Die Klägerin gab im Rahmen einer
auf Einheitspreisen basierenden Ausschreibung der Beklagten ein Angebot ab, das
auf die Allgemeinen Vertragsbedingungen für Bauleistungen VOB/Bund und auf die
Besonderen Vertragsbedingungen (BVB-VOB) der Beklagten Bezug nahm. In Ziffer 2
der BVB-VOB hieß es:
2.1 Der
Auftragnehmer hat bei Überschreitung der unter 1. genannten Einzelfristen oder
der Frist für die Vollendung als Vertragsstrafe für jeden Werktag des Verzugs
zu zahlen:
☐
…
☒
0,2 v.H. der im Auftragsschreiben genannten Auftragssumme ohne Umsatzsteuer;
Beträge für
angebotene Instandhaltungsleistungen bleiben unberücksichtigt. Die Bezugsgröße
zur Berechnung der Vertragsstrafen bei Überschreitung von Einzelfristen ist der
Teil dieser Auftragssumme, der den bis zu diesem Zeitpunkt vertraglich zu
erbringenden Leistungen entspricht.
2.2 Die
Vertragsstrafe wird auf insgesamt 5 v. H. der im Auftragsschreiben genannten
Auftragssumme (ohne Umsatzsteuer) begrenzt.
2.3 Verwirkte Vertragsstrafen
für den Verzug wegen Nichteinhaltung verbindlicher Zwischentermine
(Einzelfristen als Vertragsfristen) werden auf eine durch den Verzug wegen
Nichteinhaltung der Frist für die Vollendung der Leistung verbürgte
Vertragsstrafe angerechnet.“
Eine Verhandlung der Parteien zur Vertragsstrafe fand nicht statt. Die Beklagte beauftragte die Klägerin. Nach Fertigstellung Abnahme stellte die Klägerin die Schlussrechnung, die mit Ausnahme eines Betrages von € 284.013,78 von der Beklagten bezahlt wurde. Das Landgericht gab der Zahlungsklage statt. Es ging u.a. davon aus, dass die Berufung der Beklagten auf die Verwirkung der Vertragsstrafe treuwidrig sei, auf Grund der der Einbehalt erfolgte. Auf die Berufung der Beklagten hob das OLG das Urteil auf und verwies den Rechtsstreit an das Landgericht zurück. Die Klägerin legte gegen diese Entscheidung des OLG Revision ein, mit der sie die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils begehrte. Ihre Revision war erfolgreich.
Anders als das Berufungsgericht ging der BGH davon aus, dass die Vertragsstrafenklausel in den BVB-VOB bei Verwendung durch den Auftraggeber einer Inhaltskontrolle nicht stand halte und gem. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam sei, da sie den Auftragnehmer entgegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) unangemessen benachteilige. Nach Z. 2.1 und 2.2 der BVB-VOB sei die Vertragsstrafe für die Überschreitung der Freist für die Vollendung auf insgesamt 5% der vor der Ausführung des Auftrages vereinbarten Netto-Auftragssumme begrenzt. Dies beeinträchtige aber bei einem Einheitspreisvertrag (wie hier) den Auftragnehmer unangemessen. Allgemeine Geschäftsbedingungen seien nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden würden.
Ansatzpunkt für die gebotene objektive Auslegung sei in erster Linie der Wortlaut. Dabei sei hier die Regelung für die Überschreitung der Frist für die Vollendung nach der Vertragsgestaltung eine eigenständige Regelung, die inhaltlich, optisch und sprachlich von der Vertragsstrafe für die Überschreitung sonstiger Termine getrennt sei. Die Auslegung des Begriffs „im Austragsschreiben genannten Auftragssumme (ohne Umsatzsteuer)“ führe nach dem klaren Wortlaut dazu, dass sich die Höhe nach der vor der Ausführung des Auftrags vereinbarten Netto-Auftragssumme richte. Zwar könne sich der Begriff „Auftragssumme“ sowohl auf die nach Abwicklung des Vertrages geschuldete Vergütung wie auch auf die vor Ausführung des Auftrags vereinbarte Vergütung beziehen (BGH. Urteil vom 06.12.2007 - VII ZR 28/07 -), doch sei vorliegend durch die Anknüpfung an die „im Auftragsschreiben genannte(n)“ Netto-Auftragssumme klargestellt, dass Bezugsgröße der Wert der vor Ausführung vereinbarten Netto-Vergütung sein soll. Zum Zeitpunkt der Auftragserteilung stünde bei einem Einheitspreisvertrag, bei dem die Mangen und Massen nach dem (späteren) tatsächlichen Verbrauch berechnet würden, nur diese Vergütung fest.
Eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners wegen Verstoßes gegen das Gebot von Treu und Glauben läge bei einer einseitigen Vertragsgestaltung vor, bei der versucht würde, missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten des Vertragspartners durchzusetzen, ohne von vornherein auch dessen Interessen hinreichend zu berücksichtigen (BGH, Urteil vom 16.07.2020 - VII ZR 159/19 -). Eine Vertragsstrafenklausel, die eine Höchstgrenze von mehr als 5% der Auftragssumme bei Überschreitung des Fertigstellungstermins vorsähe, stelle regelmäßig eine Benachteiligung dar (BGH, Urteil vom 23.01.2023 - VII ZR 210/01 -). Die Druckfunktion erlaube zwar eine spürbare Vertragsstrafe, doch sei darauf zu achten, dass sich diese in wirtschaftlich vernünftigen Grenzen halte (BGH, Urteil vom 20.01.2000 - VII ZR 46/98 -). Daher seine eine Vertragsstrafe von über 5% der Auftragssumme zu hoch.
