Die Beklagten hatten unter
Fälschung der Unterschrift der Klägerin zwei Sparbücher derselben mit €
58.735,54 aufgelöst und das Geld in ein von ihnen zuvor angemieteten
Schließfach eingelegt. Knapp ein Jahr später erstattete die Klägerin
Strafanzeige gegen die Beklagten wegen Diebstahls der Sparbücher und
Urkundenfälschung; es stellte sich heraus, dass die Klägerin die Auflösungs-
und Auszahlungsanträge selbst unterzeichnet hatte.
Die Beklagten hatten unter Fälschung der
Unterschrift der Klägerin zwei Sparbücher derselben mit € 58.735,54 aufgelöst
und das Geld in ein von ihnen zuvor angemieteten Schließfach eingelegt. Knapp
ein Jahr später erstattete die Klägerin Strafanzeige gegen die Beklagten wegen
Diebstahls der Sparbücher und Urkundenfälschung; es stellte sich heraus, dass
die Klägerin die Auflösungs- und Auszahlungsanträge selbst unterzeichnet hatte.
Die Klage auf Zahlung von € 58.735,54 gegen die Beklagte wies das
Landgericht zurück. Dabei stützte es sich auf die Behauptung der Beklagten, den
Betrag zurückgezahlt zu haben. Gegenüber dieser Behauptung sei die Klägerin
beweisfällig geblieben. Die Beklagten hätten in der mündlichen Verhandlung
detailreich und frei von Widersprüchen die von der Klägerin bestrittene
Rückgabe des Geldes geschildert; vor diesem Hintergrund sei es Sache der
Klägerin gewesen, diese Darstellung zu widerlegen. Auf die von der Klägerin eingelegte Berufung
änderte das OLG dieses teilweise dahingehend ab, als es das Urteil insoweit
änderte, als der Beklagte zu 1. Antragsgemäß verurteilt wurde. Die von diesem
eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde führte zur Aufhebung des Urteils durch den
BGH und Zurückverweisung an das OLG.
Das Berufungsgericht habe den Beklagten zu 1.
Korrekt als Verwahrer angesehen und damit als verpflichtet, das Rückforderungsrecht
der Klägerin gem. § 695 S. 1 BGB erfüllt zu haben. Rechtsfehlerhaft und
entgegen Art. 103 Abs. 1 GG habe das Berufungsgericht nicht die
informatorischen Angaben des Beklagten, die dieser vor dem Landgericht tätigte,
berücksichtigt. Zwar sei die Parteianhörung nach § 141 ZPO kein Beweismittel,
weshalb auf dieser Grundlage auch ein Beweisantrag der Gegenpartei nicht
abgelehnt werden könne. Allerdings sei es dem Tatrichter nach § 286 ZPO
erlaubt, alleine aufgrund des Vortrages einer Partei und ohne Beweiserhebung
festzustellen, was für wahr und was für unwahr zu erachten sei. Er kann den Angaben auch glauben, wenn die
Partei ihre Angaben ansonsten (mangels einer erforderlichen
Anfangswahrscheinlichkeit auch nicht im Rahmen der Parteivernehmung) beweisen
könne, und ihr auch im Einzelfall sogar den Vorzug vor den Bekundungen eines
Zeugen oder des als Partei vernommenen Prozessgegners geben. Eine von der
Würdigung des erstinstanzlichen Gerichts abweichende Würdigung sei dem
Berufungsgericht ohne Wiederholung der Vernehmung verwehrt. Das habe das
Berufungsgericht verkannt, welches den Inhalt der (verwerteten)
erstinstanzlichen Parteianhörung des Beklagten zu 1. Schlicht für unbeachtlich
erklärte. Im Rahmen des § 286 ZPO hätte das Berufungsgericht sich ebenfalls mit
den Angaben des Beklagten auseinandersetzen und ggf. eine informatorische
Anhörung nach § 141 ZPO durchführen müssen, um sich im Rahmen der
Beweislastverteilung eine eigene Überzeugung nach § 286 ZPO zu bilden. Der
Umstand, dass eine Anhörung der Klägerin wegen Verhandlungsunfähigkeit nicht
(mehr) erfolgen kann,. Steht der Anhörung des Beklagten im Hinblick auf den
Gesichtspunkt der Waffengleichheit nicht entgegen, da dieses gebot eine
Anhörung nicht für den Fall untersagt, dass aus tatsächlichen Gründen nur eine
Partei angehört werden könne.
