfehlt. Das ist hingegen nicht der Fall, wenn es die sachlich-rechtliche Relevanz eines Parteivorbringens verkennt und ihm deshalb keine Bedeutung beimisst (vgl. BGH, Versäumnisurteil vom 1. Februar 2010 - II ZR 209/08 Rn. 15, NJW-RR 2010, 1048; Urteil vom 6. November 2000 - II ZR 67/99, NJW 2001, 1500, juris Rn. 8; Urteil vom 19. März 1998 - VII ZR 116/97, BGHZ 138, 176, juris Rn. 8). Ein Verfahrensfehler liegt daher nicht vor, wenn das erstinstanzliche Gericht das Parteivorbringen lediglich unter einem sachlich-rechtlich fehlerhaften Gesichtspunkt gewürdigt oder deshalb nicht weiter erörtert hat, weil es hierauf nach seinem materiell-rechtlichen (möglicherweise unrichtigen) Standpunkt nicht ankommt. Bei einer Vertragsauslegung kann ein Verfahrensfehler nur angenommen werden, wenn das Gericht die Vertragsbestimmungen nicht lediglich inhaltlich unzutreffend würdigt, sondern erkennbar vertragliche Regelungen überhaupt nicht zur Kenntnis nimmt oder sprachlich falsch versteht (vgl. BGH, Urteil vom 19. März 1998 - VII ZR 116/97, BGHZ 138, 176, juris Rn. 8).

bb) Das Landgericht hat bei der Vertragsauslegung keinen wesentlichen Vortrag der Beklagten übergangen oder den Kern ihres Vorbringens verkannt. Es hat festgestellt, dass die BVB-VOB der Beklagten und damit auch die in Ziffer 2 geregelte Vertragsstrafe Gegenstand der Ausschreibung waren und das Angebot der Klägerin vom 23. März 2016 auf diese Vertragsbestimmungen Bezug genommen hat. Ob und in welchem Umfang dieses Angebot Bestandteil des Vertrags geworden ist, ist nach materiell-rechtlichen Gesichtspunkten zu beurteilen, wobei allerdings die tatsächlichen Umstände der Vertragsverhandlungen der Parteien zu berücksichtigen sind. Soweit das Berufungsgericht einen Gehörsverstoß in der fehlenden Berücksichtigung der in Ziffer 4 des Angebots vom 23. März 2016 enthaltenen Annahmefrist (Bindefrist) sieht, war dieser Gesichtspunkt für die Entscheidung des Landgerichts nicht erheblich. Nach den erstinstanzlichen Feststellungen hat die Beklagte durch das Schreiben vom 1. Juni 2016 nur das Angebot vom 20. April 2016 angenommen und damit konkludent das Angebot vom 23. März 2016 abgelehnt. Deshalb kam es nach der Rechtsansicht des Landgerichts auf die in Ziffer 4 enthaltene Bindefrist wegen Erlöschen des Antrags gemäß § 146 BGB nicht an.

Soweit das Berufungsgericht angenommen hat, das Schreiben der Beklagten vom 1. Juni 2016 habe - entgegen seinem Wortlaut - die BVB-VOB der Beklagten umfasst, weil das Angebot vom 20. April 2016 in einem rechtlichen und inhaltlichen Zusammenhang mit dem Angebot vom 23. März 2016 stehe, handelt es sich um eine abweichende materiell-rechtliche Würdigung des Inhalts der Angebote, die einen Verfahrensfehler des Landgerichts nicht begründen kann.

b) Es bedurfte nach der Rechtsansicht des Landgerichts auch deshalb keiner Beweisaufnahme zu den Ursachen der verzögerten Erbringung der Werkleistungen, weil das Landgericht in seiner Hilfsbegründung die Vertragsklausel über die Vereinbarung der Vertragsstrafe gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB für unwirksam erachtet hat. Soweit das Berufungsgericht hierzu eine andere Rechtsansicht vertritt, kann dies keinen Verfahrensfehler des Landgerichts begründen. Gleiches gilt hinsichtlich der Annahme des Landgerichts, durch die von der Beklagten beauftragten Nachträge und verlangten Vertragsänderungen sei der Terminablauf erheblich verändert worden, wodurch selbst eine wirksam vereinbarte Vertragsstrafe in Wegfall geraten wäre.