Den entsprechenden Anforderungen würde die Klausel vorliegend nicht gerecht. Bei der gebotenen generalisierenden Betrachtungsweise könne bei einem Einheitspreisvertrag die Anknüpfung der Vertragsstrafe an die vor Auftragsdurchführung vereinbarte (Netto-) Auftragssumme im Falle einer (z.B. wegen Verringerung der tatsächlich ausgeführten Mengen nicht nur theoretisch denkbaren) nachträglichen Absenkung des Auftragsvolumens dazu führen, dass die Strafzahlung die 5%-Grenze überschreite. Es fehle hier an einer dies ausgleichenden Regelung.
BGH, Urteil vom 15.02.2024 -
VII ZR 42/22-
Aus den Gründen:
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird unter
Zurückweisung der Anschlussrevision der Beklagten das Urteil des 9. Zivilsenats
des Oberlandesgerichts München vom 18. Januar 2022 aufgehoben.
Die Berufung der Beklagten gegen das
Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts München I vom 15. April 2021 wird
zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin
begehrt die Zahlung von Restwerklohn.
Sie gab im
Rahmen einer auf Einheitspreisen basierenden Ausschreibung der Beklagten über
Leistungen zur Erschließung von 1.583 Haushalten mit Glasfaserkabeln am 23.
März 2016 ein Angebot ab, das auf die Allgemeinen Vertragsbedingungen für
Bauleistungen VOB/B, Ausgabe 2012, und auf die Besonderen Vertragsbedingungen
(BVB-VOB) der Beklagten Bezug nahm. Die Vertragsbedingungen sahen einen
Auftragsbeginn zum 18. Juli 2016 und eine abnahmereife Fertigstellung zum 30.
November 2017 vor.
Die BVB-VOB
enthielten in Ziffer 2 folgende Vertragsklausel zur Vertragsstrafe:
"2. Vertragsstrafen (§ 11
VOB/B)
2.1 Der Auftragnehmer hat bei
Überschreitung der unter 1. genannten Einzelfristen oder der Frist für die
Vollendung als Vertragsstrafe für jeden Werktag des Verzugs zu zahlen:
☐ …
☒ 0,2 v.H. der im
Auftragsschreiben genannten Auftragssumme ohne Umsatzsteuer;
Beträge für angebotene
Instandhaltungsleistungen bleiben unberücksichtigt. Die Bezugsgröße zur
Berechnung der Vertragsstrafen bei Überschreitung von Einzelfristen ist der
Teil dieser Auftragssumme, der den bis zu diesem Zeitpunkt vertraglich zu
erbringenden Leistungen entspricht.
2.2 Die Vertragsstrafe wird auf
insgesamt 5 v. H. der im Auftragsschreiben genannten Auftragssumme (ohne
Umsatzsteuer) begrenzt.
2.3 Verwirkte Vertragsstrafen für den
Verzug wegen Nichteinhaltung verbindlicher Zwischentermine (Einzelfristen als
Vertragsfristen) werden auf eine durch den Verzug wegen Nichteinhaltung der
Frist für die Vollendung der Leistung verbürgte Vertragsstrafe
angerechnet."
Am 14. April 2016 fand ein
Bietergespräch statt, in dem - ausweislich des Protokolls - über die
Vertragsstrafe nicht verhandelt wurde. In Ziffer 5 des Protokolls wurde die
Klägerin aufgefordert, bis zum 21. April 2016 ein überarbeitetes Angebot
einzureichen.
Unter
Bezugnahme auf dieses Bietergespräch gab die Klägerin mit Schreiben vom 20.
April 2016 ein "aktualisiertes Angebot" mit einem
Kurz-Leistungsverzeichnis ab, das keine Bezugnahme auf die in den
Ausschreibungsunterlagen enthaltenen Anlagen, darunter auch die BVB-VOB,
enthielt.
Die Beklagte
beauftragte durch Schreiben vom 1. Juni 2016 die Klägerin mit der Erschließung
von 1.583 Hausanschlüssen mit Glasfaserkabeln gemäß ihrem Angebot vom 20. April
2016 (Los 1) für die Angebotssumme in Höhe von 5.680.275,54 € netto zuzüglich
der gesetzlichen Umsatzsteuer.
Die
Werkleistungen der Klägerin waren am 8. August 2018 fertig gestellt und wurden
von der Beklagten am 26. September 2018 abgenommen.
Mit
Schlussrechnung vom 18. Januar 2019 rechnete die Klägerin für die beauftragten
Leistungen sowie für Nachträge insgesamt 5.126.412,10 € netto (6.100.430,40 €
brutto) ab.
Die Beklagte
zahlte den Werklohn mit Ausnahme eines Betrags in Höhe von 284.013,78 €, den
sie gegenüber der Klägerin als Vertragsstrafe geltend macht.
Das Landgericht
hat der Klage auf Zahlung von 284.013,78 € sowie vorgerichtlichen
Rechtsanwaltskosten, jeweils nebst Zinsen, stattgegeben. Es hat ausgeführt, die
Parteien hätten eine Vertragsstrafe nicht vereinbart, weil der Vertrag nach dem
Auftragsschreiben der Beklagten vom 1. Juni 2016 auf der Grundlage des Angebots
vom 20. April 2016 geschlossen worden sei, das eine Bezugnahme auf Ziffer 2 der
BVB-VOB der Beklagten nicht enthalte; das frühere Angebot vom 23. März 2016 sei
hierdurch erloschen. Die Berufung auf den ursprünglichen Fertigstellungstermin
sei zudem treuwidrig, weil der Beklagten durch die Verzögerung keine
erheblichen Nachteile entstanden seien und die Abnahme erst eineinhalb Monate
nach Fertigstellung der Arbeiten durchgeführt worden sei. Es fehle zudem an dem
für die Verwirkung einer Vertragsstrafe nötigen Verschulden, weil die
verzögerte Fertigstellung der Arbeiten auf Umständen beruhe, welche die
Klägerin nicht zu vertreten habe. Durch die von der Beklagten beauftragten
Nachträge und verlangten Vertragsänderungen sei der Terminablauf erheblich
verändert worden, wodurch der vereinbarte Fertigstellungstermin in Wegfall
geraten sei. Daher sei hilfsweise die Klausel nach § 307 BGB für unwirksam
zu erachten.
