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Montag, 26. April 2021

Coronabedingte Ruhezeitvereinbarung bei Fitnessstudiovertrag und Kündigung wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage

Die Klägerin betrieb ein Fitnessstudio und begehrt von dem Beklagten die Zahlung restlichen Nutzungsentgelts aus einem Vertrag vom 11.03.2019 für 11 Monate. Nach dem Vertrag war die Zahlung eine Nutzungsentgelts von € 1.198,60 für die Vertragslaufzeit vereinbart, wobei der beklagten Nutzer diesen Betrag in monatlich jeweils zu Beginn eines Monats zu zahlenden Raten à € 49,40 zahlen konnte. Sollte allerdings der Nutzer mit mindestens zwei Raten in Verzug geraten, sollte der gesamte noch offene Restbetrag auf einmal zur Zahlung fällig sein. Am 01.04.2020 hatten die Parteien vereinbart, dass der Vertrag im Zeitraum vom 01.04. – 31.05.2020 ruht, die Klägerin während dieser Zeit auch keine Beiträge einzieht und die ursprünglich vereinbarte Erstlaufzeit entsprechend dieser Ruhezeit verlängert. Während dieser zeit war das Studio coronabedingt geschlossen. Die Klägerin buchte die Nutzungsentgelte für die zwei Monate gleichwohl ab (die Lastschriften wurden vom Beklagten zurückgerufen). Der Beklagte kündigte den Vertrag mit der Klägerin unter Verweis auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage wegen der Abbuchungen und im Hinblick auf die Ruhezeitvereinbarung. Die Klägerin widersprach der Kündigung und begehrte nach Verzug des Beklagten mit zwei Monatsbeiträgen die offenen Beiträge, berechnet bis zum Ende der (vereinbart verlängerten) Vertragslaufzeit.

Das Amtsgericht ging von einer unwirksamen Kündigung aus.

Unabhängig davon, ob das Vertragsverhältnis als Miet-, Dienst oder typengemischter Vertrag angesehen würde, handele es sich um ein Dauerschuldverhältnis, bei dem dem Kunden ein Recht zur außerordentlichen Kündigung aus wichtigen Grund zustünde (§§ 626 Abs. 1, 543 Abs. 1 und 314 Abs. 1 BGB). Dieser wichtige Grund läge vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertrages bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zumutbar sei (vgl. § 314 Abs. 1 S. 1 BGB). Dabei trage allerdings der Kunde grundsätzlich das Risiko, die Einrichtung wegen Veränderungen in seinen persönlichen Verhältnissen nicht mehr nutzen zu können. Etwas anderes würde nur bei Gründen gelten, die er nicht beeinflussen könne und eine weitere Inanspruchnahme der Leistungen nicht mehr zumutbar sei. Das AG verweist hier auf die Entscheidung des BGH vom 08.02.2012 – XII ZR 42/20 -, in der allerdings der BGH darauf abstellte, dass die Kündigung aus wichtigem Grund verlange, dass es dem Kunden aus nicht in seiner Sphäre liegenden Gründen nicht mehr zumutbar sein müsse, weiter am Vertrag festzuhalten. Die mögliche Unzumutbarkeit des Bestandes des Vertrages lediglich für die kündigende Partei reiche nicht aus (Begr. RegEntwurf zu § 314 Abs. 1 S. 2 BGB in BT-Drs. 14/6040, S 148).

In Ansehung der Ruhezeitvereinbarung der Parteien könne auf sich beruhen, ob die coronabedingte Schließung des Studios dazu führte, dass keine Leistung vom Betreiber desselben verlangt werden könne oder ob die Gutscheinregelung des Art. 240 § 5 EGBGB zu Tragen käme.