c) Die Ausführungen des Berufungsgerichts lassen unabhängig davon nicht erkennen, dass es das ihm in § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO eingeräumte Ermessen, eine eigene Sachentscheidung zu treffen oder ausnahmsweise den Rechtsstreit an das Erstgericht zurückzuverweisen, pflichtgemäß ausgeübt hat. Die Aufhebung und Zurückverweisung wegen einer noch durchzuführenden Beweisaufnahme ist auf wenige Ausnahmefälle beschränkt, in denen die Durchführung des Verfahrens in der Berufungsinstanz zu noch größeren Nachteilen führen würde als die Zurückverweisung der Sache an das erstinstanzliche Gericht (BGH, Versäumnisurteil vom 16. Dezember 2004 - VII ZR 270/03, BauR 2006, 590, juris Rn. 23). Dass dies der Fall ist, kann den Ausführungen des Berufungsgerichts nicht entnommen werden. Das Berufungsgericht hat weder in Erwägung gezogen, dass eine Zurückverweisung der Sache in aller Regel zu einer Verteuerung und Verzögerung des Rechtsstreits führt, was den schützenswerten Interessen der Parteien entgegenstehen kann, noch hat es nachprüfbar dargelegt, dass die aus seiner Sicht durchzuführende Beweisaufnahme so aufwändig und umfangreich ist, dass eine Zurückverweisung an das Landgericht ausnahmsweise gerechtfertigt erscheint (vgl. BGH, Urteil vom 8. Juli 2004 - VII ZR 231/03, BauR 2004, 1611 = NZBau 2004, 613, juris Rn. 18).

2. Das angefochtene Urteil hat daher keinen Bestand und ist aufzuheben. Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, weil diese zur Endentscheidung reif ist, § 562 Abs. 1, § 563 Abs. 3 ZPO.

a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 3. April 2000 - II ZR 194/98, NJW 2000, 2099, juris Rn. 18; Urteil vom 31. Januar 1996 - VIII ZR 324/94, WM 1996, 882, juris Rn. 21, jeweils zu § 539 ZPO a.F.) ist dem Revisionsgericht aus Gründen der Prozessökonomie im Falle einer kassatorischen Entscheidung des Berufungsgerichts eine eigene Sachentscheidung nicht verwehrt, wenn die im Rahmen des § 538 ZPO anzustellende Prüfung ergibt, dass die materiell-rechtliche Untersuchung der Beziehungen der Parteien zu einem endgültigen und abschließenden Ergebnis führt. Ein solcher Fall ist hier gegeben.

b) Der als solcher unstreitigen Restwerklohnforderung der Klägerin in Höhe von 284.013,78 € kann die Beklagte von vorneherein keinen Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe wegen Überschreitung der Frist für die Vollendung gemäß Ziffer 2.1, 2.2 der BVB-VOB entgegenhalten, insbesondere mit einem solchen Anspruch nicht die Aufrechnung erklären. Denn diese Vertragsklausel hält, anders als das Berufungsgericht gemeint hat, bei Verwendung durch den Auftraggeber einer Inhaltskontrolle nicht stand. Sie ist gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, weil sie den Auftragnehmer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Es kann daher dahinstehen, ob die Vertragsstrafenregelung überhaupt in den Vertrag der Parteien einbezogen wurde und worauf die Verzögerung der Vollendung beruhte.

aa) Die Vertragsstrafenklausel in Ziffer 2.1, 2.2 der BVB-VOB ist eine Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne von § 305 Abs. 1 BGB. Verwenderin im Verhältnis zur Klägerin ist die Beklagte, deren Ausschreibung die BVB-VOB enthielt.

bb) Nach Ziffer 2.1, 2.2 der BVB-VOB ist die Vertragsstrafe für die Überschreitung der Frist für die Vollendung, wie eine Auslegung dieser Bestimmungen ergibt, auf insgesamt 5 % der vor der Ausführung des Auftrags vereinbarten Netto-Auftragssumme begrenzt. Eine solche Regelung über die Bezugsgröße der Vertragsstrafe beeinträchtigt bei einem Einheitspreisvertrag, wie er hier geschlossen wurde, den Auftragnehmer als Vertragspartner des Verwenders nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen.