Auf die
Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht das erstinstanzliche Urteil
aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das
Landgericht zurückverwiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision erstrebt
die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Die Beklagte
hat Anschlussrevision erhoben, mit der sie die Abweisung der Klage begehrt.
Entscheidungsgründe
Die Revision
der Klägerin hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur
Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Die Anschlussrevision der
Beklagten ist unbegründet.
I.
Das
Berufungsgericht hat - soweit hier von Interesse - ausgeführt, das Landgericht
sei unter Verletzung des rechtlichen Gehörs der Beklagten zu der Annahme
gelangt, dass die Vertragsstrafe nicht vereinbart worden sei. Zutreffend sei
das Landgericht zwar davon ausgegangen, dass das Angebot der Klägerin vom 23.
März 2016 gemäß Ziffer 1.2., dritter Spiegelstrich, die BVB-VOB und damit auch
die Vereinbarung über die Vertragsstrafe gemäß Ziffer 2 der BVB-VOB umfasst
habe. Soweit es angenommen habe, das Angebot der Klägerin vom 23. März 2016 sei
durch das Angebot vom 20. April 2016 gemäß §§ 146, 150 BGB erloschen, habe
das Landgericht aber Vortrag der Beklagten übergangen, wonach die Klägerin nach
Ziffer 4 des ersten Angebots bis zum Ablauf der Zuschlagsfrist (= Bindefrist)
an dieses gebunden gewesen sei. Aus den erstinstanzlichen Feststellungen
ergäben sich keine Anhaltspunkte, dass die Beklagte das Angebot vom 23. März
2016 abgelehnt habe.
Das Landgericht
habe zudem Vortrag der Beklagten zu den Vertragsverhandlungen nicht
berücksichtigt, wonach im Nachgang zu dem Bietergespräch und den darin
erfolgten technischen Abklärungen lediglich einzelne Einheitspreise durch das
Schreiben vom 20. April 2016 geändert oder angepasst worden seien, ohne dass es
zur Änderung der übrigen Vertragsmodalitäten gekommen sei. Dass über die
Vertragsstrafe im Bietergespräch am 14. April 2016 nicht ausdrücklich
verhandelt worden sei, bedeute nicht, dass die in dem Angebot vom 23. März 2016
enthaltene Bezugnahme auf die Ziffer 2 der BVB-VOB nicht weiter Bestandteil des
Angebots der Klägerin gewesen sei. Das Auftragsschreiben der Beklagten vom 1.
Juni 2016 habe sich - entgegen der Annahme des Landgerichts - auch auf das
Angebot vom 23. März 2016 bezogen, weil das Angebot vom 20. April 2016 in
inhaltlicher und in rechtlicher Hinsicht in Zusammenhang mit diesem stehe und
beide Angebote Vertragsbestandteil geworden seien. Deshalb sei es unerheblich,
dass das Auftragsschreiben der Beklagten nur auf Ziffer 1.2 der BVB-VOB Bezug
genommen habe, weil die BVB-VOB bereits Inhalt des Angebots der Klägerin vom
23. März 2016 gewesen seien. Die fehlende Auseinandersetzung mit dem Vortrag
der Beklagten lasse nur den Schluss zu, dass es ihr Vorbringen entweder
überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei seiner Entscheidung ersichtlich
nicht in Erwägung gezogen habe.
Das Landgericht
habe zudem Vortrag der Beklagten zu den Ursachen der Verzögerung, insbesondere
zur Frage, ob überhaupt relevante Leistungsänderungen vorlägen, übergangen. Die
Ursachen, die zur Verzögerung der Fertigstellung geführt haben, seien durch das
Landgericht in einer umfangreichen Beweisaufnahme zu klären, weshalb der
Rechtsstreit zurückzuverweisen sei.
Entgegen der
Annahme des Landgerichts sei die Vertragsklausel über die Vereinbarung der
Vertragsstrafe nicht gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam.
Die Höhe der Vertragsstrafe von maximal 5 % könne auf die Angebotssumme bezogen
werden, weil diese im Zeitpunkt des Vertragsschlusses bei einem
Einheitspreisvertrag sicher feststehe. Andernfalls bestehe die Gefahr, dass ein
Verstoß gegen das Transparenzgebot vorliege, weil offen sei, was zur späteren
Abrechnungssumme gehöre.
Die in der
Berufungsinstanz hilfsweise erhobene Aufrechnung mit Schadenersatzansprüchen
wegen der verzögerten Fertigstellung der Leistungen sei unzulässig.
II.
Das hält der
rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
A. Die
Revision der Klägerin hat Erfolg. Sie führt zur Wiederherstellung der
stattgebenden Entscheidung des Landgerichts. Das Berufungsgericht hat zu
Unrecht von einer eigenen Sachentscheidung abgesehen (dazu unter 1.). Die Sache
ist entscheidungsreif (dazu unter 2.).