Die Zurückverweisung erfolgte, damit da
Berufungsgericht die Anhörung nachholen kann.
- Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten zu 1 wird die Revision gegen das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 4. Mai 2017 insoweit zugelassen, als darin zum Nachteil des Beklagten zu 1 entschieden worden ist.
- Auf die Revision des Beklagten zu 1 wird das vorgenannte Urteil im Kostenpunkt und im Umfang der zugelassenen Revision aufgehoben.
- Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
- Wert: 58.736 €
Gründe
- I.
- Die Klägerin nimmt den Beklagten zu 1, ihren Sohn, auf Rückzahlung von in einem Schließfach aufbewahrtem Geld in Anspruch.
- Am 30. Oktober 2012 suchte die Klägerin mit ihrem Sohn und dessen Ehefrau, der Beklagten zu 2, die B. Landessparkasse auf. Dort wurden zwei Sparbücher der Klägerin mit einem Gesamtguthaben von 58.735,54 € aufgelöst. Dieser Betrag wurde gegen Unterschrift der Klägerin ausgezahlt und der gesamte Barbetrag in einem am 24. Oktober 2012 vom Beklagten zu 1 auf seinen Namen bei der B. Landessparkasse angemieteten Schließfach deponiert.
- Ende Juli 2013 stellte die Klägerin Strafanzeige gegen beide Beklagten wegen vermeintlichen Diebstahls der beiden Sparbücher und Urkundenfälschung. Im Zuge der Ermittlungen stellte sich heraus, dass sie die Auflösungs- und Auszahlungsanträge selbst unterzeichnet hatte.
- Die daraufhin von der Klägerin gegen die Beklagten erhobene Klage auf Zahlung von 58.735,54 € nebst Zinsen hat das Landgericht abgewiesen. Die Klägerin sei für ihre Behauptung, das Geld sei ihr nicht zurückgegeben worden, beweisfällig geblieben. Die Beklagten hätten im Rahmen der in der mündlichen Verhandlung erfolgten Anhörung detailreich und frei von Widersprüchen die Rückgabe des Geldes geschildert. In Anbetracht dieser nachvollziehbaren Angaben wäre es Sache der Klägerin gewesen, die Darstellung zu widerlegen. Das sei ihr nicht gelungen.
- Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht die erstinstanzliche Entscheidung teilweise abgeändert, den Beklagten zu 1 antragsgemäß verurteilt und die Revision nicht zugelassen. Hiergegen wendet sich der Beklagte zu 1 mit der Nichtzulassungsbeschwerde.
- II.
- Die Nichtzulassungsbeschwerde hat Erfolg. Sie führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO im Umfang der Anfechtung zur Aufhebung des angegriffenen Urteils und insoweit zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.
- 1. Dieses hat seine Entscheidung damit begründet, dass von der Klägerin und ihrem Sohn konkludent ein Verwahrungsvertrag geschlossen worden sei, aus dem der Klägerin ein Rückforderungsrecht zustehe. Den Nachweis für die Erfüllung sei der beweisbelastete Sohn schuldig geblieben. Auf die vor dem Landgericht erfolgte Parteianhörung könne der Nachweis bei Bestreiten der Gegenseite nicht gestützt werden, weil diese kein Beweismittel im Sinne der Zivilprozessordnung darstelle. Es fehle auch an den Voraussetzungen für eine förmliche Parteivernehmung. Könne sich - wie hier die inzwischen verhandlungsunfähige Klägerin - der Prozessgegner nicht selbst als Partei äußern, könne man die Feststellungen zur erforderlichen Anfangswahrscheinlichkeit nicht auf die Bekundungen der Partei selbst stützen.
- 2. Die Nichtzulassungsbeschwerde rügt zu Recht, dass dieser Rechtsauffassung ein entscheidungserheblicher Verstoß des Berufungsgerichts gegen Art. 103 Abs. 1 GG zugrunde liegt.
- a) Ohne Erfolg macht der Beklagte allerdings geltend, das Berufungsgericht sei zu Unrecht von der Prozessfähigkeit der Klägerin ausgegangen. Von einer Begründung des Beschlusses wird insoweit abgesehen (§ 544 Abs. 4 Satz 2 ZPO).
- Rechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden ist, dass das Berufungsgericht den Beklagten zu 1 als Verwahrer im Sinne des § 688 BGB eingestuft und als für die Erfüllung des aus § 695 Satz 1 BGB folgenden Rückforderungsrechts der Klägerin beweisbelastet angesehen hat. Die Nichtzulassungsbeschwerde erinnert hiergegen auch nichts.