(1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind wie revisible Rechtsnormen zu behandeln und infolgedessen vom Revisionsgericht frei auszulegen, da bei ihnen ungeachtet der Frage, ob sie über den räumlichen Bezirk eines Berufungsgerichts hinaus Verwendung finden, ein Bedürfnis nach einheitlicher Handhabung besteht (vgl. BGH, Urteil vom 5. Mai 2022 - VII ZR 176/20 Rn. 28, BauR 2022, 1337 = NZBau 2022, 648; Urteil vom 8. September 2021 - VIII ZR 97/19 Rn. 17, RdE 2022, 23; Urteil vom 16. Juli 2020 - VII ZR 159/19 Rn. 26, BauR 2020, 1933 = NZBau 2020, 708 jeweils m.w.N.).Sie sind nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden. Dabei sind die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen (vgl. BGH, Urteil vom 5. Mai 2022 - VII ZR 176/20 Rn. 29, BauR 2022, 1337 = NZBau 2022, 648; Urteil vom 8. September 2021 - VIII ZR 97/19 Rn. 18, RdE 2022, 23; Urteil vom 16. Juli 2020 - VII ZR 159/19 Rn. 27, BauR 2020, 1933 = NZBau 2020, 708; jeweils m.w.N.). Ansatzpunkt für die bei einer Formularklausel gebotene objektive Auslegung ist in erster Linie ihr Wortlaut (vgl. BGH, Urteil vom 5. Mai 2022 - VII ZR 176/20 Rn. 29, BauR 2022, 1337 = NZBau 2022, 648; Urteil vom 8. September 2021 - VIII ZR 97/19 Rn. 21, RdE 2022, 23; Urteil vom 16. Juli 2020 - VII ZR 159/19 Rn. 27, BauR 2020, 1933 = NZBau 2020, 708; jeweils m.w.N.).

(a) Nach diesen Grundsätzen ist zunächst davon auszugehen, dass die Bestimmung über die Vertragsstrafe für die Überschreitung der Frist für die Vollendung in Ziffer 2.1, 2.2 der BVB-VOB nach der Vertragsgestaltung eine eigenständige Regelung darstellt, die inhaltlich, optisch und sprachlich von der Vertragsstrafe für die Überschreitung sonstiger Termine getrennt ist. Als solche kann sie einer eigenen Inhaltskontrolle unterzogen werden (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 27. November 2013 - VII ZR 371/12 Rn. 7, BauR 2014, 550 = NZBau 2014, 100; Urteil vom 18. Januar 2001 - VII ZR 238/00, BauR 2001, 791, juris Rn. 23).

(b) Die Auslegung des Begriffs der "im Auftragsschreiben genannten Auftragssumme (ohne Umsatzsteuer)" in Ziffer 2.1, 2.2 der BVB-VOB führt nach dem eindeutigen Wortlaut dazu, dass sich die Höhe der Vertragsstrafe nach der vor der Ausführung des Auftrags vereinbarten Netto-Auftragssumme richtet.

Zwar ist der Begriff der "Auftragssumme" als solcher grundsätzlich unterschiedlichen Deutungen zugänglich. Hierunter kann - nach den jeweiligen Gegebenheiten - einerseits die nach der Abwicklung des Vertrags geschuldete Vergütung zu verstehen sein, andererseits aber auch derjenige Wert, der sich nach der von den Parteien vor der Ausführung des Auftrags vereinbarten Vergütung bemisst (vgl. BGH, Urteil vom 6. Dezember 2007 - VII ZR 28/07, BauR 2008, 508 = NZBau 2008, 376, juris Rn. 14).

Vorliegend ist allerdings durch die ausdrückliche Anknüpfung an die "im Auftragsschreiben genannte[n]" Netto-Auftragssumme zweifelsfrei klargestellt, dass als Bezugsgröße der Wert gemeint ist, der sich nach der von den Parteien vor der Ausführung des Auftrags vereinbarten Netto-Vergütung der Klägerin bemisst. Im Zeitpunkt der schriftlichen Auftragserteilung steht bei einem Einheitspreisvertrag, bei dem die Mengen und Massen nach dem (späteren) tatsächlichen Verbrauch berechnet werden, nur diese Vergütung fest.