1. Eine
Zurückverweisung nach § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO kommt
als Ausnahme von der in § 538 Abs. 1 ZPO statuierten Verpflichtung
des Berufungsgerichts, die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache
selbst zu entscheiden, nur in Betracht, wenn das erstinstanzliche Verfahren an
einem so wesentlichen Mangel leidet, dass es keine Grundlage für eine die
Instanz beendende Entscheidung sein kann. Ob ein wesentlicher Verfahrensfehler
vorliegt, ist allein aufgrund des materiell-rechtlichen Standpunkts des Erstgerichts
zu beurteilen, auch wenn dieser verfehlt ist oder das Berufungsgericht ihn für
verfehlt erachtet (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Versäumnisurteil vom 1. Februar
2010 - II ZR 209/08 Rn. 11, NJW-RR 2010, 1048).
a) Mit
der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann ein Verfahrensfehler des
Landgerichts nicht bejaht werden. Das Berufungsgericht hat die Frage, ob dem
Landgericht ein wesentlicher Verfahrensfehler in Form eines Gehörsverstoßes
unterlaufen ist, rechtsfehlerhaft nicht aufgrund des allein maßgeblichen
materiell-rechtlichen Standpunkts des Landgerichts beantwortet, sondern seinen
eigenen materiell-rechtlichen Rechtsstandpunkt zugrunde gelegt.
aa) Zwar
kann es einen schweren Verfahrensfehler im Sinne des § 538 Abs. 2
Satz 1 Nr. 1 ZPO darstellen, wenn das erstinstanzliche Gericht den
Anspruch der Partei auf rechtliches Gehör dadurch verletzt, dass es den Kern
ihres Vorbringens verkennt und daher eine entscheidungserhebliche Frage
verfehlt. Das ist hingegen nicht der Fall, wenn es die sachlich-rechtliche
Relevanz eines Parteivorbringens verkennt und ihm deshalb keine Bedeutung
beimisst (vgl. BGH, Versäumnisurteil vom 1. Februar 2010 - II ZR 209/08 Rn. 15,
NJW-RR 2010, 1048; Urteil vom 6. November 2000 - II ZR 67/99, NJW 2001, 1500,
juris Rn. 8; Urteil vom 19. März 1998 - VII ZR 116/97, BGHZ 138, 176, juris Rn.
8). Ein Verfahrensfehler liegt daher nicht vor, wenn das erstinstanzliche
Gericht das Parteivorbringen lediglich unter einem sachlich-rechtlich
fehlerhaften Gesichtspunkt gewürdigt oder deshalb nicht weiter erörtert hat,
weil es hierauf nach seinem materiell-rechtlichen (möglicherweise unrichtigen)
Standpunkt nicht ankommt. Bei einer Vertragsauslegung kann ein Verfahrensfehler
nur angenommen werden, wenn das Gericht die Vertragsbestimmungen nicht
lediglich inhaltlich unzutreffend würdigt, sondern erkennbar vertragliche
Regelungen überhaupt nicht zur Kenntnis nimmt oder sprachlich falsch versteht (vgl.
BGH, Urteil vom 19. März 1998 - VII ZR 116/97, BGHZ 138, 176, juris Rn. 8).
bb) Das
Landgericht hat bei der Vertragsauslegung keinen wesentlichen Vortrag der
Beklagten übergangen oder den Kern ihres Vorbringens verkannt. Es hat
festgestellt, dass die BVB-VOB der Beklagten und damit auch die in Ziffer 2
geregelte Vertragsstrafe Gegenstand der Ausschreibung waren und das Angebot der
Klägerin vom 23. März 2016 auf diese Vertragsbestimmungen Bezug genommen hat.
Ob und in welchem Umfang dieses Angebot Bestandteil des Vertrags geworden ist,
ist nach materiell-rechtlichen Gesichtspunkten zu beurteilen, wobei allerdings
die tatsächlichen Umstände der Vertragsverhandlungen der Parteien zu
berücksichtigen sind. Soweit das Berufungsgericht einen Gehörsverstoß in der
fehlenden Berücksichtigung der in Ziffer 4 des Angebots vom 23. März 2016 enthaltenen
Annahmefrist (Bindefrist) sieht, war dieser Gesichtspunkt für die Entscheidung
des Landgerichts nicht erheblich. Nach den erstinstanzlichen Feststellungen hat
die Beklagte durch das Schreiben vom 1. Juni 2016 nur das Angebot vom 20. April
2016 angenommen und damit konkludent das Angebot vom 23. März 2016 abgelehnt.
Deshalb kam es nach der Rechtsansicht des Landgerichts auf die in Ziffer 4
enthaltene Bindefrist wegen Erlöschen des Antrags gemäß § 146 BGB nicht
an.
Soweit das
Berufungsgericht angenommen hat, das Schreiben der Beklagten vom 1. Juni 2016
habe - entgegen seinem Wortlaut - die BVB-VOB der Beklagten umfasst, weil das
Angebot vom 20. April 2016 in einem rechtlichen und inhaltlichen Zusammenhang
mit dem Angebot vom 23. März 2016 stehe, handelt es sich um eine abweichende
materiell-rechtliche Würdigung des Inhalts der Angebote, die einen
Verfahrensfehler des Landgerichts nicht begründen kann.
b) Es
bedurfte nach der Rechtsansicht des Landgerichts auch deshalb keiner
Beweisaufnahme zu den Ursachen der verzögerten Erbringung der Werkleistungen,
weil das Landgericht in seiner Hilfsbegründung die Vertragsklausel über die
Vereinbarung der Vertragsstrafe gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB
für unwirksam erachtet hat. Soweit das Berufungsgericht hierzu eine andere
Rechtsansicht vertritt, kann dies keinen Verfahrensfehler des Landgerichts
begründen. Gleiches gilt hinsichtlich der Annahme des Landgerichts, durch die
von der Beklagten beauftragten Nachträge und verlangten Vertragsänderungen sei
der Terminablauf erheblich verändert worden, wodurch selbst eine wirksam
vereinbarte Vertragsstrafe in Wegfall geraten wäre.
c) Die
Ausführungen des Berufungsgerichts lassen unabhängig davon nicht erkennen, dass
es das ihm in § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO eingeräumte
Ermessen, eine eigene Sachentscheidung zu treffen oder ausnahmsweise den
Rechtsstreit an das Erstgericht zurückzuverweisen, pflichtgemäß ausgeübt hat.