Für die Ruhezeitvereinbarung läge auch keine Störung der Geschäftsgrundlage vor, § 313 BGB. Voraussetzung für § 313 BGB wäre, dass sich nach Vertragsschluss die Umstände so schwerwiegend geändert hätten, dass einem Teil das Festhalten an dem vertrag nicht mehr zumutbar sei und die Parteien bei Kenntnis diesen Vertrag nicht oder mit anderen Inhaltgeschlossen hätten. Vorliegend sei aber die Ruhezeitvereinbarung gerade im Hinblick auf die Unsicherheit im Rahmen der Corona-Krise abgeschlossen worden und für die Parteien sei auch zum Zeitpunkt des Abschlusses ersichtlich gewesen, dass der Gesetzgeber die Gutscheinregelung in Art. 240 EGBGB treffen würde, weshalb eine Unvorhersehbarkeit nicht vorläge. Zudem sei ein Festhalten an der Vereinbarung nicht unzumutbar. Die nach § 313 BGB erforderliche Grundlagenstörung verlange, dass ein Festhalten untragbar, mit Recht und Gerechtigkeit nicht vereinbar und der betroffenen Partei nach Treu und Glauben nicht zumutbar sein dürfe. Das sei nicht der Fall, da 98% der Mitglieder während der Schließung weitergezahlt hätten um später kostenfrei nachzutrainieren und dem Beklagten kein größerer wirtschaftlicher Schaden (gar eine Existenzvernichtung) drohe. 

Der Umstand, dass die Klägerin während der Ruhezeit von der Lastschrift-Einzugsermächtigung Gebrauch machte (der Beklagte nahm Rückbuchungen vor), rechtfertige hier auch nicht die fristlose Kündigung. Zwar könne die Zerstörung eines Vertrauensverhältnisses einen Grund darstellen. Doch begründe ein Fitnessstudiovertrag kein besonderes Vertrauensverhältnis zwischen den Vertragspartnern, da es sich um ein Massengeschäft handele und gerade auch hinsichtlich der Zahlungspflicht kein besonderes vertrauens- oder Näheverhältnis bestünde. Es hätte auch kein bewusster Versuch der Irreführung durch die Klägerin vorgelegen. Nach der Kodifizierung der Gutscheinlösung habe sich die Klägerin berechtigt geglaubt, von der aus Kulanz getroffenen Ruhezeitvereinbarung mit dem Beklagten zurücktreten zu können. Da es hier in der Corona-Krise viele Unklarheiten gab, der Beklagte auch die Lastschriften nicht abmahnte, würden diese die fristlose Kündigung nicht rechtfertigen können.

AG Nürtingen, Urteil vom 27.11.2020 - 20 C 3606/20 -

Mittwoch, 10. Oktober 2018

SEPA-Lastschrift im Onlinehandel mit Verbrauchern auf Bank im EU-Ausland


Der Onlinehändler schloss gegenüber einem Verbraucher mit Wohnsitz in Deutschland bei Bankeinzug Konten in Luxemburg aus. Auf Antrag eines Verbraucherschutzverbandes verurteilte das LG Freiburg (Breisgau) den Händler, dies bei Meidung eines Ordnungsgeldes zu unterlassen. Die dagegen eingelegte Berufung wies das OLG Karlsruhe zurück.

Das Landgericht hatte sich auf Art. 9 Abs. 2 SEPA-VO bezogen. Diese, so das OLG, sei ein Verbraucherschutzgesetz iSv. § 2 Abs. 1 UKlaG und eine Marktverhaltensregel iSv. § 3a UWG.

Verbraucherschutzgesetze nach dem UKlaG seien Normen, deren eigentlicher Zweck der Verbraucherschutz seien, auch wenn sie weiterhin anderen Zwecken auch dienen würden. Lediglich dürfe der Verbraucherschutz nicht nur eine untergeordnete Bedeutung haben oder eine zufällige Nebenwirkung darstellen. In diesem Sinne seien alle Vorschriften, welche Verhaltenspflichten des Unternehmers gegenüber Verbrauchern beinhalten neben den in § 2 Abs. 2 UKlaG benannten Normen verbraucherschützend, die a) entsprechende Verhaltenspflichten beinhalten und b) deren Verletzung Kollektivinteressen der Verbraucher beeinträchtigen würden.

Zutreffend habe das Landgericht die sich unmittelbar aus Art. 9 Abs. 2 SEPA-VO resultierende Vereinfachung des Zahlungsverkehrs für Verbraucher nicht lediglich als untergeordnete oder Nebenwirkung, sondern als unmittelbar verbraucherschützendes Ziel angesehen. Missverständlich seien zwar die Formulierung der Überschrift und der Erwägungsgrund 35 der Verordnung, in denen auf technische Vorschriften und Geschäftsanforderungen abgestellt würde; allerdings sei aus den Sätzen 8 und 9 des Erwägungsgrundes 1 ersichtlich, dass hier die Verbraucherinteressen im Vordergrund stünden, zumal im Erwägungsgrund 7 deutlich ausgedrückt würde, dass auf den Bedarf der Verbraucher an innovativen, sicheren und kostengünstigen Zahlungsdiensten abzustellen sei.