(2) Ausgehend von diesem Klauselverständnis ist die Bestimmung über die Vertragsstrafe für die Überschreitung der Frist für die Vollendung in Ziffer 2.1, 2.2 der BVB-VOB bei Verwendung in einem Einheitspreisvertrag, wie er hier geschlossen wurde, gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam.

(a) Nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ist eine formularmäßige Vertragsbestimmung unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Letzteres ist der Fall, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen (BGH, Urteil vom 16. Juli 2020 - VII ZR 159/19 Rn. 23, BauR 2020, 1933 = NZBau 2020, 708). Nach der Rechtsprechung des Senats benachteiligt eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Auftraggebers enthaltene Vertragsstrafenklausel den Auftragnehmer unangemessen, wenn sie eine Höchstgrenze von mehr als 5 % der Auftragssumme bei Überschreiten des Fertigstellungstermins vorsieht (BGH, Versäumnisurteil vom 23. Januar 2003 - VII ZR 210/01, BGHZ 153, 311, juris Rn. 58 ff.). Diese Rechtsprechung knüpft maßgeblich an die mit der Strafe verfolgte Druckfunktion an, den Auftragnehmer zur ordnungsgemäßen Erbringung seiner Leistungen anzuhalten. Zugleich soll sie den Auftraggeber in den Stand setzen, sich bei Verletzung der sanktionierten Vertragspflichten jedenfalls bis zur Höhe der Vertragsstrafe ohne Einzelnachweis schadlos zu halten (BGH, Urteil vom 20. Januar 2000 - VII ZR 46/98, BauR 2000, 1049 = NZBau 2000, 327, juris Rn. 11). Allerdings müssen auch die Interessen des Auftragnehmers berücksichtigt werden, insbesondere, dass die für die Überschreitung eines Termins vereinbarte Vertragsstrafe unter Berücksichtigung ihrer Druck- und Kompensationsfunktion in einem angemessenen Verhältnis zum Werklohn steht, den der Auftragnehmer durch seine Leistung verdient (vgl. BGH, Urteil vom 6. Dezember 2012 - VII ZR 133/11, juris Rn. 18). Die Druckfunktion erlaubt dabei zwar durchaus eine spürbare Vertragsstrafe, es ist aber darauf zu achten, dass sich die Vertragsstrafe in wirtschaftlich vernünftigen Grenzen hält (BGH, Urteil vom 20. Januar 2000 - VII ZR 46/98, BauR 2000, 1049 = NZBau 2000, 327, juris Rn. 12). Gemessen daran ist eine Vertragsstrafe von über 5 % der Auftragssumme zu hoch. Der Auftragnehmer wird typischerweise durch den Verlust von mehr als 5 % seines Vergütungsanspruchs unangemessen belastet (BGH, Versäumnisurteil vom 23. Januar 2003 - VII ZR 210/01, BGHZ 153, 311, juris Rn. 60).

(b) Diesen Wirksamkeitsanforderungen wird die in Rede stehende Klausel bei Verwendung in einem Einheitspreisvertrag, wie er hier geschlossen wurde, nicht gerecht.

Maßgebliche Bezugsgröße für die vorgenannte Grenze von 5 % des Vergütungsanspruchs des Auftragnehmers ist die Abrechnungssumme in ihrer objektiv richtigen Höhe (vgl. Staudinger/Leupertz, BGB, 2022, Anh. zu §§ 305-310 Rn. B 229; BeckOK VOB/B/Oberhauser, Stand: 31. Januar 2023, § 11 Abs. 3 Rn. 5; jeweils m.w.N.). Das folgt aus der Orientierung des Grenzwerts an dem tatsächlichen "Verdienst" des Auftragnehmers, der typischerweise durch den Verlust von über 5 % der Vergütungssumme in vielen Fällen nicht nur seinen Gewinn verliert, sondern einen spürbaren Verlust erleidet (vgl. BGH, Versäumnisurteil vom 23. Januar 2003 - VII ZR 210/01, BGHZ 153, 311, juris Rn. 60). Dem entspricht es, dass für einen möglichen Schaden des Auftraggebers, den die Vertragsstrafe widerzuspiegeln hat (vgl. BGH, Urteil vom 20. Januar 2000 - VII ZR 46/98, BauR 2000, 1049 = NZBau 2000, 327, juris Rn. 19, Versäumnisurteil vom 23. Januar 2003 - VII ZR 210/01, BGHZ 153, 311, juris Rn. 59), gleichfalls nicht die vor Ausführung des Auftrags vereinbarte, sondern die an den Auftragnehmer tatsächlich zu zahlende Vergütung bestimmend ist (vgl. BeckOK VOB/B/Oberhauser, Stand: 31. Januar 2023, § 11 Abs. 3 Rn. 5).

