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Mittwoch, 21. Februar 2018

Kostenlast bei verfrühter Klage nach einem Verkehrsunfall

Nach einem Verkehrsunfall vom 05.01.2017 forderte der Prozessbevollmächtigte des Klägers von der beklagten Haftpflichtversicherung  mit Schreiben vom 13.01.2017 einen vorläufig mit € 8.257,44 bezifferten Schadensersatz unter Fristsetzung bis zum 27.01.2017. Mit weiterem Schreiben vom 31.01.2017 überließ er den von der beklagten Versicherung erbetenen ausgefüllten Fragebogen für Anspruchsteller. Die Klageschrift vom 14.02.2017,  mit der € 9.384,67 zuzüglich vorgerichtlicher Anwaltskosten sowie Zinsen geltend gemacht wurden, ging bei dem Landgericht am 17.02.2017 ein; sie richtete sich gegen den Fahrer des haftpflichtversicherten Fahrzeuges und seine Versicherung.  Ausgehend von einer Haftungsquote zu 50% zahlte die Versicherung eingehend am 06.03.2017 € 4.650,69 sowie vorgerichtliche Kosten in Höhe von € 492,54.  Die Klage wurde am 08.03.2017 zugestellt. Der Kläger nahm die Klage in Höhe der gezahlten Beträge zurück. In Ansehung des zurückgenommenen Teils der Klage hat das Landgericht die Kosten zu Lasten des Klägers festgestellt. Dagegen richtete sich die nach § 269 Abs. 5 S. 1 ZPO zulässige Beschwerde des Klägers. Das Landgericht half ihr nicht ab; das OLG Saarbrücken wies sie zurück.

Nach § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO hat das Gericht nach billigen Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes über die Kosten zu entscheiden, wird die Klage deshalb zurückgenommen, da der Anlass für die Klage vor Rechtshängig (d.h. Zustellung) weggefallen.  Der Kläger habe, so das OLG, darzulegen und zu beweisen, dass seine Belastung mit Kosten billigen Ermessen widerspräche (BGH vom 06.10.2005 - I ZB 37/05 -). 

Vorliegend sei zu berücksichtigen, dass dem Kraftfahrzeughaftpflichtversicherer bei der Regulierung grundsätzlich eine Prüfpflicht zuzubilligen sei. Vor deren Ablauf würde Verzug nicht eintreten und sei eine Klage nicht veranlasst. Erhebe der Geschädigte vor Ablauf der Prüffrist Klage, könne der Versicherer noch ein sofortiges Anerkenntnis unter Verwahrung gegen die Kostenlast abgeben (§ 93 ZPO) oder bei fristgerechter Regulierung und anschließender Klagerücknahme oder übereinstimmender Erledigungserklärung auf eine ihm günstige Kostenentscheidung vertrauen. Die Prüffrist läge im Interesse aller pflichtversicherten Kraftfahrzeughalter, da diese mit ihrer Prämie die Unfallschäden im Ergebnis zu tragen hätten. Ein Anlass zur Klageerhebung fehle auch dann, wenn der Versicherer die Zahlung von der Einreichung von Schadensbelegen abhängig mache oder wegen nicht prüffähiger Belege verweigere, sofern er mitteilt, welche Angaben und Unterlagen er noch benötige. Ein dilatorisches Verhalten des Versicherers dürfe allerdings nicht vorliegen.

Die Prüffrist beginne mit dem Zugang eines spezifizierten Anspruchsschreibens. Die Dauer der Frist hänge von den Umständen des Einzelfalls ab. Bei durchschnittlichen Verkehrsunfällen würde gemeinhin eine Prüffrist von vier bis sechs Wochen angenommen.
  
Der gegnerische Haftpflichtversicherer benötige stets zur sachgerechten Prüfung seiner Eintrittspflicht und des Haftungsgrundes zumindest kurze Angaben zum Unfallgeschehen. Wird nicht von den Unfallbeteiligten vor Ort bereits ein Unfallprotokoll ausgefüllt und dem Haftpflichtversicherer überlassen, könne der Anspruchsteller nicht davon ausgehen, dass der Versicherer von dem Unfallgegner bereits informiert wurde.  Die entsprechenden Angaben seien hier erst mit dem Fragebogen für Anspruchsteller, der mit Schreiben vom 31.01.2017 überlassen wurde, erfolgt.  Das Schreiben vom 13.01.2017 habe sich auf Angaben zum Unfallort und die Unfallzeit beschränkt und nicht einmal eine grobe Darstellung des Unfallhergangs aus Sicht des Klägers enthalten. Mangels Hergangsschilderung zum Unfall sei daher eine Prüfung für den Versicherer nicht möglich gewesen.

Vor diesem Hintergrund habe der Kläger die Kosten des Verfahrens zu tragen, die dem Wert der Teilrücknahme der  Klage entsprechen.


OLG Saarbrücken, Beschluss vom 10.11.2017 - 4 W 16/17 -