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Freitag, 15. Dezember 2023

Ergänzungspflegschaft für minderjähriges Kind zur Abänderung des Unterhaltstitels ?

Die Beteiligten sind die nichtverheirateten Eltern des 15-jährigen N., die gemeinsam sorgeberechtigt sind. Der Vater, der sich in vollstreckbar verpflichtet hatte, 105% des Mindestunterhalts der jeweiligen Altersgruppe zu zahlen, hatte inzwischen wesentliche Teile der Betreuung, die zunächst bei der Mutter lagen, übernommen (wobei streitig war, ob ein symmetrisches Wechselmodell gelebt wurde), was zu einer Herabsetzung des Unterhalts auf den Mindestunterhalt führte. Vom Vater wurde gegen die Tochter ein unterhaltsabänderungsverfahren anhängig gemacht. Nach Anhörung hat das Amtsgericht im Wege einer einstweiligen Anordnung eine Ergänzungspflegschaft für die Tochter zur Vertretung im Unterhaltsverfahren eingerichtet. Auf die Beschwerde der Mutter wurde dieser Beschluss vom Oberlandesgericht aufgehoben.

Vom Grundsatz gelte das gemeinsame Sorgerecht gem. § 1626 Abs: 1 Nr. 1 BGB. Allerdings sei der Vater in Ansehung des von ihm eingeleiteten Unterhaltsabänderungsverfahren gegen seine Tochter gem. §§ 1629 Abs. 2 S. 1, 1824 Abs. 2m, 181 BGB nicht mehr vertretungsberechtigt. Die Eltern seien nach § 1629 Abs. 2 S. 1 BGB insoweit von der Vertretung ausgeschlossen, als ein Betreuer gem. § 1824 BGB von der Vertretung des betreuten ausgeschlossen sei. Nach § 1824 Abs. 2 BGB bliebe aber § 181 BGB unberührt. Danach könne ein Vertreter mit sich selbst im eigenen Namen kein Rechtsgeschäft vornehmen. Auch wenn im Prozessrecht § 181 BGB nicht direkt anwendbar sei, gelte doch, dass niemand in einem Prozess auf beiden Seiten Partei sein könne (BGH, Beschluss vom 11.12.1995 - II ZR 220/94 -). Dies wäre aber vorliegend der Fall, wenn der auf Abänderung des Unterhaltstitels gegen seine Tochter vorgehende Vater gleichzeitig diese zusammen mit ihrer Mutter vertreten würde.

Der dadurch bedingte Ausschluss des Vaters von der Vertretungsmacht bedinge aber nicht eine Ergänzungspflegschaft, da noch die Vertretungsmöglichkeit durch die Mutter alleine verblieben wäre. Die früher vertretene Auffassung, das bei einer gemeinsamen elterlichen Sorge und einem rechtlichem Ausschluss des Vaters von der Vertretung die Mutter nicht alleine vertreten könne und ein Ergänzungspfleger bestellt werden müsse, sei mit der Entscheidung des BGH im Beschluss vom 24.03.2021 - XII ZB 364/19 - aufgegeben worden. Die Mutter sie in diesen Fällen nur dann auch von der Vertretung ausgeschlossen, wenn in ihrer Person ein eigenes Vertretungshindernis bestünde.  Da die Eltern nicht miteinander verheiratet seien, läge ein solcher Fall nicht vor; §§ 1629 Abs. 2 S. 1, 1823 Abs. 1 Nr. 1, 3 BGB seien nicht anwendbar.

Auch sei es nicht veranlasst der Mutter gem. § 1629 Abs. 2 S. 3 iVm. § 1789 Abs. 2 S. 3, 4 BGB die elterliche Sorge zu entziehen, da zwischen ihrem Interesse und jenem des Kindes kein erheblicher Unterschied läge, vielmehr sogar eine vehemente Verteidigung des Unterhaltstitels durch die Mutter zu erwarten sei.

Damit käme es auf die streitige Frage nicht an, ob die Mutter nach § 1629 Abs. 2 S. 2 BGB alleine vertretungsberechtigt sei, da sie die Obhut über das Kind ausübe, oder eine Alleinvertretung von Mutter (und Vater) ein symmetrisches Wechselmodell leben würden und keiner der Eltern die Obhut gem. § 1629 Abs. 2 S. 2 BGB ausübe.

Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Beschluss vom 12.10.2023 - 12 UF 81/23 -

Dienstag, 14. November 2023

Darlehensvertrag der Ehefrau unter Namen des Ehemanns und Rückzahlungspflicht

Die (damaligen) Eheleute unterhielten bei der P-Bank ein gemeinsames Konto, auf welches die Klägerin (eine Bank) einen Betrag von € 3.490,00 in der Annahme überwies, damit die Auszahlung eines dem Beklagten gewährten Darlehens vorzunehmen. Der Beklagte hatte allerdings mit der Klägerin keinen Darlehensvertrag geschlossen. Vielmehr hatte diesen unter seinen Namen seine Ehefrau abgeschlossen, der im Wege des Postident-Videoverfahrens die Kreditunterlagen übersandt wurden und die Klägerin die Antragsunterlagen nebst Kopien von Lohnabrechnungen, des Personalausweises des Beklagten, der Bankkarte und von Kontounterlagen erhielt. Bei dem Post-Identverfahren trat des der Stiefvater der Ehefrau unter Vorlage des Personalausweises des Beklagten auftrat. Die Unterschrift auf dem Kreditvertrag wurde von der Ehefrau des Beklagten gefälscht. Nach Kündigung des vermeintlichen Darlehensvertrages wegen Zahlungsverzugs durch die Klägerin wurden Teilzahlungen in Höhe von € 1.055,20 geleistet. Mit der Klage begehrte die Klägerin Zahlung restlicher € 2.434,80 nebst Zinsen. Das Amtsgericht gab der Klage statt, Auf die Berufung des Beklagten wurde vom Landgericht die Klageabgewiesen. Im vom Landgericht zugelassenen Revisionsverfahren hob der BGH das landgerichtliche Urteil auf und wies die Berufung des Beklagten gegen die amtsgerichtliche Entscheidung zurück.

Soweit das Berufungsgericht gem. § 241a Abs. 1 BGB in der „Darlehensvaluta“ eine sonstige unbestellte Leistung sah oder es sich nach Klägerauffassung um die Erfüllung eines nicht unter § 241a Abs. 1 BGB Scheinvertrages handeln sollte, ließ dies der BGH auf sich beruhen, da auch dann, wenn § 241a Abs. 1 greifen würde, die gesetzlichen Ansprüche der Klägerin nicht § 241a Abs. 2 Fall 2 BGB nicht ausgeschlossen wären. Nach § 241a BGB wird bei der Lieferung unbestellter Leistungen ein Anspruch gegen den Empfänger nicht begründet. § 241a Abs. 2 2. Fall BGB bestimmt, dass die Ansprüche nicht gem. Abs. 1 ausgeschlossen seien, wenn der Empfänger die irrige Leistung erkannt habe oder bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen können. Eine unionsrechtliche Auslegung der Norm käme aufgrund des eindeutigen Willens des Gesetzgebers (BT-Drs. 14/2658 S. 46) nicht in Betracht (was vom BGH sodann näher ausgeführt wurde).  Eine richtlinienkonforme Auslegung oder Rechtsfortbildung dürfe nicht dazu führen, dass einer nach Wortlaut und Sinn eindeutigen Norm ein entgegengesetzter Sinn gegeben oder der normative Gehalt einer Norm neu bestimmt würde; der Richter dürfe seien eigene Gerechtigkeitsvorstellung nicht an die Stelle derjenigen des Gesetzgebers setzen (BVerfG, Beschluss vom 26.09.2011 - 2 BvR 2216/06 -).