Bei einem Einheitspreisvertrag, wie er hier geschlossen wurde, kann bei der gebotenen generalisierenden Betrachtungsweise die Anknüpfung der Vertragsstrafe an die vor Auftragsdurchführung vereinbarte (Netto-)Auftragssumme im Falle einer - aus unterschiedlichen Gründen (etwa durch Verringerung der tatsächlich ausgeführten gegenüber den bei Vertragsschluss zugrunde gelegten Mengen) nicht bloß theoretisch denkbaren - nachträglichen Absenkung des Auftragsvolumens dazu führen, dass die vom Auftragnehmer zu erbringende Strafzahlung die Grenze von 5 % seines Vergütungsanspruchs - unter Umständen erheblich - übersteigt. Die damit verbundene, den Auftragnehmer im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unangemessen benachteiligende und damit zur Unwirksamkeit der Klausel führende Privilegierung des Auftraggebers wird innerhalb der Regelung nicht anderweit, etwa durch einen dem gegenüberstehenden Vorteil für den Auftragnehmer, ausgeglichen. Die Klausel enthält insbesondere auch keine Vorkehrungen (beispielsweise durch einen Vorbehalt oder in anderer geeigneter Weise), durch die der Gefahr einer Überschreitung der für die Vertragsstrafe maßgeblichen Grenze angemessen Rechnung getragen wird.

Die Erwägung des Berufungsgerichts, es bestehe ein praktisches Bedürfnis für die Anknüpfung an die im Vertrag vereinbarte Auftragssumme, rechtfertigt keine andere Betrachtungsweise. Dass im Zeitpunkt des Auftragsschreibens die endgültige Abrechnungssumme noch nicht feststeht, begründet entgegen der Annahme des Berufungsgerichts nicht die Gefahr, dass eine Regelung unklar wäre, die auf die endgültige Vergütung abstellte, weil sie Auslegungsspielräume dafür eröffne, was zur späteren Abrechnungssumme gehöre. Den Parteien ist bei Vereinbarung eines Prozentsatzes im Gegensatz zu einem festen Betrag klar, dass die Höhe der Vertragsstrafe kein feststehender Betrag ist. Besteht Streit darüber, welche Vergütung der Auftragnehmer zu Recht beanspruchen kann, muss dies gegebenenfalls gerichtlich geklärt werden.

c) Die Sache ist auch hinsichtlich der von der Beklagten hilfsweise erklärten Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen, gestützt auf Verzögerungsschäden, zur Entscheidung reif.Die in der Berufungsinstanz - hilfsweise - erfolgte Aufrechnungserklärung der Beklagten aus dem Schriftsatz vom 24. November 2021 ist gemäß § 533 Nr. 1 ZPO unzulässig.

aa) Mit der Aufhebung des Berufungsurteils in der Revisionsinstanz und der Wiederherstellung der landgerichtlichen Entscheidung ist die innerprozessuale Bedingung der Hilfsaufrechnung eingetreten.

bb) Eine Aufrechnungserklärung ist in der Berufungsinstanz gemäß § 533 Nr. 1 ZPO nur zulässig, wenn der Gegner einwilligt oder das Gericht die Aufrechnung für sachdienlich hält. Zwar steht dem Berufungsgericht bei der Beurteilung der Sachdienlichkeit ein Ermessensspielraum zu, wobei die Beurteilung der Nachprüfung durch das Revisionsgericht nur daraufhin unterworfen ist, ob das Berufungsgericht den Rechtsbegriff der Sachdienlichkeit verkannt oder die Grenzen des Ermessens überschritten hat (vgl. zur Klageänderung: BGH, Urteil vom 23. Februar 2018 - V ZR 101/16 Rn. 52, NJW 2018, 2550; Urteil vom 27. Januar 2012 - V ZR 92/11 Rn. 13, juris). Wenn sich der Tatrichter aber - wie hier - zur Sachdienlichkeit nicht geäußert hat, kann das Revisionsgericht darüber entscheiden (BGH, Urteil vom 7. Juli 1993 - IV ZR 190/92, BGHZ 123, 132, juris Rn. 14).