Die Aufhebung und Zurückverweisung wegen einer noch durchzuführenden
Beweisaufnahme ist auf wenige Ausnahmefälle beschränkt, in denen die
Durchführung des Verfahrens in der Berufungsinstanz zu noch größeren Nachteilen
führen würde als die Zurückverweisung der Sache an das erstinstanzliche Gericht
(BGH, Versäumnisurteil vom 16. Dezember 2004 - VII ZR 270/03, BauR 2006, 590,
juris Rn. 23). Dass dies der Fall ist, kann den Ausführungen des
Berufungsgerichts nicht entnommen werden. Das Berufungsgericht hat weder in
Erwägung gezogen, dass eine Zurückverweisung der Sache in aller Regel zu einer
Verteuerung und Verzögerung des Rechtsstreits führt, was den schützenswerten
Interessen der Parteien entgegenstehen kann, noch hat es nachprüfbar dargelegt,
dass die aus seiner Sicht durchzuführende Beweisaufnahme so aufwändig und
umfangreich ist, dass eine Zurückverweisung an das Landgericht ausnahmsweise
gerechtfertigt erscheint (vgl. BGH, Urteil vom 8. Juli 2004 - VII ZR 231/03,
BauR 2004, 1611 = NZBau 2004, 613, juris Rn. 18).
2. Das
angefochtene Urteil hat daher keinen Bestand und ist aufzuheben. Der Senat kann
in der Sache selbst entscheiden, weil diese zur Endentscheidung reif ist,
§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 3 ZPO.
a) Nach
der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 3. April 2000 - II
ZR 194/98, NJW 2000, 2099, juris Rn. 18; Urteil vom 31. Januar 1996 - VIII ZR
324/94, WM 1996, 882, juris Rn. 21, jeweils zu § 539 ZPO a.F.) ist dem
Revisionsgericht aus Gründen der Prozessökonomie im Falle einer kassatorischen
Entscheidung des Berufungsgerichts eine eigene Sachentscheidung nicht verwehrt,
wenn die im Rahmen des § 538 ZPO anzustellende Prüfung ergibt, dass die
materiell-rechtliche Untersuchung der Beziehungen der Parteien zu einem
endgültigen und abschließenden Ergebnis führt. Ein solcher Fall ist hier
gegeben.
b) Der
als solcher unstreitigen Restwerklohnforderung der Klägerin in Höhe von
284.013,78 € kann die Beklagte von vorneherein keinen Anspruch auf Zahlung
einer Vertragsstrafe wegen Überschreitung der Frist für die Vollendung gemäß
Ziffer 2.1, 2.2 der BVB-VOB entgegenhalten, insbesondere mit einem solchen
Anspruch nicht die Aufrechnung erklären. Denn diese Vertragsklausel hält,
anders als das Berufungsgericht gemeint hat, bei Verwendung durch den
Auftraggeber einer Inhaltskontrolle nicht stand. Sie ist gemäß § 307
Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, weil sie den Auftragnehmer entgegen den
Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Es kann daher
dahinstehen, ob die Vertragsstrafenregelung überhaupt in den Vertrag der
Parteien einbezogen wurde und worauf die Verzögerung der Vollendung beruhte.
aa) Die
Vertragsstrafenklausel in Ziffer 2.1, 2.2 der BVB-VOB ist eine Allgemeine
Geschäftsbedingung im Sinne von § 305 Abs. 1 BGB. Verwenderin im
Verhältnis zur Klägerin ist die Beklagte, deren Ausschreibung die BVB-VOB
enthielt.
bb) Nach
Ziffer 2.1, 2.2 der BVB-VOB ist die Vertragsstrafe für die Überschreitung der
Frist für die Vollendung, wie eine Auslegung dieser Bestimmungen ergibt, auf
insgesamt 5 % der vor der Ausführung des Auftrags vereinbarten
Netto-Auftragssumme begrenzt. Eine solche Regelung über die Bezugsgröße der
Vertragsstrafe beeinträchtigt bei einem Einheitspreisvertrag, wie er hier
geschlossen wurde, den Auftragnehmer als Vertragspartner des Verwenders nach
§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB entgegen den Geboten von Treu und Glauben
unangemessen.
(1)
Allgemeine Geschäftsbedingungen sind wie revisible Rechtsnormen zu behandeln
und infolgedessen vom Revisionsgericht frei auszulegen, da bei ihnen ungeachtet
der Frage, ob sie über den räumlichen Bezirk eines Berufungsgerichts hinaus
Verwendung finden, ein Bedürfnis nach einheitlicher Handhabung besteht (vgl.
BGH, Urteil vom 5. Mai 2022 - VII ZR 176/20 Rn. 28, BauR 2022, 1337 = NZBau
2022, 648; Urteil vom 8. September 2021 - VIII ZR 97/19 Rn. 17, RdE 2022, 23;
Urteil vom 16. Juli 2020 - VII ZR 159/19 Rn. 26, BauR 2020, 1933 = NZBau 2020,
708 jeweils m.w.N.).Sie sind nach ständiger Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich
so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter
Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden
werden. Dabei sind die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen
Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen (vgl. BGH, Urteil vom 5. Mai
2022 - VII ZR 176/20 Rn. 29, BauR 2022, 1337 = NZBau 2022, 648; Urteil vom 8.