Die in § 241a Abs. 2 2. Fall BGB benannte Kenntnis des Beklagten sie hier anzunehmen, da ihm in entsprechender Anwendung des § 166 Abs. 1 BGB die Kenntnis seiner Ehefrau von der irrigen Vorstellung einer „Bestellung auf Seiten der Klägerin“ zuzurechnen sei.

Es sei in der Rechtsprechung anerkannt, dass der Regelung des § 166 Abs. 1 BGB (bei Folgen von Willenserklärungen und Willensmängeln, Kenntnis und Kennenmüssen ist nicht auf den Vertretenen, sondern seinen Vertreter abzustellen) der allgemeine Rechtsgedanke zu entnehmen sei, dass sich (unabhängig von einem Vertragsverhältnis) derjenige, der einen anderen mit der Erledigung bestimmter Angelegenheiten in eigener Verantwortung betraue,  das in diesem Rahmen erlangte Wissen des anderen zurechnen lassen müsse (BGH, Urteil vom 25.02.1982 - VII ZR 60/81 -).

Vorliegend habe das Landgericht festgestellt, dass sich bis zur Trennung der Eheleute die Ehefrau um die finanziellen Angelegenheiten gekümmert hatte. Damit habe sie bei der Vornahme und Abwicklung von Geldgeschäften eine tatsächlich ähnliche Stellung wie ein Vertreter gehabt. Der Beklagte habe sich insoweit bewusst von seiner Ehefrau in ähnlicher Weise repräsentieren lassen wie durch einen rechtsgeschäftlichen Vertreter.  Nur da sich der Beklagte um das gemeinschaftliche Konto nicht gekümmert habe, habe die Ehefrau den Irrtum bei der Klägerin hervorrufen können, mit dem Beklagten einen Darlehensvertrag abgeschlossen zu haben, und die Klägerin ohne Wissen des Beklagten veranlassen können, auf das gemeinschaftliche Konto die vermeintliche Darlehensvaluta auszuzahlen. Dabei könne dahingestellt bleiben, ob die Ehefrau mit Aufnahme des Darlehens unter dem Namen des Beklagten gegen Befugnisse aus dem Innenverhältnis der Eheleute verstoßen habe.

Damit habe die Klägerin einen bereicherungsrechtlichen Ausgleichsanspruch, der hier nicht durch § 241a BGB ausgeschlossen sei. Der Beklagte könne dem auch nicht einen Schadensersatzanspruch wegen unsorgfältiger Durchführung des Video-Identifizierungsverfahrens entgegenhalten. Der Anspruch nach § 812 Abs. 1 S. 1 Fall 1 BGB in Höhe von € 2.434,80, der Differenz zwischen dem auf das Konto überwiesenen Betrag und den nach der Kündigung erfolgten Teilzahlungen sei gegeben.

Die Beklagte sei durch die Überweisung auf das Konto, mit dem die Klägerin den vermeintlich mit dem Beklagten abgeschlossenen Darlehensvertrag erfüllen wollte, durch Leistung der Klägerin ungerechtfertigt bereichert worden, da durch das Handeln der Ehefrau unter dem Namen des Beklagten zwischen den Parteien kein Darlehensvertrag zustande kam. Mangels Nachweises, dass die Ehefrau des Beklagten bei Abschluss des Darlehensvertrages und Unterzeichnung der Auszahlungsanweisung unter dem Namen des Beklagten in Ausübung einer bestehenden Vertretungsmacht gehandelt habe (§ 164 Abs. 1 S. 1 BGB analog), sei ihm deren Handeln nicht für den Vertragsabschluss zuzurechnen, und er habe diesen Vertragsabschluss auch nicht genehmigt (§ 167 BGB analog). Auch lägen nicht die Voraussetzungen einer Anscheins- oder Duldungsvollmacht vor; es sei nicht festgestellt und auch nicht von der Klägerin geltend gemacht worden, dass die Teilzahlungen von ihm erfolgten.  

Eine Entreicherung nach § 819 Abs. 1 BGB könne der Beklagte auch nicht einwenden, auch wenn die Ehefrau den Betrag abgehoben habe, bevor der Beklagte von dem Zahlungseingang erfahren habe. Der Ehefrau sie bekannt gewesen, dass der Betrag von der Klägerin als Darlehen gewährt wurde und zurückzuzahlen sei. Diese für § 819 Abs. 3 BGB ausreichende Kenntnis seiner Ehefrau müsse sich der Beklagte wie im Rahmen von § 241a BGB in entsprechender Anwendung des § 166 Abs. 1 BGB zurechnen lassen.  

Dem Beklagten stünde ein Schadensersatzanspruch gegen die Klägerin nicht zu, den er nach § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 1, § 311 Abs. 2 BGB wegen mangelhafter Sorgfalt bei der Indentifizierung entgegenhalten könnte. Soweit er einem Bereicherungsanspruch der Klägerin ausgesetzt sei, ergäbe sich aus §§ 814, 815 BGB, dass einem solchen Anspruch nur die positive Kenntnis des Bereicherungsgläubigers (der Klägerin) entgegengehalten werden könne. Fahrlässige oder auch grob fahrlässige Unkenntnis auf Seiten der Klägerin seien unerheblich. Dies könne nicht durch eine unsorgfältige Prüfung der Identität des Empfängers vor der Leistungserbringung durch einen Schadenersatzanspruch überspielt werden.

BGH, Urteil vom 26.09.2023 - XI ZR 98/22 -

Freitag, 29. Juli 2022

Statthafter (rechtlich vorteilhafter) Grundstückserwerb durch Minderjährigen bei Vermietung ?

Eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR, § 705 BGB) war im Grundbuch als Eigentümerin einer bebauten Immobilie eingetragen; es bestand zudem ein Nießbrauch zugunsten eines Dritten. In einer notariellen Urkunde ließ der Beteiligte zu 2. (einer der Gesellschafter der GbR) 93,8/100 Miteigentumsanteile an dem Grundstück von der GbR auf sich sowie anschließend (mit Vollmacht auch seiner Ehefrau und Mutter der Beteiligten zu 4. und 5.) von sich auf seine minderjährigen Kinder, die Beteiligten zu 4. und 5. schenkweise übertragen. Das Grundbuchamt forderte die Vorlage der Genehmigung der Übertragung auf die minderjährigen Kinder durch einen noch zu bestellenden Ergänzungspfleger. Die dagegen eingelegte Beschwerde wurde abgewiesen. Die zugelassene Rechtsbeschwerde wurde vom, BGH zurückgewiesen.