cc) Die Aufrechnungserklärung der Beklagten ist nicht sachdienlich. Sachdienlichkeit ist regelmäßig zu verneinen, wenn ein völlig neuer Prozessstoff in den Rechtsstreit eingeführt werden soll, bei dessen Beurteilung das Ergebnis der bisherigen Prozessführung nicht verwertet werden kann (BGH, Urteil vom 27. Januar 2012 - V ZR 92/11 Rn. 15, juris; Urteil vom 30. März 2011 - IV ZR 137/08 Rn. 9, juris; vgl. auch Urteil vom 6. April 2004 - X ZR 132/02, BauR 2004, 1807 = NZBau 2004, 389, juris Rn. 18). Gegenstand der erstmalig in der Berufungsinstanz zur Aufrechnung gestellten Ansprüche der Beklagten sind auf Verzögerungen gestützte Schadensersatzansprüche gegen die Klägerin. Gegenüber dem bislang von der Beklagten geltend gemachten Anspruch aus einem Vertragsstrafeversprechen handelt es sich um einen völlig neuen Prozessstoff, der bislang nicht Gegenstand des Prozessvortrages der Parteien war und für den auch keine Ergebnisse aus der bisherigen Prozessführung verwendet werden könnten. Der Rechtsstreit im Übrigen ist hingegen zur Endentscheidung reif.

B. Die Anschlussrevision der Beklagten ist unbegründet.

1. Die Anschlussrevision ist zulässig.

a) Da die Beklagte mit der Klageabweisung eine abschließende Entscheidung in der Sache begehrt, ist sie durch die Zurückverweisung der Sache an das Landgericht beschwert (vgl. BGH, Urteil vom 5. Juli 2011 - II ZR 188/09 Rn. 4, MDR 2011, 1251; Urteil vom 21. März 1968 - VII ZR 84/67, BGHZ 50, 25, juris Rn. 8).

b) Die Anschlussrevision enthält auch eine den Anforderungen der § 554 Abs. 3 Satz 2, § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO genügende Begründung des Verfahrensfehlers über die Aufhebung und Zurückverweisung der Sache durch das Berufungsgericht an das Landgericht.

Gegen eine kassatorische Entscheidung des Berufungsgerichts nach § 538 Abs. 2 ZPO kann mit der Revision allerdings nur geltend gemacht werden, dass die ausgesprochene Aufhebung und Zurückverweisung gegen das Gesetz verstößt (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Februar 1997 - XI ZR 317/95, MDR 1997, 590, juris Rn. 3). Die Beklagte hat zwar die Anwendung des § 538 Abs. 2 ZPO nicht ausdrücklich gerügt. Jedoch kann gegen eine kassatorische Entscheidung die Rüge erhoben werden, dass eine Aufhebung und Zurückverweisung durch das Berufungsgericht fehlerhaft sei, weil bei korrekter Anwendung des materiellen Rechts eine Entscheidung in der Sache selbst hätte erfolgen müssen, mithin für ein Vorgehen nach § 538 Abs. 2 ZPO mangels Entscheidungserheblichkeit des angenommenen Verfahrensverstoßes überhaupt kein Raum bestanden habe (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Februar 1997 - XI ZR 317/95, MDR 1997, 590, juris Rn. 6). Die Anschlussrevision hat geltend gemacht, die Klage sei ohne Beweisaufnahme abzuweisen gewesen, weil der Vortrag der darlegungsbelasteten Klägerin zum fehlenden Vertretenmüssen der Überschreitung des vertraglichen Fertigstellungstermins den nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung hieran zu stellenden Anforderungen nicht entspreche. Dieser Vortrag umfasst zugleich die Rüge, eine Zurückverweisung der Sache nach § 538 Abs. 2 ZPO komme nicht in Betracht, weil der vom Berufungsgericht angenommene Verfahrensverstoß nicht entscheidungserheblich sei.

2. Die Anschlussrevision hat jedoch aus den vorstehenden Gründen (s.o. II. A. 2. b), c)) in der Sache keinen Erfolg.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1, § 97 Abs. 1 ZPO.


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