September 2021 - VIII ZR 97/19 Rn. 18, RdE 2022, 23; Urteil vom 16. Juli 2020 -
VII ZR 159/19 Rn. 27, BauR 2020, 1933 = NZBau 2020, 708; jeweils m.w.N.).
Ansatzpunkt für die bei einer Formularklausel gebotene objektive Auslegung ist
in erster Linie ihr Wortlaut (vgl. BGH, Urteil vom 5. Mai 2022 - VII ZR 176/20
Rn. 29, BauR 2022, 1337 = NZBau 2022, 648; Urteil vom 8. September 2021 - VIII
ZR 97/19 Rn. 21, RdE 2022, 23; Urteil vom 16. Juli 2020 - VII ZR 159/19 Rn. 27,
BauR 2020, 1933 = NZBau 2020, 708; jeweils m.w.N.).
(a) Nach
diesen Grundsätzen ist zunächst davon auszugehen, dass die Bestimmung über die
Vertragsstrafe für die Überschreitung der Frist für die Vollendung in Ziffer
2.1, 2.2 der BVB-VOB nach der Vertragsgestaltung eine eigenständige Regelung
darstellt, die inhaltlich, optisch und sprachlich von der Vertragsstrafe für
die Überschreitung sonstiger Termine getrennt ist. Als solche kann sie einer
eigenen Inhaltskontrolle unterzogen werden (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 27.
November 2013 - VII ZR 371/12 Rn. 7, BauR 2014, 550 = NZBau 2014, 100; Urteil
vom 18. Januar 2001 - VII ZR 238/00, BauR 2001, 791, juris Rn. 23).
(b) Die
Auslegung des Begriffs der "im Auftragsschreiben genannten Auftragssumme
(ohne Umsatzsteuer)" in Ziffer 2.1, 2.2 der BVB-VOB führt nach dem
eindeutigen Wortlaut dazu, dass sich die Höhe der Vertragsstrafe nach der vor
der Ausführung des Auftrags vereinbarten Netto-Auftragssumme richtet.
Zwar ist der
Begriff der "Auftragssumme" als solcher grundsätzlich
unterschiedlichen Deutungen zugänglich. Hierunter kann - nach den jeweiligen
Gegebenheiten - einerseits die nach der Abwicklung des Vertrags geschuldete
Vergütung zu verstehen sein, andererseits aber auch derjenige Wert, der sich
nach der von den Parteien vor der Ausführung des Auftrags vereinbarten
Vergütung bemisst (vgl. BGH, Urteil vom 6. Dezember 2007 - VII ZR 28/07, BauR
2008, 508 = NZBau 2008, 376, juris Rn. 14).
Vorliegend ist
allerdings durch die ausdrückliche Anknüpfung an die "im Auftragsschreiben
genannte[n]" Netto-Auftragssumme zweifelsfrei klargestellt, dass als
Bezugsgröße der Wert gemeint ist, der sich nach der von den Parteien vor der
Ausführung des Auftrags vereinbarten Netto-Vergütung der Klägerin bemisst. Im
Zeitpunkt der schriftlichen Auftragserteilung steht bei einem
Einheitspreisvertrag, bei dem die Mengen und Massen nach dem (späteren)
tatsächlichen Verbrauch berechnet werden, nur diese Vergütung fest.
(2)
Ausgehend von diesem Klauselverständnis ist die Bestimmung über die
Vertragsstrafe für die Überschreitung der Frist für die Vollendung in Ziffer
2.1, 2.2 der BVB-VOB bei Verwendung in einem Einheitspreisvertrag, wie er hier
geschlossen wurde, gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam.
(a) Nach
§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ist eine formularmäßige
Vertragsbestimmung unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders
entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Letzteres
ist der Fall, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung
missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners
durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu
berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen (BGH, Urteil
vom 16. Juli 2020 - VII ZR 159/19 Rn. 23, BauR 2020, 1933 = NZBau 2020, 708).
Nach der Rechtsprechung des Senats benachteiligt eine in Allgemeinen
Geschäftsbedingungen des Auftraggebers enthaltene Vertragsstrafenklausel den
Auftragnehmer unangemessen, wenn sie eine Höchstgrenze von mehr als 5 % der
Auftragssumme bei Überschreiten des Fertigstellungstermins vorsieht (BGH,
Versäumnisurteil vom 23. Januar 2003 - VII ZR 210/01, BGHZ 153, 311, juris Rn.