- b) Zutreffend moniert die Nichtzulassungsbeschwerde aber, dass das Berufungsgericht die informatorischen Angaben, die die Beklagten bei ihrer Anhörung durch das Landgericht gemacht haben, unberücksichtigt gelassen hat. Dies findet im geltenden Prozessrecht keine Stütze und stellt einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG dar.
- Die Parteianhörung nach § 141 ZPO ist allerdings kein Beweismittel, so dass auf ihrer Grundlage nicht ein Beweisantrag der Gegenpartei abgelehnt werden kann (vgl. BGH Beschluss vom 28. April 2011 - V ZR 220/10 - juris Rn. 12 ff.). Dem Tatrichter ist es nach § 286 ZPO jedoch grundsätzlich erlaubt, allein aufgrund des Vortrags der Parteien und ohne Beweiserhebung festzustellen, was für wahr und was für nicht wahr zu erachten ist (BGHZ 82, 13 = NJW 1982, 940, 941; BGH Beschluss vom 29. Oktober 1987 - III ZR 54/87 - BGHR ZPO § 141 Würdigung 1; BVerfG Beschluss vom 1. August 2017 - 2 BvR 3068/14 - juris Rn. 58 mwN). Er kann dabei im Rahmen der freien Würdigung des Verhandlungsergebnisses den Behauptungen und Angaben (vgl. § 141 ZPO) einer Partei unter Umständen auch dann glauben, wenn diese ihre Richtigkeit sonst nicht - auch nicht mittels Parteivernehmung, weil es an der erforderlichen Anfangswahrscheinlichkeit fehlt - beweisen kann (BGH Urteile vom 7. Februar 2006 - VI ZR 20/05 - NJW-RR 2006, 672 Rn. 9; vom 25. März 1992 - IV ZR 54/91 - NJW-RR 1992, 920, 921 und vom 24. April 1991 - IV ZR 172/90 - NJW-RR 1991, 983, 984), und ihr im Einzelfall sogar den Vorzug vor den Bekundungen eines Zeugen oder des als Partei vernommenen Prozessgegners geben (BGH Beschluss vom 24. Juni 2003 - VI ZR 327/02 - NJW 2003, 2527, 2528; BGHZ 122, 115 = NJW 1993, 1638, 1640). Dem Berufungsgericht ist eine von der erstinstanzlichen Würdigung abweichende Würdigung einer Parteivernehmung ohne Wiederholung der Vernehmung verwehrt (vgl. etwa BGH Beschluss vom 17. September 2013 - XI ZR 394/12 - juris Rn. 10 mwN). Nichts anderes gilt für die formlose Parteianhörung (BVerfG Beschluss vom 1. August 2017 - 2 BvR 3068/14 - juris Rn. 58).
- Dies hat das Berufungsgericht verkannt, als es den Inhalt der erstinstanzlichen Parteianhörung schlicht für unbeachtlich erklärt hat, obwohl das Landgericht prozessual zulässig seine freie Überzeugung im Sinne des § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO - wenn auch mit unzutreffenden Erwägungen zur Beweislastverteilung - hierauf gestützt hatte. Im Rahmen des § 286 ZPO hätte sich das Berufungsgericht ebenfalls mit den Angaben der Beklagten auseinandersetzen und ggf. selbst die informatorische Anhörung nach § 141 ZPO durchführen müssen, um sich ausgehend von der als richtig erkannten Beweislastverteilung eine Überzeugung nach § 286 ZPO zu bilden. Dass eine Anhörung der Klägerin aufgrund deren Verhandlungsunfähigkeit nicht erfolgen kann, steht diesem Ergebnis auch unter dem Aspekt der Waffengleichheit nicht entgegen. Denn das Gebot der Waffengleichheit führt nicht dazu, dass dann, wenn aus tatsächlichen Gründen nur eine Partei gemäß § 141 ZPO angehört werden kann, auf die Anhörung dieser Partei zu verzichten ist.
- c) Der Gehörsverstoß ist auch entscheidungserheblich, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Berufungsgericht bei Berücksichtigung der informatorischen Angaben der Beklagtenseite zu einem anderen als dem ausgeurteilten Ergebnis gelangt wäre.
- 3. Die angefochtene Entscheidung ist daher aufzuheben, soweit der Beklagte zu 1 verurteilt worden ist, und die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
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