Der BGH wies darauf hin, dass der Vater als auch die Mutter von der Vertretung ihrer minderjährigen Kinder im Rahmen der hier erklärten Auflassung zu deren Gunsten ausgeschlossen waren, §§ 1629 Abs. 2 S. 1, 1795 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 iVm 181 BGB.

§ 1629 Abs. 1 S. 1 BGB umfasse die elterliche Sorge die Vertretung des Kindes. Von daher seien sie an sich zur gemeinsamen Vertretung berechtigt. Allerdings würde dies nicht im rahmen der hier zugunsten der Kinder erklärten Auflassung gelten. So sei der beteiligte zu 2. Bereits deshalb von der Vertretung ausgeschlossen, da er die Auflassung zugleich als Veräußerer im eigenen Namen als auch als gesetzlicher Vertreter der Kinder erklärt habe, § 181 BGB; seine Ehefrau war hier nach § 1629 Abs. 2, § 1795 Abs. 1 Nr. 1 BGB ausgeschlossen, da es um ein Rechtsgeschäft zwischen ihrem Ehegatten und den Kindern ging.

Allerdings greife der Ausschluss von der Vertretung dann nicht, wenn es sich das Rechtsgeschäft für die Kinder lediglich als rechtlich vorteilhaft iSv. § 107 BGB darstelle (BGH, Beschluss vom 30.09.2010 - V ZB 206/10 -). Dies sei dann nicht der Fall, wenn in der Folge der Erwerber mit nicht nur dingliche, sondern auch persönlichen für Verpflichtungen belastet würde. Eine derartige, auch persönliche Verpflichtung sei aber nach §§ 566 Abs. 1, 581 Abs. 2, 593b BGB mit dem Eigentumsübergang durch den Eintritt in die Miet- und Pachtverträge verbunden; den Erwerber könnten Schadensersatz- und Aufwendungsersatzansprüche und die Pflicht zur Rückgewähr einer von Mieter/Pächter geleisteten Sicherheit. Daran würde sich auch nicht deshalb etwas ändern, da die Kinder als Erwerber lediglich neben den bisherigen Eigentümern in die Verträge auf Vermieterseite eintreten würden, da sich die Mieterrechte sodann auch gegen die Eintretenden richten würden.

Auch das Nießbrauchrecht würde hier die Sicht nicht ändern. Sollte die GbR die Vermietung nach Begründung des Nießbrauchs vorgenommen haben du damit der Nießbraucher nicht in die Mietverhältnisse eingetreten sein (§ 567 BGB), wäre die Situation nicht anders zu bewerten wie in dem Fall, dass kein Nießbrauch bestünde, da die Erwerber nach § 566 BGB unmittelbar in die Mietverträge eintreten würden. Aber auch wenn der Nießbraucher Vermieter ist, würde der Erwerb für die Kinder nicht lediglich rechtlich vorteilhaft sein. Denn jedenfalls mit Beendigung des Nießbrauchs würden sie Eigentümer entsprechend § 566 Abs. 1 BGB in die Mietverträge eintreten. Lediglich wenn die Übertragung an die Kinder unter Nießbrauchvorbehalt erfolgen würde, läge eine bloß theoretische Möglichkeit für künftige Belastungen vor, die nicht ausreichen würden, einen Rechtsnachteil anzunehmen, da eine Vermietung/Verpachtung durch den Nießbraucher nicht gesichert sei. Bestünde aber der Nießbrauch (wie hier) bereits zum Zeitpunkt der Übertragung des Miteigentums und sei das Grundstück vermietet/verpachtet, bestünde eine hinreichende Gefahr, dass bei Beendigung des Nießbrauchs die Minderjährigen mit Miet-/Pachtverträgen belastet würden.

Da der Beteiligte zu 2. und seine Ehefrau von der Vertretung deren Kinder, den Beteiligten zu 4. und 5. bei der Auflassung ausgeschlossen waren, war die dingliche Einigung nach § 177 BGB schwebend unwirksam. Erst mit Vorlage der Einwilligung des Ergänzungspflegers (§ 1909 BGB) wäre die Auflassung rückwirkend wirksam geworden, § 184 Abs. 1 BGB.

Anmerkung: Das OLG Düsseldorf vertrat zur schenkweisen Überlassung eines verpachteten Grundstücks (bei einer Schenkung durch den Onkel) eine andere Auffassung (Beschluss vom 03.03.2016 - 3 Wx 65/16 -).

BGH, Beschluss vom 28.04.2022 - V ZB 4/21 -

Sonntag, 17. Oktober 2021

Anspruch auf Zahlung vorgerichtlicher Anwaltsgebühren des Gläubigers trotz Klagedrohung ?

Wer bei Fälligkeit einer Forderung und Verzug (sei es durch Mahnung oder zulässige Frist nach § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB) nicht zahlt, wird häufig vor einer Zahlungsklage des Gläubigers eine anwaltliche Mahnung erhalten, deren Kosten der Gläubiger ersetzt haben will. Kann er diese aber in jedem Fall begehren ?

Der BGH musste sich mit der Frage der Erstattungsfähigkeit vorgerichtlicher Anwaltsgebühren befassen. Dem lag der Erwerb eines Diesel-Fahrzeuges durch den Kläger zugrunde, der durch anwaltliches Schreiben die Beklagte Zug-um-Zug gegen Übereignung des Fahrzeugs zur Erstattung des Kaufpreises aufforderte. Nach fruchtlosen Ablauf der dort gesetzten Frist erhob er Klage, mit der er u.a. die vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von € 1.171,67 (in Form eines Freistellungsantrages) geltend machte. Während des Landgericht der Klage im Wesentlichen stattgab, hat das Berufungsgericht – unter Zulassung der Revision – die Klage in Bezug auf die Anwaltsgebühren abgewiesen. Die Revision wurde vom BGH zurückgewiesen.

Der BGH wies darauf hin, dass es sich bei den geltend gemachten Rechtsanwaltskosten um einen Schadensersatzanspruch handele, der in erster Linie Sache des nach § 287 BBGB besonders frei gestellten Tatrichters sei und von daher nur dahingehend geprüft werden könne, ob dieser Rechtsgrundsätze der Schadensbemessung verkannt habe, wesentliche Bemessungsfaktoren außer Betracht gelassen oder seiner Schätzung unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt habe.

Ob und inwieweit der dem Geschädigten zustehende Schadensersatzanspruch auch die Rechtsanwaltskosten erfasse müsse unter Beachtung des Unterschiedes zwischen dem Innenverhältnisses des Rechtsanwalts zu seinem Mandanten (Geschädigten) und des Außenverhältnisses zwischen Geschädigten zum Schädiger entschieden werden. Voraussetzung sei stets, dass im Innenverhältnis ein Anspruch des Rechtsanwalts gegen seinen Mandanten auf Zahlung der Gebühren bestehe und im Außenverhältnis mit Rücksicht auf seine spezielle Situation die konkrete anwaltliche Tätigkeit erforderlich und zweckmäßig war (BGH, Urteil vom 22.01.2019 - VI ZR 403/17 -). Ob eine vorgerichtliche anwaltliche Zahlungsaufforderung eine Geschäftsgebühr des Rechtsanwalts nach Nr. 2300 VV RVG auslöse oder als lediglich vorbereitende Tätigkeit nach § 19 Abs. 1S. 2 Nr. 1 RVG zum Rechtszug und daher mit der prozessualen Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG abgegolten sei, gehöre dem Innenverhältnis an und sei von Art und Umfang des erteilten Mandats abhängig. Sei der unbedingte Auftrag zur gerichtlichen Geltendmachung erteilt, würden bereits Vorbereitungsmaßnahmen diese Gebühr auslösen, auch wenn der Rechtsanwalt zunächst nur außergerichtlich tätig würde. In diesem Fall sei kein Raum für die Gebühr nach Nr. 2300 VV RVG. Nur wen sich der Auftrag an den Rechtsanwalt auf die die außergerichtliche Tätigkeit beschränke oder der Prozessauftrag nur unter der aufschiebenden Bedingung der erfolglosen außergerichtlichen Tätigkeit beziehe, entstehe die Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG.