58 ff.). Diese Rechtsprechung knüpft maßgeblich an die mit der Strafe verfolgte
Druckfunktion an, den Auftragnehmer zur ordnungsgemäßen Erbringung seiner
Leistungen anzuhalten. Zugleich soll sie den Auftraggeber in den Stand setzen,
sich bei Verletzung der sanktionierten Vertragspflichten jedenfalls bis zur
Höhe der Vertragsstrafe ohne Einzelnachweis schadlos zu halten (BGH, Urteil vom
20. Januar 2000 - VII ZR 46/98, BauR 2000, 1049 = NZBau 2000, 327, juris Rn.
11). Allerdings müssen auch die Interessen des Auftragnehmers berücksichtigt
werden, insbesondere, dass die für die Überschreitung eines Termins vereinbarte
Vertragsstrafe unter Berücksichtigung ihrer Druck- und Kompensationsfunktion in
einem angemessenen Verhältnis zum Werklohn steht, den der Auftragnehmer durch
seine Leistung verdient (vgl. BGH, Urteil vom 6. Dezember 2012 - VII ZR 133/11,
juris Rn. 18). Die Druckfunktion erlaubt dabei zwar durchaus eine spürbare
Vertragsstrafe, es ist aber darauf zu achten, dass sich die Vertragsstrafe in
wirtschaftlich vernünftigen Grenzen hält (BGH, Urteil vom 20. Januar 2000 - VII
ZR 46/98, BauR 2000, 1049 = NZBau 2000, 327, juris Rn. 12). Gemessen daran ist
eine Vertragsstrafe von über 5 % der Auftragssumme zu hoch. Der Auftragnehmer
wird typischerweise durch den Verlust von mehr als 5 % seines
Vergütungsanspruchs unangemessen belastet (BGH, Versäumnisurteil vom 23. Januar
2003 - VII ZR 210/01, BGHZ 153, 311, juris Rn. 60).
(b)
Diesen Wirksamkeitsanforderungen wird die in Rede stehende Klausel bei
Verwendung in einem Einheitspreisvertrag, wie er hier geschlossen wurde, nicht
gerecht.
Maßgebliche
Bezugsgröße für die vorgenannte Grenze von 5 % des Vergütungsanspruchs des
Auftragnehmers ist die Abrechnungssumme in ihrer objektiv richtigen Höhe (vgl.
Staudinger/Leupertz, BGB, 2022, Anh. zu §§ 305-310 Rn. B 229; BeckOK
VOB/B/Oberhauser, Stand: 31. Januar 2023, § 11 Abs. 3 Rn. 5; jeweils
m.w.N.). Das folgt aus der Orientierung des Grenzwerts an dem tatsächlichen
"Verdienst" des Auftragnehmers, der typischerweise durch den Verlust
von über 5 % der Vergütungssumme in vielen Fällen nicht nur seinen Gewinn
verliert, sondern einen spürbaren Verlust erleidet (vgl. BGH, Versäumnisurteil
vom 23. Januar 2003 - VII ZR 210/01, BGHZ 153, 311, juris Rn. 60). Dem
entspricht es, dass für einen möglichen Schaden des Auftraggebers, den die
Vertragsstrafe widerzuspiegeln hat (vgl. BGH, Urteil vom 20. Januar 2000 - VII
ZR 46/98, BauR 2000, 1049 = NZBau 2000, 327, juris Rn. 19, Versäumnisurteil vom
23. Januar 2003 - VII ZR 210/01, BGHZ 153, 311, juris Rn. 59), gleichfalls
nicht die vor Ausführung des Auftrags vereinbarte, sondern die an den
Auftragnehmer tatsächlich zu zahlende Vergütung bestimmend ist (vgl. BeckOK
VOB/B/Oberhauser, Stand: 31. Januar 2023, § 11 Abs. 3 Rn. 5).
Bei einem
Einheitspreisvertrag, wie er hier geschlossen wurde, kann bei der gebotenen
generalisierenden Betrachtungsweise die Anknüpfung der Vertragsstrafe an die
vor Auftragsdurchführung vereinbarte (Netto-)Auftragssumme im Falle einer - aus
unterschiedlichen Gründen (etwa durch Verringerung der tatsächlich ausgeführten
gegenüber den bei Vertragsschluss zugrunde gelegten Mengen) nicht bloß
theoretisch denkbaren - nachträglichen Absenkung des Auftragsvolumens dazu
führen, dass die vom Auftragnehmer zu erbringende Strafzahlung die Grenze von 5
% seines Vergütungsanspruchs - unter Umständen erheblich - übersteigt. Die
damit verbundene, den Auftragnehmer im Sinne von § 307 Abs. 1
Satz 1 BGB unangemessen benachteiligende und damit zur Unwirksamkeit der
Klausel führende Privilegierung des Auftraggebers wird innerhalb der Regelung
nicht anderweit, etwa durch einen dem gegenüberstehenden Vorteil für den
Auftragnehmer, ausgeglichen. Die Klausel enthält insbesondere auch keine
Vorkehrungen (beispielsweise durch einen Vorbehalt oder in anderer geeigneter
Weise), durch die der Gefahr einer Überschreitung der für die Vertragsstrafe
maßgeblichen Grenze angemessen Rechnung getragen wird.
Die Erwägung
des Berufungsgerichts, es bestehe ein praktisches Bedürfnis für die Anknüpfung
an die im Vertrag vereinbarte Auftragssumme, rechtfertigt keine andere
Betrachtungsweise. Dass im Zeitpunkt des Auftragsschreibens die endgültige
Abrechnungssumme noch nicht feststeht, begründet entgegen der Annahme des
Berufungsgerichts nicht die Gefahr, dass eine Regelung unklar wäre, die auf die
endgültige Vergütung abstellte, weil sie Auslegungsspielräume dafür eröffne,
was zur späteren Abrechnungssumme gehöre. Den Parteien ist bei Vereinbarung
eines Prozentsatzes im Gegensatz zu einem festen Betrag klar, dass die Höhe der
Vertragsstrafe kein feststehender Betrag ist. Besteht Streit darüber, welche
Vergütung der Auftragnehmer zu Recht beanspruchen kann, muss dies
gegebenenfalls gerichtlich geklärt werden.
c) Die
Sache ist auch hinsichtlich der von der Beklagten hilfsweise erklärten
Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen, gestützt auf Verzögerungsschäden, zur
Entscheidung reif.Die in der Berufungsinstanz - hilfsweise - erfolgte
Aufrechnungserklärung der Beklagten aus dem Schriftsatz vom 24. November 2021
ist gemäß § 533 Nr. 1 ZPO unzulässig.