Art. 9 Abs. 2 SEPA-VO berühre auch die Kollektivinteressen der Verbraucher, da er die Verbraucherrechte aller Besteller von Waren der Beklagten mit Wohnsitz im Inland und luxemburgischen Konto betreffe und daher in Gewicht und Bedeutung über den Einzelfall hinausgehen würde. Verbraucherschutzvorschriften, wie hier Art. 9 Abs. 2 SEPA-VOP, würden in der Regel eine Marktverhaltensregel iSv. § 3a UWG darstellen.

Soweit die Beklagte eingewandt habe, dass sie lediglich (wie hier) im Einzelfall aufgrund intern definierter Parameter (die sie aus Geheimhaltungsinteressen nicht offenbaren wollte) die Lastschrifteinzug verweigert habe, ließe dies nicht erkennen, dass es sich hier nur um einen Einzelfall gehandelt habe. Vielmehr sei davon auszugehen, dass der Ausschluss grundsätzlich bei einem Wohnsitz in Deutschland gelten solle.

OLG Karlsruhe, Urteil vom 20.04.2018 - 4 U 120/17 -

Freitag, 26. Januar 2018

Fitnessstudio: Zur Wirksamkeit des Nutzungsvertrages ohne Aushändigung eines Exemplars an den Nutzer

Am 28.11.2014 schlossen die Parteien einen Fitnessstudiovertrag, demzufolge der Beklagte im Studio des Klägers gegen Zahlung eines wöchentlichen Nutzungsentgelts  von zunächst € 11,57 (erstes Vertragsjahr), dann € 13,56 und einer jährlichen Servicepauschale von € 19,90 trainieren konnte; der Beklagte hatte dem Lastschriftverfahren zur Abbuchung durch den Kläger zugestimmt.. Die Vertragslaufzeit war mit 12 Monaten mit jeweiliger Verlängerung um 12 Monate vereinbart, sollte nicht vor 3 Monate vor Ablauf gekündigt werden.

Mit Schreiben vom 29.09.2015 kündigte der Beklagte. Mit seiner Klage machte der Kläger das Nutzungsentgelt für den Zeitraum 04.01.  bis 30.11.2016 mit € 643,14 sowie die Servicepauschale von € 19,90 und weiterhin Rücklastgebühren von € 8,00, entstanden durch Rückrufe des beklagten von Lastschriften geltend.

Im Verfahren berief sich der Beklagte darauf, die Kündigungsfrist sei nicht wirksam vereinbart.  Ihm sei ein nutzungsvertrag nicht überlassen worden.

Das Amtsgericht gab der Klage vollumfänglich statt. Der Einwand des Beklagten sei nicht erheblich. Selbst wenn, vom Kläger bestritten, der beklagte kein Vertragsexemplar erhalten haben sollte, wäre es doch zu einer wirksamen Vereinbarung mit dem Inhalt des vom Kläger vorgelegten Vertragsexemplars gekommen. Die Aushändigung des Vertrages sei nicht Wirksamkeitsvoraussetzung. Die schriftliche Fixierung diene lediglich dazu, den Inhalt der vertraglichen Vereinbarung nachzuvollziehen und im Streitfall zu beweisen. Da die Kündigungsfrist von drei Monaten zum 30.11.2015 nicht eingehalten sei, schulde der beklagte das Nutzungsentgelt bis zum 30.11.2016. Der Umstand, dass er nach Ausspruch der Kündigung das Studio nicht mehr in Anspruch genommen habe, würde den Entgeltanspruch nicht tangieren; der Kläger erbringe seine geschuldete Leistung durch Ermöglichung der Nutzung.  Auch würde die Servicepauschale für das Nutzungsjahr 2015/16 geschuldet. Die Bankrücklastkosten könne der Kläger aufgrund des Widerspruchs des Beklagten gegen den Einzug ebenfalls verlangen, da der Einzug vertragsgemäß erfolgte.

Die Entscheidung ist rechtskräftig. Berufung wurde nicht eingelegt.


AG Lemgo, Urteil vom 29.11.2017 - 19 C 341/17 -