Dies sei vom Landgericht im Rahmen des § 287 ZPO berücksichtigt worden. Es habe ausgeführt, der Kläger habe nicht schlüssig dargelegt, seinen Rechtsanwalt lediglich mit der außergerichtlichen Vertretung beauftragt zu haben oder einen nur bedingten Prozessauftrag erteilt zu haben. Grundlage war das vorgelegtes außergerichtliches Schreiben des Rechtsanwalts, in dem er darauf hinwies, dass für den Fall, dass nicht innerhalb der Frist gezahlt würde oder kein angemessenes Vergleichsangebot erfolge, Klage erhoben würde. Dies sei ein Indiz gegen die Behauptung, es sei nur ein Mandat zur außergerichtlichen Vertretung oder nur ein bedingter Prozessauftrag erteilt worden. Zwar ließe sich aus der nach außen gerichteten Tätigkeit des Rechtsanwalts und der dort vorgenommenen Klageandrohung nicht ohne Weiteres darauf schließen, dass er diese Tätigkeit im Rahmen eines ihm bereits unbedingt erteilten Klageauftrages ausübte oder ihm im Innenverhältnis tatsächlich zunächst nur eine Vertretungs- und kein (unbedingter) Prozessauftrag erteilt worden sei. Diese Unsicherheit gehe aber zu Lasten des Klägers, der darzulegen und im Bestreitensfall zu beweisen habe, dass er seinen Anwalt einen Auftrag zur außergerichtlichen Vertretung erteilt habe.

BGH, Urteil vom 22.06.2021 - VI ZR 353/20 -

Dienstag, 21. April 2020

Zwei Widerspruchsverfahren nach Änderungsbescheid und Kostenerstattung für zwei Anwälte bei Anwaltswechsel ?


Der Kläger des Ausgangsverfahrens legte gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss Erinnerung ein, da nicht außergerichtliche Kosten für zwei von ihm beauftragte Bevollmächtigte berücksichtigt worden seien. Er hatte gegen einen Bescheid auf Zahlung von € 39.563,83 Widerspruch eingelegt und wurde dabei durch RA W. vertreten. Nachdem der Widerspruch zurückgewiesen wurde, erhob der Kläger gegen den Bescheid in der Fassung des Widerspruchsbescheides Klage, wobei er nunmehr von RA  C. vertreten wurde. Es erging nunmehr ein Änderungsbescheid, demzufolge der Kläger € 40.182,01 zahlen sollte. Hiergegen legte der Kläger, vertreten durch RA C., Widerspruch ein. Im Verhandlungstermin vor dem VG wurde der Änderungsbescheid in das Verfahren einbezogen. Der Klage wurde stattgegeben und der Kläger machte nunmehr Kosten des Vorverfahrens sowohl gegen der ursprünglichen Bescheid als auch den Änderungsbescheid geltend. Diese Kosten wurde abgewiesen.

Die Erinnerung des Klägers war nach Auffassung des VG Würzburg unbegründet. Anders als vom Kläger angenommen, habe zu dem Änderungsbescheid kein Vorverfahren iSv. § 68 VwGO stattgefunden, vielmehr wurde der Änderungsbescheid in das streitige Verfahren einbezogen. Der Änderungsbescheid habe sich auf dieselbe Sachlage und identische Rechtsfragen bezogen wie der Ausgangsbescheid, gegen den ein Vorverfahren erfolglos stattgefunden hatte, weshalb ein neues / weiteres Vorverfahren nicht erforderlich sei.  Zu dem festsetzungsfähigen Kosten würden die Kosten des Vorverfahrens nur insoweit zählen, als sich an dieses das gerichtliche Verfahren angeschlossen habe. Diese Kosten seien in dem Kostenfestsetzungsbeschluss berücksichtigt worden.

Da zum Änderungsbescheid ein Widerspruchsverfahren nicht durchgeführt wurde, könnten dafür auch nicht beantragte außergerichtliche Aufwendungen geltend gemacht werden. Die Einbeziehung in das Klageverfahren habe nur zur Erhöhung des Streitwertes geführt, nicht aber zu einem weiteren Widerspruchsverfahren, weshalb nur aus einem Vorverfahren heraus ein Erstattungsanspruch bestünde.  

Der Umstand, dass der Kläger während des Verfahrens (zwischen Widerspruchsverfahren und Klage), einen Anwaltswechsel vorgenommen habe, würde auch nicht zu einem weitergehenden Anspruch führen, auch wenn dies zu erhöhten Kosten des Klägers geführt haben sollte (dazu verhält sich die Entscheidung nicht). Denn die Entscheidung eines Beteiligten, den Anwalt zu wechseln, könne nicht auf Kosten des anderen Beteiligten erfolgen.

VG Würzburg, Beschluss vom 30.03.2020 - W 2 M 19.12.54 -

Montag, 11. November 2019

WEG: Wer darf die GmbH als Sondereigentümerin auf einer Eigentümerversammlung vertreten ?


Die Klägerin, eine GmbH,  war Eigentümerin von 22 Wohnungen, die Beklagten Eigentümer der restlichen 21 Wohnungen der Wohnungseigentümergemeinschaft. Nach § 9 der Teilungserklärung (TE) war bestimmt, dass sich ein Wohnungseigentümer „nur durch seinen Ehegatten, einen anderen Wohnungseigentümer aus der Gemeinschaft oder den Verwalter in der Versammlung vertraten lassen“ könne. Die Klägerin selbst war die nahezu 100%-ige Tochtergesellschaft einer Holdinggesellschaft, zu deren Konzern auch deren Tochterunternehmen TA GmbH gehörte, welche die Funktion der konzernweiten einheitlichen Verwaltungsgesellschaft des Konzern inne hatte. Alle Gesellschaften des Konzerns, so auch die Klägerin, hatten der TA GmbH eine Vollmacht für die Verwaltung ihrer Sondereigentumseinheiten erteilt, die auch den gesamten Schriftverkehr der Klägerin mit der Verwalterin abwickelte. Für die Eigentümerversammlung vom 12.12.2016, bei der u.a. die Wiederbestellung der Verwalterin auf der Tagesordnung stand, hatte die die TA GmbH einer ihrer Mitarbeiterinnen eine schriftliche Stimmrechtsvollmacht erteilt mit der Berechtigung, Untervollmachten zu erteilen. Der Versammlungsleiter wies zu Beginn der Versammlung  die Vollmacht der Mitarbeiterin zurück. Er wies auch (unter Hinweis auf einen Interessenskonflikt) eine Untervollmacht auf sich zurück. Die Wiederbestellung der Verwalterin wurde mit 14 Stimmen (ohne Berücksichtigung der Stimmen der Klägerin) wiederbestellt. Die dagegen von der Klägerin erhobene Anfechtungsklage wies das Amtsgericht zurück. Auf die Berufung der Klägerin änderte das Landgericht das Urteil ab und erklärte den Beschluss über die Wiederbestellung der Verwalterin für unwirksam. Die vom Landgericht zugelassene Revision der Beklagten wurde vom BGH zurückgewiesen.