aa) Mit
der Aufhebung des Berufungsurteils in der Revisionsinstanz und der
Wiederherstellung der landgerichtlichen Entscheidung ist die innerprozessuale
Bedingung der Hilfsaufrechnung eingetreten.
bb) Eine
Aufrechnungserklärung ist in der Berufungsinstanz gemäß § 533 Nr. 1
ZPO nur zulässig, wenn der Gegner einwilligt oder das Gericht die Aufrechnung
für sachdienlich hält. Zwar steht dem Berufungsgericht bei der Beurteilung der
Sachdienlichkeit ein Ermessensspielraum zu, wobei die Beurteilung der
Nachprüfung durch das Revisionsgericht nur daraufhin unterworfen ist, ob das
Berufungsgericht den Rechtsbegriff der Sachdienlichkeit verkannt oder die
Grenzen des Ermessens überschritten hat (vgl. zur Klageänderung: BGH, Urteil
vom 23. Februar 2018 - V ZR 101/16 Rn. 52, NJW 2018, 2550; Urteil vom 27.
Januar 2012 - V ZR 92/11 Rn. 13, juris). Wenn sich der Tatrichter aber - wie
hier - zur Sachdienlichkeit nicht geäußert hat, kann das Revisionsgericht
darüber entscheiden (BGH, Urteil vom 7. Juli 1993 - IV ZR 190/92, BGHZ 123,
132, juris Rn. 14).
cc) Die
Aufrechnungserklärung der Beklagten ist nicht sachdienlich. Sachdienlichkeit
ist regelmäßig zu verneinen, wenn ein völlig neuer Prozessstoff in den
Rechtsstreit eingeführt werden soll, bei dessen Beurteilung das Ergebnis der
bisherigen Prozessführung nicht verwertet werden kann (BGH, Urteil vom 27.
Januar 2012 - V ZR 92/11 Rn. 15, juris; Urteil vom 30. März 2011 - IV ZR 137/08
Rn. 9, juris; vgl. auch Urteil vom 6. April 2004 - X ZR 132/02, BauR 2004, 1807
= NZBau 2004, 389, juris Rn. 18). Gegenstand der erstmalig in der
Berufungsinstanz zur Aufrechnung gestellten Ansprüche der Beklagten sind auf
Verzögerungen gestützte Schadensersatzansprüche gegen die Klägerin. Gegenüber
dem bislang von der Beklagten geltend gemachten Anspruch aus einem
Vertragsstrafeversprechen handelt es sich um einen völlig neuen Prozessstoff,
der bislang nicht Gegenstand des Prozessvortrages der Parteien war und für den
auch keine Ergebnisse aus der bisherigen Prozessführung verwendet werden
könnten. Der Rechtsstreit im Übrigen ist hingegen zur Endentscheidung reif.
B. Die
Anschlussrevision der Beklagten ist unbegründet.
1. Die
Anschlussrevision ist zulässig.
a) Da
die Beklagte mit der Klageabweisung eine abschließende Entscheidung in der
Sache begehrt, ist sie durch die Zurückverweisung der Sache an das Landgericht
beschwert (vgl. BGH, Urteil vom 5. Juli 2011 - II ZR 188/09 Rn. 4, MDR 2011,
1251; Urteil vom 21. März 1968 - VII ZR 84/67, BGHZ 50, 25, juris Rn. 8).
b) Die
Anschlussrevision enthält auch eine den Anforderungen der § 554
Abs. 3 Satz 2, § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst.
b ZPO genügende Begründung des Verfahrensfehlers über die Aufhebung und
Zurückverweisung der Sache durch das Berufungsgericht an das Landgericht.
Gegen eine
kassatorische Entscheidung des Berufungsgerichts nach § 538 Abs. 2
ZPO kann mit der Revision allerdings nur geltend gemacht werden, dass die
ausgesprochene Aufhebung und Zurückverweisung gegen das Gesetz verstößt (vgl.
BGH, Beschluss vom 18. Februar 1997 - XI ZR 317/95, MDR 1997, 590, juris Rn.
3). Die Beklagte hat zwar die Anwendung des § 538 Abs. 2 ZPO nicht
ausdrücklich gerügt. Jedoch kann gegen eine kassatorische Entscheidung die Rüge
erhoben werden, dass eine Aufhebung und Zurückverweisung durch das
Berufungsgericht fehlerhaft sei, weil bei korrekter Anwendung des materiellen
Rechts eine Entscheidung in der Sache selbst hätte erfolgen müssen, mithin für
ein Vorgehen nach § 538 Abs. 2 ZPO mangels Entscheidungserheblichkeit
des angenommenen Verfahrensverstoßes überhaupt kein Raum bestanden habe (vgl.
BGH, Beschluss vom 18. Februar 1997 - XI ZR 317/95, MDR 1997, 590, juris Rn.
6). Die Anschlussrevision hat geltend gemacht, die Klage sei ohne
Beweisaufnahme abzuweisen gewesen, weil der Vortrag der darlegungsbelasteten
Klägerin zum fehlenden Vertretenmüssen der Überschreitung des vertraglichen
Fertigstellungstermins den nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung hieran
zu stellenden Anforderungen nicht entspreche. Dieser Vortrag umfasst zugleich die
Rüge, eine Zurückverweisung der Sache nach § 538 Abs. 2 ZPO komme
nicht in Betracht, weil der vom Berufungsgericht angenommene Verfahrensverstoß
nicht entscheidungserheblich sei.
2. Die
Anschlussrevision hat jedoch aus den vorstehenden Gründen (s.o. II. A. 2. b),
c)) in der Sache keinen Erfolg.
III.
Die
Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1, § 97
Abs. 1 ZPO.
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