Entscheidend war, ob der Ausschluss der Klägerin zur Stimmabgabe rechtmäßig war. Dabei hatte das Amtsgericht noch auf die Regelung in der TE verwiesen, nach der nicht geregelt war, dass eine GmbH nicht durch ihr Organ sondern auch durch einen Mitarbeiter, gar einem Mitarbeiter eines konzernzugehörigen Unternehmens vertreten werden könnte. Dies sah das Landgericht anders, dessen Rechtsansicht sich der BGH anschloss.

Der BGH stellte auf den Grundsatz ab, dass sich ein Wohnungseigentümer durch eine beliebig andere Person vertreten lassen könne. Dieser Grundsatz habe in § 9 TE eine Einschränkung gefunden. Gegen diese Einschränkung hatte der BGH keine Bedenken (vgl. auch BGH, Beschluss vom 11.11.1986 - V ZB 1/86 -). Allerdings sei die Vertretungsbeschränkung in § 9 TE ergänzend auszulegen. Sie sei nach dem Wortlaut auf natürliche Personen zugeschnitten, nicht auf eine juristische Person, bei der eine Vertretung durch einen Ehegatten bereits begrifflich nicht in Betracht kommen könne. Damit weise die TE eine unbeabsichtigte Regelungslücke auf, da offenbar nicht n den Fall einer Beteiligung einer juristischen Person gedacht worden sei.  Zweck der Vertretungsklauseln der vorliegenden Art sei, die Gemeinschaft von  gemeinschaftsfremden Einwirkungen freizuhalten, weshalb sich die Wohnungseigentümer nur durch Personen vertreten lassen sollen, die dem eigenen Kreis nahestehen würden (BGH, Beschluss vom 29.01.1993 - V ZB 24/92 -).  Der Zweck bestünde auch gegenüber Wohnungseigentümern in der Form juristischer Personen, da kein Grund für eine Privilegierung dieser Wohnungseigentümer ersichtlich sei. Es wäre daher eine ergänzende Vertragsauslegung dahingehend vorzunehmen, soweit eine Vertretung der juristischen Person (außer durch ihr Organ) völlig ausgeschlossen werde, weshalb eine Vertretung durch Mitarbeiter der juristischen Person zulässig sei.

Durch die Teilnahme eines aufgrund seiner Zugehörigkeit des Vertreters zu dem Unternehmen der juristischen Person mit den  Angelegenheiten der Wohnungseigentümergemeinschaft vertrauten Mitarbeiters würde Zweck der Vertretungsklausel Rechnung getragen, Einflüsse Dritter weitgehend auszuschließen.  Es sei vor diesem Hintergrund nicht gerechtfertigt, dass nur das Organ der Gesellschaft teilnehmen dürfe, wenn diese ihre Interessensvertretung nicht in die Hand eines anderen Wohnungseigentümers oder des Verwalters legen wolle (OLG Frankfurt OLGZ 1979, 134, 136; LG München I ZMR 2015, 152). .

Auch soweit sich die Klägerin nicht durch einen eigenen Mitarbeiter vertreten ließ konnte dies nach Ansicht des BGH nicht zum Stimmrechtsausschluss führen. Auch hier sei die Vertretungsklausel dahingehend ergänzend auszulegen, dass die Vertretung nicht notwendig durch einen unternehmenseigenen Mitarbeiter erfolgen müsse. Bei der Ermittlung des hypothetischen Willens des teilenden Eigentümers sei drauf abzustellen, welche Regelung er bei einer angemessenen Abwägung der berührten Interessen nach Treu und Glauben redlicherweise getroffen hätte, wenn er den von ihm nicht geregelten Fall bedacht hätte. Da die Vertretungsregelung in der TE als eine Einschränkung des Rechts darstelle, eine beliebige Person zu bevollmächtigen, dürfe bei der ergänzenden Auslegung der Klausel kein zu enger Maßstab angesetzt werden. Zu berücksichtigen seien das berechtigte Interesse zur Abwehr fremder Einflüsse auf der einen Seite und die Bedeutung des Stimmrechts als Kernbereich elementarer Mitgliedschaftsrechte auf der anderen Seite (BGH, Urteil vom 18.01.2019 – V ZR 72/18 -). Daher sei eine Vertretungsklausel regelmäßig, so auch hier, dahingehend auszulegen, dass sich eine juristische Person in der Eigentümerversammlung auch von einem Mitarbeiter eines konzernzugehörigen Unternehmens vertreten lassen könne, wenn diese für die Verwaltung des Sondereigentums zuständig sei (entgegen LG München I ZMR 2015, 152 für den Fall der Beschränkung auf die Vertretung durch Verwandte in gerader Linie).

Die Vertretungsklausel beschränke zwar den berechtigten Kreis von Vertretern auf den eigenen Kreis nahestehender Personen, damit diese Meinungsverschiedenheiten möglichst unter sich austragen können (BGH, Beschluss vom 29.01.1993 - V ZB 24/92 -). Damit könne insbesondere auch nicht ein Sondereigentumsverwalter, der von einem Sondereigentümer mit der Verwaltung seines gesamten Sondereigentums beauftragt sei, Bevollmächtigter sein. Dies gelte auch für juristische Personen. Wenn es sich aber um einen Mitarbeiter eines Unternehmens handele, das ebenso wie die Wohnungseigentümerin selbst als Tochterunternehmen mit derselben Muttergesellschaft verbunden sei (§ 290 Abs. 1 HGB), und dieses Tochterunternehmen nach der konzerninternen Aufgabenteilung für die Verwaltung der Wohnungseinheiten zuständig sei, handele es sich bei deren Mitarbeiter nicht um einen außenstehenden Dritten. Es käme nach Sinn und Zweck der Vertretungsregelung nicht darauf an, ob die mit der Verwaltung betraute Person bei der Wohnungseigentümerin selbst beschäftigt sei oder bei einem konzernverbundenen Unternehmen, welches die Verwaltung übernommen habe. In beiden Fällen würde die Wohnungseigentümergemeinschaft nicht gemeinschaftsfremden Einflüssen ausgesetzt. Sei dies aber auszuschließen, käme es auf das formale Kriterium des Bestehens eines unmittelbaren Arbeitsverhältnisses nicht an, da in beiden Fällen eine Selbststeuerung der Eigentümergemeinschaft gewährleistet sei.

BGH, Urteil vom 28.06.2019 - V ZR 250/18 -

Donnerstag, 13. Juni 2019

Ergänzungspflegschaft bei Abschluss eines Vertrages für minderjährige Kinder ?


Die Beteiligte zu 2. war zusammen mit ihren 2007 und 2011 geborenen Kindern Alleinerbin Ihres ehedem als Landwirt tätigen Ehemannes und wollte ein landwirtschaftlich genutztes Grundstück langfristig verpachten, wozu sie die Genehmigung des Familiengerichts im Hinblick auf die Beteiligung ihrer Kinder beantragte. Ohne vorherige Anhörung der Beteiligten zu 2. bestellte das Amtsgericht (Familiengericht) für die Vertretung der Kinder bei der Eingehung des Pachtvertrages die Beteiligte zu 1. (eine Rechtsanwältin) als Ergänzungspflegerin. Die dagegen von der Beteiligten zu 1. Eingelegte Beschwerde wurde vom OLG zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluss wandte sich die Beteiligte mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde, die erfolgreich war.

Vorliegend geht es um die Frage, wann eine Ergänzungspflegschaft bei Vornahme von Rechtsgeschäfte (zwingend) anzuordnen ist. Liegt ein solcher Grund nicht vor, darf auch die (mit zusätzlichen Kosten für die Beteiligte zu 1. verbundene) Ergänzungspflegschaft nicht angeordnet werden. Letztlich stellt sich die Bestellung des Ergänzungspflegers als (teilwiese) Entziehung der gesetzlichen Vertretungsmacht gem. § 1793 Abs. 1 S. 1 BGB dar.

Der BGH wies in seinen Beschluss zutreffend darauf hin, dass hier § 41 Abs. 3 FamFG („Ein Beschluss, der die Genehmigung eines Rechtsgeschäfts zum Gegenstand hat, ist auch demjenigen, für den das Rechtsgeschäft genehmigt wird, bekannt zu geben.“), den das OLG zur Stützung seiner die Beschwerde zurückweisenden Beschluss benannte, nicht einschlägig sei. Aus § 43 Abs. 3 FamFG folge nicht, dass die Entziehung der Vertretungsmacht gem. § 1793 Abs. 1 S. 1 BGB über die in §§ 1795 und 1796 BGB benannten Fälle hinaus erfolgen könne, da sich § 41 Abs. 3 FamFG nur auf einen am Genehmigungsverfahren nicht Beteiligten, selbst verfahrensfähigen Vertretenen beziehe, nicht aber verlange, dass das nicht verfahrensfähige Kind für eine Bekanntgabe (und auch für die Vertretung im Genehmigungsverfahren) einen Ergänzungspfleger benötige. Es fehle hier an einer gesetzlichen Grundlage für die Anordnung der Ergänzungspflegschaft, weshalb sich ein über die bestehenden Ermächtigungen hinausgehender Eingriff in das Elternrecht verbiete. Die gesetzliche Vertretung des Kindes in Kindschaftsverfahren durch die Eltern sei als Bestandteil des Elternrechts eine wohlerwogene Entscheidung des Gesetzgebers (BGHZ 191, 48; BGH vom 27.06.2018 - XII ZB 46/18 -).

In Fällen der vorliegenden Art würde der gesetzliche Vertreter bereits durch das Gericht kontrolliert. Ein Bedürfnis, hier eine weitere Kontrolle durch einen anderen Vertreter des Rechtsinhabers zu schaffen, bestehe nicht, soweit kein Interessenswiderstreit bestünde (BGH vom 12.02.2014 - XII ZB 592/12 -). Bei einem Interessenswiderstreit aber greift die Entziehungsmöglichkeit nach § 1796 Abs. 2 BGB; diese Voraussetzungen wurden hier nicht festgestellt. Mutter und Kinder würden sich hier in der gleichen Vertragsstellung (als Verpächter) bei dem Vertrag mit einem Pächter befinden, weshalb eine Interessenskollision ausscheide, da die Interessen gleichgerichtet seien. Ob der Vertragsabschluss dem Kindeswohl entspräche, sei in dem gesonderten Verfahren zu klären (hat also mit einer streitigen Pflegschaftsbestellung nichts zu tun). Auch ein in § 1795 BGB enumerativ aufgeführter Fall des Ausschlusses der Vertretung lag ersichtlich nicht vor.

Die Pflegerbestellung durch das Amtsgericht, gebilligt durch das OLG, sei auch bereits deshalb rechtwidrig, da sie eindeutig über die Bekanntgabe einer Entscheidung nach § 41 Abs. 3 FamFG hinausgehen würde und auch über die Vertretung der Kinder im Genehmigungsverfahren hinausginge, insoweit nach der Anordnung die Ergänzungspflegerin auch bei der Eingehung des Pachtvertrages mitwirken sollte. Die Beschlüsse vom Amtsgericht und OLG ließen nicht erkennen, auf Grund welcher Gründe davon ausgegangen werden könnte, die Mutter könne die Kinder nicht beim Abschluss des Vertrages vertreten.

Der vorliegende Fall zeigt auf, dass das Familiengericht, eventuell zur eigenen (argumentativen) Entscheidungsfindung einen Dritten in Form des Ergänzungspflegers hinzuziehen will. Es sollte schon im Kosteninteresse stets sorgfältig von Betroffenen geprüft werden, ob die Anordnung der Ergänzungspflegschaft rechtlich geboten ist; ermangelt es an einer Rechtsgrundlage, sowohl vom Grundsatz als auch möglicherweise (wie vorliegend hinzu kam) von der Reichweite, sollten die gebotenen Rechtsmittel eingelegt werden.

Allerdings hinterlässt diese Entscheidung gleichwohl einen bitteren Beigeschmack: Der Antrag auf familiengerichtliche Genehmigung wurde wohl Anfang 1917 gestellt, das Amtsgericht entschied im März 2017, das OLG Nürnberg am 19.06.2017. Das gesamte Verfahren hatte mithin zwei Jahre und drei Monate gedauert. Dies können Jahre gewesen sein, in denen es zu keinen Pachteinnahmen kam. Hinzu kommen die Kosten des Verfahrens. Auch wenn Gerichtskosten nicht anfielen, so musste sich die Beteiligte zu 2. (Mutter) jedenfalls vor dem BGH anwaltlich vertreten lassen, wofür Kosten von ihr zu tragen waren, die sie nicht erstattet bekommt (es denn, sie wäre diesbezüglich rechtsschutzversichert und könnte sich dort insoweit „schadlos“ halten). Hier handelt es sich nicht um eine Willkür des BGH, sondern um Umstände, die in den gesetzlichen Regelungen ihren Grund haben. Ist Anwaltszwang vorgesehen, so wäre jedenfalls bei Fehlentscheidungen der Gerichte, soweit nicht ein anderer Kostenschuldner in Betracht kommt, eine Reglung aufzunehmen, wonach die notwendigen außergerichtlichen Kosten vom Staat zu tragen sind. Da allerdings bei Rechtstreitigkeiten der vorliegenden Art idR. der juristische Laie ohnehin überfordert sein dürfte, sollte dies sogar generell gelten.

BGH, Beschluss vom 03.04.2019 - XII ZB 359/17 -

Donnerstag, 4. Mai 2017

Rechtsbehelfsfrist: Zur Wirksamkeit der Unterschrift bei Abweichung derselben von der maschinenschriftlichen Angabe

Es kann leicht passieren. Der sachbearbeitende Anwalt gibt seiner Mitarbeiterin an, gegen ein bestimmtes Urteil für den Mandanten Berufung einzulegen. Die Mitarbeiterin fertigt die Berufungsschrift und setzt unter die vorgesehene Unterschriftszeile des Namen des sachbearbeitenden Anwalts. Ein anderer Anwalt unterschreibt (ohne Vertretungszusatz). 

In einem entsprechenden Fall hat OLG Stuttgart darauf hingewiesen, dass es die Verwerfung der Berufung als unzulässig beabsichtige. Der Berufungsführer stellte mit der Begründung einen Wiedereinsetzungsantrag, es sei seit jeher usus der Partnerschaftsgesellschaft der Anwälte, dass ein anderes Mitglied der Kanzlei bestimmende Schriftsätze unterschreibe, als derjenige, der maschinenschriftlich aufgenommen wurde, ohne dass dies bisher jemals beanstandet worden wäre. Das half nichts. Das OLG verwarf die Berufung als unzulässig. Zwar ergäbe sich die Unwirksamkeit der Berufung nicht daraus, dass die Namensunterschrift nicht lesbar sei, da es sich doch noch um eine hinreichend individualisierende Unterschriftsleistung handele, die auch dem unterzeichnenden Anwalt zugeordnet werden könne. Allerdings sei der maschinenschriftliche Zusatz des Namens eines anderen Anwalts aufgenommen worden, ohne zu verdeutlichen, dass der unterzeichnende Anwalt für diesen in Vertretung handele. Damit, so das OLG, sei der unbedingte Wille der unterzeichnenden Anwalts, die Verantwortung für den Inhalt zu übernehmen, nicht deutlich gemacht worden. Für das Gericht müssen gewährleistet sein, dass eine nicht lesbare Unterschrift durch einen maschinenschriftlichen Zusatz identifizierbar würde, was hier nicht der Fall sei. Da ein Verschulden vorläge, käme auch eine Wiedereinsetzung nicht in Betracht.

Die gegen den Verwerfungsbeschluss erhobene Rechtsbeschwerde zum BGH war erfolgreich.

Die eigenhändige Unterschrift des zugelassenen Anwalts unter die Berufungsschrift sei Wirksamkeitsvoraussetzung für die rechtzeitige Berufung, §§ 519 Abs. 4, 130 Nr. 6 ZPO. Das Berufungsgericht habe richtig angenommen, dass die Unterschrift auf Berufungs- und Berufungsbegründung den  Anforderungen an eine Unterschrift entsprochen habe, da sie zwar unleserlich war, aber ersichtlich keine Paraphe oder Abkürzung.   Rechtsfehlerfrei habe das OLG die Unterschrift auch einem bestimmten postulationsfähigen Anwalt zugeordnet; zwar wurde erst später (nach dem Hinweis des OLG) erklärt, wer die Unterschrift geleistet habe, doch sei eine Identitätsfeststellung noch ausreichend und rechtzeitig, wenn diese zum Zeitpunkt über die Entscheidung über die Zulässigkeit feststünde.

Die Formwirksamkeit der Unterschrift scheitere entgegen der Auffassung des OLG nicht daran, dass unterhalb der Unterschrift maschinenschriftlich der Name eines anderen Anwalts aufgenommen wurde.  Der maschinenschriftliche Zusatz verdeutliche, dass der Schriftsatz von diesem Anwalt und nicht vom Unterzeichner stamme. Auch wenn bei der Unterschrift ein Zusatz fehle „für“ diesen zu unterschrieben, ließe sich doch erkennen, dass der Unterzeichner an dessen Stelle die Unterschrift leiste und damit als weiterer Hauptbevollmächtigter oder zumindest Unterbevollmächtigter in Wahrnehmung des Mandats auftreten wolle. Damit habe er auch die Verantwortung für den Inhalt übernommen, da sich dies für einen Anwalt im Zweifel von selbst verstehe; er sei nicht als Erklärungsbote tätig geworden. Über den Wiedereinsetzungsantrag habe danach nicht mehr entschieden werden müssen, da die Berufung formgerecht eingelegt wurde.


BGH, Beschluss vom 29.03.2017  - XII ZB 567/16 -

Samstag, 6. August 2016

Prozessrecht: Berücksichtigung eines Privatgutachtens und Verbot des Bestreitens mit Nichtwissen von behaupteten Angaben des beauftragten Untervermittlers

Das Gericht hat auch ein privates Sachverständigengutachten zu berücksichtigen, welches im Widerspruch zu dem gerichtlich eingeholten Gutachten steht. Und es hat Beratungsleistungen eines vom Verkäufer eingeschalteten Untervermittlers zu Lasten des Verkäufers zu berücksichtigen.


Nachdem der vom Verkäufer (Beklagten) eingeschaltete Untervermittler dem Kläger als potentiellen Käufer nach dessen Angaben ein Steuersparmodell mit Wirtschaftlichkeitsberechnung vorgestellt hatte und einen bestimmten gewinn bei Veräußerung der Wohnung nach zehn Jahren versprach, erwarb der Kläger die Wohnung.  

Der BGH ging auf Grund der vorinstanzlichen Feststellungen davon aus, dass nicht ausgeschlossen werden könne, dass der Kaufvertrag sittenwidrig sei und der Kläger einen Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung haben kann.

Die Sittenwidrigkeit des Vertrages leitet der BGH aus der Überhöhung des Kaufpreises um knapp 100% gegenüber dem Verkehrswert gem. dem vom Kläger vorgelegten Privatgutachten. Mit diesem hatte sich die Vorinstanz nicht auseinandergesetzt. Dies wäre aber nach Auffassung des BGH notwendig gewesen. Gegebenenfalls hätte es den von ihm bestellten Sachverständigen anhören müssen, ohne dass es dazu eines Antrages des Klägers bedurft habe. Auch hätte es eventuell, wenn die Anhörung noch keine endgültige Klärung bringt, einen weiteren Sachverständigen bestellen müssen.

Damit konnte entgegen der Annahme der Vorinstanz nicht davon ausgegangen werden, dass keine Sittenwidrigkeit vorliegt. Die fehlende Berücksichtigung des Privatgutachtens stellt sich als Verletzung rechtlichen Gehörs dar.

Ferner hätte die Vorinstanz auch den klägerischen Vortrag zu dem Untervermittler beachten müssen. Zwar habe der Kläger für seine Behauptung keinen Beweis angeboten. Allerdings habe der Beklagte diesen Vortrag lediglich mit Nichtwissen bestritten. Da aber der Untervermittler von ihm eingeschaltet wurde und die Beratung für ihn übernahm, kam zum einen zwischen den Vertragsparteien ein Beratungsvertrag zustande. Liegt hier durch den Untervermittler ein Beratungsfehler vor (wie vom Kläger nach Auffassung des BBG schlüssig dargelegt wurde), geht dies zu Lasten des Beklagten. Dieser durfte die Angaben des Klägers nicht zulässig mit Nichtwissen bestreiten, § 138 Abs. 4 ZPO. Da er den Untervermittler eingeschaltet hatte, hätte er sich bei diesem auch kundig machen können und müssen.


BGH, Urteil vom 22.04.2016 – V ZR 256/14 -

Donnerstag, 26. Mai 2016

Gleichzeitige Tätigkeit für und gegen Mandanten ohne vorherigen Hinweis rechtfertigt die Kündigung des Anwaltsvertrages und kann zum Verlust des Honoraranspruchs führen

Die klagende Anwaltssozietät war für die Beklagte in familienrechtlichen Angelegenheiten tätig gewesen. Auf Grund eines Verkehrsunfalls beauftragte die Beklagte einen anderen Anwalt, sie zu vertreten, der eine Schmerzensgeldklage erhob. In diesem weiteren Verfahren trat die Anwaltssozietät auf der Gegenseite auf. Daraufhin kündigte die Beklagte das Mandat zur Anwaltssozietät wegen eines von ihr angenommenen Interessenkonflikts derselben fristlos. Die Anwaltssozietät machte aus den familienrechtlichen Verfahren heraus ihre weiteren Gebühren geltend, die die Beklagte nicht zahlte. Das Landgericht hatte der Klage der Anwaltssozietät stattgegeben; auf die Berufung wurde die Klage abgewiesen.


Da es sich bei der von einem Anwalt zu erbringenden Leistung um Dienste höherer Art handelt, ist eine jederzeitige Kündigung  möglich, § 627 Abs. 1 BGB. Auf Grund einer solchen Kündigung verliert der Anwalt noch nicht seine Honoraransprüche, soweit diese bereits entstanden sind.

Nach § 628 Abs. 1 Satz 2 BGB steht dem Anwalt aber dann kein Vergütungsanspruch zu, wenn er durch sein vertragswidriges Verhalten die Kündigung veranlasst hat und die bisher erbrachten Leistungen für den Mandanten infolge der Kündigung kein Interesse mehr haben. Einen solchen Fall nahm hier das OLG an.

Das vertragswidrige Verhalten der Anwaltssozietät sieht das OLG in der gleichzeitigen Wahrnehmung von Interessen für als auch gegen die Beklagte. Der BGH hatte bereits in seiner Entscheidung vom 07.06.1984 – III ZR 87/83 – ausgeführt, dass der Anwalt zwar in verschiedenen Sachen (zeitgleich) für und gegen den eigenen Anwalt ohne Verstoß gegen § 356 StGB oder das Standesrecht tätig werden dürfe; allerdings vertraue der Mandant regelmäßig darauf, dass sein Anwalt nicht zeitgleich die Interessen Dritter gegen ihn wahrnehmen werden, weshalb er auch über die Mandatsaufnahme gegen ihn unterrichtet werden müsse. Auf diese Entscheidung des BGH verweist das OLG und führt aus, die Beklagte habe auch erst aus der Klageerwiderung in dem Schmerzensgeldprozess von der gegen sie erfolgte Mandatsaufnahme durch die Anwaltssozietät erfahren. Damit habe die Anwaltssozietät schuldhaft gegen die ihr obliegende Hinweispflicht verstoßen und gleichzeitig das Vertrauensverhältnis zwischen Anwalt und Mandant zerstört.

Die Beklagte habe auch nicht die Zwei-Wochen-Frist des § 628 Abs. 2 BGB für die Kündigung zu beachten gehabt. Dies unabhängig davon, dass diese Frist nur dann zum Tragen komme, wenn gem. § 628 BGB der durch die Kündigung entstandene Schaden geltend gemacht werden soll. Dies wäre hier nicht der Fall. Hier ginge es um den Vergütungsanspruch der Anwaltssozietät.

Aufgrund der berechtigten Kündigung des Anwaltsvertrages durch die Beklagte hätten die von der Anwaltssozietät erbrachten Leistungen für die Beklagte auch kein Interesse mehr. Das Interesse würde entfallen, wenn sie die Leistungen wirtschaftlich nicht mehr verwerten könne, sie also nutzlos sind. Unter Verweis auf die Entscheidung des BGH vom 08.10.1981 – III ZR 190/79 – sieht dies das OLG vorliegend als gegeben an, da die Beklagte in den abgerechneten, aber noch laufenden Verfahren einen anderen Prozessbevollmächtigten mandatieren müsse, bei dem neuerlich die hier geltend gemachten Gebühren anfallen.


OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 25.06.2015  15 U 90/14 -

Donnerstag, 18. Juni 2015

Mietrecht: Schriftform und unvollständiges Rubrum

In beiden letztlich vom BGH entschiedenen Fällen stritten die Parteien um die Wirksamkeit eines längerfristig abgeschlossenen Mietvertrages. § 550 BGB fordert für Mietverträge, die eine längere Laufzeit als ein Jahr haben sollen, ausdrücklich die Schriftform. In den zwei vom BGH entschiedenen Fällen war an dem Mietvertrag eine Aktiengesellschaft (AG) beteiligt gewesen. In dem einen Fall war der Vorstand der AG im Rubrum des Vertrages benannt, allerdings hat nur ein Vorstandsmitglied den Vertrag unterzeichnet (BGH vom 04.11.2009 – XII ZR 86/07 -). Im anderen Fall wurden die Vertreter der AG im Rubrum gar nicht benannt und hat auch lediglich ein Vorstandsmitglied (ohne seine Stellung bei Unterschriftsleistung darzustellen) zusammen mit einem durch Zufügung von ppa. dies verdeutlichenden Prokuristen  unterschrieben (BGH vom 22.04.2015 – XII ZR 55/14 -).


In seiner Entscheidung im Jahr 2009 hat der BGH das Vorliegen der Schriftform negiert. Demgegenüber hat diese in seiner Entscheidung in 2015 bejaht. In Abgrenzung der Entscheidungen führt der BGH in seinem Urteil vom 22.04.2015 aus, dass in dem in 2009 zur Entscheidung anstehenden Fallvariante alle Vorstandsmitglieder im Rubrum benannt wurden und nunmehr nicht ersichtlich gewesen wäre, ob der alleinige Unterzeichner der AG für alle Vorstandsmitglieder handeln würde. Zweifel an der Vertretungsmacht würden sich daher aus der Urkunde im Hinblick auf die Aufnahme der Vertretungsregelung im Rubrum ergeben. Anders sei dies allerdings dann, wenn wie in dem jetzt 2015 z entscheidenden Fall keine Angaben zum Vertretungsverhältnis der AG im Vertrag aufgenommen würden, da sich dann bei der Unterschrift nicht Zweifel an der (alleinigen) Berechtigung ergeben könnten.


Auch sei unschädlich, dass es bei dem Vorstandsmitglied an einem Vertretungszusatz fehle. Zwar wäre dies erforderlich, wenn alle Vorstandsmitglieder im Rubrum des Vertrages aufgenommen würden, da sich hier Zweifel an der Vollständigkeit aus der Urkunde ergeben. Wenn aber der Vorstand im Rubrum nicht aufgelistet ist, könnten auch keine Zweifel darüber entstehen, ob das unterzeichnende Vorstandsmitglied nur für sich oder für alle Vorstandsmitglieder handelt. 

BGH, Urteil vom 22.04.2015 - XII ZR 55/14 -